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Sarrazins Weihnachtsbescherung

Sarrazins Weihnachtsbescherung [1]Pünktlich zum Weihnachtsfest hat uns Thilo Sarrazin noch einen schönen Artikel beschert. In einem langen Aufmacher des Weihnachts-Feuilletons der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lässt der Autor des erfolgreichsten Sachbuches der Nachkriegszeit noch einmal die Ereignisse rund um diese Publikation Revue passieren.

(Von Bernd Gebhardt)

Dabei wird die ganze Erbärmlichkeit jenes Politpersonals noch einmal deutlich, das unser Land ins Unglück zu steuern offenbar wild entschlossen ist:

• Eine Bundeskanzlerin, die „Deutschland schafft sich ab“ zwar nicht gelesen hat, aber die Vernichtung der bürgerlichen Existenz des Autors gleichwohl betreibt;

• ein Bundespräsident, der als thumber Tor hinter seiner Herrin herstolpert, ohne die rechtlichen Folgen zu bedenken.

Und so weiter und so fort: Wohin man im polit-medialen Raum schaut, überall Voreingenommenheit, geistige Unterbelichtung, 3-Affen-Mentalität. Wer wissen wollte, was an Sarrazins Thesen wirklich dran ist, konnte das am 7. September 2010 in einem FAZ-Artikel [2] der beiden Entwicklungspsychologen Rindermann und Rost nachlesen, deren Forschungsarbeiten zu den wichtigsten Quellen Thilo Sarrazins gehörten. Deren Fazit:

Sarrazins Thesen sind … im Großen und Ganzen mit dem Kenntnisstand der modernen psychologischen Forschung vereinbar. … Massive Fehlinterpretationen haben wir … nicht gefunden.

Wenn die Fakten also stimmen, warum dann dieser Hass auf seiten der polit-medialen Herrscherkaste? Sarrazin hält sich mit einer Antwort zurück, aber wir können mal einen Versuch wagen. Einen Hinweis liefert das Publikum, die Beherrschten also, die in ihrer Meinung Unterdrückten, die jubelnd aufatmen, daß einer von „denen da oben“ sich mal vorwagt und Fehlentwicklungen anspricht, die die Mehrheit des „deutschen Volkes“ (laut Verfassung der Souverän) schon lange erkannt hat, die anzusprechen aber ein mit schwersten Sozialstrafen bewehrtes Tabu war. Hier funktioniert unsere Demokratie also schon lange nicht mehr, die von der freien Diskussion lebt. Entlarvend daher auch der Satz des stellvertr. ZDF-Chefredakteurs Elmar Theveßen, den Sarrazin (ohne Namensnennung) zitiert:

„Sarrazin verlässt den Konsens dieser Demokratie.“

Gemeint ist der Konsens der Abschaffer und Opportunisten, deren „kriecherische Feigheit“ in Sarrazin nur noch eine Empfindung weckt: abgrundtiefe Verachtung.
Und so geht es wohl den meisten von uns. Wir wollen die Abschaffer abschaffen, nicht aber Deutschland. Und da liegt das Problem. Sarrazin will und kann keine Politik machen – und eine breite politische Gegenbewegung gegen das Kartell der Herrschenden ist (noch) nicht in Sicht.

„Mit ein bisschen Michael Kohlhaas im Blut hätte ich eine Staatskrise herbeiführen können.“

Ach Thilo, hättest Du doch diese Krise ausgelöst! Dann wären die Karten womöglich neu gemischt worden. Vielleicht hätte dieser Staat auch sein wahres Gesicht als totalitäre Scheindemokratie gezeigt. So aber konnte ein törichter Bundespräsident weiterstolpern, den Islam entgegen dem Bevölkerungswillen einbürgern und mit falsch verstandenen Goethe-Versen auf den Lippen vor den türkischen Herrschern kratzbuckeln.

Über die widerwärtigen Figuren, die sich anmaßen, den Volkswillen ignorieren zu dürfen, schreibt Sarrazin abschließend:

„Die Politik blieb nicht unbeeindruckt, sie hat eine gewisse Betriebsamkeit an den Tag gelegt. Manches starke Wort der letzten vier Monate wäre ohne mein Buch wohl ungesagt geblieben. Aber über Worte ging es bislang eben nicht hinaus, in der Sache hat sich noch gar nichts geändert. Viele Politiker warten offenbar darauf, dass die durch das Buch ausgelöste Resonanz im Windschatten der nächsten Aufregung verschwindet. Mag sein, dass sie sich täuschen, für ein Resümee ist es noch zu früh.“

Packen wir es also an, das Thema so lange nicht mehr aus der öffentlichen Diskussion zu entlassen, so lange die Abschaffer nicht abgeschafft sind.

Hier Sarrazins FAZ-Weihnachtsbescherung in voller Länge:


Ich hätte eine Staatskrise auslösen können

Soeben teilt mir der Verlag mit, dass sich mein Buch „Deutschland schafft sich ab“ 1,2 Millionen Mal verkauft hat. Noch ist Zeit, es der Bundeskanzlerin und dem Bundespräsidenten unter den Weihnachtsbaum zu legen. Christian Wulff sollte man auch Goethes „West-östlichen Divan“ schenken, damit er nicht mehr verharmlosend daraus zitiert. Goethe wusste vor zweihundert Jahren mehr vom Islam als unser Bundespräsident. Lektionen eines Jahres.

Oft werde ich gefragt, wie ich mich fühle als Autor eines gleichermaßen gefeierten wie geschmähten Sachbuchs, das in kurzer Zeit alle Verkaufsrekorde seit Erfindung der Verkaufsstatistik gebrochen hat. Die Antwort macht mich immer etwas ratlos: Ein Teil von mir platzt vor Autorenstolz, aber im Hintergrund mahnt eine Stimme, dass solche Verkaufszahlen nicht nur deshalb zustande kommen, weil ein Buch gut ist. Der Hass aus der politischen Klasse und einem Teil der Medien zielt ebenso wie die emotionale Zustimmung des überwiegenden Teils der Bürger offenbar auf denselben Sachverhalt: Ich habe etwas gesagt, das man aus der Sicht der einen keinesfalls denken geschweige denn sagen darf, und eben der Umstand, dass ich dies gesagt habe, löst die Begeisterung der anderen aus.

Alle Anzeichen deuten somit auf einen schweren Tabubruch hin. Nur worin soll der bestehen? Die von mir genannten Statistiken und Fakten hat keiner bestritten, mit der von mir zitierten Literatur hat sich, von wenigen Ausnahmen wie etwa dieser Zeitung abgesehen, kaum einer auseinandergesetzt, meine Sprache ist gemäßigt, beleidigt habe ich niemanden.

Die Bundeskanzlerin eröffnete den Reigen und setzte mein Buch auf den Index, so wie es früher die Heilige Inquisition tat, indem sie erklärte, das Buch sei „nicht hilfreich“, und sie werde es auch nicht lesen. An die Stelle des Scheiterhaufens trat nach ihrer Planung die Verbannung aus der Bundesbank, dazu forderte sie Präsident Weber öffentlich auf. Der frisch gewählte Bundespräsident stolperte eilfertig hinterher und bot seine Hilfe bei meiner Entlassung an, ohne vorher den Rechtsrat seiner Beamten einzuholen. Mit ein bisschen Michael Kohlhaas im Blut hätte ich eine Staatskrise herbeiführen können.

