Karikatur: Schahar

Besorgte Vortragende berichten aus einer Welt, in der der Wert einer Frau noch an der Länge ihres Kopftuchs gemessen wird. Und in der die Muslime glücklich leben könnten, wenn giftige Deutsche nicht ständig Islam und Ehrenmorde in Verbindung brächten.

Alle Muslime in Deutschland, erklären die Vortragenden, hätten nur den einen Wunsch, nämlich die neue Moschee im Nachbarstadtteil zur Ehre Gottes endlich errichtet zu sehen. Alle Muslime, wissen die Vortragenden, hätten nur die eine Frage, ob Frau Merkel eines Tages nicht doch ihre Regierungsgeschäfte hedschabiert erledigen werde. Und alle Muslime, informieren uns die Vortragenden, würden von der Angst umgetrieben, dass sie eines Tages wie die Juden im Dritten Reich verfolgt und ermordet würden…

Steinigung von jungen Frauen Tradition

Ermordet wie die Juden im Dritten Reich! Die Zuhörer werden stumm, Frauen erbleichen, ein paar Herren schütteln das in Sorgenfalten geworfene Haupt, kleine Kinder zupfen ihren Eltern am Ärmel und fragen, was denn ein Jude sei. Bis eine kleingewachsene, kurz geschorene Dame couragiert aufsteht und laut ruft: „Nie wieder!“ Befreit nickt man sich zu, ein Lächeln, herzhaft, mutig, breitet sich aus. Nie wieder!

Ein mutiges Wort, gibt Referent Ali XY zu bedenken, da ja „die Muslime“ immerhin Deutschland nach dem Krieg wieder aufgebaut hätten. Ohne Muslime kein Wirtschaftswunder, pflichtet ihm ein Zuhörer bei.

Nun sind alle Fesseln der Zurückhaltung gebrochen und schäumend branden kritische Zwischenrufe aufgebrachter und besorgter Bürger auf die Versammelten ein: Integration, will einer wissen, sei keine Einbahnstraße. Ein anderer ruft, Israel würde niemals in den Medien kritisiert werden. Gerade die Juden, weiß ein dritter, müssten es doch wissen, wie es sei, von Nazis terrorisiert zu werden.

Und am Ende erhebt sich einer, der, wie er sagt, die Werte in Deutschland schon lange vermisse, und zu bedenken gebe, dass wenn im Iran Steinigung von jungen Frauen Tradition sei, wir arrogante Europäer kein Recht hätten, ihnen dreinzureden.

Die Pepsi unter den globalisierten Dichtermarken

Überlegen lächelt der Vortragende ob der Einsicht seiner Zuhörer. Nun ist es an der Zeit, seinen größten Trumpf auszuspielen. Wen er hierzu heranzieht, ist Goethe, genauer: Johann Wolfgang von Goethe. Größter nicht-jüdischer Deutscher, mehr Denker als Lenker, und daher umso gewichtiger im Selbstbild der eitlen Teutonen, eine internationale Werbeikone, wenn auch nicht die Coca Cola (das wäre Shakespeare), so doch die Pepsi unter den globalisierten Dichtermarken.

Und dieser Goethe, der ja schon im 19. Jahrhundert wusste, dass Diwan im Orient mehr bedeutet als nur Sitzgelegenheit, der war Muslim gewesen! Ne, echt jetzt. Von einer bedeutenden, uns namentlich nicht näher bekannten islamischen Autorität aus deutschen Landen wurde Goethe offiziell in einer 1995 erschienen Fatwa postum zum Muslim gekürt. Das, meine Damen und Herren, ist Aufklärung im neuen Jahrtausend!

Wir sollten uns keine Sorgen machen, hören wir im Dialog. Christen und Juden seien im Islam Schutzbefohlene. Unter muslimischen Herrschern dürften wir unsere Religionen ausüben und müssten nur die traditionelle islamische Schutzsteuer für Nicht-Muslime zahlen. Der Islam, er sei ja tolerant. Muslimische Herrscher, so wird uns im Dialog mitgeteilt, seien allein deshalb gerecht, weil der Koran es so vorschreibe. Wer bei so viel Logik an seinem gesunden Menschenverstand zweifelt, der sollte sich bewusst machen, dass man mit einer solch kleinkarierten Einstellung nie die Wahrheit schauen wird.

(Gastbeitrag von Martin Rudiger)

» Märchenstunde für die Großen – Teil 1

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