[1]Die dritten 350 Jahre der politischen Geschichte (und Kunstgeschichte) Deutschlands: vom Aufstieg Preußens Ende des 17. Jh. bis zur Ausrufung der „Bunten Republik“ im Jahr 2010. Stichworte: Friedrich der Große, Schiller, Goethe, Deutscher Bund, Thomas Mann, Hitler, die „Grünen“!
(Von Ralf Stenner)
1. Das klassische Deutschland (1683 – 1832)
Der Begriff der deutschen „Klassik“ sei im folgenden aus guten Gründen etwas weiter gefasst als üblich: Er soll hier für jene etwa 150 Jahre vom Sieg über die Türken bis zum Ende der Goethezeit (+ 1832) stehen, eine Epoche, in der der politische Aufstieg sowohl Preußens als auch Österreichs die Voraussetzungen für eine beispiellose kulturelle Blüte in Deutschland schuf.
Österreich hatte nach dem Sieg über die türkischen Angreifer vor Wien (1683) den Türken auch Ungarn entrissen und konnte seinen Machtraum bis an die Grenzen des Balkans ausdehnen. Der deutsche Teil des Habsburger Reiches gehörte fortan weiterhin zum Reich, die nichtdeutschen Gebiete wurden Erblande der Habsburger Dynastie. Im Norden Deutschlands machte sich zugleich Preußen startbereit. Dort zog ein kluger Mann aus den militärischen Katastrophen des 17. Jh. seine Lehren: der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Im kaum befestigten Brandenburg hatte der 30jährige Krieg am schlimmsten gewütet. Hätte Brandenburg eine ordentliche Armee besessen, wäre zahllosen Brandenburgern der Schwedentrunk erspart geblieben. Nur ein wehrhafter Staat, so folgerte Friedrich Wilhelm völlig richtig, ist in der Lage, seine Bevölkerung wirksam zu schützen. Genau aufgrund dieser Erfahrungen aus dem 30jährigen Krieg begann man nun im Kurfürstentum Brandenburg mit dem Aufbau eines stehenden, jederzeit verteidigungsbereiten Heeres und legte damit angesichts der realpolitischen Gegebenheiten der Menschheitsgeschichte (am Ende entscheidet immer das Schwert, leider) den Grundstein für den Aufstieg Preußens.
Die preußische Geschichte darf auch heute noch, trotz linksgrüner Schulbildung, als halbwegs bekannt vorausgesetzt werden, daher hier in Stichworten: Sieg des Großen Kurfürsten über die schwedischen Besatzer von Mecklenburg in Fehrbellin (1675), Krönung Friedrich I in Königsberg zum König „in Preußen“ (1701), Aufbau eines unbestechlichen Beamtentums durch Friedrich Wilhelm I („Soldatenkönig“). Flötenspieler Friedrich II (der Große) schreibt seinen Antimachiavelli und erlässt das Allgemeine Preußische Landrecht, den Vorgänger des heutigen Bürgerlichen Gesetzbuchs. Seine Schlesischen Kriege kann er mit viel Glück für sich entscheiden. 1772 wurde der seit 1466 dem König von Polen unterstehende westliche Teil des Ordenslandes wieder deutsch: als preußische Provinz Westpreußen mit der Hauptstadt Danzig.
Die polnischen Teilungen (1772, 1793, 1795) werden heute im Geschichtsunterricht an staatlichen Schulen gern dazu benutzt, um eine angeblich schon immer vorhandene Aggressivität der (per Definition) bösen Deutschen gegenüber den (per Definition) lieben Polen zu belegen. Wie vieles andere im staatlichen Geschichtsunterricht ist auch das völliger Unsinn. Alle drei Teilungen fanden auf Betreiben Russlands statt. Wer sich auf einer Karte die riesigen von den Russen besetzten Teile Polens im Vergleich zu den eher kleinen Gebieten Preußens und Österreichs ansieht, erkennt schnell die politische Brisanz: Hätten sich Preußen und Österreich an den Teilungen Polens nicht beteiligt, hätte sich Russland ohne Schwierigkeiten auch ganz Polen einverleiben können. Zum Glück für die damaligen Deutschen (und wohl auch die damaligen Polen) ließen sich weder Preußen noch Österreich auf das Risiko einer solchen Koexistenz mit einem bis vor die Tore Wiens und Berlins erweiterten Russischen Reich ein.
1789 kommt es in Frankreich zur Französischen Revolution, der König wird geköpft. Böse Zungen sagen, dass ein Volk, das seinen König köpft, nichts anderes verdient hat als eine muslimische Eroberung. Zum Glück für uns wurden die deutschen Könige nicht geköpft.
