rolf_fischer.jpgRolf Fischer (Foto), europa- und minderheitenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein, instrumentalisiert die furchtbaren Christenmorde in der Türkei, um für den EU-Beitritt der Türkei zu werben. Die Logik seiner Argumentation: Ohne absehbaren EU-Beitritt wäre alles noch viel schlimmer. Für Politiker wie Rolf Fischer scheint es schlicht keine Gründe zu geben, den Türkei-Beitritt abzulehnen – geschehe, was wolle.

Das durchsickern, wie intolerant und oft gewalttätig das gesellschaftspolitische Leben in der Türkei oftmals ist, bringt die Fürsprecher des Türkei-Beitritts in Erklärungsnot. Eine Gegenstrategie ist die Argumentation des SPD-Abgeordneten Rolf Fischer (RF): Er wirft der CDU Instrumentalisierung der Christenmorde vor, was er jedoch selbst betreibt. Allerdings mit einer aus menschenrechtlicher Sicht äußerst fragwürdigen moralischen Position.

Zu den Äußerungen des kulturpolitischen Sprechers der CDU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Börnsen, über die Anschläge in der Türkei erklärt der europa- und minderheitenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Rolf Fischer:

Ich warne davor, die schreckliche Tat in Malatya für eine allgemeine Schelte auf die Türkei zu instrumentalisieren. Wer meint, gar die EU-Beitrittsverhandlungen durch diese Tat von Extremisten in Frage stellen oder sogar abbrechen zu müssen, wie das Wolfgang Börnsen tut, muss sich diese Instrumentalisierung vorwerfen lassen. Die friedlichen Bürger eines Staates können nicht für ein paar Extremisten verantwortlich gemacht werden. In allen europäischen Ländern steht der Kampf gegen extremistische Bestrebungen im Vordergrund.

Diese Aussage soll die Christenmorde zum Delikt von Einzeltätern bagatellisieren. RF lenkt bewusst davon ab, dass dieser brutal-bestialische Mordanschlag nur der Gipfelpunkt eines intoleranten, oft sogar von Hass erfüllten Klimas gegenüber Christen in der Türkei ist. Diesem Umstand muss sich die Türkei stellen. Und hier hat die Türkei sehr wohl „allgemeine Schelte“ verdient.

Die Türkei weigert sich, den Armenier-Genozid aufzuarbeiten bzw. auch nur als solchen anzuerkennen. Christen sind in der Türkei geradezu traditionell Repression ausgesetzt, christliche Priester benötigen Polizeischutz.

Der Verweis auf die „friedlichen Bürger“ eines Staates (der Türkei) soll einerseits dem Kritiker der menschenrechtsfeindlichen Zustände in der Türkei unterstellen, er kritisiere undifferenziert und pauschalierend. Wenn man so vorgeht, kann man nie ein Unrechtssystem kritisieren, weil in jedem Unrechtssystem nie alle Individuen an Verbrechen beteiligt sind. Zumal einem Teil immer auch die Rolle der Opfer zukommt. Hier ist also Solidarität mit den Opfern von Intoleranz und Gewalt gefragt anstatt Bagatellisierung damit die Täterkomponente möglichst klein erscheint.

Opfer von Intoleranz und Gewalt sind in der Türkei nicht nur Kritiker des Umgangs mit dem Armenier-Genozid, Christen, ggf. bekennende Atheisten, sondern auch Menschen, die nicht gemäß islamisch geprägten Sitten-Normen leben. Die erschreckende, katastrophale Bilanz der Türkei bei Ehrenmorden belegt ebenfalls, wie groß die Defizite in puncto Menschenrechte beim EU-Beitrittskandidaten Türkei sind.

Dann folgt eine Relativierung und Diffamierung:

In allen europäischen Ländern steht der Kampf gegen extremistische Bestrebungen im Vordergrund. Nähme man allein das Vorhandensein von Bedrohung und extremistischer Tat als Kriterium für die EU-Mitgliedschaft, so würde sich der Vorwurf von Wolfgang Börnsen gegen diverse europäische Staaten richten.

RF nutzt das rhetorische Stilmittel der Behauptung, um die Türkei moralisch zu entlasten. Willkürlich, ohne sich auch nur die Mühe von Belegen für seine Aussage zu machen, stellt er eine Ähnlichkeit der Menschenrechtslage in europäischen Staaten mit den Zuständen in der Türkei her. In welchen europäischen Ländern verüben nicht-moslemische Bevölkerungen Ehrenmorde, arrangieren Zwangsehen (was der Ministerpräsident der Türkei, Erdogan, ausdrücklich für eine legitime und wünschenswerte Form der Paarfindung hält), werden Menschen anderer, zumal friedlicher Religionen derart schikaniert und ermordet?

Das Anliegen von RF, die Türkei durch eine vergleichende Gleichsetzung mit europäischen Ländern moralisch zu entlasten, beinhaltet zugleich eine Diffamierung und Herabsetzung dieser Länder auf türkisches Niveau. Gegen diese subtile Form übler Nachrede muss man sich entschieden verwahren. Sie ist auch kontraproduktiv wenn es gilt, die Schwere der Menschenrechtsverletzungen in der Türkei zu thematisieren.

Ich mahne deshalb eine harte, aber sachliche Debatte über die Menschenrechtssituation in der Türkei an.

Gerade RF lässt es an Sachlichkeit fehlen.

Hier gilt es, alle Verstöße offen zulegen und zu ahnden. Dies ist selbstverständliche und demokratische Pflicht.

Wenn RF dies als „demokratische Pflicht“ sieht, warum bagatellisiert er dann die Verbrechen als Handlungen von „ein paar Extremisten“? Und sind all die Ehrenmörder und Zwangsverheirater etwa keine Extremisten? Und deren Opfer keine Opfer von Extremismus?

Ich weise aber darauf hin, dass diese Forderung umso erfolgreicher sein wird, so lange die Beitrittsverhandlungen laufen oder wenn die Türkei Mitglied in der EU ist.

RF behauptet das einfach mal so, als wäre es eine physikalische Gewissheit, dass Beitrittsverhandlungen die Menschenrechtslage der Türkei verbessern. Man kann genauso gut behaupten, dass es die Türkei anspornt die Menschenrechtslage zu verbessern, wenn sie vor dem Beitritt menschenrechtliche Standards verwirklicht. Sofern diese Kriterien unumstößlich gelten.

