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Der Politische Witz in Zeiten von „Delegitimierung des Staates“ und seiner „demokratischen Institutionen“

Allein über die „beste Außenministerin aller Zeiten" (BAMaZ), Annalena Baerbock, ergibt die Google-Suche nach „Witze über Annalena Baerbock“ 49.200 Treffer.

Von CONNY AXEL MEIER | „Was es nicht alles schon gibt? Es gibt Bier ohne Alkohol, es gibt Fahrzeuge ohne Fahrer, es gibt Kaffee ohne Koffein, es gibt Schnitzel ohne Fleisch. Was es aber nicht gibt, ist eine Bundesregierung ohne unfähige Idioten!“

Haben Sie jetzt etwa gelacht? Das macht Sie verdächtig, den Staat und seine „demokratischen Institutionen delegitimiert“ zu haben und unter Beobachtung des Haldenwang’schen „Verfassungsschutzes“, aka Regierungsschutzes, zu geraten. Zumindest solange Sie in Deutschland darüber gelacht haben und nicht dafür in den Keller gegangen sind. Und der obengenannte Pseudo-Witz war nur einer der völlig harmlosen.

Allein über die „beste Außenministerin aller Zeiten“ (BAMaZ), Annalena Baerbock, ergibt die Google-Suche nach „Witze über Annalena Baerbock“ 49.200 Treffer. Darunter banale und erfundene wie „Annalena, nenn mir mal ein Land mit K? Kaufland!“. Oder realsatirische von der „360°-Wende Putins“ und von irdischen Orten, die Hunderttausende von Kilometern entfernt sind…

Nun gut, mögen Sie sagen, Politiker waren schon immer Gegenstand von Hohn und Spott. Generationen von Kabarettisten lebten davon, die herrschende Klasse durch den Kakau zu ziehen. Das Publikum bezahlte gerne dafür, sich über die Mächtigen zu amüsieren. Diese Zeiten sind jetzt vorbei. Die „Junge Freiheit“ [1] zitiert den Augsburger Professor für öffentliches Recht zum Thema „Delegitimierung des Staates“ wie folgt:

[Er] kritisierte, der Geheimdienst werde nicht mehr eingehegt, sondern entfesselt: „Der Verfassungsschutz ist ja nicht nur ein Segen, sondern auch eine Bedrohung.“ Er könne, wenn er die „Delegitimierung des Staates“ weit auslege, „jede überspitzte Kritik an der Politik, an Politikern und ihren Entscheidungen darunter fassen“. Das halte er für eine „äußerst bedenkliche Entwicklung“. „Die Kabarettisten werden ihrer Grundlage beraubt.“

Selbst der Deutsche Kaiser Wilhelm II., er war kein Klimakaiser, nannte den Reichstag eine „Schwatzbude“. Das durfte man in der Bundesrepublik bis zum Rausschmiss des ehemaligen Chefs des Bundesverfassungsschutze im Jahr 2018 auch. Dann brachen andere Zeiten an. Bundesinnenministerin Nancy Faeser verschärfte ab 2021 den absurden „Kampf gegen Rechts“ mit Hilfe von Millionen an Steuergeldern zusammen mit dem Familienministerium und der Steuergeldschleuder „Demokratie leben“ weitgehend unkontrolliert ins Unendliche. Da es aber nur sehr wenige angebliche „Rechtsextremisten“ gab, wurde alles, was nicht linksgrün tickte, zum Gegenstand der sogenannten „Beobachtung“ gemacht. Selbst das Zitat, „Dem deutschen Volke“, das am Reichstag in goldener Schrift prangt, gilt mittlerweile als ethnischer Volksbegriff, der verdächtig sein soll, rechtsextreme Narrative zu bedienen. Ganz zu schweigen vom Satz „Alles für Deutschland“, der angeblich verboten sein soll, egal in welchem Kontext.

Der ökosozialistische Staat zeichnet sich dadurch aus, dass alles, aber auch wirklich alles, was nicht rotgrün klingt, verboten sein soll. Selbst wer wahrheitsgetreue Fakten vorbringt, soll nach Ansicht der grünen Ökosozialisten „Desinformation“ und Fake-News“ verbreiten. Im Taurus-Abhörskandal waren nicht die Inhalte der Gespräche und die Vorbereitung eines Angriffskriegs durch deutsche Generäle in den Medien der Skandal, sondern die Tatsache, dass das Gespräch abgehört wurde, von wem auch immer. Faesers „starker Staat“ hält es nicht mehr aus, wenn man darauf hinweist, dass der Begriff der „Demokratie“ (ursprünglich “Volksherrschaft“) umgedeutet und in ihr Gegenteil verkehrt wird. Auch die „DDR“ nannte sich „demokratisch“.

Als „demokratische Institutionen“ werden heute ungewählte Behörden, linksgrüne NGOs, Geheimdienste, Gewerkschaften, Kirchen, sogenannte Zivilgesellschaften und andere Kungelrunden bezeichnet, anstatt der gewählten Volksvertreter, deren oppositionellen Vertreter vorsätzlich und gesetzwidrig ausgegrenzt und kriminalisiert werden. Alles im Namen von „Verteidigung von Demokratie“, gegen „Hass & Hetze“ und vor allem „gegen rechts“, gegen die einzige nicht-ökosozialistische, parlamentarische Oppositionspartei, mobilisiert von den Kitas bis zu den Altenheimen der „Omas gegen rechts“, denen der Pfleger bei der Bundestagswahl die Hand führt und die den Nachtisch gestrichen bekommen, wenn sie nicht mitmachen. Die Regierenden hetzen gegen die Opposition und lügen dreist, wie der Correctiv-Skandal zeigt, an dem sie sich trotz Widerlegung immer noch festkrallen. Auch am Narrativ von den erforderlichen Corona-Maßnahmen, deren Wirksamkeit sich alle in Rauch aufgelöst hat, wird verzweifelt festgehalten und die Aufarbeitung dieser Verbrechen massiv behindert.

Was bleibt also übrig im „Besten (Medien-) Deutschland aller Zeiten“? Böhmermann statt Harald Schmidt, Sawsan Chebli statt Monika Gruber, Georg Restle statt Peter Hahne, AfD-Bashing statt Regierungskritik, Islamapolegetik statt Aufklärung über den politischen Islam, Wählerbeschimpfung statt bürgernaher Politik, Rückbau der Infrastruktur statt kostengünstiger Energie und Förderung der Invasion fremder Kulturträger, neuerdings auch Werbung in arabischer Sprache für deutsche Reisepässe in Nordafrika anstatt vernünftiger Familienpolitik. Wohlstandsverlust wird als Fortschritt verkauft, die Enteignung der Steuerzahler als alternativlos angepriesen, der Verzicht als heroisch und der Verlust der inneren Sicherheit als notwendige Veränderung. Krieg ist Frieden und die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten als Voraussetzung zur Rettung des Wetters.

Wenn selbst Witze verboten und zensiert werden, dann ist der Übergang vom Rechtsstaat in die Tyrannei schon fast geschafft. Äußerungen „unterhalb (!) der Strafbarkeitsgrenze“ sind neuerdings zwar legal, aber strafbar. Haldenwang sieht das genauso und seine Datenkraken, Algorithmusfetischisten, Lippenleser, Telefonabhörer und Stichwortsammler verfolgen jetzt jeden, der sich nicht an seine Nicht-Gesetzes-Sammlung hält und kommt als „Delegitimierer“ in die Grüne Hölle. Kontosperrungen, Passentzug, Arbeitsplatz- und Wohnungskündigungen, gesellschaftliche Isolation bis hin zu willkürlichen Hausdurchsuchungen, Enteignungen und Verhaftungen drohen. Sie wollen freihändig darüber entscheiden, was gut und böse ist, ohne von Gesetzen ausgebremst zu werden. Straflager und Gulags kommen für „Staatsfeinde“ in den nächsten Jahren ganz sicher. Zuerst für die Prominenten, dann für den Pöbel. Viele Ostdeutsche erleben hier ein deja vu. Immerhin beschwert sich Haldenwang öffentlich, dass er nicht alleine die Umfragewerte für die AfD senken kann, obwohl er es wollte. Dazu braucht es tatkräftige Hilfe von der Bundesregierung und vom Bundesverfassungsgericht, um die Partei zu verbieten. Ja, das kann er noch nicht alleine.

Gibt es auch gute Nachrichten aus der Irrenanstalt Deutschland? Ja, es gibt sie noch. Die Google-Suche nach „Witze über Thomas Haldenwang“ ergibt 16.100 Ergebnisse. Ganz humorlos ist er also nicht. Am besten gefällt mir sein witziger Ausspruch vom 11. Januar 2024 [2], kurz nachdem er mit der Fake-News-Schleuder Correctiv willfährigen Medien und den üblichen Verdächtigen die Mär von der Wannseekonferenz 2.0 mit Plänen zur „Deportation von Freunden, Nachbarn und Arbeitskollegen“ in die Welt setzte:

„Die schweigende Mehrheit muss aufwachen!“.

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Hubert Speckner: „Herzenssache“ Südtirol

geschrieben von PI am in Buch-Tipp,Österreich | 32 Kommentare
Hubert Speckner holt 75 Jahre der österreichischen Südtirolpolitik vor den Spiegel.

Von REYNKE DE VOS | Für Österreich sei Südtirol „kein Politikum, sondern eine Herzenssache“, und des 1918/19 von Tirol abgetrennten und Italien als Kriegsbeute zugeschlagenen südlichen Landesteils „Rückkehr nach Österreich ein Gebet jedes Österreichers“: Mit dieser gefühlig-patriotischen Festlegung aus Anlaß seiner ersten Regierungserklärung setzte Leopold Figl, der erste aus der ersten Nachkriegsnationalratswahl hervorgegangene Bundeskanzler, am 21. Dezember 1945 sozusagen den förmlichen Anspruchs- und Betrachtungsmaßstab in der Südtirol-Frage. Figls „Herzenssache“ wurde, ebenso wie die spätere Abwandlung „Herzensangelegenheit“, zum geflügelten Wort und ist als solches nach wie vor Bestandteil des Politvokabulars in Österreich(s Parteien), wenngleich es längst seine rhetorische Kraft und magnetisierende Wirkung eingebüßt hat, da es leider nurmehr als stereotyp gebrauchte Floskel in standardisierten Sonntagsreden vorkommt und keine greifbare politische Agenda mehr dahintersteht.

Wer sich aus wie auch immer geartetem Interesse heraus der historischen Entwicklung des Bedeutungsverlusts dieser „Herzenssache“ bzw. „Herzensangelegenheit“ anhand von 75 Jahren parlamentarischer Befassung mit der und politischen Auseinandersetzung über die Südtirol-Frage im Österreichischen Nationalrat vergewissern möchte, für den steht nun ein mehr denn erschöpfendes Kompendium zur Verfügung. Für dessen Akkuratesse und Vollständigkeit zeichnet ein vielfach einschlägig in Erscheinung getretener Historiker als Herausgeber verantwortlich. Hubert Speckner hat in den 2022 im Verlag effekt! (Neumarkt a.d. Etsch) erschienenen vier voluminösen Bänden seiner Publikation „,Herzenssache‘ Südtirol [3] … Südtirol in den Nationalratssitzungen der Zweiten Republik Österreich. 1945-2020“ auf sage und schreibe 3122 (!) Seiten sämtliche parlamentarischen Äußerungen zusammengetragen, die zwischen 1945 und 2020 im Parlament zu Wien zur Südtirol-Frage getätigt wurden. Was nunmehr vorliegt, ist mit Fug und Recht ein Novum, denn in der gesamten (populär)wissenschaftlichen Literatur zum Thema, ganz gleich ob sie histori(ograph)isch oder politikwissenschaftlich ausgerichtet ist, blieb die parlamentarische Auseinandersetzung darüber un(ter)belichtet.

In den 2922 Nationalratssitzungen, die während des besagten Zeitraums stattfanden, kam das Thema Südtirol in immerhin 481 Sitzungen zur Sprache. Speckner hat aus dieser Zeit 1320 parlamentarische Äußerungen (Wortmeldungen, Berichten, schriftliche und mündliche Anfragen, Beantwortung parlamentarischer Anfragen, Initiativ- und Entschließungsanträge sowie Bürgerinitiativen und Petitionen) zusammengetragen. Jeden Bucheinband ziert das Konterfei jenes Politikers, der in dem darin abgehandelten Zeitraum im Nationalrat am häufigsten zum Thema Südtirol gesprochen oder sonstwie Aktivität gezeigt hat. Es sind dies der geschichtlichen Abfolge nach Franz Gschnitzer (ÖVP), Bruno Kreisky (SPÖ), Felix Ermacora (ÖVP) und Werner Neubauer (FPÖ).

Die Zusammenschau aller parlamentarischen Aktivitäten vermittelt ein untrügliches kondensiertes Kontinuum der Abfolge konfliktreicher Geschehnisse, die die Höhen und Tiefen des österreichisch-italienischen Verhältnisses prägten und stellt eine wahre Fundgrube in Bezug auf die gesamte österreichische Südtirolpolitik nach 1945 und deren Akteure dar. Im Überblick lassen sich daraus vergröbernde Befunde ableiten.

Grundsätzlich haben die drei traditionellen Nationalratsparteien  (SPÖ, ÖVP, VdU/FPÖ)  zufolge der nach dem Zweiten Weltkrieg durch die am 5. September 1946 in Paris vom österreichischen Außenminister Karl Gruber und dem italienischen Ministerpräsidenten Alcide DeGasperi getroffenen vertraglichen Übereinkunft hinsichtlich des südlichen Tirol  im Großen und Ganzen für lange Zeit in der Südtirolpolitik weitgehend an einem Strang gezogen. Infolgedessen pflegten sie, wenngleich aufgrund Stärke, Einfluß und ideologischer  Übereinstimmung differierend,  unterschiedlich enge/intensive Beziehungen  zu der seit 1945 zwischen Brenner und Salurner Klause dominanten Sammelpartei SVP. Die (nach Eigendefinition) „Sammelpartei der Südtiroler“ vereinte christlich-soziale, katholisch-konservativ  bäuerliche, bürgerlich-liberale und sozialistische / sozialdemokratische Strömungen unter ihrem Dach.

Diese mehr oder weniger konsensuale Politik hatte sogar Bestand, als es während der 1960er Jahre just wegen der Südtirol-Frage in der FPÖ rumorte und sich Gleichgesinnte aus dem Kreis Norbert Burgers von ihr lösten und in der von Burger gegründeten Nationaldemokratischen Partei (NDP) zusammenfanden. Erst im Zuge des kommunistischen Systemkollapses und Umbruchs in Mittelost-, Südost- und Osteuropa sowie der unmittelbar damit verbundenen Wiedervereinigung Deutschlands geriet  dieser Konsens aus den Fugen, zumal da diese Entwicklung mit der innenpolitischen Debatte über die höchst umstrittene Abgabe der österreichisch-italienischen Streitbeilegungserklärung gegenüber den Vereinten Nationen (UN) in Zusammenhang stand.