Unter Napoleon greift unser friedliebender westlicher Nachbar wieder einmal das Reich an und erklärt weite Teile West- und Norddeutschlands (bis Lübeck) zu Teilen Frankreichs, eine ganz klare imperiale Annexion. Statt gesamtdeutsche Solidarität (schon damals ein Widerspruch in sich selbst) zu zeigen, verbündeten sich die süddeutschen Staaten mit dem französischen Imperialisten und traten 1806 aus dem Heiligen Römischen Reich aus. Kaiser Franz II legt die Kaiserkrone nieder – eine unglaublich ehrlose Entscheidung. Man lässt sein Reich nicht im Stich. Sieben Jahre später war der napoleonische Spuk sowieso vorbei (Völkerschlacht bei Leipzig 1813).
Nach dem Wiener Kongress 1815 beherrschte auch die Frage der Wiedergründung des Reiches die deutsche Politik. Verfechter einer kleindeutschen Lösung (ohne Österreich) standen sich Verfechtern der großdeutschen Lösung (mit Österreich) gegenüber. Dass die Frage nach einer weiteren Zugehörigkeit Österreichs überhaupt aufkam, lag nur am kleingeistigen Konkurrenzdenken zwischen Österreich und Preußen („Dualismus“). In besseren Tagen des Reiches hätte man den Kaiser einfach gewählt, so aber einigte man sich auf eine etwas fade Kompromisslösung: den „Deutschen Bund“ mit dem Bundestag in Frankfurt. Immerhin hatte Österreich im Bundestag den Vorsitz.
Dass es im 18. Jh. in Deutschland wieder bergauf ging, spiegelt sich auch in der Kunst wieder. Keine andere Epoche der deutschen Geschichte ist kunsthistorisch so brillant wie diese. Nie wieder erreichte Sternstunden der deutschen Musik und Literatur: Bach, Mozart, Beethoven, Haydn, Lessing, Kleist, Goethe, Schiller – alles 18. Jh. vom feinsten. In Königsberg erklärte Kant die Aufklärung als Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit: Diesen Satz dürfte Kant in unserer heutigen Bunten Republik garantiert nicht mehr veröffentlichen, ohne dass ihn muslimische Gastarbeiter wegen Beleidigung vor Gericht zerren würden. Auch in der Architektur entsteht im 18. Jh. ein Meisterwerk neben dem anderen: Dresdner Zwinger, Dresdner Frauenkirche (August der Starke sei ausdrücklich genannt), Schönbrunn, Sanssouci, Würzburger Residenz, Kloster Melk, Kloster Weltenburg, Wieskirche, Karlskirche und seit dem 19. Jh. der Klassizismus: Wiener Burgtheater, Neue Wache, Brandenburger Tor. Die Malerei ist geprägt von Ideallandschaften und Fresken (Asam-Brüder, Matthäus Günther). Um die Jahrhundertwende begegnen uns die großen Maler der frühen Romantik (Runge, C. D. Friedrich).
2. Demokratische Nationalbewegung und Kaiserreich der Hohenzollern (1832 – 1918)
Nationalbewegung und Demokratiebewegung sind in Deutschland untrennbar miteinander verbunden. Das Hambacher Fest (1832) war der Anfang vom Ende der monarchischen Kleinstaaterei. Im Revolutionsjahr 1848 trat in Frankfurt die erste gewählte Nationalversammlung des Deutschen Bundes zusammen. Österreichische Abgeordnete waren selbstverständlich vertreten, zum Vorsitzenden einer künftigen Reichsregierung wurde ein Österreicher gewählt (Erzherzog Johann) – beides schweigen bundesdeutsche Geschichtsbücher heute gern tot. Die Paulskirche endete im Chaos, die Weichen in Richtung einer deutschen Demokratie aber waren gestellt.
1864 befreiten Österreich und Preußen gemeinsam Schleswig-Holstein von dänischer Oberhoheit. Statt anschließend die richtigen Prioritäten zu setzen, siegte erneut der deutsche Kleingeist: gegenseitig missgünstig, einigte man sich in Schleswig-Holstein auf eine gemeinsame Verwaltung, die wie alle Doppelspitzen im Streit endete. 1866 kam es zum fatalen Preußisch-Österreichischen Krieg, ein komplett sinnloses Gemetzel, das nichts gebracht hat als das Ende des Deutschen Bundes und die Gründung eines kleindeutschen Kaiserreichs unter preußischer Führung – ein völlig überflüssiger Bruch mit der territorialen und ideellen Kontinuität Deutschlands seit 962. Dass unser friedlicher westlicher Nachbar uns 1870 (wieder mal) den Krieg erklärte, soll uns nicht aufhalten. Im Ergebnis wurde das Elsass nach ca. 190 Jahren wieder deutsch.