RF unterstellt der Türkei sogar, sie hätte aus sich selbst heraus möglicher Weise eine geringere Motivation die Menschenrechtslage zu verbessern, stünde nicht der EU-Beitritt in Aussicht. Was hat RF nun wirklich für ein Türkeibild?

Natürlich nimmt ein Beitrittsbefürworter wie RF seine Weggefährten in Schutz:

Wer vom „Schweigen der EU“ spricht, blendet die kritischen Bemerkungen aus Brüssel, aus Berlin und aus Istanbul bewusst aus.

„Kritische Bemerkungen“ oder Rechtfertigungsphrasen, um die Beitrittspolitik nicht zu gefährden? Welchen Effekt hatten denn die „kritischen Bemerkungen“ bisher, wenn sich das gesellschaftspolitische Klima in der Türkei immer stärker polarisiert. Wenn liberale, säkulare Türken zu hunderttausenden gegen islamisch-totalitäre Bestrebungen demonstrieren?

Und wenn schon „Istanbul“ genannt wird als „kritischer Bemerker“, warum kommen solche „kritischen Bemerkungen“ immer erst dann, wenn die AKP-Regierung moralisch unter Druck gerät? Und nicht präventiv durch die Propagierung säkular-westlicher Werte anstatt traditionell-islamischer? Zumal die Menschenrechtslage in der Türkei doch kein Geheimnis darstellt.

Man hat eher den Eindruck, RF blendet die katastrophale Menschenrechtslage der Türkei partiell aus. Er wirft anderen vor, was er selbst betreibt:

Insbesondere auch die Solidaritätserklärungen der türkischen Bürger in Deutschland für die Opfer der Bluttat geraten so völlig aus dem Blickwinkel. Das ist nicht akzeptabel.

Dass türkische Bürger in Deutschland diese Verbrechen verurteilen, sollte eine Selbstverständlichkeit sein, und nichts woraus man versucht, politisch Kapital zu schlagen, wie RF es tut. Denn Ablehnung von Verbrechen hat nun rein gar nichts mit der Erweiterungspolitik der EU zu tun. Es sei denn, RF denkt, man wäre den Türken, die den Beitritt wollen, etwas schuldig, weil sie derartige Verbrechen ablehnen. Das würde aber zugleich bedeuten, dass die Ablehnung der Verbrechen die Erwartungshaltung des EU-Beitritts beinhaltet. RF sucht nach Argumenten für den EU-Beitritt der Türkei, verheddert sich aber in Unterstellungen, die den Türken, die diese Verbrechen ablehnen, kaum gerecht werden können. Eine solche Argumentation ist gegenüber den türkischen Mitbürgern nicht akzeptabel.

RF als Beitrittsbefürworter steht unter Rechtfertigungsdruck. Dass sich die Menschenrechtslage durch Beitrittsverhandlungen verbessert – genau für diesen Prozess fehlt es an Belegen. Die Logik in RF’s Argumenten ist äußerst fragwürdig. Denn sie bedeutet, dass je umfassender die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei sind, umso dringender die Beitrittsverhandlungen erfolgen müssen und sogar der Beitritt geboten ist. Als ließe sich die Menschenrechtslage in der Türkei nicht auch ohne EU-Beitritt verbessern. RF’s Pro-Beitrittsargumente sind von der Systematik her moralische Erpressungen. Er definiert willkürlich, dass wir eine moralische Verpflichtung haben, die Türkei in die EU aufzunehmen, um die dortige katastrophale Menschenrechtslage zu verbessern. Die aber gemäß seiner eigenen Aussage nur durch „ein paar Extremisten“ hervorgerufen wird. Gegenfrage: Ist es dann überhaupt notwendig, die Türkei unbedingt in die EU aufzunehmen, angesichts von nur „ein paar Extremisten“ die sich derart verbrecherisch gebärden ? Umgekehrt gilt: Machte man Menschenrechtsverletzungen zum EU-Aufnahmekritierium um gegen Menschenrechtsverletzungen eine Einflußmöglichkeit zu haben, müsste die EU global erweitert werden.

Dass laut RF die Forderungen nach Verbesserung der Menschenrechtslage noch besser durchsetzbar sind „wenn die Türkei Mitglied in der EU ist“, impliziert, dass die Türkei sogar in die EU kommen kann, wenn sie zum Beitrittszeitpunkt die Menschenrechte unzureichend achtet. Mit diesem Ansatz könnte die Türkei EU-Mitglied werden, ohne ausreichend menschenrechtliche Standards zu erfüllen. Und wäre dennoch voll einflussfähig innerhalb der EU.

Das kann nicht wünschenswert sein. Denn es bedeutet eine weitere inakzeptable Absenkung der Menschenrechtsstandards in der EU. Die Argumentation eines Beitrittbefürworters wie RF zeigt exemplarisch, wie entschlossen viele diese Position vertreten. Die Argumente pro Beitritt werden in geradezu absurder Weise in ihrer Sinnhaftigkeit auf den Kopf gestellt, bis sie letztlich keine Argumente mehr sind, sondern rhetorische Fallen, um den Türkei-Beitritt unter allen Umständen durchsetzen zu können.

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47 KOMMENTARE

  1. An dieser Stelle setzt mein Verstand aus. Ich habe Gegenteiliges erlebt in der Türkei. Die Menschen sind dort nicht so bekloppt wie die Diaspora-Türken. Und es wäre gut, wenn die Türkei in die EU käme. Die Beleidigten-Nummer hätte endlich ein Ende.

    Totally confused
    Chambie

  2. So, jetzt ist aber endgültig Pausenklingel für die Herren Lehrer und Volkserzieher von Seiten der Links-, Grünen- und Gutmenschenfraktion.

    Wir, das leider nicht vollständig umerzogene, zur Vernunft noch ansatzweise fähige Volk, bedanken uns für das außerordentliche Projekt, das diese unsere „Elite“ aufopferungsvoll und bis zur Selbstentäußerung mit uns durchziehen wollte. Schließlich führten Diskriminierung und Hass in Deutschland zum furchtbarsten Verbrechen aller Zeiten, dem Megamord von Auschwitz, und so etwas soll sich gefälligst niemals wiederholen, weshalb die Unterrichtseinheit „Toleranz und Gutmenschentum“ grundsätzlich als sinnvoll erkannt wird.