Die Streitbeilegungserklärung resultierte quasi als Ultima ratio aus den UN-Resolutionen 1497/XV (31. Oktober 1960) und 1661 (28. November 1961), worin Österreich und Italien darauf festgelegt worden waren, den Südtirol-Konflikt durch Verhandlungen  beizulegen. Trotz dieser UN-Maßgaben und daraus folgender mannigfacher Begegnungen von Außenministern und Diplomaten beider Seiten hatte sich Rom nicht wirklich zu Zugeständnissen bezüglich der 1946 vereinbarten Autonomie für die Südtiroler bereitgefunden und stets darauf beharrt, alle daraus erwachsenen Verpflichtungen erfüllt zu haben. Erst das tatkräftige Aufbegehren uneigennütziger heimatliebender Aktivisten des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS), die spektakuläre Anschläge auf italienische Einrichtungen verübten und damit den Konflikt international vor aller Augen ersichtlich werden ließen, führte letztlich zu einer gewissen Korrektur der römischen Politik und zu ernsthaften Verhandlungen, worin auch Repräsentanten Südtirols in Kommissionen eingebunden waren und woraus  ein aus Maßnahmenkatalog  (137 Bestimmungen zum Schutze der Südtiroler Bevölkerung) sowie  Operationskalender (Vorgaben für die Schritte zu deren Verwirklichung/Umsetzung) bestehendes Autonomie-„Paket“ und schließlich das Zweite Autonomiestatut für Südtirol hervorging, welches  am 20. Januar 1972 in Kraft trat. Bis die Bestimmungen gemäß Statut umgesetzt waren – wobei sich die rasch wechselnden römischen Regierungen und die prinzipielle Halsstarrigkeit bzw. Sperrigkeit Italiens immer wieder als Hemmschuh erwiesen – sollten noch einmal zwei ganze Jahrzehnte verstreichen, sodaß die besagte Streitbeilegungserklärung erst am 11. Juni 1992 abgegeben werden konnte.

Sowohl Teile des Inhalts als auch die prozeduralen Schritte auf dem Wege zur Erfüllung des Autonomie-Pakets, damit der Voraussetzungen zu formellen Beilegung des Streits um Südtirol zwischen Österreich und Italien vor den UN waren höchst umstritten. Die politischen Auseinandersetzungen über die Möglichkeiten der  wirksamen Einklagbarkeit vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) hielten weiter an, vor allem aber besteht die bis heute unbeantwortet gebliebene Grundfrage nach Gewährung und Ausübung des nach dem Ersten wie dem Zweiten Weltkrieg verweigerten Selbstbestimmungsrechts  fort.

Während SPÖ, ÖVP und Grüne mit Abgabe der Streitbeilegungserklärung die Südtirol-Frage faktisch für beantwortet erachteten, legten insbesondere FPÖ-Parlamentarier – wie etwa Siegfried Dillersberger, Martin Graf, Werner Neubauer  –  immer wieder den Finger in die Wunde der weder nach dem Ersten, noch nach dem Zweiten Weltkrieg gewährten Ausübung des Selbstbestimmungsrechts und die damit verbundene Zukunftsperspektive für die Südtiroler. Auch namhafte ÖVP-Granden und SPÖ-Politiker wie beispielsweise der langjährige Tiroler Landeshauptmann Eduard Wallnöfer (ÖVP) und sein Stellvertreter Herbert Salcher (SPÖ), später Gesundheits- und Finanzminister unter den SPÖ-Kanzlern Bruno Kreisky und Fred Sinowatz, äußerten sich bisweilen kritisch bis ablehnend. Für die Bundes-ÖVP tat sich hierin insbesondere der renommierte Staats-, Verfassungs- und Völkerrechtler Felix Ermacora, Mitglied der Europäischen wie der UN-Menschenrechtskommission, zeitweise auch deren Präsident und nicht zuletzt Autor bedeutender Publikationen zum Südtirol-Konflikt, hervor.

Zieht man nun die Sonntagsreden-Floskel „Herzensangelegenheit Südtirol“ heran und legt sie sozusagen als Folie über das Selbstbestimmungsrecht  der Südtiroler, so führt das gleichnamige vierbändige Opus magnum des Hubert Speckner untrüglich vor Augen, wie  sich die politischen Akzente zuungunsten des legitimen Verlangens nach dessen Gewährung und Ausübung verschoben haben. Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete und Südtirol-Sprecher  Werner Neubauer konfrontierte  den in der Plenarsitzung des Nationalrats am 21. November 2014 anwesenden damaligen Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) mit der Frage, wie die Regierung die Rolle Österreichs als Schutzmacht gegenüber Südtirol definiere. Denn der vom Außenministerium vorgelegte „Außen- und Europapolitische Bericht 2013“ halte auf Seite 74 fest, „dass für Österreich kein Zweifel bestehe, dass die Südtirol-Autonomie völkerrechtlich auch auf dem Selbstbestimmungsrecht beruht, das als fortbestehendes Recht von Südtirol in Form weitgehender Autonomie ausgeübt werde“.

Diese Interpretation habe den Südtiroler Heimatbund (SHB) veranlaßt, den renommierten Innsbrucker Völkerrechtler Peter Pernthaler mit einer „gutachterlichen Klärung zu dieser heiklen Interpretation der Bundesregierung“ zu beauftragen. Im Gutachten, so Neubauer, werde „klar zum Ausdruck gebracht, dass das Recht auf Selbstbestimmung nicht nur den Staatsnationen, sondern ,jedem Volk und jeder Volksgruppe‘ zukommt und dass weder das ,innere‘ noch das ,äußere Selbstbestimmungsrecht‘ Südtirols durch die Autonomie aufgehoben oder verbraucht worden“ sei. Der Südtiroler Landtag habe sich in einem Beschluß vom 9. Oktober 2014 zu den UN-Menschenrechtspakten bekannt und das in Artikel 1 verankerte Selbstbestimmungsrecht der Völker auch für Südtirol bekräftigt. Dieser Südtiroler Landtags-beschluß stehe ganz offensichtlich „im Gegensatz zur Interpretation von Autonomie und Selbstbestimmungsrecht der österreichischen Bundesregie-rung“, stellte Neubauer fest und brachte zusammen mit Abgeordnetenkollegen seiner Partei einen Antrag „zur Klärung in dieser für die Südtiroler so wesentlichen Frage“ ein.

Wie anhand von Speckners Publikation beim weiteren Verfolg der Angelegenheit  zu ersehen ist, hat sich an der damaligen Interpretation, wie sie im Bericht des Außenministeriums von 2013 niedergelegt war, ebensowenig geändert wie an der Haltung des (nachmaligen und seit 1921 vormaligen Kanzlers) Sebastian Kurz und dessen Partei ÖVP, die (derzeit noch) in Regierungskoalition mit den Grünen verbunden ist, deren Empfindungen für Südtirol ohnedies keine „Herzenssache“ sein mögen.

Bibliographische Angaben:

» Speckner, Hubert (Hrsg.), „Herzenssache“ Südtirol [3] …. Südtirol in den Nationalratssitzungen der Zweiten Republik Österreich 1945 bis 2020, Verlag Gra&Wis, Wien / Effekt! Buch, Neumarkt a.d. Etsch/Südtirol 2022; Bd. 1: 1945 bis 1966; Bd, 2: 1966 bis 1979; Bd.3: 1979 bis 1996; Bd. 4: 1996 bis 2020; insg. 3120 Seiten; zus. 80 €.

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„Achtung, Reichelt!“: Wie die Anti-Grünen-Demo von Erding das Land verändert

geschrieben von PI am in Deutschland,Video | 75 Kommentare

Fürstin Gloria von Thurn und Taxis lebt zwar in einem Schloss, aber hat die einzigartige Fähigkeit, das auszusprechen, was Millionen Menschen denken. Sie kennt die Welt und versteht dieses Land.

Die Fürstin zu Gast bei „Achtung, Reichelt!“. Hauptthema in dieser Woche: Die Anti-Heizungsideologie-Demo von Erding! Tausende Menschen protestierten gegen den grünen Heizpumpen-Wahnsinn, jubelten der Kabarettistin Monika Gruber und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger zu.

Fürstin Gloria wäre auch gerne gekommen, konnte aber leider nicht. Sie sagt: „Berlin macht eine Politik gegen uns Bürger.“ Dabei sind die Politiker doch fürs Volk da, nicht anders herum.

Ihr Urteil: „Die Energiewende ist gescheitert, gescheitert, gescheitert!“

(Text übernommen von „Achtung, Reichelt!“)

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Südtiroler Bombenjahre: Nachweise für Unschuld der Freiheitskämpfer

geschrieben von PI am in Österreich | 6 Kommentare
Tatort Steinalm.

Essay von REYNKE DE VOS | Es gehört zu den wissenschaftlichen Sternstunden, wenn sich ergibt, daß die historische Forschung hervorbringt, was ihre ureigene Aufgabe und Zweckbestimmung sein sollte, nämlich  neue Einblicke auf Handlungen und Einsichten in Geschehnisse zu eröffnen, für die in der Zunft bis dato gemeinhin galt, es seien alle Tatbestände und Zusammenhänge bereits klar zutage getreten gewesen und in der Geschichtsschreibung quasi amtlich oder unverrückbar dargestellt worden. Nicht selten spielt dabei die Entdeckung und akribische Analyse bisher unbekannter oder unbeachtet wenn nicht gar ignorierter Archivalien die entscheidende Rolle.

So etwa das von Helmut Golowitsch in drei voluminösen Bänden („Südtirol – Opfer für das westliche Bündnis. Wie sich die österreichische Politik ein unliebsames Problem vom Hals schaffte“, Graz 2017; „Südtirol – Opfer geheimer Parteipolitik“, Graz 2019; „Südtirol – Opfer politischer Erpressung“; Graz 2019; alle im Stocker-Verlag) aufbereitete Privatarchiv des Kärntner Unternehmers Rudolf Moser.  Aufgrund  seiner  geschäftlichen  Beziehungen nach Italien und engen Verbindungen zu ranghohen dortigen Politikern übte er nach 1945 hinter den Kulissen einen nicht unerheblichen  Einfluß auf die Südtirol-Politik aus, den man aus heutiger Sicht als geradezu verhängnisvoll bezeichnen muß, indem er als  (partei)politischer Postillon und verdeckt  arbeitender Unterhändler zwischen ÖVP und DC wirkte, Geheimtreffen Leopold Figls mit Alcide Degasperi und anderer ÖVP- bzw. DC-Größen arrangierte. Ebenso eindrücklich und mustergültig dokumentierte Golowitsch anhand von meist pfarramtlichen Archivalien in den Büchern „Repression. Wie Südtirol 1945/46 wieder unter das Joch gezwungen wurde“ sowie „Repression ? 1946 bis 1961: Die Fortführung der Zwangsherrschaft in Südtirol“ (Neumarkt/Etsch 2020 bzw. 2021, erschienen im Verlag effekt!) , wie die Südtirol-Frage damals zugunsten des abermaligen Kriegsgewinnlers Italien  beantwortet und im Gewande des „demokratischen Italien“ die Re-Faschisierung  zwischen Brenner und Salurn vorangetrieben worden war.

Römische Übertölpelung

Auf der Pariser Friedenskonferenz  war dem österreichischen Rückgliederungsersuchen  für den 1919 durch Italien annektierten südlichen Landesteil Tirols  durch die Alliierten ebensowenig stattgegeben worden wie dem Verlangen nach Ausübung des Selbstbestimmungsrechts seiner Bevölkerung. Stattdessen sollte eine zwischen dem italienischen Regierungschef Alcide DeGasperi und dem österreichischen Außenminister Karl Gruber am 5. September 1946 getroffene vertragliche Übereinkunft über eine weitgehende  territoriale Selbstverwaltung und sprachlich-kulturelle Selbständigkeit den Erhalt der volklichen Identität der Südtiroler im Rahmen einer eigenständigen Provinz gewährleisten.  Stattdessen sahen sich die Südtiroler aber in dem vom trickreichen DeGasperi konzipierten festen Verbund der Provinz Bolzano Alto Adige mit der benachbarten Provinz Trento in einer mit allen autonomierechtlichen statuarischen Bestimmung versehenen Region durch das italienisch-ethnische und politisch-faktische Übergewicht der Trentiner majorisiert und vertragsrechtlich übertölpelt. Hinzu kam, dass Rom alles unternahm, um auch in Südtirol selbst die ethnischen Verhältnisse umzukehren, indem es – wie zuvor unter dem Faschismus – massiv die Ansiedlung von Italienern förderte, Arbeitsplätze (nur) für sie schuf und Volkswohnbauten ausschließlich für sie errichtete.

Als alle politischen Demarchen und Proteste bis hin zu Vorgaben der Vereinten Nationen (UN), wohin Österreich den Konflikt mit Italien getragen hatte, und die anschließenden Verhandlungen zwischen Wien und Rom nichts fruchteten, schlossen sich beherzte Idealisten aus beiden Landesteilen Tirols und dem übrigen Österreichs unter Führung von Sepp Kerschbaumer zu einem Befreiungsausschuß Südtirol (BAS) zusammen und verübten unter Berufung auf das Widerstandsrecht gezielte Anschläge auf italienische Einrichtungen. Zu den bedeutendsten gehörte die sogenannte „Feuernacht“, als BAS-Aktivisten rund um Bozen mehr als 40 Masten von Überlandleitungen sprengten und damit die Stromversorgung in der dortigen Industriezone unterbrachen. Trotz Verhaftung der meisten BAS-Leute nach der „Feuernacht“, der Folterung von Gefangenen, von denen zwei starben, der Verhängung des Ausnahmezustands bei Beorderung von mehr als 20 000 Sicherheitskräften von Heer und Carabinieri in die „Unruheprovinz“, führten andere BAS-Aktivisten den Freiheitskampf unter Berufung auf das Widerstandsrecht fort. Es konnte indes nicht ausbleiben, dass es dabei auch zu unbeabsichtigten Todesfällen auf italienischer Seite kam.

Verschlussakten

Der  (Militär-)Historiker  Hubert Speckner  stieß indes im Rahmen seiner Beschäftigung mit der  aufgrund der dortigen Vorkommnisse politisch angeordneten Verlegung von Einheiten des Bundesheeres an die österreich-italienische Grenze in Nord- und Osttirol auf äußerst brisante Verschlußakten im Österreichischen Staatsarchiv. Als er sie erschloß, erschien insbesondere ein von italienischer Seite als blutigstes Attentat  Südtiroler Widerstandskämpfer der 1960er Jahre gebrandmarkter Vorfall, den Rom als Hebel benutzte, um Wiens EWG-Assoziation zu unterlaufen, in einem gänzlich anderen Licht. Denn er erkannte alsbald, dass die sogleich auch von der österreichischen  Regierung als zutreffend erachteten  Beschuldigungen von italienischer Seite gegen die der Tat bezichtigten und in Österreich in Haft genommenen Personen, Erhard Hartung, Peter Kienesberger und Egon Kufner, äußerst zweifelhaft waren.  Die Genannten, Aktivisten des BAS,  sollen den Mast einer Überlandleitung gesprengt und eine Sprengstoffvorrichtung im unmittelbar benachbarten Gelände angebracht haben, bei deren Detonation drei italienische Militärangehörige getötet und einer schwer verletzt worden seien.

Die BAS-Leute waren später in einem Prozess in Florenz in Abwesenheit zu hohen (Kufner) bis lebenslangen Haftstrafen (Hartung, Kienesberger) verurteilt, in  Österreich hingegen  „in dubio pro reo“ freigesprochen worden, woraufhin nach staatsanwaltschaftlichem Einspruch Bundespräsident Kirchschläger zur hellen Empörung Roms die Einstellung des Verfahrens verfügte.  Speckner konnte in seiner umfangreichen Studie „,Zwischen  Porze und Roßkarspitz …‘ Der ,Vorfall‘ vom 25. Juni 1967 in den österreichischen sicherheitsdienst-lichen Akten“, Wien (Verlag Gra&Wis) 2013, aufgrund zahlreicher Aktenstücke den Nachweis führen, dass sich besagtes Geschehen an der Porzescharte  keinesfalls so abgespielt haben konnte, wie es offiziell  dargestellt wurde und in historisch-politischen Publikationen seinen Niederschlag fand, zumal es begründete Verdachtsmomente gab und gibt, dass die italienischen Militärangehörigen dort überhaupt nicht zu Tode gekommen sein dürften. Es zeigten sich überdies gewichtige Indizien, die dafür sprechen, dass die Tat mit hoher Wahrscheinlichkeit  einer fingierten Aktion des italienischen Militärgeheimdienstes SIFAR/SID/SISMI  sowie dem damit verquickten  „Gladio“-Arm  der geheim „Stay behind“-Organisation der Nato zuzuschreiben sein dürfte.

