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Beamte in der AfD: Kein Grund zur Hysterie

In der AfD-Pressekonferenz [1] am Montag zu einer drohenden Verfassungsschutzbeobachtung reagierten die AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland und Jörg Meuthen sowie Roland Hartwig, Leiter der Arbeitsgruppe VS, erfreulich abgeklärt und kämpferisch auf den möglichen politischen Missbrauch des Inlandsgeheimdienstes. Insbesondere die Aussagen, dass man garantiert nichts an den Inhalten verändern werde und sich auch keine politisch korrekten Sprachregelungen vorschreiben lasse, stimmten positiv.

In der Pressekonferenz wurde zudem ein Rechtsgutachten zu den möglichen Folgen einer Verfassungsschutzbeobachtung für Beamte und Angehörige des öffentlichen Dienstes angekündigt. Eine sinnvolle Maßnahme, da hierzu die abenteuerlichsten Gerüchte ins Kraut schießen, die wohl auch von interessierter Seite gezielt gestreut und aufgebauscht werden, um maximal Panik zu verbreiten und Unfrieden in der Partei zu stiften.

Eine gefährliche Entwicklung, die auch massiv für innerparteiliche Machtkämpfe missbraucht wird und gegen die nur sachliche Aufklärung hilft. Ohne dem angekündigten juristischen AfD-Gutachten vorweg greifen zu wollen, soll an dieser Stelle deshalb anhand bisher erfolgter Verfassungsschutzbeobachtungen rechter Parteien dargelegt werden, was tatsächlich drohen könnte – und was eben nicht. Hier die geläufigsten Gerüchte und eine, auf frühere Erfahrungen beruhende, Einschätzung dazu:

1. Alle Beamten und Angestellte des öffentlichen Dienstes müssen die Partei verlassen

FALSCH: Niemand muss bei einer Verfassungsschutzbeobachtung die Partei verlassen und nur ein Teil der Beamten und noch weniger Angestellte des öffentlichen Dienstes haben das in ähnlichen Fällen in der Vergangenheit, z.B. bei den Republikanern, in direkter Reaktion auf eine Verfassungsschutzbeobachtung getan. So waren während des kompletten Beobachtungszeitraums der Republikaner weiterhin zahlreiche Beamte als Mitglieder und teilweise sogar als Funktionäre aktiv. Angeführt sei hier z.B. der langjährige hessische Landesvorsitzende, der damals noch im aktiven Dienst stehende Regierungsdirektor Haymo Hoch.

2. Beamten und Angestellten des Öffentlichen Dienstes drohen Schikanen und Karrierehemmnisse

Teilweise richtig: Grundsätzlich gilt bei dieser Frage: Je höher in der Parteihierarchie, je provokanter die persönlichen öffentlichen Aussagen, je stärker im medialen und politischen Fokus man sich befindet, um so eher kann es auch zu beruflichen Schikanen oder Beförderungsstopps kommen, vor allem bei Beamten. Andererseits gilt auch hier: Was der Dienstherr nicht weiß, macht ihn nicht heiß. In der Vergangenheit wurden zumindest keine Fälle bekannt, in denen einfache Parteimitglieder, die öffentlich nicht in Erscheinung traten, irgendwelche Friktionen als Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes erleiden mussten.

3. Beamten drohen Disziplinarmaßnahmen bis hin zum Verlust des Beamtenstatus

Nur in Einzelfällen richtig: Grundsätzlich gibt es für die Einleitung disziplinarrechtlicher Maßnahmen hohe rechtliche Hürden. Als Voraussetzung hierfür genügt keineswegs eine bloße Mitgliedschaft oder Funktionärstätigkeit. Man muss schon individuell zurechenbare und eindeutig verfassungsfeindliche Aussagen liefern, um gegen die besondere Treuepflicht und das Mäßigungsgebot als Beamter zu verstoßen. Einzige Ausnahme: Teilweise wird in der Rechtssprechung bei Spitzenfunktionären davon ausgegangen, dass diese sich sämtliche Äußerungen und Handlungen der Partei zurechnen lassen müssten, auch wenn sie sich individuell nichts zu schulden haben kommen lassen. So wie z.B. im aktuellen Fall des ehemaligen Aachener Polizeibeamten Wolfgang Palm, der über mehrere Jahre stellvertretender Vorsitzender der Regionalpartei Pro NRW war und diese Form der Rechtsauslegung aktuell mit einer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe (PI-NEWS berichtete) [2] überprüfen lässt.

4. Sogar schon pensionierten Beamten droht der Verlust ihrer privilegierten Altersbezüge

FALSCH: Mäßigungsgebot und besondere Treuepflicht gelten im herkömmlichen Sinn nur für Beamte im aktiven Dienst. Es ist kein Fall aus der Vergangenheit bekannt, in dem ein bereits pensionierter Staatsdiener wegen angeblich verfassungsfeindlicher Aktivitäten noch aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden sollte. Auch hierfür ist der Fall Wolfgang Palm gerade kein Beispiel, obwohl dies von gewissen Panikmachern notorisch behauptet wird: Das Polizeipräsidium Aachen verfügte noch während Palms aktiver Dienstzeit seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Wegen des darauf folgenden mehrjährigen Rechtsstreits fiel die endgültige Gerichtsentscheidung aber erst, nachdem Palm die Pensionsgrenze überschritten hatte. Nur deshalb droht ihm nun die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung statt der höheren Beamtenpension.

FAZIT

Eine Beobachtung durch den Inlandsgeheimdienst wäre vor allem für Beamte innerhalb der AfD Grund zur Sorge und größerer Vorsicht, aber keinesfalls eine Rechtfertigung für Panik oder Hysterie. Behördeninterne Schikanen bis hin zu Disziplinarmaßnahmen in Einzelfällen sind möglich, aber durch das eigene Verhalten in großem Maße steuer- und damit auch vermeidbar. Da etwaige Repressionsmaßnahmen im Regelfall stufenweise erfolgen mit dem Ziel des Nachgebens des Delinquenten, ist zudem auch ein späteres “Einlenken” der Betroffenen immer noch möglich. Wer nicht bereit ist, Karriererisiken in Kauf zu nehmen, wird sich künftig aber wahrscheinlich von öffentlichen Führungspositionen der Partei fernhalten, manche werden vielleicht am Ende ganz austreten. Dieser Verlust an Kompetenz und Seriosität wäre schmerzlich, aber für eine Partei mit der Größe und den Ressourcen der AfD kompensierbar. Auch außerhalb des öffentlichen Dienstes gibt es schließlich viele hochqualifizierte Patrioten, die sich bereitwillig in die Partei einbringen. Zudem muss auch grundsätzlich die Frage gestattet sein, ob der Anteil von Beamten und Angehörigen des öffentlichen Dienstes in Parteihierarchie und den Parlamenten auch bei der AfD zwingend so hoch sein muss wie bei den Altparteien oder ob nicht eine ausgewogenere Mischung gewisse Vorteile haben könnte.

Schon mit diesen, nicht in die juristische Tiefe gehenden ersten Einschätzungen wird also deutlich, dass Panikmache nicht angebracht ist. Jede weitere Form der sachlichen Aufklärung in dieser Frage ist deshalb ausdrücklich zu begrüßen.

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