    Aber bitte: Glauben Sie wirklich, dass das Leugnen der Beitrittsfähigkeit der Türkei zur EU dazu führt, dass demnächst Türkenmörder marodierend durch Kreuzberg ziehen und die Gaskammern wieder in Betrieb genommen werden? Glauben Sie ernsthaft, dass ein Land, in dem brutale Mörder sich hinter dem Koran verschanzen und von höchsten Kreisen der Politik gedeckt werden, irgend etwas gemeinsam hat mit dem europäischen Kulturkreis, in dem Religionskritik heute ohne Gefahr für Leib und Leben möglich ist? Glauben Sie nicht, dass das türkische Volk nach dem fast ebenso entsetzlichen Großverbrechen des Armeniermords von 1915-1919, ebenfalls erst eine kleine Unterrichtseinheit nötig hätte?

    P.I., der Klassensprecher der deutschen Umerzöglinge, erklärt die Unterrichtseinheit „Gutmenschentoleranz“ hiermit im Namen aller für beendet und ersuche die Lehrkräfte dringendst, zur Vernunft zurückzukehren!

  3. @ chamberlain

    Der Beitritt dieser Türkei zur EU wäre ein weiterer, möglicherweise der letzte Sargnagel. (Gerade deshalb wollen einige EU-Kritiker sie ja aufnehmen, doch das halte ich für den falschen Weg.)

  4. Das ist aber großartig, wenn wir, Europa dafür verantwortlich sind, dass die Türkei die passende Menschenrechtspolitik betreibt. Für mich ist in etwa vergleichbar mit Erpressung unter Liebenden: „Wenn du mich nicht liebst, tu ich dies und jenes…“ So was wie Stalking. Wieso sind so viele Haltungen wie auch diese hier auf individueller Ebene so verwerflich und aber auf Staatenebene sollen sie vertretbar und verhandelbar sein? Wieso heute und wieso nicht vor 30 Jahren? Damals wäre noch keinem in den Sinn gekommen, Franco in die EU aufzunehmen, weil er sonst die Menschenrechte nicht beachtet. Man hat erst abgewartet, bis Franco weg war und dann wurde Spanien aufgenommen, nachdem ein Kurswechsel stattfand.

  5. kann mich nicht entsinnen, dass der EU-Beitritt Polens bislang etwas an den relativ harmlosen Menschenrechtsmängel geändert hätte. Warum sollte ein EU-Beitritt der Türkei beispilsweise irgendetwas im Kurdenkonflikt ändern sollen?
    Nein, die EU wäre außerdam bei Fortdauern dieser Konflikte angehalten, sich in die nationale Souveränität der Türkei einzumischen, was diese aber keinesfalls akzeptieren wird. Die Beitrittsbefürworter wissen ja gar nicht, welch Berg an Problemen da auf uns zukommen würde!

    Ich bin dafür, dass man a) das wirtschaftliche Wachstum der Türkei durch Maßnahmen begünstigt und b) die säkularen Kräfte stärkt. Ich beginne langsam zu glauben, dass ein Putsch dringend notwendig ist, bevor es zu spät ist. Ahmed Gül, der der neue Staatspräsident der Türkei werden soll, ist übrigens auch ein bekannter Islamfaschist …

  6. @#5 feuervogel

    Man kann Polen und die Türkei nicht vergleichen, die Polen sind ein zivilisiertes Volk und der polnische Staat ist trotz einiger Mängel ein Rechtsstaat. Die polen haben (unter schwierigsten Bedingungen) ihr Land innerhalb von 10 Jahren EU-reif bekommen. Die Türkei ist nach 40 Jahren und etlichen Mrd. Euro Hilfe noch nicht einmal richtig angefangen.
    Jeder Pole kann ohne Visum über die Grenze nach Deutschland fahren, ohne das es hier ein Chaos verursacht. Wenn die Türken das gleiche recht hätten, wäre das Chaos unausweichlich, dass kann man für rassistisch halten, es ist aber einfach so. Ich habe noch von keinem Fall gehört, wo eine Abschiebung Krimineller nach Polen nicht möglich war, bei der Türkei ist das die Regel und nicht die Ausnahme

  7. Er wirkt wie jemand, der schon fest zugesagt hat und nicht mehr aus etwas rauskommt, was er inzwischen selber beschissen findet. Und der’s jetzt mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten verteidigt. Ganz ohne Not verteidigt.

    Die Türkei in der EU wäre eine Katastrophe, aber umgekehrt ist die wie ein Zuckerchen vor die Nase gehaltene EU-Mitgliedschaft auch für die Türkei eine Katastrophe.

    Die Türkei ist ein Land mit fast ausschließlich islamischer Bevölkerung und seien wir ehrlich: wenn man das berücksichtigt, ist sie ein verdammt guter Staat. Christliche Priester brauchen zwar Polizeischutz (aber hierzulande stehen auch vor jeder Synagoge Polizeiautos) – aber sie HABEN Polizeischutz. Und den Mördern der drei Christen ging’s wesentlich besser, wenn sie das in Berlin getan hätten! Ein Zeitungskommentator hat sich selbstkritische (!) Gedanken zu dem Mord gemacht und der Polizist vor Ort war nach 5 Minuten da! Das ist nicht selbstverständlich für ein islamisches Land.

    Menschenrechtsstandards wie in nicht-islamischen Ländern sind nicht möglich. Je mehr die EU drauf drängt, desto mehr driftet das Land in Richtung Islam ab. Die EU ist Eurabia und sie ist wesentlich islamfreundlicher als die Kemalisten in der Türkei und sie drängt deren Einfluss mit ihrem Menschenrechts-Gefordere mehr und mehr zurück. Und die neue „Hilfe wir werden christianisiert“-Paranoia – die ich damit nicht entschuldigen will – kommt auch von der Sorge, durch den EU-Beitritt die Identität zu verlieren. Es sind Moslems! Wenn man den Islam nicht weltweit abschaffen kann und will (und man kann das wirklich nicht), muss man ihn nehmen wie er ist und zufrieden sein, wenn er so gezähmt ist, wie in Atatürk gezähmt hat.

    Warum können diese weltverbessernden Gutmenschen Dinge nicht einfach mal lassen, wie sie sind? Warum konnten sie nicht einfach mit der Türkei handeln … man kann doch auch miteinander auskommen, ohne gleich zu heiraten.