In „Zwischen ‚Feuernacht‘ und ,Porzescharte‘…. Das ,Südtirol-Problem‘ der 1960er Jahre in den österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten“,  seiner aufsehenerregenden und doppelt umfangreichen Studie von 2016 (Wien, Verlag Gra&Wis), untersuchte Speckner  mehr als 50 Fälle, welche sich im Rahmen des brisanten  Südtirol-Konflikts  zwischen  Dezember 1955 bis  März 1970 zutrugen.  Seine darin luzide aufbereitete und minutiös ausgebreitete Aufarbeitung der Geschehnisse machte deutlich,  wie weit und gravierend die offizielle Darstellung von der Aktenlage des von im Staatsarchiv aufgefundenen sicherheitsdienstlichen Bestandes abwichen. Zudem ergänzte er seine Befunde aus den Primärquellen der österreichischen Staatspolizei (StaPo) mittels der durch in zahlreichen Gesprächen mit den Freiheitskämpfern des BAS gewonnenen Aussagen, was historiographisch durch „Oral history“ seine methodische Rechtfertigung findet. Die von Speckner erschlossenen sicherheitsdienstlichen Akten erbrachten in vielen dieser Fälle neue, von der Forschungslage bis dahin abweichende Sichtweisen,  Erkenntnisse und Ergebnisse sowohl auf die Geschehnisse im Einzelnen, als auch auf die gesamte Südtirol-Thematik bezogen.

Expertise von Fachleuten

Schließlich stellt Speckner im Zusammenwirken mit fundierten Expertisen  amtlich anerkannter Fachleute in seinem  soeben im Verlag effekt! (Neumarkt a.d. Etsch) erschienenen  Buch mit dem Titel „Pfitscherjoch Steinalm Porzescharte – Die drei ,merkwürdigen  Vorfälle‘ des Höhepunktes der Südtiroler Bombenjahre 1966 und 1967“ auf Rationalität fußende, exquisite  Weise  jene  echoreichsten, blutigste Fällen vom Kopf auf die Füße und führt damit deren amtliche italienische Darstellungen ad absurdum. So im Falle eines todbringenden Ereignisses am Pfitscherjoch, das sich am 23. Mai 1966 ereignet hatte. Dort war in einem neben dem Pfitscherjoch-Haus gelegenen Stützpunkt von  Guardia di Finanza, Carabinieri und Alpini-Soldaten infolge einer Explosion ein Angehöriger der Finanzwache ums Leben gekommen. Laut der „offiziellen“ italienischen Version des Geschehens habe er während des Patrouillengangs die Tür zum Schutzhaus geöffnet, worauf eine Sprengladung von ungefähr 50 kg Sprengstoff explodiert sei. Wie bei ähnlich gelagerten Vorfällen in den 1960er  Jahren „wussten“ italienische  Medien wie Politik,  dass die gewaltige, das Gebäude nahezu völlig zerstörende Explosion von „Terroristi“ verursacht worden sei. Noch heute hält das Museum der Finanzer-Truppe in seiner offiziellen Darstellung fest,  dass „der Anschlag, der auch den Einsturz der Kaserne zur Folge hatte, entpuppte sich als Werk der Südtiroler Separatistenorganisation Befreiungsausschuss Südtirol (BAS)“, die „die gewaltige Ladung wenige Tage zuvor installiert“ gehabt hätten. Und alsbald wurden die vier „Puschtra Buibm“ („Pusterer Buben“)  Siegfried Steger, Josef Forer, Heinrich Oberleiter und Heinrich Oberlechner, die Italien mehrerer Anschläge – darunter 1964 den nie bewiesenen und von der späteren Aussage eines seiner Cameraden von jemandem anderem dafür verantwortlich gemachten Mord am  Carabiniere Vittorio Tiralongo in Mühlwald bei Taufers bezichtigte – als Täter beschuldigt.

Der Beurteilung mehrerer damaliger Sprengsachverständiger  – darunter eines Experten des Entschärfungsdienstes des österreichischen Innenministeriums – zufolge weist die Aufnahme des Getöteten ebenso wie die Fotos von der zerstörten Holzhütte ursächlich auf eine Gasexplosion in der Küche der Schutzhütte hin, währenddessen sich das Opfer  in der Toilette direkt neben dem Explosionsherd aufgehalten haben dürfte. Auch das auf den offiziellen Tatortfotos der Guardia di Finanza zu erkennende  eingesackte Dach der Hütte widerspreche mit aller Deutlichkeit der Verwendung von Sprengstoff, noch dazu in der erwähnten Menge von 50 kg: diesfalls wäre das Dach, anstatt in sich zusammenzusacken vielmehr  in Trümmern in die Luft geflogen.

Speckners aus den von ihm entdeckten und erstmals  ausgewerteten Archivalien ermittelten Ergebnissen, wonach sich der Pfitscherjoch-Vorfall „also kaum so zugetragen haben konnte  wie von offizieller italienischer Seite dargestellt“, ist von unlängst vorgenommenen, mit modernen naturwissenschaftlich-sprengtechnischen  Instrumentarien fußenden umfangreichen Untersuchungen durch Experten so erhärtet worden, dass sie der Wahrheit des Geschehens zweifelsfrei am nächsten kommen und somit als bewiesen gelten dürfen. So allein schon durch die Fallbeurteilung des Spreng(mittel)experten Max Ruspeckhofer, der in seiner „COLD CASE PFITSCHERJOCH – Wie ein Unfall zu einem Anschlag wurde“ kurz und bündig feststellt: „Wenn man alle diese Dinge in Betracht zieht, bleibt eigentlich nur mehr eine einzige Schlussfolgerung übrig: Es handelte sich bei diesem Ereignis nicht um ein Attentat, bei dem bewusst der Tod von Menschen in Kauf genommen wurde, sondern um einen tragischen Unfall“.  Und eine letztvergewissernde Expertise durch den beeideten unabhängigen Sachverständige Prof. Dr. Ing. Harald Hasler, welche zudem durch dessen ballistische Berechnungen in Bezug auf das Verhalten von Personen bei Explosionen auf Grundlage der international anerkannten Basisliteratur TNO Green Book (Methods for the determination of possible damage to people and objects resulting from releases of hazardous materials) komplettiert wurden, untermauert nicht nur Ruspeckhofers Befund, sondern stellt die amtliche italienische gänzlich in Abrede. Vielmehr steht für ihn zweifelsfrei fest, dass „aufgrund der festgestellten technischen Tatsachen und Sachverhalte zweifelsfrei klar [ist], dass sich der aktenkundig beschriebene Vorfall am 23. Mai 1966 am Pfitscherjoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit so NICHT ereignet haben kann. Alle Indizien sprechen eindeutig für eine Gasexplosion. Sachverhaltsdarstellungen, Fachbeurteilungen und entscheidende Schlussfolgerungen aus den vorliegenden Akten  sind  in keinster Weise nachvollziehbar, mangelhaft und unterliegen keinen fachlich fundierten und objektiv ermittelten gerichtsverwertbaren Erkenntnissen.“

Sozusagen analog dazu ergaben sich für Speckner wie für die beigezogenen Sachverständigen in der „Causa Steinalm“ ähnlich geartete  Ergebnisse. Knapp fünf Monate nach dem Geschehen am rund um das Pfitscherjoch-Haus waren zufolge  einer Explosion in einem kasernierten Stützpunkt der Guardia di Finanza (Finanzwache) auf der Steinalm nahe dem Brennerpass zwei Finanzwache-Soldaten  ums Leben gekommen, ein schwerverletzter verstarb starb wenige Tage später. Bis heute werden in Italien drei BAS-Aktivisten, darunter der legendäre Freiheitskämpfer und Schützenmajor Georg („Jörg“) Klotz, des „blutrünstigen Anschlags“ bezichtigt und politisch sowie justizamtlich der Tat beschuldigt. Klotz‘ Frau Rosa, geborene Pöll, eine Grundschullehrerin,  deren mutigem, aufopferungsreichem und entsagungsvollen  Leben ihre Tochter jüngst eine warmherzige Biographie widmete (Eva Klotz: Rosa Pöll – Die Frau des Freiheitskämpfers“; Neumarkt/Etsch, effekt!-Verlag 2022), war daraufhin verhaftet und für 14 Monate eingekerkert, ihre sechs Kinder Verwandten und Nachbarn überstellt worden, da der Vater nachweislich in Österreich im Exil war und auch die beiden anderen Beschuldigten hieb- und stichfeste Alibis hatten.

Widersprüchliche Darstellungen

Wenngleich damals schon zahlreiche Gutachten, die von mehreren Sachverständigen zu dem Vorfall auf der Steinalm angefertigt worden waren, die Explosion einer Gasflasche, oder die Detonation einer Kiste mit Handgranaten in deren unmittelbarer Nähe, als ursächlich für den Tod der Finanzer sowie die Zerstörung des Stützpunktes ansahen, blieb und bleibt Rom geradezu doktrinär bei seiner Hergangsversion und der Täterbeschuldigung und wies, wie stets bei derartigen Vorfällen, Wien eine „Mitschuld“ zu, da die österreichischen Behörden zu wenig gegen den Terrorismus in Italien unternähmen.

Dass diese offizielle römische Schuldzuschreibung zu verwerfen ist, zeigt eigentlich allein schon Speckners Durchleuchtung des damaligen Vorfalls, zudem untermauert die eigens durchgeführte  neue wissenschaftlich begründete Begutachtung durch den Sachverständigen Hasler seine aktenmäßig erschlossenen  historischen Ergebnisse.  Hasler stellt nämlich aufgrund seiner umfangreichen Befunde, einer forensischen, kriminaltechnischen Analyse sowie der Bewertung der angeführten einzelnen Sachverhalte unumwunden fest,  „dass sich der aktenkundig beschriebene Vorfall am 9. September 1966 auf der Steinalm mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit so NICHT ereignet haben konnte“. Infolgedessen verwirft er die dem damaligen Gerichtsverfahren und Urteil zugrundlegenden Ergebnisse italienischer Gutachter, indem er konstatiert, sie unterlägen „keinen fachlich fundierten und objektiv ermittelten gerichtsverwertbaren Schlussfolgerungen“.

Schließlich der an Tragik und Verwerflichkeit des amtlichen Wirkens italienischer Politik wie Justiz und Agierens der Medien sowie des publizistischen ebenso wie des generellen wissenschaftlich und historiographischen Nachhalls  im Blick auf die „Südtiroler Bombenjahre“ wohl kaum zu übertreffende „Fall Porzescharte“.  In einer Auflistung von (nach heutigen Erkenntnissen angeblichen) Terroranschlägen, die einer Wien übermittelten diplomatischen „Verbalnote“ des römischen Außenministeriums vom 18. Juli 1967 beigeheftet ist, wird das Geschehen auf der Porzescharte am 25. Juni 1967 wie folgt „klar und eindeutig“ beschrieben: „Sprengung des Mastes einer Hochspannungsleitung  durch eine mit Uhrwerk versehene Sprengvorrichtung. Während des Lokalaugenscheins tritt der Alpini-Soldat Armando Piva auf eine Tretmine und verursacht eine Explosion. Infolge der schweren Verletzungen stirbt der Soldat kurz darauf im Zivilkrankenhaus von Innichen. Gegen 15 Uhr desselben Tages gerät eine Feuerwerker-Truppe nach Säuberung des um den Hochspannungsmast gelegenen Geländes in eine weitere Minenfalle. Die Explosion verursacht den Tod des Karabinierihauptmanns Francesco GENTILE, des Fallschirmjägerleutnants Mario DI Legge und des Fallschirmjäger-Unteroffiziers Olivo TOZZI [sic!, der richtige Name ist DORDI], sowie schwere Verletzung des Fallschirmjäger-Feldwebels Marcello FAGNANI. Am Tatort wurde ein Gerät mit der Aufschrift B.A.S. aufgefunden.“

Schon von Anfang an hatten sich daran jedoch äußerst auffällige Widersprüche ergeben. Bereits am 26. Juli, also einen Tage nach den ersten italienischen Meldungen, die österreichische Stellen übermittelt worden waren, ließ sich der Osttiroler Bezirkshauptmann Dr. Doblander mit einem Hubschrauber  an den Ort des Geschehens bringen.  Das Ergebnis seines Erkundungsfluges meldete die Sicherheitsdirektion für Tirol an das österreichische Innenministerium: „Der Bezirkshauptmann schließt, mit 100 %-iger Sicherheit‘ aus, daß in der Nähe dieses Mastes eine andere Explosion erfolgt ist. Es konnten weder Fußspuren noch Blutspuren noch irgendwie andere Spuren festgestellt werden, die darauf hindeuten würden, daß sich hier mehrere Menschen befunden haben. Der italienische Grenztrupp soll aber aus 25 Personen bestanden haben. Die Anwesenheit dieser 25 Personen in der Nähe dieses Mastes hält der Bezirkshauptmann auf Grund der Bodenlage und -beschaffenheit für ausgeschlossen.“ Dies deckte sich mit dem Inhalt eines Aktenvermerk der Tiroler Sicherheitsdirektion aufgrund von Angaben der Österreichischen  Verbundgesellschaft, wonach zwei deren Monteure aus dem Standort Lienz in Begleitung eines Gendarmeriebeamten am 27. Juni  auf der Porzescharte zur Schadensbegutachtung an der Leitung von Lienz nach Pelos waren. In besagtem Aktenvermerk wurde daraufhin festgehalten:  „Im näheren Bereich des Mastes auch auf italienischem Gebiet konnte außer einem Zettel, italienisch beschriftet, einigen Drähten, keine Spuren gefunden werden, die auf Minenexplosionen und vor allem auf das Verunglücken von Menschen schließen lassen. Es wäre anzunehmen, daß in solchen Fällen Verbandreste, Blutspuren oder ähnliches wahrnehmbar gewesen wäre. Außer einem weit entfernten Posten in der meist besetzten Kaverne aus dem 1. Weltkrieg waren im gesamten Bereich weder Grenzschutzorgane, Militär noch Arbeiter zu bemerken.“

Der „blutigste Terrorakt“

Fest steht, dass die alsbald für „den blutigsten Terrorakt“ verantwortlich gemachten und in Innsbruck in Untersuchungshaft genommenen Aktivisten des Südtiroler Freiheitskampfs Erhard Hartung (Arzt), Peter Kienesberger (Elektriker) und Egon Kufner (Soldat) in der betreffenden Nacht im Juni 1967 gemeinsam am Ort des Geschehens waren. Sie waren Peter Kienesberger am 24. nach Einbruch der Dunkelheit  – um vom Alpini-Stützpunkt Forcella Dignas aus nicht gesehen zu werden –, in Richtung Porzescharte aufgestiegen, um, wie sie stets beteuer(te)n, dort einen verwundeten Südtiroler BAS-Mann zu übernehmen, das Vorhaben aber aufgrund von unüblichen Wahrnehmungen des durch viele ähnliche Einsätze erfahrenen Kienesberger, der sie als mögliche italienische Falle  deutete,   abbrachen.  Buchautor Speckner arbeitete heraus, dass Kienesbergers Erkenntnis, in dieser Nacht nicht allein auf der Porzescharte zu sein,  mit einiger Sicherheit der Wirklichkeit entsprochen haben dürfte. Vehement stell(t)en Hartung und Kufner, die beiden noch Lebenden – Kienesberger verstarb 2015 –  das von italienischer Seite unterstellte Ziel der gezielten Tötung von Angehörigen der italienischen Sicherheitskräfte mittels Minen in Abrede. Die in Italien verurteilten und dort nach wie vor von Inhaftierung bedrohten, in Österreich hingegen freigesprochenen beiden lebenden Aktivisten beteuern in aller Klarheit, mit dem Tod der vier italienischen Soldaten am 25. Juni 1967 nicht das Geringste zu tun zu haben, was in den österreichischen Gerichtsverfahren, dem damals zugrundeliegenden, von ihren Verteidigern initiierten Gutachten sowie von den  in Speckners vorgelegtem Buch eingegangenen jüngsten Sachverständigen- Expertisen untermauert wird.