Der Berliner SPD-Landesvorsitzende Michael Müller nannte mein Buch „menschenverachtend“, der Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel sprach von einer „ungeheuren moralischen Entgleisung“. In der „taz“ hieß ich „Sudel-Thilo“, die „Frankfurter Rundschau“ nannte mich „Rattenfänger“, und ein stellvertretender Chefredakteur des öffentlich-rechtlichen Fernsehens setzte allem die Krone auf, indem er den Kommentar sprach: „Sarrazin verlässt den Konsens dieser Demokratie.“

Zum Unmaß dieser Reaktionen passt Goethes Wort aus dem „West-östlichen Divan“:

„Alle Menschen groß und klein

Sinnen sich ein Gewebe fein,

Wo sie mit ihrer Scheren Spitzen

Gar zierlich in der Mitte sitzen.

Wenn nun darein ein Besen fährt,

Sagen sie es sei unerhört,

Man habe den größten Palast zerstört.“

Mein Buch war offenbar solch ein Besen. Zehn Tage nach Beginn des Vorabdrucks und drei Tage nach dem Verkaufsbeginn war ich nach allen überkommenen Maßstäben der deutschen Republik nicht nur politisch tot, sondern auch bürgerlich ein Leichnam: Welche ehrenhafte Vorort-Dinnerparty würde so einen noch in ihren Reihen dulden wollen?

Da die Leute, die keine Bücher lesen, sehr wohl die Kommentare jener sehen, hören und lesen, die urteilen, ohne zu lesen, und sich von ihnen beeinflussen lassen, schien das öffentliche Urteil gesprochen, ohne dass das Buch wirklich bekannt war. Bei einem kleinen Verlag, der nicht schnell hätte nachdrucken können, wären mein Buch und ich damit erledigt gewesen; denn niemand mehr hätte das Buch kaufen können, um sich selbst von seinem Inhalt zu überzeugen. Die Deutsche Verlagsanstalt (DVA) aber überschwemmte nach einer Schrecksekunde, die circa vierzehn Tage dauerte, den Markt förmlich mit Büchern. So konnte sich die wachsende Zahl der Leser ein eigenes Urteil bilden und ein Gegengewicht in der öffentlichen Meinung aufbauen.

Gleichwohl hat die beispiellose Medienkampagne mit ihren verleumderischen Zügen einen Rufschaden bei einem Teil jener Zeitgenossen produziert, die sich für das Buch und seine Inhalte nicht weiter interessierten. Die Trendwende war aber nicht nur der schnellen Verbreitung des Buches geschuldet, sondern auch der überwältigenden Welle der öffentlichen Zustimmung, die alsbald durch die Leserbriefredaktionen der Zeitungen und die Internetforen schwappte.

Die Feinde in Politik und Medien schalteten zügig um: Nunmehr hatte ich zwar die richtigen Fragen angesprochen, aber auf die falsche Weise, indem ich Ängste schürte und, die Angst der Buchkäufer ausbeutend, durch steigende Verkaufszahlen noch schnöde mein Privatvermögen maximierte. Nur selten hat die Verbindung von Sozialneid und politischer Korrektheit einen ähnlich komischen Effekt gehabt.

Sorgen und Befürchtungen habe ich im Buch in der Tat angesprochen, nämlich meine eigenen; ihnen habe ich einen möglichst authentischen Ausdruck verliehen und dabei jene empirischen Belege dargestellt, die für mich selbst überzeugend waren. Dass so viele diese Sorgen und Befürchtungen teilen, war für mich und den Verlag gleichermaßen überraschend. Die erste Auflage des Buches lag bei 25 000, jede Verkaufszahl ab 50 000 hätte ich als großen Erfolg betrachtet.

Natürlich ließ mich die feindliche Aufnahme meines Buches in Politik und vielen Medien nicht unberührt. Immer wieder ging ich Passagen im Buch daraufhin durch, ob Fakten tendenziös dargestellt waren oder die Sprache kränkend war. Ich fand aber nichts. Zudem entdeckte ich allmählich, dass die härtesten Kritiker meines Buches am wenigsten darin gelesen hatten, dabei ganz dem Beispiel der Kanzlerin folgend. Ich entdeckte viel Opportunismus: Wer in der CDU äußerte sich noch offen, nachdem die Kanzlerin ihr Verdikt geliefert hatte? Wer widersprach im SPD-Bundesvorstand dem Ausschlussantrag? Niemand, Peer Steinbrück enthielt sich immerhin.

Zornig war ich nur kurze Zeit. Dazu war das Verhalten jener Kritiker in Politik und Medien, die verurteilten, ohne gelesen zu haben, zu lächerlich. Stattdessen machte sich Verachtung in mir breit. Diese Verachtung sitzt mittlerweile tief. In Politik und Medien gibt es nach meiner Überzeugung heute keineswegs mehr, sondern eher weniger Zivilcourage und wirklich unabhängiges Denken als in der Weimarer Republik oder in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik. Weh uns, wenn sich die Verhältnisse, in denen wir uns so behaglich und selbstgerecht aufgehoben fühlen, einmal zu unseren Ungunsten ändern sollten. Wir werden uns dann wundern über den überbordenden Opportunismus und die kriecherische Feigheit rings um uns.

Die wachsende Zustimmung für mich und mein Buch kam auch aus der Wahrnehmung, dass ich bekämpft wurde, weil ich in einigen Fragen das von vielen Bürgern wahrgenommene Kartell der politischen Korrektheit verließ, und aus der Erleichterung, dass es durch mein Buch möglich wurde, Fragen anzusprechen, die für lange Zeit im politischen Diskurs gesperrt schienen. Diese Erleichterung und die damit verbundene Zustimmung für mein Buch ziehen sich übrigens quer durch alle Bildungsschichten, Altersgruppen und parteipolitischen Richtungen.

Dass der Bundespräsident genau wie die Bundeskanzlerin mein Buch nicht gelesen hat, steht zu vermuten. Dass Christian Wulff den „West-östlichen Divan“ nicht kennt, scheint ziemlich sicher. Das von ihm bei seinem Türkei-Besuch verwendete Goethe-Zitat:

„Gottes ist der Orient,

Gottes ist der Okzident.