    Ein sofortiger Abbruch der Gespräche würde Militär und Polizei Optionen eröffnen, die sie sich derzeit nicht trauen und wären für die Aleviten, Atheisten, die säkularen Moslems und nicht zuletzt die Christen dort besser.

  8. Der Islam ist in der Türkei zwar gezähmt, doch hat es dort außerdem noch ein anderes, ähnlich schlimmes Problem, das es in anderen islamischen Staaten so nicht gibt: einen völlig paranoiden, chauvinistischen und mörderischen Nationalismus. Den devoten Muslimen, also den Kopfabschneidern, ist ihr Heimatland schnuppe, da sie nur die „islamische Nation“ sowie die Stammesloyalität akzeptieren. Kein Iraker würde einen Kurden ermorden und sich dabei auf die „Ehre der großartigen irakischen Nation“ berufen.
    Die Türkei hat Millionen Armenier abgeschlachtet, Hunderttausende Türkeigriechen außer Landes getrieben und führt seit Jahrzehnten einen Krieg gegen Kurden, die Autonomie wollen. Sie hat Zypern überfallen und illegal ein De-Facto-Regime errichtet. Die ultranationalistischen „Grauen Wölfe“ haben in der kemalistischen Elite mächtige Verbündete – jedenfalls solange sie nicht mit Islamisten und Djihadisten zusammenarbeiten. Und dieser tödliche Rassenwahn existiert überall, wo es Türken gibt – auch und gerade in der Deutschen „Diaspora“ – die vielerorts schon gar keine mehr ist.

  9. Egal. Nach außen erscheint die Türkei nunmal so. Ich habe auch gute Dinge erlebt. Aber sehe auch die Realität. Ich verstehe aber auch diesen „Reflex“, die Türkei in die EU aufzunehmen. Und interpretiere dabei nicht gleich mit… was weiß ich…

  10. @Thatcher: Es gibt nichts umsonst. Ich fürchte, der türkische Nationalismus ist der Preis für die Entfernung des Islam aus der Öffentlichkeit. Den kann man nicht ohne Ersatzbefriedigung entfernen.

    Ich halte es auch für verkehrt, die Türken zu zwingen, sich mit dem Völkermord an den Armeniern so auseinander zu setzen wie wir es mit dem Völkermord an den Juden tun. Sie können es nicht. Der Islam sieht das nicht vor. Unsere „Nationalen“ können das auch nicht – und Hitler regierte nur 12 Jahre, während Mohammed schon 1400 Jahre regiert.

    Ja, es ist alles weit davon entfernt, perfekt zu sein, aber das ist kein Grund, es gutmenschlich zu verschlimmbessern, indem man so tut als ob Moslems keine Moslems wären sondern sich wie Nicht-Moslems benehmen sollten. Ich bin hierzulande extrem intolerant gegen den Islam und türkischen Nationalismus … bei einer 5%-Minderheit sollte man das doch eigentlich schaffen können. (Wie’s aussieht, schaffen wir nicht mal das. Wir sehen selbstgerecht ob unserer „Toleranz“ dumm-grinsend zu, wie die Türken in unserem Land in arabisierten Moscheen noch islamischer gemacht werden, als sie schon von selber wären.)

    Aber bei einer 99%-Mehrheit geht das nicht mehr. Da muss man Kröten schlucken.

    Und was das Abschlachten angeht – so sind das eher Kurden, die das bei Türken tun als umgekehrt. Die brauchen genauso wenig einen eigenen Staat wie die Basken in Spanien. Möglicherweise wird sich das Kungeln der Amerikaner mit denen im Irak eines Tages als genauso fatal herausstellen wie das mit den Taliban. mir hat’s gelangt, wie ich in den 90er Jahren mit meinem kleinen Sohn in eine Randale von denen geriet, direkt vor seiner Schule. Wir sind nur noch wie die Bekloppten gerannt. Das sind nicht „die Guten“ …

    Ich habe auch gute Dinge erlebt.

    Ich auch. Ich glaube einfach, mit der Türkei könnte man leben, wenn man den EU-Beitritt ganz schnell vergessen würde.

  11. 99 Prozent Kopftücher? Mitnichten.

    Das weiß ich doch 🙂 Ich meinte 99% Moslems (zumindest auf dem Papier und wenn man die Aleviten mitrechnet).

    Was die EU angeht glaube ich noch nicht mal, dass man das als mangelnde Reife bezeichnen könnte. (Ganz davon abgesehen, dass ich gegenüber der Türkei skeptisch bin, sie aber nicht hasse. Die EU als Organisation hingegen schon)

    Es gibt den Aphorismus, dass der beste Weg, einen Freund zu verlieren, der ist, ihn zu heiraten. Vielleicht kann die Türkei sogar noch nicht mal ein wirklicher „Freund“ für die EU-Staaten sein, aber ein interessanter Handelspartner und auskömmlicher Nachbar schon.

    Die Ehe halte ich in dem Fall nicht für eine Frage der Entwicklung in der Türkei sondern für eine grundsätzliche. Es muss doch auch nicht sein. Für die Bevölkerungen beider Seiten hat es ein bisschen was von einer Zwangsehe. Die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft sinkt auch in der Türkei rapide. Und hier ist sie sowieso unterirdisch.

    Das sind nur die gottspielenden Experimentatoren, die das wollen. Wie bei der Einwanderung auch.

  12. Man sieht doch, wie Eurabia auf Länder mit geringem Moslem-Anteil wirkt! Eurabia in der Türkei? Das wünsche ich den Kopftuchlosen dort ganz bestimmt nicht!

  13. O-Ton Fischer: Ich weise aber darauf hin, dass diese Forderung umso erfolgreicher sein wird, so lange die Beitrittsverhandlungen laufen oder wenn die Türkei Mitglied in der EU ist.

    Interessant.

    Das ist ungefähr so, wie wenn man davon ausgeht, dass ein durch die NSDAP aufgeheiztes Deutschland den Vorsitz im Völkerbund angeboten bekommen hätte, aus dem es, wie wir wissen, ausgetreten ist.

    MP Erdogan hat einmal folgenden Satz geprägt: „Demokratie ist wie eine Straßenbahn, die man verlässt, wenn man am Ziel angekommen ist“.

    Ich denke, man sollte solche Typen wie ihn mehr als ernst nehmen, auch wenn er jetzt für die Präsidentschaftswahl einen scheinbar „gemäßigten“ Kandidaten wie seinen Weggefährten Außenminister Gül vorschickt.