Nach italienischer Darstellung der Ereignisse um den 25. Juni 1967, welche unter Druck, dem sich Wien nicht widersetzte, vom politischen Österreich und dessen Sicherheits- sowie partiell auch Justizorganen letztlich übernommen worden ist, soll die Gruppe Kienesberger binnen einer halben Stunde den Strommast direkt an der Grenze doppelt vermint und zwei perfekt getarnte Sprengfallen derart optimal verlegt haben, dass sie ihr mörderisches Ziel erreicht hätten. Festzuhalten ist, dass diese Darstellung trotz aller neuen Archivfunde und seit 2013 erschienenen Publikationen, welche sie erheblich in Zweifel ziehen, als alleingültige angesehen wird – in Italien sowieso – und auch von einigen Historikern, insbesondere in Südtirol, geteilt wird. Dies vornehmlich infolge des ideologisch motivierten „erkenntnisleitenden Interesses“ und merklicher Bedachtnahme  auf die vielfach obwaltende „politische Korrektheit“, wonach die „Porzescharte-Attentäter“ aus Österreich „eindeutig dem Rechtsextremismus zuzurechnen“ seien.

Wie sich in Speckners  vorliegendem  Buch zeigt, missachtet die erwähnte Übernahme der italienischen  Darstellung die sicherheitsdienstliche Aktenlage sowie die sprengtechnischen und naturwissenschaftlichen Bedingungen des Geschens(ablaufs) auf der Porzescharte. Diese werden in den darin enthaltenen gutachterlichen Stellungnahmen der Sachverständigen Ruspeckhofer und Hasler ausführlich erörtert.  So resümiert Max Ruspeckhofer  die von ihm angestellten umfänglichen sprengtechnischen Analysen und fasst deren Ergebisse unumwunden in der aussagekräftigen Feststellung „ein Attentat das keines war“ zusammen.

Hasler stellte nach vier Jahren umfangreicher wissenschaftlicher Feldversuche Rekonstruktionen zu dem Vorfall und den beschriebenen Sachverhalten im Detail zusammen. In forensischen Untersuchungen wurden die aufgrund der vorhandenen Akten sich ergebenden Sachverhalte in nach  modernsten, aus  naturwissenschaftlich-(spreng)technischen  Erkenntnissen gewonnenen Methoden  auf Plausibilität sowie Reproduzierbarkeit hin überprüft und bewertet sowie schließlich den aktenkundigen Ergebnissen gegenübergestellt. Der Gutachter stellte zusammenfassend fest: „Aufgrund der sehr umfangreichen Befundaufnahme, der Feldversuche/ Rekonstruktionen sowie Detailanalysen der einzelnen Sachverhalte zu den aktenkundigen Angaben der Ereignisse vom 25. Juni 1967 auf der Porzescharte kann […..]mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesagt werden, dass sich die Ereignisse so NICHT ereignet haben können. Die dokumentierten Ereignisse sind nicht im Ansatz reproduzierbar, absolut unerklärbar und nicht im Ansatz nachvollziehbar. […..] Praktische Feldversuche bei denen die Sprengung vom 25.06.1967 mehrmals mit ballistischer Gelatine, humanoiden  Dummies und Indikatoren nach den Aktenangaben wissenschaftlich hinterfragt und nachgestellt wurden“, belegten dies „eindeutig und zweifelsfrei“.

Speckners (im Verlag effekt!, Neumarkt/Etsch) unter dem Titel „Pfitscherjoch Steinalm Porzescharte. Die drei ,merkwürdigen Vorfälle‘ des Höhepunktes der Südtiroler Bombenjahre in den Jahren 1966 und 1967“ erschienenes und mit bisher unbekannten sowie sich aus dem Wirken der Gutachter ergebenden Illustrationen Buch schließt mit einem anlassbezogenen  pointierten Überblick über jene überaus beachtenswerten geheimdienstlichen Aktivitäten in Italien, welche  vor allem im Zusammenhang mit der Südtirol-Problematik von Belang und Substanz sind.

Ehre und Unehre

Abschließend ist festzuhalten, dass der Beharrlichkeit und Zielstrebigkeit  des einschlägig ausgewiesenen  Autors das Hauptverdienst zukommt, in gründlichen Forschung(sarbeit)en den Nachweis erbracht zu haben, dass für die Anschläge von 1966 und 1967 auf dem Pfitscherjoch, der Steinalm und der Porzescharte  keineswegs unter die Verantwortung der  Freiheitskämpfer des BAS zu rubriziert werden dürfen,  sondern entweder als Unfälle zu verbuchen sind oder den von höchsten Stellen, Amtsträgern und Politikern des Staates angeordneten und/oder  gebilligten Umtriebe nationalistisch-autoritär gesinnter italienischen Geheimdienste und darin wirkenden Funktionsträgern anheimzustellen sind. Es gereicht Italien ebensowenig wie einer gewissen Spezies der Historiker- wie der Politologenzunft nicht zur Ehre, dass es trotz längst dingfest gemachter Widersprüchlichkeiten und nachgewiesener Unrichtigkeiten unnachgiebig die Absicht zu verfolgen scheint,  an seinen bzw. ihren herkömmlichen Darstellungen festzuhalten. Und allen in die Südtirol-Frage involvierten Amts- und Funktionsträgern in Politik, Justiz, Wissenschaft und Medien Österreichs und Tirols als Ganzes ist leider der Vorwurf nicht zu ersparen, angesichts aller neuen Erkenntnisse, die sie aufrütteln müssten, vor diesem untragbaren Zustand die Augen zu verschließen.

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Eskalation der Kürbisköpfe: Halloween-Randale erschüttert Österreich

geschrieben von PI am in Österreich | 107 Kommentare
Am Halloween-Abend attackierten in Linz rund 200 Jugendliche Passanten am Taubenmarkt mit Böllern. Die Stimmung wurde immer weiter angeheizt, bis schließlich 170 Beamte vor Ort eintrafen, von denen am Ende zwei verletzt wurden.

Von ALEX CRYSO | Erinnerungen an die Kölner Silvesternacht 2015/16, aber auch an die Stuttgarter Partyszene werden wach. Mit dem einen Unterschied, dass die Gewaltausartungen zum diesjährigen Halloween gleich drei österreichische Städte erfasst haben: Neben Linz wurden auch Wien und Salzburg zum Szenario von Massenrandalen und ausuferndem Zerstörungswahn.

Wie nun bestätigt, hatte ein Großteil der Täterschaft einen Migrationshintergrund: Etwa 50 Prozent stammen aus Syrien und Afghanistan, 30 Prozent sind anderweitige Ausländer und  nur 20 Prozent gelten als Österreicher. Innenminister Gerhard Karner meinte dazu: [4] „Diese Straftaten sind Ausdruck einer zutiefst antidemokratischen Einstellung zu unseren rechtsstaatlichen Haltungen und Werten!“

Neben einem Sicherheitsgipfel soll auch ein sofortiges Asylaberkennungsverfahren eingeleitet werden. Michael Gruber, Landesparteisekretär der FPÖ, bezeichnete die Ausschreitungen als deutliche „Rechnung für die verfehlte und verschlafene Migrationspolitik von Bundeskanzler Nehammer und Innenminister Karner!“

Ähnlich wie bei der Stuttgarter Eventnacht erfolgten die Verabredungen erneut über die Smartphone-Kommunikationsdienste und Online-Plattformen wie TikTok. Bereits am Vortag sollen die Randale dort mehrfach angekündigt [5] worden sein. „In Linz gibt es am Montag nicht Halloween, sondern Krieg“, hieß es in einem der Kommentare. Jemand anderes wollte sogar ein „Athena 2.0“ [6] veranstalten – als Anspielung an den gleichnamigen Netflixfilm, der vom Straßenkrieg zwischen der Polizei und Jugendlichen in einem Pariser Vorort handelt.

Am Abend attackierten dann rund 200 Jugendliche Passanten [7] am Linzer Taubenmarkt mit Böllern. Die Stimmung wurde immer weiter angeheizt, bis schließlich 170 Beamte vor Ort [8] eintrafen, von denen am Ende zwei verletzt wurden. 130 Anzeigen wurden aufgenommen, neun Personen verhaftet, zumal der Verdacht auf schwere gemeinschaftliche Gewalt und eine massive Ordnungsstörung bestand.

Pyrotechnische Gegenstände wurden auf die Oberleitung der Straßenbahn geworfen, weshalb der Storm aufgrund akuter Lebensgefahr für die Fußgänger zeitweise abgeschaltet werden musste. Die Auseinandersetzung mit der Polizei wurde durch fliegende Glasflaschen und Steine mehrfach gesucht. Bei einer Party im Bezirk Amstetten gab es zudem 25 Verletzte bei einer Reizgasattacke. Gegen drei Uhr war der Einsatz beendet.

Parallel dazu kam es in Salzburg [9] zu einem weiteren Großeinsatz der Polizei. Entlang des Marko-Feingold-Stegs im Zentrum hatten zwei Personengruppen mehrfach Böller in die Menschenmenge geworfen. Noch heißer ging es in Wien zur Sache [10], wo die Ordnungshüter drei Mal in verstärkter Personenzahl ausrücken musste: Neben einem zerstörten Müllcontainer und einer demolierten Telefonzelle zeigte sich eine weitere Jugendgruppe aggressiv und unbelehrbar der Polizei gegenüber.

Die Medien berichten zudem von einer weiteren Eskalation in der Sonnwendgasse in Wien-Favoriten. Oe24 erwähnte ferner eine 20-köpfige Personengruppe, die auf zwei Männer eingeprügelt hatte. In Klagenfurt, eigentlich schon Stadt Nummer vier, soll eine Gruppe von weiteren 20 Jugendlichen vor einem Haus randaliert und dem Besitzer mit Mord gedroht haben, weil man trotz mehrfachen Bettelns keine Süßigkeiten bekommen hatte.

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Der Unbeugsame: Nachruf auf den Südtiroler Freiheitskämpfer Sepp Mitterhofer

geschrieben von PI am in Österreich | 14 Kommentare

Von REYNKE DE VOS | Man nennt sie, die der Volksmund „Bumser“ hieß, gemeinhin Aktivisten des BAS (Befreiungsauschuss Südtirol), mitunter auch Widerstandskämpfer. In den Augen von Italienern und leider auch von Antifa-Zeitgenossen sowie Italophilen, wie sie nicht selten auch in ihrer Heimat zu finden sind, waren/sind es – milde ausgedrückt – Attentäter, im politisch-korrekten italo-römischen Jargon indes Terroristen. Ich hingegen scheue mich nicht, sie so zu nennen, wie sie sich selbst sahen und von heimatbewussten deutsch-österreichischen Patrioten als solche erachtet werden – Freiheitskämpfer.

Sepp Mitterhofer, der unlängst im 90. Lebensjahr verstorbene Obstbauer vom Unterhasler-Hof in Meran-Obermais, war deren einer der letzten, die sich einst mit dem legendären BAS-Gründer Sepp Kerschbaumer, einem Greißler und Kleinbauern aus Frangart, zusammengetan hatten, um in konspirativen Klein- und Kleinstgruppen daran mitzuwirken, die Welt(öffentlichkeit) auf die vom „demokratischen“ Nachkriegsitalien in nach wie vor totalitärer Gebärde sowie partiell fortgeltender faschistischer  (Un-)Gesetzlichkeit betriebene Entnationalisierung  ihrer Heimat aufmerksam zu machen. Rom hatte trotz der zwischen seinem Regierungschef Alcide DeGasperi und dem österreichischen Außenminister Karl Gruber 1946 in Paris vereinbarten Autonomie-Übereinkunft für das seit  dem (Unrechts-)Vertrag von Saint-Germain-en-Laye 1919 Italien zugesprochene südliche Tirol, dem die Siegermächte sowohl nach dem unglückseligen Ersten Weltkrieg, als auch nach dem verhängnisvollen zweiten Weltenbrand die Selbstbestimmung verweigert hatten, die unter Mussolini ins Werk gesetzte systematische Italianisierung des Landes zwischen Brenner und Salurn unablässig fortgeführt. Erbarmungslos ließen die Bozner Statthalter der italienischen Staatsmacht die angestammte Bevölkerung partiell unterjochen.

Die Aktivisten des BAS verlangten, worauf kein Geringerer als Sepp Mitterhofer in vielen seiner späteren öffentlichen Mahnrufe stets hinwies, nämlich die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts durch den in einen wesensfremden Staat gezwungenen Tiroler Volksteil. Sie wandten sich in Wort und ersichtlicher wie vernehmbarer Tat – woran es den meisten seiner Volksvertreter  aufgrund realpolitischer, von Rom bestimmter Fakten und Maßnahmen zwangsläufig, zum Teil aber auch aus einer gewissen Selbstfesselung mangelte – gegen die römische Verfälschung jenes Gruber-DeGasperi-Abkommens, worin den Südtirolern die Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten in Form einer statuarisch festgelegten Landesautonomie zugestanden worden war.

Hatten die BAS-Akteure zunächst noch die Hoffnung, dass sich nach der machtvollen Demonstration von 30.000 Südtirolern auf Schloss Sigmundskron 1957 und mehrmaligen Vorstößen Wiens – so der Intervention des damaligen Außenministers Bruno Kreisky vor den Vereinten Nationen zugunsten der Südtiroler 1960/61 – die starre Haltung Roms ändern könnte, so sahen sie sich alsbald getäuscht. Die Geduld wich daher zugunsten der Tat der idealistischen Kämpfer des BAS. Ihr „großer Schlag“, das Sprengen von annähernd 40 Strommasten in der sogenannten „Feuernacht“ (11. auf 12. Juni 1961) – allein Sepp Mitterhofer und seine Kleingruppe hatten deren zehn mit Zündern und Sprengstoff „geladen“ – wurde nicht nur im weiten Rund um Bozen sowie an Eisack und Etsch, sondern weit darüber hinaus gehört. Nicht zuletzt dieses Fanal der Verzweiflung gab – wider anderslautende Auffassungen, Deutungen und geschichtspolitische Interpretationen – den Anstoß für Verhandlungen der beteiligten Konfliktparteien, woraus schließlich das zwischen 1969 und 1972 staatsrechtlich inkraft gesetzte neue Autonomie-Statut hervorging, auf dessen Grundlage die heutige (gesellschafts)politische Verfasstheit Südtirols ruht.

