Von BEOBACHTER | Bundesinnenminister Horst Seehofer rettet sich im BAMF-Skandal in Aktionismus. Als oberster Dienstherr hat er der Bremer Außenstelle verboten [1], über Asylanträge zu entscheiden und zwar bis zum vollständigen Abschluss des Ermittlungsverfahrens.
In Anbetracht des Chaos und des Vertrauensverlustes im gesamten Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kann diese Maßnahme allerdings nur als Tropfen auf den heißen Stein gewertet werden. Denn die „massive Schädigung des Vertrauens“, mit der der Innenminister die Bremer Strafe begründet, kann nicht nur für Bremen gelten, sondern für das gesamte BAMF. Schließlich ermittelt seit Dienstag die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth schon gegen die BAMF-Präsidentin Jutta Cordt [2] wegen des Verdachts der Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt.
Es ist nicht auszuschließen, dass Cordt das erste Bauernopfer der Seehoferschen angekündigten personellen Konsequenzen wird. Belastet durch das Ermittlungsverfahren, dürfte sie als „lame duck“ für Aufklärungsaufgaben verbrannt sein. „Wenn sich weiter verdichtet, dass die Leiterin des BAMF entweder Hinweise ignoriert hat oder nicht hinreichend informiert wurde, ist sie kaum mehr zu halten“, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Luise Amtsberg. Denn dann könnten die Probleme auch nicht mit Frau Cordt an der Spitze des BAMF gelöst werden.
Und es werden Stimmen laut, die bereits außer Seehofer und seinen Vorgänger Thomas de Maiziere auch die Kanzlerin und ihren Ex-Flüchtlingskoordinator Peter Altmeier im Visier haben. So sagt die AfD-Fraktionschefin Alice Weidel [3]:
Der BAMF-Skandal ist längst nicht mehr nur ein Fall Seehofer. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die mit ihren einsamen Entscheidungen das Migrations-Chaos ausgelöst hat, und der damalige Kanzleramtsminister Peter Altmaier, den sie auf dem Höhepunkt der Asylkrise zum ‚Koordinator‘ der zur Chefsache erklärten Flüchtlingspolitik gemacht hat, stecken mindestens ebenso in der Verantwortung.
So muss Seehofers Entscheidung zu Bremen vermutlich neben rein praktischen Erwägungen – zum Beispiel etwaige vorhandene Bremer Seilschaften zu kappen – als Signal gewertet werden, nun endlich aktiv zu werden in der Trockenlegung des BAMF-Sumpfes. Nichts wäre schlimmer, als wenn beim BAMF Bremen weiter geschludert werden könnte. Schon am kommenden Montag oder Dienstag will Seehofer im Innenausschuss Rede und Antwort stehen zum BAMF-Skandal.
Ob es doch noch zu einem Untersuchungsausschuss kommt, ist weiterhin offen. FDP und AfD unterstützen die Einsetzung eines Ausschusses, die Linken sind auf „Könnte“-Kurs eingeschwenkt, und die Grünen ringen mit sich. Ein Untersuchungsausschuss bedarf der Zustimmung eines Viertels aller Abgeordneten (178).
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