    Hier sind übrigens Parallelen zur Hamas mit ihrer Einheitsregierung (Fatah) festzustellen, wenn sie ihr Vernichtungsprogramm hinter einer Koalition versteckt.

    Dieser Gül ist schlicht und einfach ein islamisches trojanisches Pferd.

    Zum Schluss: Hören wir endlich damit auf, die türkischen Nationalisten als „Säkulare“ zu bezeichnen, die in der Tradition Atatürks stehen.

    Blanker Unsinn.

    Die türkischen Nationalisten haben mehr Schnittmengen mit den Islamisten als man hier im Westen vermutet.

    Man sollte sich also nicht auf ein so genanntes „säkulares Türkentum“ in der Türkei verlassen – und auf die Ableger hier sowieso nicht.

    Auf einem Staat, der sich mit 99% Muslimen weitgehend als juden- und christenfrei bezeichnet, schon drei Mal nicht.

    Als ich von Erdogan vor Monaten solche Formulieren wie „Christenclub Europa“ hörte, läuteten bei mir sowieso alle Alarmglocken – Gül hin oder her, das ist dann auch egal.

  14. Leute wie diesem Fischer gehören jeden Morgen links und rechts Ohrfeigen gehauen und die Fragen gestellt:

    „Wessen Interesse sollst Du vertreten?“
    *Klatsch*
    „Wozu bist Du in den Landtag gewählt worden?“
    *Klatsch*
    „Wer hat Dich in den Landtag gewählt?“
    *Klatsch*
    „Wieso maasst Du Dir an, zu glauben, Deine Wähler wollten die Türkei in der EU?“
    *Klatsch*
    „Hast Du die Schleswig Holsteiner mal gefragt?“
    *Klatsch*
    „Kannst Du da mal drüber nachdenken und morgen früh komme ich und frag noch mal?“
    *Klatsch*
    „Verstanden?“

    Ich glaub anders kapieren die es nicht, die da über den Wolken schweben.

  15. #19 D.N. Reb [TypeKey Profile Page] (28.04.07 06:50)

    Leute wie diesem Fischer gehören jeden Morgen links und rechts Ohrfeigen gehauen:

    Lieber D.N. Reb,

    manchmal kann ich ja dein südstaatlerisches Heißblut nachvollziehen – aber Aggressionen statt Argumente?

    Eigentlich hast du unbeabsichtigt versucht, meinen Beitrag über (vor) dir (#18 Bernd Dahlenburg [TypeKey Profile Page] (28.04.07 04:53), ad absurdum zu führen.

    In der Summe meiner Ergebnisse geht es nicht um *Klatsch*, wie du sagst, sondern um Argumente.

    Als Christ kann ich deine Schlussfolgerungen nicht nachvollziehen.

    Ich kämpfe gegen den Islam, aber nicht gegen die Menschen, die Muslime sind, oder gegen die Terrorversteher hierzulande, die zu blöd sind, den Islam zu durchschauen, wie Herr Fischer z.B.

    Ich kämpfe gegen eine perverse islamische Ideologie – aber nicht gegen Muslime, die um die Ecke wohnen.

    Wenn ich ihm (dem Fischer, wie du sagst) eine „klatsche“, wird er das Argument nicht verstehen.

    Sich hier im Forum austoben ist leicht, aber hast du schon einmal Menschen wie Fischer direkt angeschrieben oder angesprochen?

    Ich mach‘ das regelmäßig, aber ich mache darüber kein großes Aufheben.

    Du dagegen machst Schattenboxen.

  16. @ #6 H.P. Petersen

    mir ging es keineswegs darum, Polen mit der Türkei zu vergleichen, ich wollte bloß ausdrücken, dass die EU, wenn dann nur kaum, in der Lage ist, innerstaatliche Probleme zu lösen.

  17. Es wird immer Argumentiert, daß der Beitritt die Türkei vor der Rolle rückwärts in den Islamismus bewahren KÖNNTE. Was passiert aber, wenn die Türkei beitritt und die Rolle rückwärts kommt TROTZDEM?
    Was ist, wenn eine regressive Türkei zum Dauerblockierer bei allen möglichen Entscheidungen wird? Das größte Land innerhalb der EU mit irgendwann mal 100 Mio Leuten?
    Wie kann man sich heute hinstellen und mit Arroganz verkünden, daß die EU eine Art Erziehungsurlaub für die Türkei würde? Keiner von den Befürwortern wäre anschließend in der Haftung für die Entscheidung, oder könnte eine Garantie übernehmen. Es läuft also auf ein weiteres Gesellschaftsexperiment hinaus, daß man in bester Absicht veranstaltet, aber damit ist ja bekanntlich der Weg zur Hölle gepflastert.

  18. #19 D.N. Reb (28.04.07 06:50)

    Ich kann das auch nich nachvollziehen!
    Jedesmal „Klatsch“
    Versteht der doch sowieso nich.

    Eher:

    Man nehme ihm das linke Ei, das Rechte schleife man zu Brei. Oder so.

  19. @#21 feuervogel

    Schon klar,

    wir werden zur Verteidigung unserer Werte nicht um einen „Kulturrassismus“ herumkommen. Es muss klar definiert sein, was passt und was nicht passt. Mit ständiger Gleichmacherei und wegdiskutieren von kulturellen Unverträglichkeiten lassen sich diese Probleme nicht lösen. Siehe Einwanderung, alle EU-Länder haben Probleme mit einer Gruppe, den Moslems, anstatt dieses Problem klar zu benennen erlässt man eine Antidiskriminierungsvorschrift zum Wohle der Moslems nach der anderen. Folglich werden die Probleme mit dieser Gruppe immer größer. Ohne klares Bekenntnis, wir wollen keinen Islam im Land, wer bereit ist, seinen Glauben zurückzustellen, darf gerne kommen, alle anderen bleiben bitte zu Hause oder gehen in ein anderes islamisches Land, werden wir dieses Problem nicht lösen.

    Gleiches gilt auf Länderebene, ein islamisches Land passt nicht in die nichtislamische EU, da brauchen sich auch Bosnien und Albanien gar nicht erst Hoffnungen machen.

    Das ist natürlich Futter für die Rassismuskeulenschwinger, aber es ist das, was eigentlich alle wollen und keiner sagen mag.