Die Verfassung des Hohenzollernreichs gewährte sowohl dem Reichstag als auch dem Reichskanzler erhebliche Vollmachten, der Einfluss der vorangegangenen Demokratiebewegung auf das politische System ist unverkennbar. Bismarcks innerdeutsche Politik ist umstritten, seine Außenpolitik aber ohne Frage vorbildlich. Mit Frankreich war unter den damaligen Verhältnissen kein Auskommen möglich. Folgerichtig zielte Bismarck darauf ab, Frankreich isoliert zu halten und eine Umklammerung durch ein französisch-russisches Bündnis zu verhindern. Dieser oberste Grundsatz wurde unter Wilhelm II leichtsinnigerweise aufgegeben. Durch seinen Flottenbau ruinierte er die guten deutsch-englischen Beziehungen (beide sahen in Frankreich den gemeinsamen Erbfeind), vernachlässigte Russland und wandte sich, nachdem ihm alle anderen Verbündeten außer Österreich und Italien ausgegangen waren, bizarrerweise der Türkei zu. Unter den Spätfolgen der vom ersten Tag an unter einem schlechten Stern stehenden angeblichen „deutsch-türkischen Freundschaft“ – Wilhelms Türkeireise von 1898 fand nur zwei Jahre nach Sultan Abdulhamits großen Armeniermassakern (1895/96) statt und war daher unter den Deutschen höchst umstritten – leiden wir bis heute.
In der Erinnerung der Deutschen ist das Kaiserreich der Hohenzollern die deutsche „Belle Epoque“ – zu Recht. Deutschland erlebte einen beispiellosen wirtschaftlichen Aufschwung. Welch entscheidenden Beitrag die Unternehmensgründungen der wilhelminischen Zeit bis heute zu unserem Wohlstand leisten, zeigt ein Blick auf die Zusammensetzung des DAX. In der Architektur spiegeln bewusste Rückgriffe auf vergangene Epochen das politische Selbstverständnis des Hohenzollernreiches wieder: Neugotik (Rathaus München), Neurenaissance (Börse Königsberg), Neubarock (Semperoper, Berliner Dom). Die Baukunst des 20. Jh. kündigt sich in der Jahrhunderthalle in Breslau an. Die Literatur der Kaiserzeit ist neben einer weiteren Blüte von Poesie (Rilke, Stefan George) und Drama (Hauptmann) gekennzeichnet durch die Entstehung der ganz großen Prosawerke (Theodor Fontane, Thomas Mann, Hermann Hesse). Die deutsche Malerei des 19. Jh. wird zunächst von Romantik und Realismus beherrscht (Spitzweg, A. v. Menzel) und wendet sich im Expressionismus von der Gegenständlichkeit ab (Blauer Reiter, Die Brücke). Richard Wagner setzt ab den 1840er Jahren einzigartige Akzente in der Musik.
3. Weimarer Zeit (1918-1945)
Gegen Ende des Ersten Weltkriegs stolperte Deutschland in eine Revolution hinein, die mit einer übereilten Abdankung der Fürsten endete. Man kann über die Monarchie denken, wie man will, aber selbst unter Wilhelm II hätte es ein Herr Hitler nicht mal bis zum Pförtner gebracht und eine Frau Merkel höchstens bis zur Oberzofe. Österreich, damals eine Art osteuropäische EU, wurde in mehrere Nationalstaaten aufgeteilt. Es sei vermerkt, dass uns damals der Nationalstaat mit demselben Enthusiasmus als Grundvoraussetzung für den ewigen Frieden verkauft wurde wie heute die Überwindung des Nationalstaats. Zur Legitimation der Aufspaltung des Habsburger Reiches wurde das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ erfunden, das bezeichnenderweise für die deutschen Habsburger nicht galt: In freien Volksabstimmungen stimmten in Tirol und Salzburg jeweils 99% (!) für eine Wiedereingliederung in das Deutsche Reich. Daraufhin wurden weitere Abstimmungen in Österreich verboten und die Tiroler und Salzburger Abstimmungsergebnisse aus der kollektiven Erinnerung der Deutschen (und deutschen Schulbüchern) verbannt.