Nord- und südliches Gelände

Ruht im Frieden seiner Hände.“

ist nämlich eine freie Übersetzung der zweiten Sure des Koran. Übersetzt man Gott mit Allah, dann ist dieses Zitat Ausdruck des umfassenden Machtanspruchs des Islam. Wie lebendig und fruchtbar, vielleicht aber auch atmosphärisch belastend wäre das Gespräch des Bundespräsidenten mit Staatspräsident Gül und Ministerpräsident Erdogan geworden, wenn er die folgenden Bemerkungen Goethes aus seinen „Noten und Abhandlungen zum besseren Verständnis des west-östlichen Divan“ zitiert hätte? Goethe sagt dort: „Der Stil des Koran ist seinem Inhalt und Zweck gemäß streng, groß, furchtbar“, und, etwas später: Die muslimische Religion lässt „ihren Bekenner nicht aus einer dumpfen Beschränktheit heraus“. Der hellsichtige Goethe spielte ästhetisch und ironisch mit dem Islam, aber von der totalitären Gefahr dieser Religion verstand er vor zweihundert Jahren mehr als heute die Redenschreiber unseres Bundespräsidenten. Wie schön wäre es, wenn unsere politischen Führer nicht nur über die Halbbildung ihrer Redenschreiber, sondern über eigene Bildung verfügten!

In den vergangenen Monaten bin ich zu vielen Lesungen und Veranstaltungen quer durch die Republik gereist. Jede Veranstaltung, egal, ob der Saal zweihundert oder neunhundert Gäste fasste, war ausverkauft. Das Publikum kam aus allen Altersgruppen, überraschend war immer wieder der hohe Anteil junger Menschen. Überall, auf Bahnsteigen, in Zügen, auf der Straße werde ich angesprochen. Stets der fast schon rührende Dank für das Buch. Egal, wie man zu seinem Inhalt steht, das Buch hat offenbar ein tiefsitzendes emotionales Bedürfnis erfüllt. Und zu den großen Fans zählen eben nicht zuerst frustrierte Mittsechziger, denen per se unterstellt wird, sie verstünden die Welt nicht mehr. Es sind vielmehr die Jugend und die jüngeren Jahrgänge, darunter erstaunlich viele Kinder von Einwanderern. Hier einige Beispiele aus der Fülle von Begegnungen:

Die junge Frau indischer Herkunft, die mich an einem nebligen Novembermorgen auf dem Bahnsteig in Mannheim ansprach: Sie mache gerade das juristische Staatsexamen, ihre Eltern seien vor dreißig Jahren nach Deutschland gekommen, und die ganze Familie meine, ich hätte völlig recht.

Der türkische Taxifahrer, der mich nachts vom Bahnhof Spandau nach Hause fuhr. Bei der Ankunft stieg er aus, berührte meinen Oberarm, schüttelte mir die Hand und sagte „Gut gemacht“.

Die junge Zugbegleiterin, die mir im ICE einen Kaffee brachte und sagte: „Den gebe ich Ihnen aus als Dank für das Buch.“ Es stellte sich heraus, dass ihr Vater aus Persien eingewandert ist.

Der junge Mann, der kürzlich vor meiner Haustür wartete und dort schon geraume Zeit in der Kälte stand. Er wollte sein Buch von mir signieren lassen. Er war Jurist, seine Eltern waren aus Persien eingewandert.

Der junge Polizist, der mich am Frankfurter Hauptbahnhof ansprach und mich bat zu warten: Er eilte in die Buchhandlung und kam mit drei Büchern heraus, die ich bitte signieren solle – eins für seinen Chef, eines für ihn und eins für einen Kollegen.

Die Frau um die fünfzig, die mich in Berlin auf der Kurfürstenstraße ansprach. Sie sei Lehrerin in Kreuzberg, und es sei genauso, wie ich es beschrieben habe.

Der Hauptschullehrer aus Mainz, der mich auf der Frankfurter Buchmesse ansprach. Er sei an einer Schule in der Mainzer Nordstadt, und es werde immer schlimmer.

Die Berufsberaterin der Arbeitsagentur, die sich in Sindelfingen mein Buch signieren ließ. Ich solle mich nur nicht irre machen lassen, sie könne alles bestätigen.

Der deutsche Taxifahrer, der mich in Duisburg zum Bahnhof fuhr. Er erzählte: „Die meisten Taxikonzessionen in Duisburg gehen mittlerweile an Türken, die bieten die höchsten Preise. Und im Duisburger Taxifunk wünscht man den Taxifahrern mittlerweile alles Gute zum Opferfest anstatt zu den Weihnachtstagen.“

Der persische Taxifahrer in Köln, gelernter Ingenieur, der 1980 aus Iran geflohen war. Wir sprachen über seine Enkeltochter, über das schreckliche Regime in seiner Heimat und über die Gefahren des fundamentalen Islam.

Es gab auch den türkisch- oder arabischstämmigen Achtzehnjährigen, der mich im Zug nach Speyer sah und nur sagte: „Ah, der Sarrazin“. Als er unterwegs ausstieg, schlug er von außen mit der Faust gegen die Fensterscheibe und zeigte mir den Stinkefinger. Aber das war die absolute Ausnahme. 99 Prozent aller für mich wahrnehmbaren Reaktionen sind positiv. Endlos ist die Zahl der Schüler, die sich unterwegs mit mir fotografieren lassen wollen, und endlos die Zahl der Autogramme, die ich auf Bahnsteigen und in Zügen immer wieder geben muss.

Persönliche Erlebnisse sind subjektiv; wirkmächtig sind sie gleichwohl, und sie passen zum Bild, das die Umfragen zeichnen. Die Politik blieb nicht unbeeindruckt, sie hat eine gewisse Betriebsamkeit an den Tag gelegt. Manches starke Wort der letzten vier Monate wäre ohne mein Buch wohl ungesagt geblieben. Aber über Worte ging es bislang eben nicht hinaus, in der Sache hat sich noch gar nichts geändert. Viele Politiker warten offenbar darauf, dass die durch das Buch ausgelöste Resonanz im Windschatten der nächsten Aufregung verschwindet. Mag sein, dass sie sich täuschen, für ein Resümee ist es noch zu früh.
Der frisch gewählte Bundespräsident stolperte eilfertig hinterher und bot seine Hilfe bei meiner Entlassung an, ohne den Rechtsrat seiner Beamten einzuholen.

Wie schön wäre es, wenn unsere politischen Führer nicht nur über die Halbbildung ihrer Redenschreiber, sondern über eigene Bildung verfügten!

Zehn Tage nach Beginn des Vorabdrucks und drei Tage nach dem Verkaufsbeginn war ich nach allen überkommenen Maßstäben der deutschen Republik nicht nur politisch tot, sondern auch bürgerlich ein Leichnam.

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Joseph Kardinal Ratzinger über den Islam

geschrieben von Gastbeitrag am in Allgemein | 206 Kommentare

[3]Als Papst Benedikt XVI. noch Kardinal war, führte er mit dem Journalisten Peter Seewald ein ausführliches Gespräch, das 1996 als Buch mit dem Titel „Salz der Erde – Christentum und katholische Kirche an der Jahrtausendwende“ [4] veröffentlicht wurde. Spannend ist auch der Umstand, dass der zwischenzeitlich marxistisch eingestellte Seewald [5] nach diesem intensiven Austausch mit Kardinal Ratzinger wieder zum Christentum zurückfand. In dem Buch äußert sich der spätere Papst auch ausführlich über den Islam.