  20. Ich finde, wer in diesen Tagen auf den Kemalismus in der Türkei setzt, bewegt sich auf dem dünnen Eis. Noch gestern abend hätte ich das pauschal auch so geglaubt. Aber heute fand ich, dass die Nachrichten vom Gegenteil zeugen. Fast gleichzeitig bei Kewil und bei uns über die Kandidatur des Abdullah Gül zum Staatspräsidenten – die Zahlen, die ich gefunden habe, sprechen eher dafür, dass die Kemalisten nicht gerade an der Macht sind *g*

    Die AKP des Erdogan haben um die 353 Sitze im Parlament, während die Kemalisten über 184 Sitze verfügen. Und was die Generäle betrifft, wir haben uns alle zu sehr daran gewöhnt, dass die militärische Diktademokratie in der Türkei funktioniert. Heute würde ich aber nochmals darüber nachdenken, denn eins ist sicher: In der Politik und in den Machtspielen gibt es keine ewige, unveränderliche Konstanten. Alles ist in Bewegung, verändert sich, die Frage ist nur, in welchem Tempo. Generäle werden alt, sterben, neue kommen hinzu und die neuen haben neue Weltansichten, wie die einstigen Kreml-Herrschaften, zu der Zeit als noch Honecker an einer hundertjährigen Berliner Mauer glaubte. Kurz gesagt, ich fand im letzten Jahr zwar sporadisch, aber dennoch fand ich Meldungen, demnach das türkische Militär von den Islamisten infiltriert wird…

    Also Laizismus in der Türkei? Demokratie? Vielleicht kriegen die Generäle noch einen Putsch durch, aber auf das übernächste Putsch würde ich kein Geld mehr wetten.

  21. das foto des r. fischer ist entlarvend. es zeigt die personifizierung luzifers. bildaufbau, kleidung und alles erinnern zu stark an satan, als daß man an zufall denken kann. es ist gewollt und heißt: hauptsache antichrist!
    da ist es verständlich daß er sich in die fünfte kolonne der islamisten einreiht um das abendland dem untergang zu weihen.
    ob ihm bewußt ist, daß islamisten die hilfe der linken gerne annehmen, solange sie noch nicht selbst an der macht sind und nach der machtergreifung die linken als erste an den baukrahn hängen?
    iran ist ein gutes beispiel.
    aber so weit denken unsere linken kälber nicht und suchen derweil ihren schlachter selber.

  22. Kemal Atatürk war wohl einer der größten Politiker des letzten Jahrhunderts, z.B. wurde in der Türkei das Wahlrecht für Frauen früher als in Frankreich eingeführt, das ändert aber nichts daran, dass er nie einen würdigen Nachfolger gefunden hat.

    Deshalb hat man heute in der Türkei nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, auf der einen Seite blinde Nationalisten, deren Uhr vor 80 Jahren stehen geblieben ist und auf der anderen Seite fanatische Islamisten die zurück in die geistige Steinzeit wollen. Für Deutschland und für die EU ist in der Türkei nichts zu holen, man sollte da einfach wegbleiben.

  23. @ #27 H.P. Petersen

    zusätzlich ist zu beklagen, dass der türkische Nationalismus teilweise mehr und mehr mit islamischen Vorstellungen durchtränkt wird.

    Sollte das Militär tatsächlich baldig putschen, sollte man schon versuchen, der Türkei Brücken zu bauen, allerdings ohne Illusionen. Allerdings habe ich da ein bisschen Hoffnung, Illusionen haben die Kemalisten nämlich auch nicht.
    Nationalismus lässt sich in den meisten Fällen mit viel Geduld aufweichen, der Islamfaschismus hat sich bislang aber nie aufweichen lassen.

  24. @ #28 feuervogel

    Der auf Atatürk zurückgehende fanatische Nationalismus hatte damals durchaus seine Berechtigung um aus den Resten des osmanischen reiches die Türkei entstehen zu lassen, ohne Nationalismus wäre das nicht gegangen. Nur, wenn dieser 80 Jahre später von der Armee immer noch in unveränderter Form verteidigt wird, löst das keine Probleme, sondern schafft nur neue. So ist dieser Nationalismus auch mit für die Probleme mit Minderheiten in der Türkei und für die Integrationsunwilligkeit der Türken in Deutschland mitverantwortlich.

    Für mich ist da weder mit noch ohne Putsch eine Besserung in Sicht, zumal auch die Kemalisten ihre islamischen Wurzeln wieder entdeckt haben.

    Ein Putsch würde vermutlich eine neue „Flüchtlingswelle“ auslösen, die warten nur auf einen Vorwand, sich in EU-Länder einschleichen zu können. Das Militär würde dies vermutlich auch noch unterstützen, deshalb würde ich ihnen keine Brücken bauen.

    Die Türken müssen ihre inneren Angelegenheiten allein klären, am besten mit der klaren Ansage, dass sie so oder so auf keinen Fall in die EU kommen. Damit dürfte dann dieser pro forma EU-Kurs sinnlos werden und die Türken können sich auf ihre ureigenen Interessen konzentrieren.

    Mit der Aussicht auf EU-Beitritt wird auch in der Türkei die Meinung manipuliert, das nutzt weder den Türken noch uns.

  25. Sollte das Militär tatsächlich baldig putschen…

    … dann verurteilt die EU das auf’s schärfste. Wenn die Laffen „Militärputsch“ hören, kriegen sie die Menschenrechts-Krise. Falls dabei noch der Dialogpartner Erdogan einen Tritt in den Allerwertesten kriegen sollte, hyperventilieren die und setzen die Beitrittsverhandlungen so lange aus, bis wieder jemand an der Regierung ist, der zur Eurabia-Philisophie passt und die Ausreise großer Zahlen von ungebildeten Moslems Richtung Mitteleuropa auch wirklich garantieren kann.

    Ich bin absolut dagegen, dass man den Beitritt an Bedingungen knüpft. Man sollte ihn kategorisch ausschließen, unabhängig davon, welche Richtung die Türkei nimmt.

    Islam ist wie Herpes. Der geht nicht weg und der bricht immer wieder aus. Sobald das antivirale Mittel „Kemalismus“ aufweicht, ist er wieder da. Und wie Kybeline schrieb, ist es auch nicht auzuschließen, dass sich die Ära des großen Atatürk wirklich zum Ende neigt und das Militär sich assimiliert.

