In Spanien hatte die aktuelle „Jugendrevolte“ begonnen. Die verlorene Generation, 45% davon arbeitslos, kampiert immer noch im Herzen Madrids und Barcelonas, obwohl die Gemüsehändler sie langsam weghaben wollen und rausdrängen. Die „indignados“ heißen sie neuerdings, die Entrüsteten, Ungehaltenen, Indignierten!
Zwischen den Anarchisten in Barcelona und Athen gab es schon länger enge Bande, und so war es kein Wunder, daß auch die Jugend in Griechenland solidarisch auf die Straße ging, was sie keine große Anstrengung kostete, denn dort ist sie seit Wochen ohnehin. Das Foto zeigt eine Demo in Athen auf dem Syntagma-Platz. Der Text des Banners lautet: „Seid ruhig, ihr weckt die Italiener auf“, was natürlich bezweckt war, denn die Spanier hatten die Griechen mit einem ähnlichen Plakat aufgeweckt! Nun sind die Italiener anscheinend noch nicht richtig wach geworden, aber dafür die Franzosen! Die „Indignierten“ dort installierten sich bereits auf der Place de la Bastille (les „indignés“ français s’installent place de la Bastille [1])!
Was nun auffällt, ist die Tatsache, daß alle diese angeblich chancenlosen, vergessenen Jugendlichen ohne Arbeit überhaupt nicht daran denken, auszuwandern. Wir haben doch den EU-Binnenmarkt, die Freizügigkeit, Schengen. Deutschland sucht doch angeblich zwei Millionen Hochqualifizierte. Warum kommen denn die Jungs und Mädels aus Madrid, aus Athen und aus Paris nicht zu uns nach München, Stuttgart oder Wuppertal? Andreas Unterberger schreibt in seinem ausgezeichneten Wiener Blog dazu [2]:
Die jungen Südeuropäer wandern jedoch heute nicht mehr. Sie demonstrieren zwar tagsüber lustvoll gegen ihre Arbeitslosigkeit und begeilen sich an den Berichten der Journalisten, die sich wieder an der Hoffnung auf eine turbulente Revolution mit vielen bunten Bildern und linker Wirr-Rhetorik begeilen. Aber am Abend gehen die jungen Damen und Herren zurück ins gemütliche Hotel Mama zu Paella und Rioja. Und die Journalisten sitzen sowieso jeden Abend in den noblen Lokalen.
Keiner jener jugendlichen Arbeitslosen aus Südeuropa denkt daran, wirklich etwas an der eigenen Lage zu ändern (am ehesten tun das noch die Iren). Denn das soziale Netz in allen westlichen EU-Staaten ist längst so dicht, dass es sich auch ohne Arbeit ganz offensichtlich sehr gut leben lässt. In mancherlei Hinsicht sogar besser.
Und wenn das soziale Netz ein bißchen reißt, pfeift man nach dem Euro-Rettungsschirm. Die Revolutionäre des „arabischen Frühlings“ dagegen wandern aus und segeln derweil trotz Lebensgefahr weiter Richtung Lampedusa [3]. Für sie ist die Sozialhilfe bei uns und das Wohnen im Asylbewerberheim deutlich attraktiver als das Leben bei Muttern.
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