Bis es soweit war, begleiteten zahlreiche Rückschläge den Verhandlungsprozess zwischen Wien sowie Bozen und Rom. Und die BAS-Aktivisten durchlitten ein von der italienischen Staatsgewalt legitimiertes Purgatorium, das wider die Menschenrechte verstieß und eines demokratischen Rechtsstaates gänzlich unwürdig war. Südtirol wurde in Belagerungszustand versetzt und von Sicherheitskräften förmlich überzogen, sodass mehr als 20.000 Soldaten, Carabinieri sowie Spezialisten der Geheimdienste den verhängten Ausnahmezustand zu gewährleisten und jede „feindliche Regung“ zu unterdrücken hatten. 150 Freiheitskämpfer des BAS wurden als „bombardieri“ beziehungsweise „terroristi“ inhaftiert, die meisten von Angehörigen einer Spezialeinheit gefoltert, denen Italiens Innenminister Mario Scelba die „Carta bianca“ für ihr barbarisches Tun erteilte.

Sepp Mitterhofer, der Obstbauer und Vater von vier Kindern aus Meran-Obermais, war unter den Gefolterten. In einem aus dem Gefängnis geschmuggelten, an Landeshauptmann Silvius Magnago gerichteten Brief hat er das Unfassbare geschildert, das er erleben musste. Einige Auszüge: „Im Ganzen musste ich zwei Tage und drei Nächte strammstehen ohne etwas zu Essen, Trinken und zu Schlafen. […] Mit Fußtritten wurde ich an den Füßen und am Hintern bearbeitet und auf den Zehen herumgetreten. [….] Am meisten geschlagen wurde mir ins Gesicht, dass ich so verschwollen wurde, dass ich später nicht mehr den Mund aufbrachte zum Essen. Die Arme wurden mir am Rücken hochgerissen, dass ich laut aufschrie vor Schmerz. Einmal musste ich mich halbnackt ausziehen, dann wurde ich so lange mit Fausthieben bearbeitet bis ich bewusstlos zusammenbrach. […. ] Öfters musste ich stundenlang vor brennende Scheinwerfer stehen und hineinschauen bis mir der Schweiß herunter rann und die Augen furchtbar schmerzten. Man zog mich an den Ohren und riss mir Haare büschelweiße vom Kopf. [… ] Der Rücken musste glatt an der Mauer angehen, kaum, dass ich mich rührte oder mit den Zehenspitzen etwas herausrutschte, so schlug mich ein Carabiniere der vor mir stand, mit dem Gewehrkolben auf die Zehen oder auf den Körper.“

Eine Reaktion von Seiten des Adressaten blieb aus.

Wie anderen BAS-Aktivisten wurde auch Mitterhofer in Mailand der Prozess gemacht. Das Urteil lautete auf zwölf Jahre Gefängnis. Die Verurteilten wurden auf verschiedene Haftanstalten verteilt.  BAS-Gründer Kerschbaumer verstarb während des Strafvollzugs in Verona. Seine und Mitterhofers Mitstreiter Franz Höfler (aus Lana) und Anton Gostner (aus St. Andrä bei Brixen), Vater von fünf Kindern, ließen ihr Leben in unmittelbarer Folge von Folter-Torturen in Kasernen von Meran beziehungsweise Brixen und Bozen.  Es erscheint mir eine denkwürdige Koinzidenz – wenn nicht eine metaphysisch-überirdische Fügung – zu sein, dass Sepp Mitterhofer just in den Stunden verstarb, da man Höflers vor 60 Jahren erlittenen Foltertods in Südtirol gedachte.

Nach sieben Jahren und elf Monaten Gefängnisaufenthalts war Mitterhofer entlassen worden. Folter und Haft hatten ihn ebensowenig brechen können wie ihn die davongetragenen gesundheitlichen Schäden und lebenslangen Beeinträchtigungen nicht verbitterten. Im Gegenteil: Er setzte sich erfolgreich für die ehemaligen politischen Häftlinge ein. Mit Beistand namhafter Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens konnte dank unermüdlichen Einsatzes die Löschung der Hypotheken des italienischen Staates, welche auf dem Besitz ehemaliger politischer Häftlinge lasteten, und deren Wiedererlangung der bürgerlichen Rechte erreicht werden. Sepp Mitterhofer führte auch unerschütterlich den Kampf für Freiheit und Einheit Tirols mit politischen Mitteln weiter und übernahm den Vorsitz im Südtiroler Heimatbund (SHB), an dessen Gründung er zusammen mit anderen ehemaligen politischen Häftlingen beteiligt gewesen war.

Ziel des SHB ist „die Durchsetzung des seit 1919 verwehrten Selbstbestimmungsrechts, das die Entscheidung über die Wiedervereinigung des geteilten Tirol bis zur Salurner Klause zum Gegenstand hat. Die angestrebte Wiedervereinigung soll entweder durch einen einzigen Volksentscheid oder durch schrittweisen Vollzug verwirklicht werden.“ Der „politische Arm“ des SHB, die oppositionelle Bewegung SÜD-TIROLER FREIHEIT, deren Mitgründer er war, vertritt dieses Ziel im Südtiroler Landtag und in allen öffentlichen Auftritten gemäß Sepp Mitterhofers Credo, wonach „Süd-Tirol nicht Italien“ ist und dass allein das ursprüngliche Ziel „Los von Rom“ das 1919 gesetzte historische Unrecht auslöschen könne.

Diesem großen Sohn Tirols ist weder von den Institutionen der beiden Landesteile in Bozen und Innsbruck, noch von denen Österreichs, dessen politische Repräsentanten in Sonntagsreden Südtirol stets „eine Herzensangelegenheit“ nennen, jemals eine formelle Würdigung für seinen heimattreuen Lebenseinsatz zuteil  geworden. Auch blieb ihm – aus politischer Rückgratlosigkeit und weil das meist „ausgezeichnet“ genannte österreichisch-italienische Verhältnis nicht getrübt werden sollte – ein offizieller Ehrerweis versagt. Dies nenne ich eine erbärmliche Schande.

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Gegenwind für Annalena in Weimar: „Schluss mit der Klimahysterie“

geschrieben von PI am in Video | 57 Kommentare

Von WOLFGANG PRABEL | Annalena war am 19.08.2021 in Weimar, um für ihre Bundeskanzlerschaft zu werben. Ihre Follower wurden im Freien mit Masken auf distanzgestellten Holzklötzen hingesetzt, die Szenerie wurde durch einen Bauzaun begrenzt. Sah aus wie ein Besuch im Zoo…

Allerdings gibt es zunehmende Spannungen zwischen Klimahysterie und Naturschutz. In Ostthüringen gibt es eine Bürgerinitiative gegen Windmühlen im Holzland, die Ziele des konventionellen Naturschutzes – zum Beispiel des Vogelschutzes und des Erhalts geschlossener Waldgebiete – verfolgt.  Der Auftritt von Annalena in Weimar wurde durch den Bürgerprotest verdorben.

Der Aufruf der Bürgerinitiative: „Liebe Windkraftgegner, Schluss mit der politischen Volksfolklore, die Lage ist ernst! Bitte wacht endlich auf! Und kämpft friedlich und kreativ gegen den Windwahn!

Mit windradfreien Grüßen
Tobias Gruber
Sprecher BI Unser Holzland -kein Windkraftland“

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: Annalena hängt den Mantel nach dem Winde.


(Quelle: Prabelsblog [11])

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60 Jahre Feuernacht: Auspizien des Südtiroler Freiheitskampfs

geschrieben von PI am in Österreich | 31 Kommentare

Von REYNKE DE VOS | Ein Reisebus verlässt Innsbruck. Die Insassen begeben sich auf „Exkursion“ nach Verona. „Pro arte et musica“ heißt ihr Programm, auf das sie Günther Andergassen, Hochschullehrer am Salzburger Mozarteum, mitnimmt. Doch sie sind keine gewöhnlichen Ausflügler, ihre Fahrt am 10. Juni 1961 dient der Tarnung. Auch Herlinde Molling, die an diesem Tag ihr Sport-Coupé  mit dem Münchner Kennzeichen M-LE 333 gen Süden chauffiert, um in Vilpian, einem Ort zwischen Bozen und Meran, auf ihren Mann Klaudius zu treffen, der zu besagter Reisegruppe gehört, ist nicht wirklich zum Vergnügen unterwegs. Im Kofferraum transportiert sie Sprengstoff. Sprengstoff führen auch die „Exkursionsteilnehmer“ in Rucksäcken mit sich. Auf Almhütten, Waldlichtungen, selbst in einem Gasthof mitten in Bozen trifft man sich mit Landsleuten aus dem südlichen Teil Tirols und übergibt ihnen die portionierten „Mitbringsel“.

Donarit und Zeitzünder

Am Spätabend des 11. Juni verlässt Luis Steinegger seinen Hof und fasst oberhalb von Tramin das dort in einer Höhle verwahrte Donarit, welches einer der Exkursionsteilnehmer überbracht hat. Mit seinem Freund Oswald Kofler präpariert er zwei Strommasten in Altenburg. Sie befestigen den Sprengstoff, legen die Zündschnur lose um die Stahlträger. Dann wird der Zeitzünder, Marke Eigenbau, scharf gemacht. Die Uhr der Dorfkirche schlägt zehn Mal, als Steinegger den Zünder auf eins stellt. Pünktlich um ein Uhr  detonieren die Ladungen, die Strommasten krachen in sich zusammen. Dasselbe in Sinich nahe Meran, wo Sepp Innerhofer von Schenna aus mit dem Feldstecher beobachtet, wie die von ihm „geladenen“ Masten unter widerhallendem Getöse wie Streichhölzer umknicken.  Auch in Bozen durchbricht um dieselbe Zeit ein lauter Knall die nächtliche Ruhe. Das donnergleiche Grollen, dem weitere Detonationen folgen, reißt viele aus dem Schlaf. Zwischen eins und halb vier blitzt und knallt es rund um den Bozner Talkessel, krachen stählerne Ungetüme zu Boden. (Zeitzeugenberichte aus dem 2011 im Innsbrucker Tyrolia-Verlag erschienenen Buch „Südtirol 1961, Herz Jesu-Feuernacht …“ von Birgit Mosser-Schuöcker und Gerhard Jelinek)

Ausnahmezustand, Haft, Folter, Tod

Am Morgen des 12. Juni, des „Herz-Jesu-Sonntags“, wird das Ausmaß dessen ersichtlich, was die „Feuernacht“ bewirkte: 37 Hochspannungsmasten, acht Eisenbahnmasten und zwei zu Kraftwerken führende Hochdruckwasserleitungen sind in die Luft geflogen: Eine effektvolle konspirative Gemeinschaftsaktion des „Befreiungsausschusses Süd-Tirol“ (BAS) mit dem Ziel der größtmöglichen Schädigung Italiens unter Schonung von Menschen und Privateigentum. Die Weltöffentlichkeit soll auf das Südtirol-Problem aufmerksam gemacht und auf die als Besatzungsregime  empfundene italienische Staatsmacht Druck ausgeübt werden. Dem BAS gehören etwa 200 Aktivisten aus beiden Teilen Tirols an: „Wir fordern für Südtirol das Selbstbestimmungsrecht! (…) Europa und die Welt werden unseren Notschrei hören und erkennen, dass der Freiheitskampf der Südtiroler ein Kampf (…) gegen die Tyrannei ist.“ Doch ihr Aufruf zum Kampf erfährt erst breitere Unterstützung, als die Bevölkerung die Reaktion Roms auf die Feuernacht direkt verspürt: es verhängt den Ausnahmezustand über die Provinz, das gesamte IV. Armeekorps – 24 000 Soldaten – sowie zusätzlich 10 000 Carabinieri – kasernierte Polizeikräfte – werden nach Südtirol verlegt. Bis Ende Juli werden die meisten Südtiroler BAS-Mitglieder inhaftiert, darunter auch Sepp Kerschbaumer, ihr Kopf. Seine Mitstreiter Franz Höfler und Anton Gostner erliegen grausamen Folterungen in der Carabinieri-Kaserne von Eppan. Jetzt erst kommt es zu einer Welle der tätigen Solidarität. Auch von politischer Seite in Österreich.

Was treibt die „Bumser“ an, wie die Attentäter noch heute im Volksmund genannt werden? Sie wollen ein markantes Zeichen setzen, um die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf das ungebrochene neokolonialistische Gebaren Roms zu lenken. Der südliche Landesteil Tirols ist Italiens Kriegsbeute, Belohnung dafür, dass es aus dem Dreibund (mit Deutschem Reich und Österreich-Ungarn) zu Beginn des Ersten Weltkriegs ausschert, sich anfangs als „Neutraler“ geriert, um 1915 auf der Seite der Entente-Mächte England und Frankreich als Verbündeter in den Krieg eintritt. Vor dem Untergang der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie war es – wie „Welschtirol“ (Trentino) für fünf Jahrhunderte Teil der „gefürsteten Grafschaft Tirol“ und also Habsburger-Kronland. Nach dem Friedensdiktat von Saint-Germain-en-Laye (10. September 1919) gliedert das Königreich Italien am 10. Oktober 1920 das Land bis zum Brenner ein. Mit der Machtübernahme Mussolinis 1922 soll das „Alto Adige“  („Hochetsch“) entdeutscht und kulturell italianisiert werden. Das römische Verwaltungssystem wird eingeführt, die italienische Sprache zur alleinigen Amts- und Unterrichtssprache erklärt. Infolge gezielter Ansiedlung von Unternehmen und Beschäftigten aus Altitalien verdreifacht sich bis 1939 die Zahl ethnischer Italiener in Südtirol. Schließlich verabreden die Diktatoren Mussolini und Hitler,  „Achsenpartner“ im bald darauf entfesselten Krieg, das sogenannte Optionsabkommen: damit zwingen sie die Südtiroler, sich entweder für „das Reich“ zu entscheiden und die Heimat zu verlassen, oder zu bleiben und in der Italianità aufzugehen.

Die verfälschte Autonomie

Nach dem Zweiten Weltkrieg verwerfen die Alliierten die Rückgliederung Südtirols an Tirol und das wieder erstandene Österreich, wie es mehr als 175 000 im Geheimen gesammelte und in Innsbruck an Kanzler Leopold Figl übergebene Unterschriften fordern. Zwar gesteht ein zwischen Außenministern Karl Gruber und dem italienischen Ministerpräsidenten Alcide de Gasperi im September 1946 zu Paris geschlossenes Abkommen den Bewohnern der Provinz Bozen weitgehende sprachliche und kulturelle Rechte sowie eine gewisse Selbstverwaltung zu. Doch Rom führt diese Übereinkunft im ersten Autonomiestatut von 1948 dadurch ad absurdum, dass es seine Gültigkeit für die Region Trentino-Alto Adige festlegt, worin die beiden Nachbarprovinzen zusammengeschlossen und die Südtiroler von der Dominanz der ethnischen Italiener des Trentino majorisiert sind. Dagegen und gegen die auch vom demokratischen Italien quasi in Kolonialherrschaftsmanier bruchlos fortgesetzte Ansiedlung von Süditalienern – in neuerlichen Wohnbau- und Industrieprojekten – wenden sie sich in der vom nachmals legendären Landeshauptmann Silvius Magnago initiierten „Los von Trient“-Bewegung. Die 1950er und 1960er Jahre sind daher vom  Aufbegehren gegen die  römische Politik erfüllt. Vorläufer des BAS ist die „Gruppe Stieler“; auch sie hält sich strikt an das Gebot „Gewalt lediglich gegen Sachen“.