Auf Seite 135 ist zu lesen:

Der Islam dringt natürlich in gewaltiger Form – auch durch finanzielle Macht – in Afrika vor und preist sich als die den Afrikanern gemäße Hochreligion an. Es ist klar, daß die Afrikaner über die Stammesreligionen hinaus müssen, und der Islam sagt: Wir sind die Hochreligion für Afrika, weil wir keine komplizierte Lehre haben und weil wir eine Moral haben, die zu euch paßt. Das zündet zum Teil, aber keineswegs allgemein. Es ist auch nicht vergessen, dass der Islam in der Sklavenbewegung ganz vornean war und durchaus keine große Achtung vor den Schwarzen gezeigt hat. Und vor allen Dingen macht der Islam keinerlei Inkulturationszugeständnisse. Der Islam ist arabisch, und wer islamisch wird, nimmt diese Lebensform an, da gibt es keine Inkulturation. Dadurch hat der Islam das Problem, wie ja die Kirche auch, daß sozusagen die eine Lebensschicht die islamische ist, daß darunter allerdings die ganze alte heidnische Lebensschicht fortbesteht und der Islam sozusagen nur eine dünne Decke über den tatsächlichen Lebensgewohnheiten bildet. Insofern wird das Ringen um die religiöse Gestalt Afrikas noch andauern und auch nicht einfach sein.

„Der Islam macht keinerlei Inkulturationszugeständnisse“ – diese Erkenntnis des hochgebildeten und bestens informierten Joseph Ratzinger sollten sich einmal all die Phantasten hinter die Ohren schreiben, die der festen Überzeugung sind, den Islam „europäisieren“ zu können. Ab Seite 218 spricht Kardinal Ratzinger über Details der islamischen Lehre:

Der romantisierende Orientalismus hat sich ein Orient- und Islambild zusammengestellt, das den Realitäten nicht immer Rechnung trägt. Es kann jedoch nicht übersehen werden, daß der Islam sich in seinem Selbstverständnis von der westlichen Wertegesellschaft grundsätzlich unterscheidet. Allein die Stellung des Individuums oder die Bedeutung der Gleichwertigkeit zwischen Mann und Frau wird in Orient und Okzident völlig anders bewertet.

Der Bombenterror extremistischer Muslime bringt den Islam heute immer wieder in Verruf, und auch in Europa wächst die Angst vor den mörderischen Fanatikern.

Wohlgemerkt, dieses Gespräch fand 1996 statt – also noch lange vor 9/11, London, Madrid, Bali, Mumbai etc.pp. Ratzinger erkannte damals schon die immense Gefahr des islamischen Terrors, die selbst heute noch von vielen naiven GutBessermenschen beharrlich verleugnet wird.

Der Kardinal geht auch auf die Frage des Dialogs mit dem Islam ein:

Daß ein besseres Kennenlernen und eine Verständigung zwischen den Kulturen notwendig ist, wird niemand bestreiten wollen. Auf welcher Grundlage aber könnte sie stattfinden? Eine schwierige Frage. Ich glaube, man muß zunächst auch hier wieder wissen, daß der Islam keine einheitliche Größe ist. Er hat ja auch keine einheitliche Instanz, deswegen ist Dialog mit dem Islam immer Dialog mit bestimmten Gruppen. Niemand kann für den Islam im ganzen sprechen, er hat sozusagen keine gemeinsam geregelte Orthodoxie.

Und er stellt sich, von den eigentlichen Brüchen zwischen Sunniten und Schiiten abgesehen, natürlich auch in verschiedenen Variationen da. Es gibt einen »noblen« Islam, den zum Beispiel der König von Marokko verkörpert, und es gibt eben den extremistischen, terroristischen Islam, den man aber auch wieder nicht mit dem Islam im ganzen identifizieren darf, da würde man ihm auf jeden Fall unrecht tun.

Hat Kardinal Ratzinger hier diplomatisch formuliert, in der Hoffnung, dass sich dieser „noble“ Islam des Königs von Marokko in der muslimischen Welt weiter etablieren könnte? Dem Vorbild des Propheten und dem Koran steht der „extremistische, terroristische“ Islam jedenfalls deutlich näher. Aber welche exponierte Persönlichkeit wagt dies auch schon öffentlich einzuräumen.. .

Wichtig ist aber, was Sie auch angedeutet haben, daß der Islam insgesamt eine völlig andere Struktur des Miteinander von Gesellschaft, Politik und Religion hat. Wenn man heute im Westen die Möglichkeit islamischer theologischer Fakultäten oder die Vorstellung von Islam als Körperschaft des öffentlichen Rechtes diskutiert, dann setzt man voraus, daß alle Religionen irgendwo gleich strukturiert sind; daß alle sich in ein demokratisches System mit ihren Rechtsordnungen und ihren Freiräumen, die diese Rechtsordnung gibt, einfügen. Dem Wesen des Islams aber muß das an sich widersprechen.

Klar erkannt. Und so ist auch die folgende Aussage des damaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime, Axel Ayyub Köhler [6], nicht verwunderlich: „Das islamische Gesellschaftssystem wird damit aber keineswegs zu einer Demokratie. Diese Staatsform ist dem Islam fremd.“

Joseph Kardinal Ratzinger zu der umfassenden Bedeutung der Scharia:

Er kennt nun die Trennung des politischen und des religiösen Bereiches, die das Christentum von Anfang an in sich trug, überhaupt nicht. Der Koran ist ein ganzheitliches Religionsgesetz, das die Ganzheit des politischen und gesellschaftlichen Lebens regelt und darauf aus ist, daß die ganze Lebensordnung eine solche des Islams sei. Die Scharia prägt eine Gesellschaft von Anfang bis zu Ende. Insofern kann er zwar solche Teilfreiheiten, wie unsere Verfassung sie gibt, schon ausnutzen, aber es kann nicht sein Zielpunkt sein, daß er sagt: ja, jetzt sind wir auch Körperschaft des öffentlichen Rechts, jetzt sind wir genauso präsent wie die Katholiken und die Protestanten. Da ist er immer noch nicht an seinem eigentlichen Punkt angelangt, das ist noch ein Entfremdungspunkt.

Aus diesen Erkenntnissen des späteren Papstes ist es zwingend notwendig, dass alle islamischen Verbände in Deutschland dazu gebracht werden müssen, sich von der Scharia schriftlich und unbefristet zu distanzieren. Vorher braucht man gar keine Verhandlungen und Konferenzen führen. Diese Vorbedingung ist für das Fortbestehen einer freien und demokratischen Gesellschaft überlebensnotwendig.

Der Islam hat eine ganz andere Totalität der Lebensordnung, er umgreift einfach alles, und seine Lebensordnung ist anders als die unsere. Es gibt eine ganz deutliche Unterordnung der Frau unter den Mann, es gibt eine sehr festgefügte und unseren modernen Gesellschaftsvorstellungen entgegengesetzte Ordnung des Strafrechts, der ganzen Lebensbezüge. Darüber muß man sich klar sein, daß er nicht einfach eine Konfession ist, die man auch in den freiheitlichen Raum der pluralistischen Gemeinschaft einbezieht. Wenn man das so hinstellt, wie das heute manchmal geschieht, ist der Islam nach einem christlichen Modell dekliniert und nicht in seinem Selbstsein gesehen. Insofern ist die Frage des Dialogs mit dem Islam natürlich sehr viel komplizierter als etwa ein innerchristlicher Dialog.