Die Weimarer Republik war vom ersten Tag an ein unstetes Gebilde, das schnell zur Beute radikaler Kräfte wurde. Nirgendwo in Europa war der Kommunismus vergleichbar schlagkräftig wie in Deutschland. Kein Wunder, dass Lenin und Stalin in erster Linie auf Deutschland setzten (und auf Polen, das aber nach 1926 nach rechts driftete), um ihre Weltrevolution nach Westen zu tragen. Als Alternative zu den Moskau-hörigen Kommunisten entwickelte die NSDAP eine radikal deutsch-nationale Arbeiterpartei, die während der Weltwirtschaftskrise massenhaften Zulauf fand (der linke Flügel der NSDAP wurde erst nach dem Röhm-Putsch 1934 bedeutungslos). 1933 verzichtete das frei gewählte Parlament, damals wie heute eine leicht lenkbare Opportunistentruppe, freiwillig auf weitere eigene Machtausübung und erklärte Kanzler Hitler trotz seiner nur 44% Wählerstimmen per Ermächtigungsgesetz zum 100%igen Diktator.
Die Hitler-Phase des Weimarer Staates wird heute als das angebliche A und O deutscher Geschichte bereits im Kindergarten gelehrt und sei hier nur skizziert. Hitler gelang der wirtschaftliche Wiederaufschwung dank mehrerer schuldenfinanzierter Konjunktur- und Sozialprogramme, die ihm den Zuspruch der Massen sicherten – ein wirtschaftspolitischer Lenkungsansatz, der später von Willy Brandt übernommen wurde und seither auch die bundesrepublikanische Politik prägt. 1938 kam es zur Wiedereingliederung Österreichs, damals ganz sicher der Höhepunkt von Hitlers Beliebtheit, die viele Deutsche über die Schattenseiten seiner Herrschaft hinwegsehen ließ: besonders sein nach sowjetischem Vorbild errichtetes Gulag-System (Konzentrationslager) für politische Kritiker, das ab 1942 kriegsparallel nach dem Beispiel der türkischen Armeniervernichtung während des Ersten Weltkriegs („Wer spricht heute noch von den Armeniern?“ – A.H.) zu einem grauenhaften System massenhaften Menschenmords, vor allem an Juden, ausgebaut wurde.
Der Verlauf des Zweiten Weltkriegs (Bündnis Stalin-Hitler gegen Polen, gemeinsamer Angriff am 1. bzw. 17. September 1939, französisch-englische Kriegserklärung – nur gegen Deutschland – , Bruch des Bündnisses mit Stalin und Angriff auf die Sowjetunion 1941, Niederlage 1945) ist bekannt. Hervorgehoben sei der 20. Juli 1944, als es den Widerstandskämpfern um Graf von Stauffenberg gelang, für alle Ewigkeit all jenen Deutschen ein Denkmal zu setzen, die sich Hitler tapfer entgegenstellten. Das konsequente Handeln der Widerstandskämpfer lehrt uns noch heute, wie wichtig es in der Geschichte ist, gelegentlich Zeichen zu setzen, auch wenn diese in der unmittelbaren Gegenwart wenig erfolgversprechend erscheinen. Die Vertreibung der Deutschen aus Ostpreußen, Schlesien, Böhmen und weiten Teilen Brandenburgs war die weltgeschichtlich größte systematische Vertreibung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft.
Im Gegensatz zu Hitler durfte Stalin seine polnischen Eroberungen von 1939 übrigens behalten und nach seiner Vertreibung der Deutschen aus Ostpreußen auch noch die Polen aus Galizien vertreiben.
Kunstgeschichtlich fällt seit der Weimarer Zeit das Fehlen international bedeutender Bauwerke in Deutschland auf. Letzte bemerkenswerte Akzente wurden im Bauhaus gesetzt, das sich nach der Emigration seiner Vordenker aber erst in den Vereinigten Staaten wirklich entfaltete (Mies von der Rohe, Gropius). In der Diktatur entstanden auch in Deutschland mehrere Monumentalbauten (Berliner Olympiastadium, Reichsparteitagsgelände), wenn auch mit dem für Diktaturen typischerweise geringen künstlerischen Anspruch. Herausragende Beiträge in der Musik fehlen, Film und Malerei hingegen erlebten eine kurze Blütezeit (Grosz, Beckmann, Fritz Lang). In der Literatur dominieren neben einigen neuen Autoren (Benn, Brecht, Döblin, Seghers) weiter die bekannten Namen der Kaiserzeit (Thomas Mann etc.). Ernst Jüngers „Auf den Marmorklippen“ besitzt besondere historische Bedeutung: Dieses Buch war das einzige regimekritische Werk, das während der Hitlerzeit nicht im Exil, sondern in Deutschland geschrieben und veröffentlicht wurde.