Gleichwohl kommt es am Tag nach „Feuernacht“ durch unglückliche Umstände zum ersten Opfer; ein italienischer Straßenwärter entdeckt nahe (der Provinz- und Sprachgrenze an der Landenge von) Salurn an einem mächtigen Baum einen nicht detonierten Sprengsatz, mit dem der Baum gefällt und die Straßenverbindung gen Trient sinnfällig-zeichensetzend unterbrochen werden sollte, der ihn während seines Entfernungsversuchs tötet. Infolge späterer Anschläge sind – auf beiden Seiten – insgesamt 25 Todesopfer zu beklagen. Jüngere Forschungen haben indes gezeigt, dass davon nicht wenige auf das Konto konspirativer Anschläge unter maßgeblicher Beteiligung italienischer Geheimdienstleute sowie des italienischen Zweigs „Gladio“ der verdeckt operierenden Nato-Geheimorganisation „Stay behind“ gehen.

150 BAS-Aktivisten wird man habhaft, einige können entkommen und setzen ihre Aktivitäten von Nord- und Osttirol aus fort. Im Mailänder Sprengstoffprozess 1963 gegen 94 Angeklagte (87 aus Südtirol, 6 aus Österreich, einer aus der Bundesrepublik) werden zumeist langjährige Haftstrafen ausgesprochen. Ein halbes Jahr später stirbt Sepp Kerschbaumer in einem Veroneser Gefängnis; 15.000 Südtiroler folgen seinem Sarg.

Viel ist seit jener „Feuernacht“ in Südtirol  geschehen. Aufgrund zweier Deklarationen der Vereinten Nationen (UN), vor die der damalige österreichische Außenminister Bruno Kreisky den Südtirol-Konflikt trägt, wird in zähen Verhandlungen zwischen Rom, Bozen und Wien schließlich eine Lösung in Form eines neuen Autonomiestatuts gefunden, der die seit 1945 im Lande dominante Südtiroler Volkspartei (SVP) 1969 mit knapper Mehrheit zustimmt. Verbunden mit „Paketmaßnahmen“ und „Durchführungsbestimmungen“, deren Verwirklichung sich aufgrund römischer Finten immer wieder verzögert, wird der Konflikt mit der von der Schutzmacht Österreich vor den UN abgegebenen „Streitbeilegungserklärung“ gegenüber Italien erst 1992 völkerrechtlich beigelegt. Heute gehört die Provincia autonoma di Bolzano – Alto Adige Autonome Provinz Bozen-Südtirol zu den prosperierenden Gebieten Italiens und darüber hinaus, weshalb diejenigen, die  mit den obwaltenden Verhältnissen, in denen sie sich mehr oder weniger komfortabel einrichteten, zufrieden sind und sie, wie allem Anschein nach die heutige Führung der nach wie vor regierenden Mehrheitspartei SVP – und mit ihr alle Parlamentsparteien des „Vaterlands Österreich“ außer der oppositionellen FPÖ – quasi als politischen und rechtlichen Endzustand erachten sowie als „Vorbild für die friedliche Beilegung von Minderheitenkonflikten“ propagieren. Alle anderen Südtiroler deutscher und ladinischer Zunge, die deutschsüdtiroler Opposition ohnedies, die austro-patriotischen Vereinigungen wie Heimatbund (SHB) und Schützen (SSB), aber auch diejenigen wenigen in der SVP, die die Autonomie nicht als „Endstadium“, sondern lediglich als Zwischenschritt auf dem völkerrechtlich möglichen und menschenrechtlich gebotenen Weg zur Selbstbestimmung betrachten, welche 1919 und 1946 verweigert wurde, setzen sich nach wie vor für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts ein.

Kein „Ende der Geschichte“

Ist der „Feuernacht“ eine politische Bedeutung und zukunftsgestalterische Wirkkraft eigen? Stets lehnten Magnago und die engere SVP-Führung  Anschläge als prinzipiell verwerfliche Taten ab. Ebenso wie österreichische Politiker aus der Erlebnisgeneration bestritten sie, von deren Vorbereitung gewusst oder mit den Aktivisten zu tun gehabt oder gar zusammengewirkt zu haben. Das darf jedoch in dieser Pauschalität füglich bezweifelt werden, weil wir heute wissen, dass und welche Persönlichkeiten in Nordtirol, in anderen österreichischen Bundesländern, auch im benachbarten Bayern sowie in der damaligen Bonner Politikerriege und selbstredend auch in Südtirol hinter ihnen standen, ihr Tun wenn nicht ausdrücklich guthießen so doch mit Sympathie – und vereinzelt sogar über das Ideelle hinaus – begleiteten. Später hieß es dann,  die Anschläge seien als „Anstoß für die Änderung der italienischen Südtirolpolitik“ zu sehen, an deren Ende die „Paket-Lösung“ von 1969 und das Zweite Autonomiestatut von 1972 standen. Das sei letztlich jenen zu verdanken (gewesen), die mit dem Einsatz ihres Lebens wesentlich dazu beitrugen, die Heimat vor Italiens ins Werk gesetztem fait accompli, nämlich  einebnende, entnationaliserende Assimilierung, zu bewahren. Magnago äußert einmal, die Anschläge hätten „einen bedeutenden Beitrag zum Erzielen einer besseren Autonomie für Südtirol“ geleistet.

Doch Autonomie als Zustand und Wert an und für sich, wie sie Magnagos politische Enkel  innerhalb und außerhalb seiner SVP geradezu verabsolutieren, weil es ihrem wohlgefälligen Mehren selbstbetrügerischen Zufriedenheitsempfindens frommt und das kompromisslerische Arrangement mit Rom sowie die schleichende Italophilie begünstigt, oder gewissermaßen gar als eine Art „Ende der Geschichte“ betrachten, wie nicht wenige Angehörige der politischen Klasse Österreichs – all ihren Sonntagsreden von der „Herzensangelegenheit Südtirol“ zum Trotz – wollten just die Freiheitskämpfer nicht. Weder jene, derer die italienische Staatsmacht 1961 und in den Jahren danach habhaft wurde, sie als „Terroristen“ verurteilte und manche sogar zu Tode schund; noch die damals Entwischten und in Abwesenheit menschenrechtswidrig zu lebenslänglicher oder mehrjähriger Haft Verurteilten und die seitdem ihre Heimat nicht mehr gesehen haben. Und schon gar nicht all jene, die sich ihnen und ihren Zielen auch heute und in Zukunft weiter verbunden und diesseits wie jenseits des Brenners durchweg ihrem Erbe verpflichtet fühlen.

Selbstbestimmtes „Los von Rom

Ihr Ziel war und bleibt die Selbstbestimmung, das ideelle, materielle, politisch-rechtliche „Los von Rom“. Zu welchem Behufe und in welcher völker- oder staatsrechtlich geregelten Form, ob als nurmehr absolut lose mit Italien verbundenes, über Kulturhoheit, Jurisdiktion und Polizeigewalt verfügendes autonomes Territorium mit weitestgehendem Eigenstaatlichkeitscharakter, ob als von Österreich und Italien gemeinsam verwaltetes Kondominium mit Eigenrecht, ob als gänzlich unabhängiger souveräner Kleinstaat, ob als zehntes Bundesland Österreichs oder ob mit dem Bundesland Tirol und also Österreich wiedervereint, ist und bleibt offen. Klar muss allerdings sein, dass über das südliche Tirol und dessen Zukunft allein diejenigen zu befinden haben, die weder 1918/19 noch 1945/46 gefragt, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt worden sind, nämlich die Südtiroler deutscher und ladinischer Zunge – und zwar in freier, gleicher und geheimer Ausübung ihres unverbrüchlichen Rechts auf Selbstbestimmung.

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Wie Staaten versuchen, usurpierte Völker zu entnationalisieren

geschrieben von libero am in Österreich | 46 Kommentare

Von PROF. REINHARD OLT | „Um Völker auszulöschen, beginnt man damit, sie ihrer Erinnerung zu berauben. Man zerstört ihre Bücher, ihre Kultur, ihre Geschichte, ihre Symbole, ihre Fahne. Andere schreiben dann ihre Bücher, geben ihnen eine andere Kultur, erfinden für sie eine andere Geschichte und zwingen ihnen andere Symbole und eine andere Fahne auf. Danach beginnt das Volk zu vergessen, wer es gewesen ist, wenn nicht die geschichtliche Erinnerung von neuem geweckt wird.“

Als Gabriele Marzocco, der verstorbene wortmächtige Historiker und publizistische Streiter für die Wahrung ethnischer Identitäten zu dieser Feststellung gelangte, hatte er gewiss nicht allein seine neapolitanischen Mitbürger im Blick gehabt. Selbstverständlich war ihm auch das Schicksal derer vertraut, die sich Italien insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg einverleibte. Markantestes Beispiel dafür ist der südliche Landesteil Tirols, den es 1918 besetzte, wegen seines 1915 vollzogenen Seitenwechsels im schändlichen „Friedensvertrag“ von Saint-Germain-en-Laye 1919 als Kriegsbeute zugesprochen bekam und 1920 auch förmlich annektierte. Das faschistische Italien suchte dann ab Oktober 1922 alles auszumerzen, was zwischen Brenner und Salurn auch nur im Entferntesten an die in Jahrhunderten entstandene deutsch-österreichische kulturelle Prägung erinnerte.

Seit der Machtübernahme Mussolinis war Südtirol Exerzierfeld römischer „Umvolkungspolitiker“. Unter seinem Getreuen Ettore Tolomei, der dies an der Spitze einer Gruppe fanatischer geistiger Eroberer von Bozen aus ins Werk setzte, sollte bis zum zweiten Seitenwechsel Italiens 1943 der fremdgeprägte Kulturraum nicht etwa nur geistig Italien unterworfen werden, sondern nach außen hin wurde der sprachliche Vergewaltigungsakt als „Re-Italianisierung“ ausgegeben.

Dafür musste, neben dem prinzipiellen Verbot der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit, in Ämtern, auf Behörden, in Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen Publikationen, vor allem das Schulwesen herhalten, wo der faschistisch-brachiale Umerziehungsfuror am rigorosesten wütete. Die von einer Autorengruppe unter Ägide des vom Verein Südtiroler Geschichte zusammengestellte und in einem unlängst als Buch erschienene Dokumentation  („Die Deutschen brauchen keine Schuelen“) [12], veranschaulicht dies auf prägnante Weise.

Als sich alle kolonialistischen Zwangsmaßnahmen, die Bevölkerung des „Hochetsch“ („Alto Adige“, gemäß damals verordneter, alleingültiger Benennung) zu assimilieren, als fruchtlos erwiesen, zwangen die „Achsenpartner“ Mussolini und Hitler die Südtiroler in einem perfiden Abkommen, entweder für das Reich zu optieren und über den Brenner zu gehen oder bei Verbleib in ihrer Heimat schutzlos der gänzlichen Italianità anheim zu fallen. Obschon die meisten für Deutschland optierten, verhinderte der Zweite Weltkrieg die kollektive Umsiedlung.

1946 lehnten die Alliierten die Forderung nach einer Volksabstimmung in Südtirol ab. Woraufhin sich in Paris die Außenminister Österreichs und Italiens auf eine Übereinkunft verständigten, von der Bozen, Innsbruck und Wien die verbriefte Gewähr für die autonome Selbstverwaltung des Gebiets sowie den Erhalt der Tirolität seiner Bevölkerung gesichert wissen glaubten. Doch Alcide DeGasperi bog die im Abkommen mit Karl Gruber vom 5. September 1946 gegebenen Zusagen so um, dass die versprochene Autonomie nicht speziell für die Provinz Bozen, sondern für die Region Trentino-Alto Adige galt, worin die  Italiener die Mehrheitsbevölkerung stellten und damit die Macht innehatten.

[13]Schon als sich die Niederlage NS-Deutschlands in Umrissen abgezeichnet hatte, setzten im Gebiet der „Operationszone Alpenvorland“, zu der das südliche Tirol nach Absetzung Mussolinis und Seitenwechsels Italiens 1943 gehörte, italienische Partisanen aus dem „befreiten Italien“ alles daran, Fakten zu schaffen, die von vornherein für die Zeit nach Kriegsende den Verbleib Südtirols im Stiefelstaat gewährleisten sollten. Es ist das bleibende Verdienst des Historikers Helmut Golowitsch, anhand einer Fülle archivierten Materials in seinem soeben erschienenen Buch „Repression. Wie Südtirol 1945/46 wieder unter das Joch gezwungen wurde“ [13] (Neumarkt/Etsch, Effekt! Verlag 2020) eindrücklich und mustergültig dokumentiert zu haben, wie diese Insurgenten operierten, um die Südtirol-Frage auf ihre Art und Weise ein für alle Mal zugunsten des abermaligen Kriegsgewinnlers Italien zu beantworten.

An massiven Übergriffen auf Proponenten von Selbstbestimmung und Rückgliederung sowie gegen die prinzipiell zu Nazis gestempelten deutsch-österreichischen und ladinischen Bevölkerungsteile Südtirols waren neben marodierenden und gleichsam in Banden umherziehenden Trägern italienischer Uniformen vor allem auch Angehörige des sich „antifaschistisch“ gebenden italienischen Befreiungsausschusses CLN (Comitato di Liberazione Nazionale) beteiligt. In dessen „Resistenza“-Formation reihten sich vormalige Faschisten ein, die rasch die Montur, aber nicht die Stoßrichtung gewechselt hatten, nämlich die beschleunigte Fortführung der Unterwanderung mit dem Ziel der unauslöschlichen Verwandlung Südtirols in einen in jeder Hinsicht rein italienischen Landstrich.

Im Mittelpunkt der Publikation Golowitschs stehen daher die gegen Personen(gruppen) und Sachen verübten Gewalttaten sowie die im südlichen Tirol zwischen (den Wirren und der eher unübersichtlichen Lage bis zum) Kriegsende 1945 und der Entscheidung der alliierten Außenminister vom 1. Mai 1946, die Forderung Österreichs nach Rückgliederung Südtirols abzuweisen, insgesamt obwaltende Repression. „Nachkriegspartisanen“ sowie Gewalttäter aus den Reihen des die amerikanischen Besatzungstruppen ablösenden italienischen Militärs, wie etwa der „Kampfgruppe Folgore“ und der „Kampfgruppe Friuli“, bedrohten die deutsche und ladinische Bevölkerung, plünderten, raubten, mordeten ungesühnt und hielten damit die aus persönlichem Erleben wie kollektiver Erfahrung seit 1918 eher verängstigte Südtiroler Bevölkerung nieder. Mit sozusagen von oben begünstigtem, weil staatlich gebilligtem Terror konnte daher im „demokratischen Italien“ die nahezu bruchlose Fortführung der faschistischen Politik einhergehen.

Golowitschs Dokumentation fördert klar zutage, wie eben just ab 1945 die römische Zwischenkriegspolitik des Ethnozids im neuen, aber kaum anders gestrickten Gewande fortgesetzt wurde. Deren Bestimmung war es, durch staatlich geförderte Zuwanderung aus dem Süden Italiens die zuvor von Mussolini und seinen Getreuen bis an die „Grenze des Vaterlandes“, wie es das geschichtsfälschende faschistische „Siegesdenkmal“ in Bozen propagierte, ins Werk gesetzte Auslöschung der deutschen und ladinischen Teile des Tiroler Volkskörpers zu vollenden und das Land an Eisack und Etsch gänzlich der Italianità anzuverwandeln.