Diese Totalität der Lebensordnung ist in allen islamischen Staaten bestens zu beobachten. Und so muss man sich, wie das Hamburger Abendblatt [7] in diesem Artikel, nur umsehen, wie diese Länder funktionieren. Es gibt keine Trennung von Staat und Religion, selbst in der in dieser Hinsicht vielgelobten Türkei steht die Religion, und zwar nur die islamische, in Form der riesigen Religionsbehörde Diyanet [8], direkt im Dienste des Staates. Dort sind knapp 85.000 Menschen beschäftigt, die über einen Jahresetat von 1,2 Milliarden Euro [9] verfügen.

Joseph Kardinal Ratzinger über das neue Selbstbewusstsein des Islam:

Kann man denn auch umgekehrt fragen: Was soll die weltweite Stärkung des Islams dem Christentum sagen? Diese Stärkung ist ein Phänomen mit vielen Gesichtern. Zum einen spielen finanzielle Gesichtspunkte mit. Die Finanzmacht, die die arabischen Länder erlangt haben, die ihnen gestattet, allüberall große Moscheen zu bauen, eine Präsenz moslemischer Kulturinstitute zu sichern und dergleichen Dinge mehr. Aber das ist sicher nur ein Faktor.

Der andere ist eine wiedererstarkte Identität, ein neues Selbstbewußtsein. In der kulturellen Situation des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, also bis in die 60er Jahre hinein, war die Überlegenheit der christlichen Länder industriell, kulturell, politisch, militärisch so groß, dass der Islam wirklich ins zweite Glied gedrängt war und das Christentum, jedenfalls die christlich begründeten Zivilisationen, sich als die siegreiche Macht der Weltgeschichte darstellen konnte. Dann aber ist die große moralische Krise der westlichen Welt ausgebrochen, die als die christliche Welt dasteht. Angesichts der tiefen moralischen Selbstwidersprüche des Westens und seiner inneren Ratlosigkeit – der gleichzeitig eine neue wirtschaftliche Potenz der arabischen Länder gegenüberstand – ist die islamische Seele neu erwacht: Wir sind auch wer, unsere Identität ist besser, unsere Religion hält stand, ihr habt gar keine mehr.

Das ist eigentlich heute das Gefühl der moslemischen Welt: Die westlichen Länder können keine moralische Botschaft mehr verkünden, sondern haben der Welt nur Know-how anzubieten; die christliche Religion hat abgedankt, die gibt es als Religion eigentlich gar nicht mehr; die Christen haben keine Moral und keinen Glauben mehr, da sind nur noch Reste irgendwelcher moderner Aufklärungsideen; wir aber haben die Religion, die standhält.

So haben die Moslems jetzt das Bewußtsein, daß doch eigentlich der Islam am Ende als die lebenskräftigere Religion auf dem Plan geblieben ist und daß sie der Welt etwas zu sagen haben, ja, die wesentliche religiöse Kraft der Zukunft sind. Vorher war Scharia und all das schon irgendwie weitgehend abgetreten, jetzt ist der neue Stolz da. Damit ist auch ein neuer Schwung, eine neue Intensität erwacht, den Islam leben zu wollen. Das ist die große Kraft, die er hat: Wir haben eine moralische Botschaft, sie ist ungebrochen seit den Propheten da, und wir werden der Welt sagen, wie man leben kann, die Christen können es sicher nicht. Mit dieser inneren Kraft des Islams, die gerade auch akademische Kreise fasziniert, müssen wir uns natürlich auseinandersetzen.

Kardinal Ratzinger hat es in diesen Zeilen aus dem Jahre 1996 formuliert, was heutzutage viele kirchliche Würdenträger und ihre Adlaten in Form der „Dialogbeauftragten“ partout nicht sehen wollen: Der Islam ist eine große Gefahr, nicht nur für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte, sondern auch für das Christentum. Und so sollte die frohe Botschaft des Kardinals und späteren Papstes so langsam auch bei denen ankommen, die bisher Bretter vor den Augen und Denkblockaden im Gehirn haben.

In diesem Sinne, Frohe Weihnachten.

Michael Stürzenberger

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Wulffs bunte Weihnachtsbotschaft

geschrieben von PI am in Deutschland,Dhimmitude,Dummheit,Gutmenschen,Islamisierung Europas,Political Correctness | 128 Kommentare

Wulffs bunte Weihnachtsbotschaft [10]Irgendwie hatte man sich daran gewöhnt, dass der jeweilige Bundespräsident seine Weihnachtsansprache von seinem Schreibtisch aus ohne viel Schnörkel und Brimborium hält. Christian Wulff bricht jetzt mit dieser Tradition. Möglichst bunt soll alles aussehen, passend zum Inhalt seiner 5-Minuten-Botschaft. JETZT mit Video!

BILD [11] berichtet:

Christian Wulff zeigt in seiner Weihnachtsansprache, wie viel neues Leben er schon ins Schloss Bellevue gebracht hat. Der jüngste Bundespräsident aller Zeiten macht fast alles anders als seine Vorgänger.

Seit der 1. TV-Ansprache 1970 und auch unter Horst Köhler war es immer das gleiche Bild: Der Bundespräsident sitzt in seinem Amtszimmer steif am Schreibtisch, auf dem Tisch meist eine Kerze im Tannenzweig, daneben ein Weihnachtsbaum, die Fahne …

Wulff hält die Ansprache im Großen Saal, STEHT vor einem mächtigen Weihnachtsbaum und der Fahne mit dem Bundesadler – und hat zum ersten Mal Live-Publikum! Um ihn herum hören Kinder, Pfadfinder, Sportler, Ordensschwestern und Ehrenamtliche zu, 190 Gäste.

Ein Leser der Rheinischen Post [12] kommentiert Wulffs Weihnachtsshow mit folgenden Worten:

„Die Selbstinszenierung wird offensichtlich zum Handlungsmuster der Mövenpickpolitiker.“

Die 190 Gäste bekommen dann zu hören, wie frei und bunt unsere Gesellschaft doch inzwischen geworden ist. Auszug:

„Unsere Gesellschaft ist frei und bunt: Wir leben in verschiedenen Lebenswelten, wir sind unterschiedlich, was unsere Herkunft angeht, unsere Religion, unsere Bildung und unsere Träume vom Glück. Damit eine Gesellschaft aus so vielfältigen Menschen Bestand hat, brauchen wir vor allen Dingen: Respekt. Respekt vor dem, der anders ist als man selbst. Und Anerkennung auch seiner Leistungen. Respekt schon vor den Kindern und ihren Bedürfnissen. Anerkennung dessen, was ihre Mütter und Väter leisten. Respekt und Anerkennung vor der Lebensleistung der Älteren. Jeder muss spüren: Ich gehöre dazu, ich werde gebraucht.“

Wer die ganze Rede im Wortlaut lesen möchte, kann dies hier tun… [13]

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Vom Scheitern am menschlichen Wesen

geschrieben von Gastbeitrag am in Allgemein | 84 Kommentare

[14]Ich möchte zu den Themen Religion, politische Dogmen und menschlichen Eigenheiten einen kurzen Zwischenruf tätigen. Ob und wie überzeugend dieser ist, möge jeder Leser für sich selbst entscheiden und meine Worte kritisch prüfen.