4. Bundesrepublik (seit 1949)
1949 wurde der verbliebene Rest Deutschlands geteilt. Im russisch besetzten „Osten“ entstand ein kommunistischer Pseudostaat, kaum mehr als eine Autonome Sowjetrepublik ohne jegliche Selbstbestimmung. Im Westen wurde die „Bundesrepublik“ als Weimarer Zwillingsstaat konzipiert und übernahm in weiten Teilen die Weimarer Reichsverfassung. Da die im „Grundgesetz“ vorgesehenen Volksabstimmungen nie durchgeführt wurden, fehlte der Bundesrepublik über ihre gesamte Geschichte ein außerparlamentarisches Korrektiv. Diese strukturelle Schwäche führte zu einer Machtkonzentration in den Händen einiger weniger Parlamentarier („semidemokratische Oligarchie“) und zugleich einem überproportionalen Einfluss der mit ihnen verbundenen Interessengruppen und politischen Sektierer. Die für die Bundesrepublik so charakteristische Aufwertung der Parlamente („Parteienstaat“) bei gleichzeitiger Schwächung der direkten Mitbestimmung aus dem Volk erscheint erstaunlich, da die Ursache der Hitler-Diktatur ja eine Parlamentsentscheidung war und nach 1945 eine Staatsgründung zu erwarten gewesen wäre, die den Parlamenten mit größerem, statt geringerem Misstrauen begegnet.
In der Zeit des Kalten Krieges orientierte sich die Bundesrepublik völlig richtig nach Westen und suchte die politische und militärische Rückendeckung der Vereinigten Staaten gegenüber dem kommunistischen Ostblock. In den späten 60er Jahren geriet Deutschland wie die gesamte westliche Welt in den ideologischen Sog der maoistischen Kulturrevolution Rotchinas (1966-1969, offiziell bis 1976), die geprägt war von Selbsthass auf die eigene traditionelle Kultur und Bildung, Umkehrung der Autoritäten (jung gegen alt, Schüler gegen Lehrer etc.), Verherrlichung von Primitivität und Verachtung von Zivilisation und Technologie. In der russisch besetzten „DDR“ wurde diese Bewegung (sog. „68er“) unterdrückt, in der Bundesrepublik hingegen organisierte sie sich sehr erfolgreich in der Partei der „Grünen“, deren autoaggressives Politikprogramm ab der Jahrtausendwende von allen wichtigen Parteien übernommen wurde: Feindseligkeit gegenüber Traditionen, Zerstörung der Bildungsqualität, Zerschlagung der eigenen Kultur durch Ansiedlung anderer Völker, demonstrative Tolerierung von politisch nützlicher (= linker und ausländischer) Gewalt und ein ständig schwelender Kampf gegen Technologie und Großindustrie unter dem Deckmantel des „Umweltschutzes“.
Die symbolische Ausrufung Deutschlands zur „Bunten Republik“ (2010) steht erkennbar für einen neuen Abschnitt der Geschichte Deutschlands. Erstmalig seit 962 definiert die eigene Staatsmacht Deutschland nicht als Land der Deutschen und verleugnet auch ihre besondere Schutzfunktion gegenüber den Deutschen – eine ohne jeden Zweifel unrechtmäßige Selbstdefinition des Staates, die eindeutig revolutionären Charakter besitzt. Die Bundesrepublik (soweit die „Bunte Republik“ der Bundesrepublik im engeren Sinne überhaupt noch zuzuordnen ist) durchlebt somit eine ähnliche Entwicklung wie ihr Weimarer Vorgänger: ausgehend vom ernsthaften Versuch eines demokratischen, vom Volk bestimmten Politiksystems hin zu einem aus den Parlamenten kommenden totalitären (damals „braunen“, heute „bunten“) Einheitsstaat. Die Bunte Republik wird daher auch genauso tragisch enden: bestenfalls als Objekt ewiger Vergangenheitsbewältigung und im schlechtesten Fall in Schutt und Asche.
Ihrer politischen Bedeutung entsprechend wirkt die Zeit der Bundesrepublik auch kunstgeschichtlich provinziell. Architektonische Meisterwerke von Weltrang fehlen völlig. Ob die bundesrepublikanische Literatur wirklich Werke von Dauer geschaffen hat, scheint zumindest fragwürdig. Film und insbesondere auch Musik sind im internationalen Vergleich bedeutungslos.
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