Um nur eines von vielen markanten Beispielen aus der Fülle der in der Dokumentation ausgebreiteten zeitgenössischen Zeugnisse zu nennen, sei hier jener aufschlussreiche Vermerk vom September 1945 erwähnt, worin es heißt, die am 8. Mai 1945 gegründete (und bis heute im Lande dominante) Südtiroler Volkspartei (SVP) habe wöchentlich mehrere Überfälle, Diebstähle, Raub, Plünderung und Mord bezeugende Tatberichte erhalten. Der „Volksbote“, das SVP-Parteiorgan, meldete am 21. März 1946, in einer einzigen Eingabe an die zuständigen Behörden seien 60 teils blutige, teils unblutige Überfälle aufgezählt gewesen. Zu denen, die derartige Geschehnisse ereignis- und ablaufgetreu wiedergaben sowie nicht selten selbst schriftlich festhielte, in Berichtsform abfassten und an sichere Gewährsleute übergaben, die sie nach Innsbruck brachten, gehörten in vielen Fällen katholische Geistliche.

Indes fördert Golowitschs Publikation auch von Ängstlichkeit, Unterwerfung und Arrangement hervorgerufene Leisetreterei zutage, die sich nicht anders denn als politisches Fehlverhalten charakterisieren lässt. So fürchteten Parteigründer und erster SVP-Obmann Erich Amonn und sein Parteisekretär Josef Raffeiner eigener Aussage zufolge für den Fall, dass sie die ihnen aus Ortsgruppen ihrer Partei zugegangenen Tatberichte öffentlich gemacht hätten, Anklage und Verurteilung wegen des strafbewehrten Delikts „Schmähung der italienischen Nation und der bewaffneten Streitkräfte“ aus dem trotz Regimewechsels nach wie vor in Kraft befindlichen faschistischen „Codice Penale“. Weshalb Sie die Berichte zwar verwahrten, aber verschwiegen.

Dasselbe gilt, wie Golowitsch darlegt, auch für Politiker der unter Viermächte-Statut der alliierten Besatzer stehenden und zwischen 27. April und 20. Dezember 1945 gebildeten Provisorischen Regierung zu Wien, der, unter Leitung von Staatskanzler Karl Renner, zu gleichen Teilen Vertreter von ÖVP, SPÖ und KPÖ angehörten. Und ganz besonders gilt es für die aus der ersten Nationalratswahl (25.11.1945) hervorgegangene und vom 20. 12. 1945 bis 8.11. 1949 amtierende Regierung unter ÖVP-Kanzler Leopold Figl mit sieben Ministern der ÖVP, fünf Ministern (ab 24.11.1947 deren sechs) der SPÖ und (bis 24.11.1947) einem von der KPÖ gestellten Minister. Viele der Berichte über die Vorgänge in Südtirol gelangten im Original oder in Abschrift nach Nordtirol und von dort auch zur Kenntnis der in Wien Regierenden, zumal da der auf das Engste mit der Causa „Zukunft Südtirols“ vertraute Außenminister Karl Gruber (ÖVP) Tiroler (mit Wohnsitz in Innsbruck) war.

In Wien machte man, auf die Wünsche vor allem der amerikanischen und britischen Besatzungsmächte Rücksicht nehmend, die ja mit den Kommandantura-Sowjets – als den misstrauischsten und sich stets als gegnerische Macht gebärdenden Besatzern – auskommen mussten, den Inhalt der Südtiroler Berichte nicht zugänglich, um öffentliche Sympathiebekundungen für die Südtiroler und eventuell damit verbundene Aufwallungen gar nicht erst aufkommen zu lassen. Am 5. September 1946, wenige Monate nach Amtsantritt Figls, traf Gruber in Paris jene Vereinbarung mit DeGasperi, die für den von den Siegermächten bestimmten Verbleib Südtirols bei Italien und die damit eingeläutete Nachkriegsentwicklung maßgeblich sein sollte.

Fazit

Wer die dadurch und in den Folgejahren hervorgerufenen Enttäuschungen der Südtiroler Bevölkerung ob ihrer neokolonialistischen Unterjochung durch Rom und ihre zunächst hilflose Wut bis hin zur auch gewaltbereiten und gewalttätigen Auflehnung idealistischer Aktivisten des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS) vom Ende der 1950er bis hin in die 1970er Jahre sozusagen von der Wurzel her begreifen will, kommt an Golowitschs höchst ansehnlicher und zutiefst beeindruckender Dokumentation nicht vorbei.


Prof. Reinhard Olt.

Zum Autor: Von 1985 bis 2012 war Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt für die „Frankfurter Allgemein Zeitung“ tätig, von 1994 bis zum Ausscheiden als politischer Korrespondent mit Sitz in Wien. Neben dieser Tätigkeit hatte er Lehraufträge an deutschen und österreichischen Hochschulen inne. Von 1992 bis 2008 war er Mitglied des Gesamtvorstands der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS). Von 2012 bis 2017 lehrte er als Gastprofessor an der deutschsprachigen Andrásy- sowie an der Eötvös-Loránd-Universität in Budapest.

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Einheitsfreude und Trennungsschmerz

geschrieben von PI am in Deutschland,Österreich | 33 Kommentare

Von REYNKE DE VOS | Der Oktober 2020 zwingt  zur Vergewisserung bedeutender  Ereignisse, die auf das engste miteinander korrespondieren. Wenngleich nicht auf den ersten Blick zu erkennen, so besteht zwischen der Erinnerung an 30 Jahre Vereinigung der beiden deutschen Rumpfstaaten BRD und DDR, an 100 Jahre Kelsen-Verfassung für Österreich, an 100 Jahre Volksabstimmung in Kärnten, an die territoriale Kastration Ungarns sowie an die formelle Annexion des südlichen Teils des einstigen Kronlandes Tirol durch Italien eine – wenn auch kontrastive, so doch – innere Verbindung.

Die Wiedervereinigung Deutschlands war die glückliche Antwort auf die seit 1945 stets im politischen Raum stehende „Deutsche Frage“. Möglich wurde die deutsche Einheit durch  Erosion und Auflösung des Ostblocks zufolge der Implosion des sowjetkommunistisch-moskowitischen sowie des titoistisch-balkankommunistischen Herrschaftssystems und der zwischen Usedom (Mecklenburg-Vorpommern) und Eichsfeld (Thüringen) raumgreifenden „Abstimmung mit den Füßen“

Die von dem bedeutenden Völker- und Staatsrechtler Hans Kelsen entworfene  Bundesverfassung, auf die Österreich(er) zurecht stolz ist (sind), manifestierte die Ablösung des über Jahrhunderte bestimmenden  monarchischen Herrschaftsprinzips durch den republikanisch-demokratischen Rechtsstaat. Sie markiert(e) damit aber auch die Reduktion des einstigen Staatsgebiets infolge der für die Verlierer des Ersten Weltkriegs in den 1919/1920 unterzeichneten Pariser „Vorortverträgen“ von den Siegermächten, insbesondere von Frankreich, „friedensvertraglich“ diktierten territorialen und materiellen Verluste.

Kärnten, wo die Siegermächte auf amerikanischen Druck hin am 10. Oktober 1920 eine Volksabstimmung erlaubt hatten, entging – maßgeblich zufolge des mehrheitlichen Votums der slowenischen Minderheit Südkärntens für Verbleib bei Österreich – der vom jugoslawischen SHS-Staat (Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen)  verlangten Landesteilung. Ohne Volksabstimmung wurden hingegen per Vertrag von Saint-Germain-en-Laye (1919) das Mießtal dem SHS-Staat sowie das Kanaltal  Italien übereignet.

Die Teilung Tirols

Von dem, was nach kriegsbedingter Auflösung des vormaligen österreichisch-ungarischen Imperiums durch die Herausbildung neuer Nationalstaaten an territorialer Substanz für die zunächst an ihrer Existenzfähigkeit zweifelnde Republik (Deutsch-)Österreich verblieb, war  die erzwungene Abtretung Südtirols (mitsamt Welschtirol/Trentino) an Italien zweifellos das für das kollektive Bewusstsein  der ohnedies notleidenden Bevölkerung einschneidendste Ereignis. Das Zerreißen Tirols, die formelle Annexion des südlichen Landesteils am 10. Oktober 1920, kontrapunktorisch und deklarativ just am Tag der Kärntner Volksabstimmung vollzogen,  ist und bleibt, wie der in nämlichem Jahr  am 4. Juni  im Friedensdiktat von Trianon bestimmte Verlust Ungarns  von zwei Dritteln (sic!) des Territoriums, eine Wunde, die nicht verheilen kann – denn damit sind nicht nur Menschen- und Selbstbestimmungsrechte verletzt worden, sondern Völker und Seelen.

„Bella Italia“, das von alters her die Sehnsüchte sonnenhungriger nördlicher Hemisphärenbewohner  beflügelnde „Land, wo die Zitronen blühen“ (Goethe), muss sich all seinen heutigen beschönigenden und begütigenden politischen Parolen zum Trotz gefallen lassen, nicht allein von historisch bewussten Betrachtern der „Südtirol-Causa“ als hinterhältiger, sich verstellender politischer Akteur eingestuft zu werden. Schon Bismarck ließ mit seiner Bemerkung nach der quasi parallel vollzogenen Einigung Italiens, die ja erst mit der „Presa di Roma“, der Einnahme der Ewigen Stadt 1870, vollendet war, und der maßgeblich von ihm herbeigeführten Reichsgründung 1870/71 aufhorchen, im Gegensatz zum „satten“ (saturierten) preußisch-deutschen Kaiserreich sei das sardinisch-toskanisch-sizilianische Königreich Italien ein „hungriger“ Staat. „Italien hat einen großen Appetit, aber sehr schlechte Zähne“, bemerkte der Reichskanzler über seinen damaligen Verbündeten.

„Großer Appetit, schlechte Zähne“

Vielfach lieferte Italien hernach  Beweise für Bismarcks abfälliges Diktum. Um seinen nationalromantisch verbrämten, quasi der Idee des „Imperium Romanum“ verschriebenen und von „sacro egoismo“ („heiligem Eigennutz“) getriebenen „Hunger“ nach territorialer Ausweitung am adriatischen Gegenufer, in Nord(ost)afrika sowie nicht zuletzt entlang der alpinen Wasserscheide zu stillen und stets zielgerichtet auf „Siegesspur“ und Sieger-Seite zu sein, wechselte es nach Belieben die Fronten.

Südtirol war das  kontinentale „Tortenstück“ dieses dem Macht- und Landhunger geschuldeten Seitenwechsels von 1915. Das Gebiet zwischen dem heutigen Salurn und dem Brenner-Pass rundete das Risorgimento-Begehr Welschtirol / Trentino,  zuvor Bestandteil Gesamttirols, nach Norden hin bis zur stets von den italienischen Nationalisten eingeforderten Grenzziehung an der Wasserscheide ab. Dafür hatte die Königlich Geographische Gesellschaft  das geophysikalische Rüstzeug geliefert, der auch jener Deutschenhasser Ettore Tolomei angehörte, der mit der von faschistischen Gewalttaten auch in Bozen begleiteten Machtübernahme ab 1922 Mussolini als Entnationalisierungsfanatiker im südlichen Tirol (kultur)geschichtsfälschend dienstbar war.

Nichts von dem, was der einstige Ministerpräsident Luigi Luzzatti nach der Unterzeichnung des Friedensdiktats von St.Germain (10. September 1919) im römischen Parlament sagte – „Es muß eine Ehrenpflicht für die Regierung und für das Parlament sein, den Deutschen, die nur wegen der absoluten Notwendigkeit,  unsere Grenzen verteidigen zu können, angegliedert wurden, ihre autonomen Einrichtungen zu bewilligen“ – wurde zugestanden. Im Gegenteil: selbst die trientinischen (Welsch-)Tiroler Reichsratsabgeordneten  Enrico Conci und Alcide DeGasperi – er sollte unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, als den Südtirolern wiederum die Selbstbestimmung verweigert wurde, abermals eine verhängnisvolle Rolle spielen – schlugen Töne an, welche sich nicht im geringsten von jenen der Schwarzhemden unterschieden. So schrieb DeGasperi in einem Artikel unter dem Titel „Tirolo addio“, der am 4.12.1918 in der von ihm herausgegebenen Zeitung „Il Nuovo Trentino“ erschien:  „Tiroler, euer Leben war unser Tod, nun wird unser Leben euer Tod sein.“

Der faschistische Furor

Mit dem ersten von faschistischen Schlägertrupps am 24. April 1921 in Bozen Getöteten, dem Marlinger Lehrer Franz Innerhofer,  nahm die Knechtschaft  der Südtiroler ihren Lauf. Benachteiligung, Erniedrigung, Drohungen, Gewalt, Folter, Mord waren sozusagen an der Tagesordnung.  Geschichtsfälschungen und die Italianisierung von Vor- und Familiennamen (bis hin zu jenen auf Grabsteinen) sowie von Orts- und Flurnamen, Verbot öffentlichen Gebrauchs der deutschen Sprache, verbunden mit der massenhaften Ansiedlung von ethnischen Italienern in den eigens aus dem Boden gestampften Industrie- und Gewerbezonen, mit der Zerschlagung von Vereinen und Verbänden mittels Verbots sowie der Installation rein italienischer Strukturen, dem Ersatz gewählter Ortsvorsteher durch faschistische Amtsbürgermeister, dem Austausch  des für Sicherheit und Ordnung zuständigen Personals sowie der Kujonierung von Medien und Kultureinrichtungen, schließlich der Errichtung des unsäglichen „Siegesdenkmals“ und vielem mehr hatten zum Ziel, den südlichen Teil Tirols in eine rein italienische Provinz zu verwandeln.

Am rigorosesten wütete der faschistische Umerziehungsfuror an den Schulen. In einer höchst ansprechenden, sachkundigen Dokumentation, die der Verein Südtiroler Geschichte zusammenstellte und soeben im effekt!-Verlag [14] (Neumarkt/Etsch) erschien ist luzide veranschaulicht, was unter der bereits ein Jahr nach der Einverleibung Südtirols in den italienischen Staatsverband vom damaligen  italienischen Vizepräfekten der Provinz Bozen, Giuseppe Bolis, getätigten Aussage zu verstehen gewesenen Richtlinie des faschistischen Erziehungswesens gemeint war: „Die Deutschen brauchen keine Schulen, und wir brauchen auch keine Deutschen“.

Als sich alle kolonialistischen Zwangsmaßnahmen, die Bevölkerung des „Hochetsch“ („Alto Adige“, gemäß damals verordneter, alleingültiger Benennung) zu assimilieren, als fruchtlos erwiesen, zwangen die „Achsenpartner“ Mussolini und Hitler

die Südtiroler in einem perfiden Optionsabkommen, sich entweder für das Deutsche Reich zu entscheiden und über den Brenner zu gehen oder bei Verbleib in ihrer Heimat schutzlos der gänzlichen Italianità anheim zu fallen. Obschon die meisten für Deutschland optierten, verhinderte der Zweite Weltkrieg die kollektive Umsiedlung. 1946 lehnten die Alliierten die Forderung nach einer Volksabstimmung in Südtirol ab, woraufhin sich in Paris die Außenminister Österreichs und Italiens auf eine Übereinkunft zugunsten der Südtiroler verständigten, die Bestandteil des Friedensvertrags mit Italien wurde.

