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Drogeriemarkt Müller: Bald Verkäuferinnen mit Kopftuch?

Von EUGEN PRINZ | Erwin Franz Müller, Inhaber der Drogeriemarktkette Müller, hat mit seinen 86 Jahren sein Unternehmen immer noch fest im Griff. Er gilt als Workaholic, der sich selber gerne um Details kümmert. Im März 2015 besaß Müller 718 Filialen in sieben europäischen Ländern, mit etwa 35.000 Mitarbeitern.

Für diese gilt eine strenge Kleiderordnung: Erlaubt sind nur lange, einfarbige dunkle Hosen oder Röcke und geschlossene Schuhe. Die Farbe des Oberteils richtet sich nach der Abteilung. Verboten sind Schals, sowie religiöse, politische oder sonstige weltanschauliche Symbole, darunter auch Kreuz und Kopftuch.

Das Kopftuchverbot ist auch der Anlass, dass Müller und eine seiner Verkäuferinnen seit 2014 der Reihe nach sämtliche arbeitsgerichtlichen Instanzen [1] bemühen. Die 33-jährige Erin K. arbeitet seit 2002 in dem Unternehmen, ohne negativ aufzufallen. Als sie jedoch im Jahr 2014 aus einer Babypause wieder an ihrem Arbeitsplatz als Verkaufsberaterin und Kassiererin in der Parfümerie des Drogeriemarkts Müller in Ansbach zurückgekehrt war, trug sie plötzlich ein Kopftuch.

Für ihre Chefin ein klarer Verstoß gegen die Kleiderordnung, weshalb sie die plötzlich strenggläubig gewordene Mohammedanerin postwendend wieder nach Hause schickte.

Das Kopftuch ist jetzt ein Symbol der Abgrenzung und der Landnahme

An dieser Stelle ist es angezeigt, sich die aktuelle Bedeutung des Kopftuches vor Augen zu führen.

Es wird immer behauptet, viele muslimische Frauen würden von den Männern gezwungen, ein Kopftuch zu tragen. Dies mag in der Vergangenheit zutreffend gewesen sein, heute jedoch nicht mehr.

Dieses Kleidungsstück ist inzwischen mehr ein Ausdruck der Abgrenzung gegen Nichtgläubige und ein Symbol der Landnahme, als das es etwas mit Religion zu tun hat. Entsprechend vehement kämpfen die muslimischen Frauen um diese Möglichkeit, sich optisch gegenüber  ihren einheimischen Geschlechtsgenossinnen hervorzuheben: Seht her, wir sind die Rechtgläubigen, wir sind die Zukunft in diesem Land! Wir sind besser als ihr!

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Die Müller-Filiale in Ansbach.

Folgerichtig zog Erin K. mit Hilfe ihres Rechtsanwalts Georg Sendelbeck (Kanzlei Manske & Partner, Nürnberg) im November 2014 vor das Ansbacher Arbeitsgericht und verlangte, mit Kopftuch arbeiten zu dürfen. Im Frühjahr 2015 schloss man einen Kompromiss: Die Muslimin sollte im Drogeriemarkt Aufgaben übernehmen, bei denen sie keinen Kundenkontakt hatte, Inventur zum Beispiel. Diese Übereinkunft hielt jedoch nicht lange, weil der Muslima die Arbeitszeiten nicht passten und sie sich wie eine Praktikantin fühlte.
 
So traf man sich im März 2016 erneut vor dem Arbeitsgericht. Einen Vergleichsvorschlag des Gerichts, Erin K. mit Kopftuch als Verkäuferin statt an der Kasse zu beschäftigen, akzeptierte die Firma Müller nicht.  Ab Juni 2016 wurde die Rechtgläubige dann weder beschäftigt noch bezahlt.

Das geht gar nicht, entschied willfährig das Arbeitsgericht Ansbach am 28. März 2017 und verurteilte die Firma Müller, die Muslima weiter zu beschäftigen (MIT Kopftuch, wohlgemerkt) und ihr das entgangene Gehalt nachzuzahlen.

Willfährig deshalb, weil nur 14 Tage zuvor der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem ähnlichen Fall entschieden hatte, dass ein Kopftuchverbot am Arbeitsplatz zulässig ist, wenn es sich dabei um eine diskriminierungsfreie und einheitliche Neutralitätsvorgabe handelt. Das Arbeitsgericht Ansbach hätte sich also nichts vorwerfen müssen, wenn es der Argumentation des EuGH gefolgt wäre.

Das deutsche Arbeitsgericht hat aber das Grundrecht meiner Mandantin auf Religionsfreiheit höher bewertet als das Grundrecht der Firma auf Ausübung ihrer unternehmerischen Freiheit„, freute sich damals der Rechtsanwalt von Erin K. darüber, dass ein Provinzgericht „schlauer“ urteilt als der EuGH.

Sollte diese Entscheidung letzendlich Bestand haben, dürfen sich die Kunden bald über Kopftuch tragendes Personal bei ihrem Einkauf im Drogeriemarkt Müller freuen.

Müller gibt nicht nach

Der alte Müller mag viele Eigenschaften haben, die Nachgiebigkeit gehört jedoch nicht dazu, wie die Tatsache zeigt, dass er sogar seinen Sohn wieder aus der Unternehmensleitung warf [3], als sie sich über verschiedene Dinge nicht einigen konnten. So trafen sich Müllers Anwälte und die muslimische Verkäuferin mit ihrem Rechtsbeistand Sendelbeck bei der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg wieder.

Auch dort unterlag das Unternehmen, allerdings ließ das Gericht wegen der großen Bedeutung des Falles die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht zu.

Obwohl Müller ohne Zweifel zu den großen Profiteuren der Zuwanderung gehört und dies mit Spendenaktionen und einer wohlwollenden Unternehmenspolitik gegenüber Migranten auch zum Ausdruck bringt, versteht er offenbar bei der Kleiderordnung und insbesondere bei der Neutralität keinen Spaß. Er will es sich schließlich mit keinem Kunden verderben, egal welcher Glaubensrichtung oder politischen Strömung dieser angehört.

Fall landet jetzt vor dem EuGH

Deshalb ist das Unternehmen jetzt vor das Bundesarbeitsgericht gegangen. Die neueste Entwicklung: Dieses hat den Fall wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung nun dem EuGH übergeben. Der Fall aus Bayern wird nun also zum Präzenzfall dafür, ob Unternehmen im Interesse ihrer Neutralität gegenüber Kunden in die Grundrechte von Arbeitnehmern eingreifen dürfen.

Man kann nur hoffen, dass der Europäische Gerichtshof der Argumentation des Unternehmers folgt. Mit deutlich sichtbaren Symbolen konfrontiert zu werden, könne die „negative Religionsfreiheit“ von Mitarbeitern und Kunden verletzen und zu Spannungen führen, argumentiert die Firma Müller. Da ist was dran. Es gibt viele indigene Deutsche, die von einer mit dem Brecheisen durchgesetzten Kopftuch tragenden Verkaufsberaterin nicht bedient werden möchten. Es passt nicht zusammen, sich mit einem Abgrenzungssymbol von der Aufnahmegesellschaft zu distanzieren und trotzdem einen Beruf mit so intensiven Kontakt zu dieser ausüben zu wollen. Ein solches Verhalten vergiftet auf Dauer das gesellschaftliche Klima in Deutschland.

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