  26. @Eisvogel: Ich dachte, dass man sich darüber einig ist: „Ich bin absolut dagegen, dass man den Beitritt an Bedingungen knüpft. Man sollte ihn kategorisch ausschließen, unabhängig davon, welche Richtung die Türkei nimmt.“

    Auch Petersens Einwendungen sind gut begründet. Feuervogel hat zwar recht, dass der Putsch und Kemalismus immer noch ein bessere Cholera verglichen mit dem mittelalterlichen Beulenpest ist, aber die EU sollte sich doch lieber dagegen impfen statt sie mit Brücken hierher zu holen.

  27. >> Die Türken müssen ihre inneren Angelegenheiten allein klären, am besten mit der klaren Ansage, dass sie so oder so auf keinen Fall in die EU kommen.

    Amen. Ich rechne nicht mit einem Putsch, aber vielleicht wäre es tatsächlich nicht das Allerschlimmste. In Chile gab es damals (wir hatten es schon diskutiert) auch nur schlechte Optionen. Aus heutiger Sicht war die gewählte aber nicht die schlechteste mögliche.

    PS: Damit sollen nicht die Menschenrechtsverletzungen verharmlost werden.

  28. Nachtrag: Natürlich ist ein Putsch in der Türkei gemeint. Gibt ja immer Leute, die Aussagen absichtlich falsch verstehen wollen.

  29. ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass man die Türkei mit geeigneten Maßnahmen wirtschaftlich unterstützen sollte. Die geschichtliche Erfahrung lehrt uns, dass eine florierende Wirtschaft Unfreiheit nicht ewig duldet, selbst in China oder mittlerweile einigen arabischen Emiraten nicht mehr.

    —-

    Das Propagieren der Scharia erfüllt den Straftatbestand der Volksverhetzung!

    Das Entgleiten der staatlichen Ordnung, wie es in Paris, London oder Berlin zu beobachten ist, ist ein Abgleiten in den Faschismus!

  30. @#35 feuervogel

    „ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass man die Türkei mit geeigneten Maßnahmen wirtschaftlich unterstützen sollte.“

    Ich glaubte bisher der Markt regelt die Wirtschaft, also Angebot und Nachfrage. Was denn für geeignete Massnahmen?

    By the way: Heute hat sich ein Schwalbenschwanz im Garten gesonnt:

    http://tinyurl.com/ytzwhb

  31. @35 Feuervogel

    ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass man die Türkei mit geeigneten Maßnahmen wirtschaftlich unterstützen sollte.

    Diese Bemerkung ist unnötig, denn der Westen unterstützt heute bereits die türkische Wirtschaft mehr, als ihr bekommt.

    Ich habe bereits türkische Artikel von tc. Autoren (auf Englisch) gelesen, demnach das ganze Wirtschaftsboom und angeblicher Abbau der Inflation in den letzten 5-6 Jahren nur auf künstliche Unterstützungsmaßnahmen von Seiten der USA und Europa zu deuten ist und dass faktisch die türkische Wirtschaft in einer genau so miserablen Lage wäre, wie seit eh und je, gäbe es nicht diese Unterstützungsmaßnahmen.
    Konkret nannte der Autor eine Stundung von Kreditrückzahlungen und ich glaube noch einen neuen Kreditrahmen (für die zweite Maßnahme müßte ich den Artikel noch mal suchen)

    Das Problem ist, dass die Türkei keine nennenswerte Wirtschaftszweige hat, auf die sie sich verlassen könnte.
    Zum einen ist die Landwirtschaft und sie ist prozentuell vielleicht nicht das größte Wirtschaftszweig, aber ich glaube, dass der Großteil der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt ist. Europa, vor allem Deutschland, unterstützt die tc. Landwirtschaft mit massiven Importen. Aber ich sehe 2 Punkte: zum einen kann man die hiesigen Konsumenten nicht zwingen, türkische Gemüse zu kaufen, wenn sie nicht wollen. 2.: Bei dem Bevölkerungswachstum wird Türkei immer weniger Agrarprodukte exportieren können. Dasselbe gilt für Ägypten, die in der Antike der Kornkammer der Römer war – aber damals gab im ganz Ägypten nicht mal ein Fünftel so viele Einwohner, wie heute allein in Kairo (dasselbe auf Istanbul bezogen, die ja heute eine 14-Millionen-Stadt ist; Izmir, Bursa, Antalya, Ankara haben auch jeweils mehr als Berlin)

    Tourismus: Warum wollen immer weniger Deutsche dahin? Willst du sie zwingen, hinzugehen?

    Dann ist noch ein nennenswerter Zweig, der Handel, Banking, Vermittlung usw – in einem Wort Dreh-und-Angelpunkt zwischen den Kontinenten. Aber dafür braucht die Türkei die Verbindung zu Europa, um Brücke zwischen Europa und der Welt des Islam zu spielen. Europa braucht dagegen die Türkei nicht, denn auch in der Vergangenheit gab es noch andere Brücken: Zypern, Libanon. Und wenn mal das Öl am Golf alle ist, führt die Türkei-Brücke ins Leere. Denn zu der restlichen Asien, wie Indien u. ä., führt die Türkeibrücke keine besondere Verbindung. Zu dem restlichen Asien ist Israel eine gepflegtere Brücke.

  32. @#35 feuervogel
    „ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass man die Türkei mit geeigneten Maßnahmen wirtschaftlich unterstützen sollte. Die geschichtliche Erfahrung lehrt uns, dass eine florierende Wirtschaft Unfreiheit nicht ewig duldet, selbst in China oder mittlerweile einigen arabischen Emiraten nicht mehr.
    Andersrum, Chinas wirtschaftlicher Aufschwung wurde erst durch Lockerung der Unfreiheit möglich, wegen der fehlenden Lockerung der Unfreiheit ist in Nordkorea derzeit nicht mit einen wirtschaftlichen Aufschwung zu rechnen.“
    —-

    Emirate, weiß ich nicht welches die Unfreiheit nicht dulden sollte, sie steht doch schon im Koran.
    Seit Jahren unterstützen wir die Palästinenser mit der „moderaten“ PLO massiv, sie wählen die Islamisten die Erfahrung lernt uns, dass war ein Fehler. (trotzdem macht die EU weiter)
    Die Türkei wird seit Jahren massiv unterstützt, die Türken wählen die Islamisten. Und noch mal zum Militär, sie sind für den Rassismus im Lande verantwortlich. Auch wenn Du sie gegen die Islamisten als kleineres Übel siehst, Förderungswürdig sind sie deshalb noch lange nicht.
    Wir haben z.B. mit der letzten EU-Erweiterung die Todesstrafe wieder in die EU eingeschleppt. Nach EU-Auffassung ist Zypern nicht in 2 Staaten geteilt, damit ist die gesamte Insel EU-Gebiet. Nun hat die Türkei in Hoffnung auf den EU-Beitritt die Todesstrafe abgeschafft, das stark unter Einfluss des türkischen Militärs stehende Nordzypern aber nicht. Für mich ist das einfach nicht akzeptabel und es macht auch keinen Sinn mit solchen Taktierern zu verhandeln, siehe PLO, es bringt nichts.
    Ich finde da in Osteuropa erheblich mehr förderungswürdige Länder, und die Menschen dort sind uns kulturell mehr verbunden.