Das Gruber-DeGasperi-Abkommen vom 5. September 1946 sah die politische Selbstverwaltung vor, und im Kulturellen wurden muttersprachlicher Unterricht sowie die Gleichstellung der deutschen mit der italienischen Sprache auf allen Feldern des gesellschaftlichen Lebens garantiert. In Südtirol selbst taten italienische Partisanen und Insurgenten alles, um das Gebiet, das nach der Absetzung Mussolinis 1943 als faktisch unter der Suprematie des Obersten Kommissars der „Operationszone Alpenvorland“ und Gauleiter von Vorarlberg-Tirol Franz Hofer stand, quasi der „Riconquista italiana“ den Weg zu bereiten. Der Publizist Helmut Golowitsch hat soeben  minutiös dokumentiert, wie diese Insurgenten im Zusammenwirken mit  weiterbestehenden Behörden und Carabinieri der Repubblica di Salò, dem verbliebenen Refugium Mussolinis unter militärischer Protektion von Wehrmacht und SS, alles daransetzten, die Südtirol-Frage auf ihre Art und Weise ein für allemal zugunsten des Umfallers und Kriegsgewinnlers Italien zu lösen. Viele der Übergriffe­ geschahen  unter der Verschwiegenheit der neuen politischen Oberschicht Südtirols sowie der Alliierten. (Helmut Golowitsch: „Repression. Wie Südtirol 1945/46 wieder unter das Joch gezwungen wurde“, Neumarkt/Etsch, Effekt! Verlag 2020, ISBN-9788897053682)

Der Trick des Trientiners DeGasperi

Zwar erließ Rom dann 1948 das vorgesehene Autonomie-Statut und deklarierte es – wie zwischen Vertragspartnern und Siegermächten verabredet – zum Bestandteil der italienischen Verfassung. Allerdings wurde die Provinz Bozen-Südtirol mit der Nachbarprovinz Trient in einer Region („Trentino – Alto Adige“) zusammengefasst. Dieser Trick des verschlagenen Trientiners DeGasperi führte die Majorisierung der deutschen und der ladinischen Volksgruppe durch die italienische herbei, die im Trentino absolut dominant war.

Dagegen und gegen die vom „demokratischen Italien“ ungebrochen fortgeführte Ansiedlung weiterer Italiener in ihrer Heimat protestierten die Südtiroler 1957 unter der Parole „Los von Trient“. Mit Anschlägen auf „Volkswohnbauten“ und andere italienische Einrichtungen machte der „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) die Welt auf die verweigerte Selbstbestimmung und die uneingelösten vertraglichen Zusicherungen Roms aufmerksam. 1960 trug der damalige österreichische Außenminister Bruno Kreisky den Konflikt vor die Vereinten Nationen, und da Italien trotz zweier UN-Resolutionen nicht einlenkte, erreichten die Anschläge im Sommer 1961 ihren Höhepunkt. Rom verlegte 22.000 Soldaten sowie Carabinieri in den Norden und stellte das Land unter Ausnahmerecht mit all den damit verbundenen rigorosen Gewaltmaßnahmen gegen die Bevölkerung, insbesondere das Foltern von inhaftierten BAS-Aktivisten.  Südtirol rückte infolgedessen auch international in den Mittelpunkt des Weltgeschehens, woran sich heute außer der Erlebnisgeneration und Historikern kaum noch jemand erinnert.

„Paket“ und zweites Autonomiestatut

Nach unzähligen zähen Verhandlungsrunden zwischen Wien und Rom im Beisein von Vertretern beider Tirol einigte man sich auf die Entschärfung des Konflikts, indem man 137 Einzelmaßnahmen an einen „Operationskalender“ band – also an eine zeitlichen Vorgabe für die Umsetzung – und in einer sogenannten „Paket-Lösung“ verschnürte. Bevor diese am 20. Januar 1972 als „Zweites Autonomiestatut“ in Kraft treten konnte, musste ihm die Südtiroler Volkspartei (SVP), die seit 1945 maßgebliche politische Kraft im Bozner Landhaus, zustimmen. Auf der SVP-„Landesversammlung“ in der Kurstadt Meran kam 1969  eine knappe Mehrheit dafür zustande.

Es sollte weitere zwanzig Jahre und ungezählter Verhandlungen im Reigen stets wechselnder italienischer Regierungen in Anspruch nehmen, die wesentlichen Bestimmungen über die Selbstverwaltung umzusetzen sowie die annähernde Gleichstellung der deutschen mit der italienischen Sprache im öffentlichen Leben sowie die Stellenbesetzung gemäß ethnischem Proporz zu verwirklichen. Erst 1992 konnte das „Paket“ für erfüllt und am 11. Juni der Südtirol-Konflikt durch Abgabe der „Streitbeilegungserklärung“ vor den Vereinten Nationen formell für beendet erklärt werden. Zuvor hatte der damalige italienische Ministerpräsident Giulio Andreotti im römischen Parlament sowie mittels eines Briefes nach Wien die Zusicherung gegeben, dass Änderungen daran nur mit Zustimmung der Südtiroler vorgenommen werden dürften.

Ohne Perspektive

Letzteres ist seitdem vielfach nicht eingehalten oder im Sinne der von Rom  in Anspruch genommenen zentralstaatlichen „Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis“ (AKB) stark verwässert worden. Die SVP fand sich immer öfter bereit, von Rom dekretierte Änderungen an Substanz und Charakter des Statuts letztlich in „kompromisslerische“ Reduktionsforme(l)n zu kleiden. Sie nahm diese Änderungen  hin, um den Anschein von „Convivenza/Zusammenleben“  aufrecht zu erhalten sowie die von ihr ebenso wie von den jeweils in Rom Regierenden verabsolutierte, angeblich „beste Autonomie der Welt“ nach innen außen als „modellhaft“ anzupreisen. Und  nicht zuletzt auch, um möglichst die  ihr insbesondere seit den 1980er Jahren zugewachsene politisch-ökonomische  Macht zu erhalten, von deren  ökonomisch-finanziellen wie sozialen Pfründen das Gros ihrer in Gemeinden,  Provinz und Region wirkenden Funktionsträger profitiert.

Von der „Autonomie-Partei“ SVP, deren geduldiger, langwieriger, mitunter bis zur Selbstverleugnung reichendes  politisches Wirken für ein erträgliche(re)s Dasein der Südtiroler, zuvorderst für eine prosperierende Wirtschaft und eine geordnete Verwaltung, die den Zuständen in Italien hohnspricht, nicht gering geschätzt werden soll,  ist daher insbesondere unter ihrer gegenwärtigen Führung nicht zu erwarten, dass sie je an eine Änderung des Status quo auch nur denkt oder gar einen „Plan B“ in die Schublade legte, um für Eventualitäten gerüstet zu sein. Demgegenüber  weisen alle austro-patriotischen Kräfte beidseits des Alpenhauptkamms und von Vorarlberg bis ins Burgenland völlig zurecht  darauf hin, dass in sämtlichen Befunden aus mehreren demoskopischen Erhebungen der letzten Jahre – sowohl in Südtirol, als auch in Österreich selbst – klar zutage tritt, dass sich die weit überwiegende Mehrheit der Befragten stets für die Beseitigung bzw. Überwindung des Teilungszustands ausgesprochen hat.

„100 Jahre Unrecht machen keinen Tag Recht“

Es kann daher nicht verwundern, dass sich Tiroler im Zusammenhang mit dem deutschen Staatsfeiertag  (3. Oktober) zur Erinnerung an die Wiedervereinigung 1990 die Frage stellen, was „das Bundesland Tirol, die Autonome Provinz Bozen-Südtirol und die Republik Österreich zur Vereinigung Süd-, Ost- und Nordtirols unternehmen“. Dabei wissen die derart Fragenden von vornherein, was sie, wenn überhaupt, aus Wien, Innsbruck und Bozen gegebenenfalls zur Antwort erhalten, nämlich dass „die einst trennenden Grenzen seit dem EU-Beitritt Österreichs nicht mehr wahrnehmbar, ja sogar überwunden“ seien und sich die „Landeseinheit durch EUropäisierung verwirklichen“ lasse, was institutionell bereits in der „Euregio Tirol Südtirol Trentino“ bzw. dem  „Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit“ (EVTZ) seinen Ausdruck finde. Kollektiverfahrungen im Zusammenhang mit Grenzschließungen wegen der Abwehr des Flüchtlingszustroms respektive mit Grenzkontrollen aufgrund der Corona-Pandemie strafen derartige politische Beschönigungen ebenso Lügen wie der Blick auf die unverkennbare Renationalisierung der Staatengemeinschaft EU, deren Monstrosität, Entscheidungsschwäche  und Kraftlosigkeit als internationaler Akteur.

Vereinigungen wie Schützen (SSB), Heimatbund (SHB) und deutschtiroler Landtagsopposition halten indes daran fest, immer wieder  – und in diesem Gedenk-Herbst umso mehr – das völkerrechtswidrige Zerreißen Tirols und die stete Verweigerung der Selbstbestimmung ins Gedächtnis zu rufen. Beispielhaft und aller Ehren wert sind in diesem Zusammenhang das „Kenntlichmachen  der Mitte Tirols“ durch einen geweihten Markierungsstein, den der Schützenbezirk Brixen in unmittelbarer Nähe des Schutzhauses „Latzfonser Kreuz“ im Gebirge auf Gemeindegebiet von Klausen errichtete, sowie die von Trient bis Wien organisierte Plakataktion des SHB unter der Losung „100 Jahre Unrecht machen keinen Tag Recht“.

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Hut ab vor Monika Gruber – endlich eine Kabarettistin mit Rückgrat

geschrieben von Eugen Prinz am in Video | 117 Kommentare

Von EUGEN PRINZ | „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ – an dieses Motto halten sich bedauerlicherweise so gut wie alle namhaften deutschen Kabarettisten. Ebenso wie das Programm der GEZ-Sender haben auch ihre Bühnen-Auftritte volkserzieherischen Charakter, insbesondere dann, wenn ihre Darbietung im Fernsehen übertragen wird. Einige Sätze „AfD-Bashing“ sind obligatorisch, ob das zu der dargebotenen Nummer passt, oder nicht. Inzwischen ist das so erbärmlich und offensichtlich, dass man fast geneigt ist, Mitleid mit dem jeweiligen Kabarettisten zu empfinden, der seine Selbstachtung am Altar des Broterwerbs auf so jämmerliche Weise opfert.

Die „Gruberin“ lässt sich nicht verbiegen

Eine rühmliche Ausnahme ist die bayerische Kabarettistin Monika Gruber, die zweifellos in Deutschland zur ersten Garnitur ihrer Gilde gehört. „Die Gruberin“ hat es bisher vermieden, in ihren Auftritten die obligatorische Schleimspur „gegen Rechts“ zu legen, um sich künftige Sendezeit beim öffentlich-rechtlichen Linksfunk zu erkaufen. Im Gegenteil, auf ihrer Facebook Seite [15] (über 511.000 Likes) gibt es immer wieder mal per Handy-Video die eine oder andere kritische Anmerkung, mit der sie den Mainstream gegen den Strich bürstet.

Aktuell ist der WDR mit seinem „Oma-Umweltsau“ – Fiasko Zielscheibe ihres Spottes. In einem kurzen Video-Clip vom 2. Januar empfiehlt sie den Zuschauern ihr neuestes Programm „Wahnsinn“ und verspricht scheinheilig, die Zuschauer dann für den Rest des Jahres in Ruhe zu lassen es sei denn …

„…. es passiert wieder was aus der Kategorie ‚Ich kann gar nicht so viel saufen, dass ich mich nicht mehr aufregen muss‘, wie zum Beispiel, wie der WDR versucht, Kinder zu instrumentalisieren und seine Ideologien durchzupfeffern. Ach, lustig… Humor und Satire ist halt doch etwas, das man können muss. Es heißt halt ‚Kunst‘ kommt von Können und nicht von Wollen, sonst würde es ja ‚Wunst‘ heißen“

(Monika Gruber auf Facebook)

Der WDR wird wohl künftig auf die Gruberin verzichten 

Nach diesem Statement der Gruberin ist eines sicher: Beim WDR wird sie nicht mehr zu sehen sein. Dieses Statement ist jedoch kein einmaliger Ausrutscher, ihre Facebook Seite ist voll von wohltuendem Klartext. In einem Handyvideo vom 29. Dezember prangert sie an, dass man nicht mehr „Weihnachten“ sagen darf, weil das andere Religionen ausschließt. Statt dessen muss man „Jahresend-Lichterfest“ sagen. Ein weiteres Highlight dieses kurzen Clips:

Zitat eines berühmten Alkoholikers, ich weiß jetzt nicht mehr, war es Harald Juhnke oder Jean-Claude Juncker: „Ich hasse Silvester, denn da saufen auch Amateure. „

(Monika Gruber auf Facebook)

„Wahnsinn“ – eine Generalabrechnung mit den Zuständen in Deutschland

Während diese kleinen Handy-Videos auf der Facebook – Seite der Gruberin nur einzelne Nadelstiche gegen den Mainstream sind, ist ihr neues Programm „Wahnsinn“ eine Generalabrechnung mit täglichen Wahnsinn (daher der Name), der sich in Deutschland abspielt. Nie zuvor hat ein deutscher Kabarettist die ganze Palette der Unglaublichkeiten derart aufs Korn genommen, wie Monika Gruber in „Wahnsinn“:

Die „Fridays for Future“ – Bewegung bekommt ebenso ihr Fett ab, wie „die Heilige Greta“, die deutschen Bischöfe und Politiker, die etwas von „Weltoffenheit und Toleranz“ faseln. Sie outet sich selbst als Konservativ-Liberale, die sich plötzlich am rechten Rand wiederfindet. Sie beklagt, dass der gesunde Menschenverstand durch eine Diktatatur der Toleranz ersetzt wurde. Natürlich darf auch Bundeskanzlerin Merkel in ihrem Programm nicht fehlen, die sie wenig schmeichelhaft mit dem Satz „Ich weiß nicht, was ich an meiner Politik ändern soll“ nachäfft. Die Grünen werden von Monika Gruber als Religionsgemeinschaft bezeichnet und… und… und…

Wohltuend: Kein „AfD-Bashing“

Was fehlt, ist das obligatorische „AfD-Bashing“. Wie wohltuend, dass man mal einem Kabarett zuhören kann, ohne im Sinne des Mainstreams erzogen zu werden. Und wie schön, aus einem solchen Mund auch mal die Wahrheit zu vernehmen.

Der Autor würde die Gruberin als konservative CSU-Wählerin verorten. Vermutlich wird sie mit dieser politischen Einstellung noch die eine oder andere Enttäuschung erleben. Er rechnet es ihr jedoch hoch an, dass sie der Versuchung widersteht, sich durch „AfD-Bashing“ und ähnliches Sendezeit bei den Öffentlich-Rechtlichen zu erschleimen. Monika Gruber gehört zu den wenigen Kabarettisten, die regelmäßig im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu sehen sind und trotzdem noch in den Spiegel schauen können.

Hoffen wir, dass es so bleibt und seien wir gespannt, wie die Bezahlsender auf das provokative Programm reagieren. Es sei an dieser Stelle wärmstens empfohlen. Wenn die Gruberin in Ihrer Nähe gastieren sollte, dann lassen sie sich „Wahnsinn“ nicht entgehen!


[16]Eugen Prinz [17] im Mai 2019 auf dem Kongress der Neuen Medien in Berlin. Er kommt aus Bayern und schreibt seit Herbst 2017 unter diesem Pseudonym für PI-NEWS [18] und den Blog zuwanderung.net [19]. Der Fachbuchautor und Journalist ist dem traditionellen bürgerlichen Konservatismus zuzurechnen. Dem politischen Journalismus widmet er sich, entsetzt über die chaotische Massenzuwanderung, seit 2015.
» Twitter Account des Autors. [20]

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