(Von Martin Hablik)

Ich glaube, der Kampf gegen die Bedrohung durch den Islamismus oder andere politische Ideologien, die so gar nicht mit den Werten von Freiheit und Demokratie in Einklang zu bringen sind, kann am menschlichen Wesen selbst scheitern, das, wie ich meine, für Demokratie und Freiheit nicht geschaffen ist. Das ist eine durchaus gewagte Behauptung, doch ich glaube, ich kann sie hinreichend unterfüttern.

Der Mensch ist, evolutionär gesehen, ein Herdentier. Er lebt in Gruppen, es gibt eine Hackordnung und eine mehr oder weniger strenge Hierarchie, in der wenige die Entscheidungen für alle treffen. Das bedeutet, dass es im Zuge der Evolution womöglich so eingerichtet wurde, dass es verhältnismäßig wenige Alpha-Tiere gibt und die meisten sich mit einem untergeordneten Platz in ihrem Rudel zufrieden geben. Das sorgt für ein stabiles Gleichgewicht, das es der Gruppe ermöglicht, gemeinsam zu agieren und schnell Entscheidungen zu treffen. Gäbe es nur Alpha-Männchen in der Herde, wie in dem von Huxley beschriebenen Experiment in „Schöne neue Welt“, würden die ihre gesamte Energie in den Kampf um die Vorherrschaft investieren. Entscheidungen könnten weder getroffen noch umgesetzt werden zumal niemand bereit wäre, sich anderen unterzuordnen. Gäbe es gar keine Alpha-Männchen, wäre die Gruppe lethargisch bis ziellos, niemand würde sich zu einer Entscheidung durchringen können, weil niemand die Verantwortung übernehmen möchte und alle würden auf den einen warten, der ihnen endlich sagt, was sie tun sollen. Damit fühlen sich die meisten Menschen wohl, denn viele von ihnen sehen sich gar durch die persönliche Freiheit und Verantwortung, die die Demokratie mit sich bringt, regelrecht bedroht [„Evolution und Kultur des Menschen“ von Ernst Peter Fischer und Klaus Wiegandt (Hrsg.), ab Seite 369 (Paperback)].

Die meisten Menschen sind erleichtert, wenn ihnen jemand den Weg zeigt. Sie möchten nichts entscheiden, sie möchten keine Verantwortung und bisweilen wollen sie nicht einmal nachdenken. Das haben wir ebenso erschreckend wie deutlich im Milgram-Experiment [15] gesehen. Dieses Experiment hat uns gezeigt, wie bereitwillig die meisten von uns gegenüber vermeintlichen Autoritäten jede Kritikfähigkeit, Ethik oder gar Menschlichkeit über Bord werfen. Der Durchschnittsmensch unterwirft sich einfach zu gern, wenn ihm nur das Denken erspart bleibt.

Das bringt uns genau zu dem Punkt, an dem man verzweifeln möchte. Viele Menschen in diesem Forum sind glühende Verfechter der Demokratie, der Meinungsfreiheit und der Selbstbestimmung. Sie haben überzeugende und logische Argumente. Viele stimmen diesen Argumenten zu, jedoch gibt es ein breites Spektrum der Zustimmung zwischen etwas als überzeugend anzuerkennen – und sich tatsächlich mit einem Schild auf die Straße zu stellen und gegen die fortschreitende Zersetzung der Demokratie zu demonstrieren. Die Zustimmung der Passanten ist durchaus da, wenn man den Berichten über die Straßenveranstaltungen der „Pax Europa“ glauben kann. Doch welcher Passant greift sich spontan ein Bündel Flyer und verteilt sie, wenn er sich dadurch Anfeindungen bis hin zu tätlichen Angriffen aussetzt?

Die, die aktiv etwas unternehmen, stellen leider die verschwindende Minderheit. Das sind die wenigen Menschen, die in Verantwortung und Selbstbestimmung kein „Übel“ sehen, das sie am liebsten auf andere abwälzen möchten. Diese Menschen sind nötig, um die Demokratie zu verteidigen, doch sie sind nicht repräsentativ für die Menschheit an sich. Das lässt uns verzweifeln, denn wir bekommen mehr passive Zustimmung als aktive Hilfe. Das ist auch der Grund, weshalb rational nicht haltbare politische Dogmen oder eine menschenverachtende Religion wie der Islam dennoch so erfolgreich sind: Beide haben nicht nur klare und einfache Regeln, nein sie liefern auch noch Antworten auf die kompliziertesten Fragen des Lebens, die so einfach sind, dass sie auch ein Schwachsinniger verstehen kann.

Leider stammen nur die wenigsten einfachen Antworten auf komplexe Fragen tatsächlich von Genies. Die meisten stammen von Idioten, die die Tiefe des Problems nicht verstanden haben. Oder die die Menschheit so sehen, wie sie sein könnte oder sein sollte, es jedoch schlechthin verweigern, sie so zu sehen, wie sie tatsächlich ist. Es ist tatsächlich so, wie Bill sagte: „Clark Kent ist Supermans Kritik an der menschlichen Spezies.“ Er ist schwach, hat kein Selbstbewusstsein und ist ein Feigling.

Diese schlichten Antworten und einfachen Regeln sind es, die Menschen Verantwortung und Denken ersparen. Leider fühlen sich die meisten Menschen in diesem Zustand wohl und genau deshalb ist die Demokratie einfach kein natürlicher Zustand für sie. Aus diesem Grund muss die Demokratie ständig verteidigt werden. Sie wird nie „gewinnen“ oder als letztes politisches Modell übrig bleiben, sie ist vielmehr ein instabiler Zustand, ein Tanz auf dem Drahtseil, bei dem man ständig darauf achten muss, nicht herunterzufallen. Natürlich sichert die Demokratie eine Menge Freiheit und Annehmlichkeiten, auf die wir nicht verzichten wollen, aber wirklich aufstehen und für sie kämpfen wird nur eine Minderheit, weil die Mehrheit sie als ebenso selbstverständlich hinnimmt wie die Luft zum Atmen. Die Vorstellung, dass sie eines Tages weg sein könnte, erscheint so lächerlich wie eine Nacht ohne Morgen. Der Leidensdruck, um die Mehrheit aktiv für die Demokratie eintreten zu lassen, ist sehr hoch. Dabei ist es viel einfacher, eine bereits vorhandene Demokratie zu verteidigen, als eine aufzubauen. Noch leichter ist es jedoch, die vorhandene Demokratie wieder zu verlieren, weil unsere Generation sich einfach nicht mehr an die Zeiten erinnern kann, als die heutige Demokratie nicht mehr als eine utopische Idee war.