  33. Und ich warne davor, die schreckliche Tat in Malatya zu bagatellisieren.

    Wir haben wieder die gleiche verniedlichung-weichmacher-Strategie wie vorhin von einem andern:
    a) Wenn es konkret wird, weicht man auf das Allgemeine aus.
    b) Wenn es Allgemein wird, wicht man auf das Konkrete aus.

    Damit kann alles bagatellisiert werden, und echte Argumente werden ausgehebelt.

  34. @Kybeline (#32): Was mich angeht, besteht da kein Zweifel.

    Die Türken haben’s doch selber glasklar erkannt: Die EU ist ein Christenclub.

  35. Einen Völkermord an 1,5 Millionen Armeniern sollte man auf PI nicht Relativieren, indem man verharmlosend von „Christenmorden“ spricht, sonst ist PI genauso widerlich und verlogen, wie die Türken. Es ist richtig und noch nie war es so notwendig, offen pro-Israelisch zu sein, den Antisemitismus und vor dem Vernichtingswillen vor allem der muslimischen Welt gegen Israel zu warnen. Aber wenn sich diese lobenswerte Haltung mit einer offensichtlichen areligiösen, insbesondere christenfeindlichen Tendenz in Beiträgen u. Kommentaren auf PI verbindet, dann bekommt Bemerkungen wie „Christenmorde“ schon ein Geschmäckle. Ich finde es bemerkenswert, dass hier niemand wagt, den Begriff Völkermord in den Mund zu nehmen. Der Völkermord an den Juden war nicht der einzige in der Weltgeschichte und nicht der erste des 20. Jahrhunderts.

    Warum leugnet die Türkei?

    „Das hat damit zu tun, dass das Ereignis selbst – der Völkermord an den Armeniern – in der osmanischen Türkei 1915/1916 selbst einer der Gründungsmomente dieser modernen Türkei gewesen ist. Das heißt, der Völkermord selbst ist eingebunden in einen Umgestaltungsprozess des osmanischen Vielvölkerstaats in einen modernen türkischen Nationalstaat, in einen homogenen, türkischen Nationalstaat mit der Verwirklichung einer homogenen, türkischen Bevölkerung im Kernland Kleinasiens. Und das ist ein ganz, ganz zentraler Punkt.

    Das heißt, es ist einer der Gründungsmomente der modernen Türkei. Und mit der Anerkennung dieses Völkermordes würde man natürlich auf diese Geschichte der modernen Türkei und ihrer Gründung selbst einen dunklen Punkt und einen Makel werfen. Das ist sicherlich einer der Gründe, warum die Anerkennung dieses Ereignisses als eines intendierten und geplanten Völkermords – was sich auch so nachweisen lässt und von der historischen Forschung ja auch nachgewiesen worden ist – das begründet halt, warum man sich so dagegen wehrt, diesen Begriff anzuwenden oder anzuerkennen.“

    s.a.
    http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/477883/

  36. Einen Völkermord an 1,5 Millionen Armeniern sollte man auf PI nicht relativieren, indem man verharmlosend von „Christenmorden“ spricht, sonst ist PI genauso widerlich und verlogen, wie die Türken. Es ist richtig und noch nie war es so notwendig, offen pro-Israelisch zu sein, dem Antisemitismus und dem Vernichtungswillen, der vor allem in der muslimischen Welt gegen Israel um sich greift, notfalls militärisch entgegenzutreten. Aber wenn sich diese lobenswerte Haltung mit einer offensichtlichen areligiösen, insbesondere christenfeindlichen Tendenz in Beiträgen u. Kommentaren auf PI verbindet, dann bekommt Bemerkungen wie „Christenmorde“ schon ein Geschmäckle. Ich finde es bemerkenswert, dass hier niemand wagt, den Begriff Völkermord in den Mund zu nehmen. Der Völkermord an den Juden war nicht der einzige in der Weltgeschichte und nicht der erste des 20. Jahrhunderts.

    Warum leugnet die Türkei?

    „Das hat damit zu tun, dass das Ereignis selbst – der Völkermord an den Armeniern – in der osmanischen Türkei 1915/1916 selbst einer der Gründungsmomente dieser modernen Türkei gewesen ist. Das heißt, der Völkermord selbst ist eingebunden in einen Umgestaltungsprozess des osmanischen Vielvölkerstaats in einen modernen türkischen Nationalstaat, in einen homogenen, türkischen Nationalstaat mit der Verwirklichung einer homogenen, türkischen Bevölkerung im Kernland Kleinasiens. Und das ist ein ganz, ganz zentraler Punkt.

    Das heißt, es ist einer der Gründungsmomente der modernen Türkei. Und mit der Anerkennung dieses Völkermordes würde man natürlich auf diese Geschichte der modernen Türkei und ihrer Gründung selbst einen dunklen Punkt und einen Makel werfen. Das ist sicherlich einer der Gründe, warum die Anerkennung dieses Ereignisses als eines intendierten und geplanten Völkermords – was sich auch so nachweisen lässt und von der historischen Forschung ja auch nachgewiesen worden ist – das begründet halt, warum man sich so dagegen wehrt, diesen Begriff anzuwenden oder anzuerkennen.“

    s.a.
    http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/477883/

  37. Fischer und Roth würden wunderbar zusammenpassen. Der Name Roth-Fischer bzw. Fischer-Roth wäre auch sehr harmonisch.

  38. Peinlich, peinlich ist mir, dass ich den Artikel zunächst völlig falsch verstanden habe.

    Sorry, der Artikel ist natürlich i.O. und ich ein Depp. 😉

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