Von SCHERBENGERICHT | Nicht schon wieder Özil und Gündogan, werden viele Leser jetzt denken. Das Dauerthema kommt den meisten Zeitgenossen zum Halse raus. Mir auch, aber der forcierten Umdeutung des Vorfalls in den Medien muss man sich mit noch ein paar Sätzen entgegenstellen. Doch halt! Gün-do-gan? Von dem haben wir seit geraumer Zeit nichts mehr gehört. Ein U-Boot wäre unschlagbar, wenn es so unauffindbar abtauchen könnte. Dabei war er es doch, der seinem Präsidenten hochachtungsvoll huldigte und den Vorgang, freudig lächelnd, schriftlich fixierte.
Ein Super-GAU mit verspätet nachgeschobener hölzerner Entschuldigung, aber ohne Rücktritt. Im Grunde gibt es anhand der Bilder nichts schönzureden, es sei denn, man
lebt in Deutschland: Die meisten Journalisten kritisierten plötzlich das Schweigen Özils, nicht den Kotau der beiden „Deutschen-Pass-Inhaber? und „Die-Mannschaft-Spieler? vor jenem Despoten Erdogan, der Deutschland attackiert, diffamiert und übergangslos wieder ausnutzt, wann immer sich eine Möglichkeit dazu bietet.
Vorhersagbar wurde die lästige Causa in eine typisch deutsche Rassismusdebatte umgemünzt. Mit den Verantwortlichen der Affäre als Opfer – versteht sich von selbst. Dieser akrobatische Spagat war unausweichlich, schließlich ist es Staatsdoktrin, dass alle Einwanderer, unabhängig ihrer Sozialisation, als loyale deutsche Bürger zu gelten haben. Nur obskure rechte Kreise vermuten da etwas anderes.
Und dann das! Deutsche Staatsbürger türkischer Herkunft und erklärte Integrationsvorbilder bestätigen genau diese „Vorurteile?. Der rhetorische Schutzwall, der nach kurzer Schreckstarre um Özil und Gündogan aufgebaut wurde und ihnen die Opferrolle zuschanzte, ist alles andere als selbstlos.
Die gefallenen Idole stehen nämlich exemplarisch für die bunten Lebenslügen einer Phalanx aus Dauerabgeordneten, distanzlosen Journalisten und nach dem Gefühl moralischer Überlegenheit lechzenden Bessermenschen. Ihre engen Meinungskorridore sind für die gefährlichen Parallelgesellschaften ursächlich, deren Existenz sie gerne leugnen, oder, wenn das nicht mehr möglich ist, als Folge eines allgegenwärtigen deutschen Rassismus verklären, wie hier geschehen. Ihr gekränkter Narzissmus und die daraus folgende Unfähigkeit, sich Kardinalfehler einzugestehen, ist der Motor, der sie täglich aufs Neue antreibt. Zum Schaden des Landes und des Volkes, das es nicht mehr geben soll.
Die Adressaten der jüngsten Rassismus-Debatte sind in erster Linie die einfacher gestrickten Landsleute, die zwischen Sportnachrichten und Promi-News auch ein paar Häppchen politischen Fast Foods verdauen und im Unterbewusstsein abspeichern. Und natürlich die nachwachsende Generation, weil die noch „formbar? und „offen für propagierte Meinungen? ist. Man könnte auch sagen: man kann sie leichter hinters Licht führen. So wird Politik gemacht.
Like