Den meisten Menschen ist es lieber, Konfrontationen zu vermeiden, zurückzuweichen und ein paar „unbedeutende“ Freiheiten aufzugeben. Würden sie tatsächlich logisch denken, wäre ihnen klar, dass ein solches Rückzugsgefecht mit dem Rücken zur Wand endet und die Situation, in der sie sich dann befinden sehr viel schlimmer ist, als die Feinde der Demokratie immer mal wieder in ihre Schranken zu weisen. Die Energie, die dann nötig ist, um die Demokratie noch zu retten, ist praktisch nicht aufzubringen. Natürlich ist diese Denkweise nicht logisch, doch sie ist menschlich. Menschen fühlen sich wohl, wenn sie Konfrontationen vermeiden können, es fühlt sich fast wie ein kleiner Sieg an.

Natürlich gibt es dennoch Menschen, die aufstehen, auf genau diese Sorte von Idiotie zeigen und sie auch Idiotie nennen, doch die sind in der Minderheit. In ganz Deutschland ist gerade mal eine Handvoll von ihnen namentlich bekannt. Broder oder Giordano werden dafür bezahlt, politisch inkorrekt zu sein, doch wie viele Menschen können auf dieser Ebene existieren? Sarrazin hat seine Karriere hinter sich, er muss sich nicht um den nächsten Wahlkampf sorgen, soziale Ausgrenzung fürchten oder finanzielle Bedrohung. Er kann reden wie ihm der Schnabel gewachsen ist, ohne sich über die Konsequenzen sorgen zu müssen, wie ein „Normalsterblicher“. Doch welcher junge und aufstrebende Politiker, der noch viele Berufsjahre vor sich und das Potential hat, wirklich etwas zu verändern, könnte sagen, was Sarrazin gesagt hat, ohne seine Karriere per Kopfschuss hinzurichten? Genau genommen hat Sarrazin jedoch gar nichts „gesagt“. Er hat vielmehr faktische Realitäten aufgezählt, denen wir uns verweigern. Ebenso wenig wie Darwin hat er aus der faktisch vorliegenden Beweislage logische Schlüsse gezogen. Die müssen niemandem gefallen, aber da es sich um Realitäten handelt, muss man sie als gegeben hinnehmen, egal, ob sie mit dem eigenen politischen oder religiösen Dogma in Einklang zu bringen sind oder nicht. Harry G. Frankfurt sagt zu dieser Verweigerung folgendes:

„Sie [eine Gesellschaft, die nachlässig ist, was faktische Wahrheit angeht] wird gewiss nicht in der Lage sein, irgendeine wesentliche Leistung zu vollbringen und eine klare und vernünftige Zielsetzung zu entwickeln. Kulturen sind niemals gesund vorangekommen, und sie können nicht gesund vorankommen, wenn sie nicht über große Mengen zuverlässiger Information über Fakten verfügen. Sie können auch nicht gedeihen, wenn sie unter dem Einfluss durch irrige Überzeugungen stehen. Um eine höhere Kultur zu errichten und zu bewahren, müssen wir vermeiden, uns durch Irrtum oder Unwissenheit schwächen zu lassen.“ [„Über die Wahrheit“ von Harry G. Frankfurt, Seite 35 (Paperback, 1. Auflage). Die eckige Klammer ist als Kommentar von mir eingefügt.]

Bei den regelmäßigen Autoren und Lesern dieses Blogs renne ich damit sicher offene Türen ein, doch an die wende ich mich hier auch nicht (nichts für ungut). Vielmehr müssen sich die, die zwar vor einem Stand der „Pax Europa“ der Argumentation unmittelbar zustimmen, aber drei Minuten später nur noch ihre Weihnachtseinkäufe im Sinn haben, fragen, ob sie nicht eine evolutionäre Altlast ausleben. Diese Altlast ist nicht verwerflich, schließlich hat auch sie ihren Teil dazu beigetragen, die Menschheit über Jahrmillionen nicht aussterben zu lassen. Doch die sozialen Anforderungen der westlichen Gesellschaft unterscheiden sich inzwischen grundlegend von den Spielregeln der Evolution, „blutig rot an Zähnen und Klauen“ [Klingt nicht politisch korrekt, ist aber so. Ob uns das gefällt oder nicht, ist der Evolution völlig egal doch im Gegensatz zu uns kommt sie damit auch durch], wie es so schön heißt. Das tolerante Gen der passiven Duldung und Konfrontationsvermeidung, bis es tatsächlich nicht mehr anders geht, hat uns durch diese Evolution gebracht, doch mit der Demokratie ist es nicht sonderlich kompatibel. Um diese zu erhalten, müssen wir unser passives Herdentierwesen überwinden. Unser Hauptproblem besteht darin, dass wir versuchen, die Welt mit einem Gehirn zu verstehen, das ursprünglich dazu konzipiert war, seinen Besitzer nicht vom Baum fallen zu lassen. Die Entscheidungen dieses Gehirns sind nicht unbedingt rational zu nennen. Sich wohl fühlen zu wollen ist kein rationaler Gedankengang, aber wir wollen uns trotzdem wohl fühlen, selbst wenn wir wissen, dass es in bestimmten Fällen irrational ist.

Gute Politiker erkennt man daran, dass sie die Vernunft über ihr Wohlbefinden stellen, großartige erkennt man daran, dass sie Menschen dazu bringen, es ihnen gleich zu tun. Winston Churchill war ein stahlharter Pragmatiker, der sich einen Dreck um Befindlichkeiten geschert hat und allein dadurch in der Lage war, sich dem Nationalsozialismus (oder jeder anderen Terrorideologie) auf die einzig mögliche Weise zu stellen: Wie Dirty Harry, immer mit einer noch größeren Kanone in der Hand.

Wäre Churchill wie sein schwachsinniger Vorgänger und Erfinder der Appeasement-Politik, Neville Chamberlain, gewesen, dann hätte man den Naziterror nicht besiegen können. Nun haben die Briten Churchill zu ihrem bedeutendsten Staatsmann gewählt, pinkeln aber zugleich durch ihre heutige Appeasement-Politik auf sein Grab, so als hätten sie Churchill nicht einmal im Ansatz verstanden. Das ist nicht rational, doch wieder einmal zutiefst menschlich.

Ich möchte die Leser hier keineswegs in ihrem Kampf entmutigen. Vielmehr hilft es ein wenig gegen die Verzweiflung im Angesicht mutwilliger Idiotie, die einen bisweilen überkommt, wenn man sich der menschlichen Eigenarten dahinter bewusst wird. In gewisser Weise kann man sagen, dass bei den meisten von uns eine dumme Bequemlichkeit genetisch verankert ist. Allerdings besteht Hoffnung, denn wenn es ganz finster war, haben wir es doch wie durch ein Wunder immer wieder geschafft, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

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PI wünscht allen Lesern gesegnete Weihnachten!

geschrieben von PI am in Christentum,PI | 203 Kommentare

Weihnachten [16]Was geschah eigentlich damals an Weihnachten? Die meisten Leser werden vermutlich denken, am 24. Dezember 0000 wurde in einem Stall in Bethlehem Jesus, der Sohn von Maria und Josef geboren – falls sie überhaupt daran glauben – und alle weiteren Details lassen sich bestimmt unter dem Stichwort „Weihnachten“ googeln oder in Wikipedia nachschlagen. Die Weihnachtsgeschichte lässt sich aber auch vielerlei Arten neu erzählen, losgelöst von Details über das wann und wo.

