Deutschland hat zu wenige Rechtsradikale. Darüber sind SPD, GAL und die türkische Gemeinde in Hamburg hell empört. Denn anstelle von Nazis haben wohl Kurden einem türkischen Gemüsehändler und einem türkischen Reisebüro die Scheiben eingeworfen. So kann man es sich nicht im Kampf gegen Rechts™ gemütlich machen, sondern müsste sich mit dem türkisch-kurdischen Konflikt auseinandersetzen. Das geht gar nicht!
Die Abendzeitung schreibt:
Erst flogen Pflastersteine, zertrümmerten die Scheiben eines türkischen Reisebüros und eines türkischen Gemüsehändlers. Wenige Stunden später brannte die Auslage des Gemüsehandels lichterloh. Zwei Anschläge auf das Religions- und Kulturzentrum der Türkisch-Islamischen Union (Ditip) am Borstelmannsweg am Wochenende erschüttern die Türkische Gemeinde in Hamm. Osman Kögce, seit fünf Monaten Inhaber des Gemüsehandels, ist sichtlich geschockt. Er ist davon überzeugt: „Das war ein Anschlag von Rechten.“ Seine Befürchtungen haben einen konkreten Hintergrund: Erst vor wenigen Wochen lagen gleich mehrere Briefe mit eindeutig rechtsradikalem Inhalt im Briefkasten der Religions- und Kultureinrichtung. Der Staatsschutz ermittelt.
„Die Polizei ermittelt in alle Richtungen“, heißt es von der Polizeipressestelle. Für die türkische Gemeinde ist klar: „Diese Taten haben einen rechtsradikalen Hintergrund.“ Osman Kögce sagt: „Die Scheiben vom Reisebüro wurden schon zum vierten Mal eingeschlagen.“ Die Polizei konnte das gestern am späten Abend noch nicht bestätigen.
Deutliche Worte sprechen hingegen die handschriftlichen Briefe, die ohne Absender, in Blanko-Briefumschlägen am 9. September im Briefkasten des Zentrums lagen. „Türken raus“ ist da zu lesen und „In unserer Heimat wollen wir keine Türken“. Auf einem anderen Brief ist gar von „Untermenschen“ und „islamischem Kopftuchgeschwader“ die Rede. Auch diesen Vorfall hat die Gemeinde zur Anzeige gebracht. Über den Stand der Ermittlungen und ob die Polizei einen Zusammenhang zwischen den Briefen und den Anschlägen des Wochenendes sehen, konnte die Polizei gestern noch nichts sagen.
Interessant sind die Reaktionen, sollten die Anschläge nicht den erwünschten rechtsradikalen Hintergrund haben. Bülent Ciftlik (Foto l.), integrationspolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, geht selbstverständlich von einem solchen aus:
„Auch in einer weltoffenen Stadt wie Hamburg müssen wir solchen Ereignissen mit aller Entschiedenheit nachgehen und entgegentreten.“ Die Öffentlichkeit müsse erfahren, dass ihre Nachbarn bedroht werden.
Gemeinsam mit GAL und türkischer Gemeinde, ist Ciftlik außer sich über die fehlende Kooperationsbereitschaft der Rechten:
Von einem rechtsradikalen Hintergrund geht der Staatsschutz nicht aus. Das sorgt für Empörung bei SPD, GAL und in der türkischen Gemeinde.
Eine Verbindung sieht die Polizei außerdem mit einem weiteren Anschlag auf ein türkisches Reisebüro in Wilhelmsburg am Wochenende, bei dem Unbekannte mit Pflastersteinen die Scheiben eingeworfen und auf dem Fensterbrett den Schriftzug PKK hinterlassen hatten. In allen drei Fällen vermutet die Polizei eine Protestaktion militanter Kurden.
Denn während man in gewissen Kreisen bereits nach wenigen Minuten einen rechtsradikalen Hintergrund „erkennt“, kommt die Polizei einfach nach längerem Ermitteln zu einem anderen Ergebnis:
„Mich ärgert, dass die Polizei nur 24 Stunden nach den Vorfällen quasi eine Analyse abgibt, die in sich nicht schlüssig ist und so nicht stimmen kann“, sagte der SPD-Abgeordnete Bülent Ciftlik. Auch in der türkischen Gemeinde schüttele man den Kopf über diese Analyse. „Kurden werden kein Religionszentrum angreifen, in dem sie selbst verkehren“, so Ciftlik. Er kritisiert, dass die Polizei „zu wenig Innenansicht und zu wenig Kenntnis von den kulturellen Strukturen innerhalb des Milieus“ habe. Zu den Anschlägen in Hamm hat er gestern eine Kleine Anfrage an den Senat gestellt.
Als Mittel zum Zweck kommen dann auch die Muslime ins Spiel, obwohl es den Islam und die Muslime doch gar nicht gibt:
Auch Farid Müller, GAL-Wahlkreisabgeordneter von Hamm, spricht von einer „großen Angst in der türkischen Gemeinde“. Gemeinsam mit dem GAL-Bezirksabgeordneten Jörg Ebel hat Müller gestern den Tatort in Hamm besucht. Am Wochenende hatten unbekannte Täter Pflastersteine in die Scheiben eines Reisebüros und eines Gemüseladens geworfen. Wenig später wurde der Gemüseladen in Brand gesetzt. Müller dazu: „Unabhängig vom politischen Hintergrund: Brandanschläge gefährden das friedliche Zusammenleben im Bezirk Mitte. Das können wir nicht hinnehmen. Mit meinem Besuch möchte ich ein Zeichen der Solidarität mit den muslimischen Bürgerinnen und Bürgern in Hamm setzen.“ Ebel forderte, den Anschlag vom Wochenende zügig aufzuklären. „Dieser Gewaltakt gegen muslimische Mitbürger ist nicht hinnehmbar. Die Täter und Hintermänner müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, so Ebel.
Auch in Österreich und der Schweiz lassen die Nazis Türken und Kurden ihre Konflikte selbst austragen. Es wird von kleineren Anschlägen gegen türkische Einrichtungen berichtet. Betroffen sind türkische Konsulate, auf die Brandsätze geworfen wurden. Sehr wahrscheinlich handelt es sich um Racheakte von Kurden im Zusammenhang mit den Kampfhandlungen im türkisch-irakischen Grenzgebiet.