Bei Wikipedia steht unter dem Stichwort Weihnachten [17] unter anderem:

Festtag ist der 25. Dezember, der Christtag (römisch-katholisch auch Hochfest der Geburt des Herrn), dessen Feierlichkeiten am Vorabend, am Heiligabend (auch Heilige Nacht, Christnacht, 24. Dezember), beginnen. …

Als kirchlicher Feiertag ist der 25. Dezember erst seit 336 in Rom belegt. Wie es zu diesem Datum kam, ist umstritten. Diskutiert wird eine Beeinflussung durch den römischen Sonnenkult. Eine weitere Hypothese erklärt die Datumswahl mit dem Abstand von neun Monaten zum angenommenen Termin der Inkarnation, wofür Texte westlicher Autoren die Verkündigung des Herrn am 25. März angeben.

Christen und Nichtchristen feiern Weihnachten heute meist als Familienfest mit gegenseitigem Beschenken; dieser Brauch wurde seit 1535 von Martin Luther als Alternative zur bisherigen Geschenksitte am Nikolaustag propagiert, um so das Interesse der Kinder auf Christus anstelle der Heiligenverehrung zu lenken.

Daneben noch viele weitere mehr oder weniger bekannte und interessante Details zu Weihnachten, dem damit verbundenen Brauchtum etc.

Vom 24. Dezember 0000 steht tatsächlich nichts in der Bibel, nur dass Jesus zur Zeit des römischen Kaisers Augustus geboren wurde, als Quirinius Statthalter von Syrien war und zu Lebzeiten von König Herodes des Großen. Wahrscheinlich wäre dann etwa 6 vor Christus und vielleicht nicht im Dezember, sondern im Frühling. Doch bevor sich unsere Experten für heidnische Feste in endlose Ausführungen ergießen: Darum geht es bei Weihnachten auch gar nicht wirklich.

Für die frühen Christen spielte das genaue Geburtsdatum weniger eine Rolle, als der Todestag und die Auferstehung. Wichtig ist, was das Fest für uns heute noch aussagen kann, in einer Zeit, wo Menschen wieder wegen unbequemer Meinungen an den Pranger gestellt werden und man aus Furcht vor dem Islam politisch korrekter geworden ist als man es damals vor 2000 Jahren gegenüber den Römern war, die man nicht ohne Grund fürchtete.

Wir haben auf Youtube ein Video gefunden, das versucht, die Weihnachtsgeschichte digital neu zu erzählen, um sie auf humorvolle Art den heutigen Menschen nahe zu bringen:

Darin erhält Maria auf ihrem iPhone eine Nachricht vom Erzengel Gabriel, der schreibt: „Maria, du wirst den Sohn Gottes gebären“. Maria schreibt daraufhin unverzüglich eine E-Mail mit dem Betriff „Ankündigung“ an Josef den Zimmermann: „Joseph, wir müssen reden. Ich werde schwanger werden. Xoxoxo (Umarmung und Küsschen), antworte so schnell wie möglich.“

Neun Monate später sucht sie über Google Maps den schnellsten Weg von Nazareth nach Bethlehem, den sie per Mietesel bewältigen will, weil die Autos schon alle ausgebucht waren und gibt die Sonderfunktion „Römer vermeiden“ ein. Als Josef und Maria sich aufmachen, um sich in Bethlehem in die Steuerlisten eintragen zu lassen, suchen sie per GPS-Funktion ihres iPhones eine freie Unterkunft und finden als letzten verfügbaren Ort einen Stall, aus dem Josef die stetig wachsende Fangemeinde über Facebook über die Geburt auf dem Laufenden hält und schon mal einen Ochsen und einen Esel auf Farmville kauft. Sofort nach der Geburt wird ein Foto des Babys ins Netz geladen und alle Welt zum Event der Geburt eingeladen.

Als erste Gäste melden sich ein Herr König Caspar, ein Herr König Melchior und ein Herr König Balthasar an. Balthasar, der unter dem Nicknamen „Stern von Bethlehem“ auch twittert, ruft alle die seinem Twitter folgen, dazu auf, nach Bethlehem zu fahren, um das Kind anzubeten. Melchior und Kaspar melden sich dazu an. Melchior schreibt eine E-Mail an Balthasar wegen der Geschenke für das Baby: „Hast du schon über ein Geschenk für das Kind nachgedacht?“ Balthasar antwortet: „Ich und Caspar haben unsere bei Amazon.com gekauft.“ Weihrauch und Myrre sind schon vergeben, also kauft Melchior dem Kind Gold. Alle drei folgen dem „Stern von Bethlehem“ und geben ihre Positionen mit GPS auf ihrem iPhone ein. Sie erreichen den Stall und laden das Video von ihrem Besuch beim Kind auf Youtube.

Am Ende des Videos erscheint der Spruch: „Die Zeiten ändern sich. Die Gefühle bleiben dieselben. … Frohe Weihnachten.“

Die Zeiten haben sich seit der Bibel verändert. Natürlich gab es damals noch kein iPhone, kein Internet, ja nicht einmal Strom und dennoch waren die Gefühle der Menschen damals schon dieselben wie heute. Dieselben Ängste, dieselben Frustrationen, dieselben Träume, dieselben Hoffnungen, nur etwas anders verpackt. Auf die passende Verpackung kommt es heute an, damit diese Geschichten uns immer noch etwas zu sagen haben.

Weihnachten, das ist kein einmaliges Event vor 2000 Jahren in einem Stall voller Menschen, die uns heute nichts mehr bedeuten. Weihnachten kommt jedes Jahr und mit Weihnachten auch die Hoffnung auf die Erlösung, auf die wir immer noch warten. Ein Stück Himmel auf Erden. Ein Wunder – heilige Nacht.

Wie auch immer Sie Weihnachten verbringen, selbst wenn Sie das Fest prinzipiell ablehnen: Entscheidend ist, ob wir die Hoffnung, die von Weihnachten ausgeht, als Geschenk mitnehmen können. Die Zeiten haben sich geändert – die Gefühle sind dieselben geblieben. Die Hoffnung, die vor 2000 Jahren so viele Menschen erfüllt hat, lebt immer noch und sie soll uns auch heute in unserer Zeit und an unserem Ort Weihnachten lebendig werden lassen.

Egal was der Bundespräsident zum neuen Jahr über den Islam verlauten lässt – Gott schickt uns heute Nacht wie jedes Jahr eine Nachricht, die sich in erster Linie nicht an die Regierungspaläste, sondern an die nicht sehr hoch angesehenen Hirten auf dem Feld richtet:

„Fürchtet euch nicht! Euch ist heute in der Stadt Davids der Messias geboren, der Retter der ganzen Welt!“

Wir wünschen allen PI-Lesern frohe Weihnachten!

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