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87-jährigem Käsedieb droht eine Gefängnisstrafe

Von CANTALOOP | Wer als mündiger Bürger das Gefühl hat, unsere deutsche Justiz sei „weichgespült“, insbesondere was Trivial-Kriminalität, wie beispielsweise Diebstahl anbelangt, der sollte sich einmal dem Schicksal des aktuell vor Gericht stehenden 87-jährigen Franz S. (Name geändert) aus Gersthofen zuwenden. Dieser wird bezichtigt, in einem Friedberger Supermarkt Käse für insgesamt 4,55 Euro gestohlen und sogleich verzehrt zu haben. Demzufolge steht er seit letzter Woche am Amtsgericht Aichach vor dem Kadi.

Unglücklicherweise hatte der nach eigenen Angaben hungrige Senior, dem nach Abzug aller Unkosten nicht mehr als 200 Euro im Monat zur Verfügung stehen, schon einmal Lebensmittel in geringem Wert entwendet – und dafür vor Gericht bereits eine fette Vorstrafe erhalten.

Diese „Bewährung“ sei nun ausschlaggebend dafür, dass den älteren Herren, der als verarmt und sozial isoliert gilt, nun allen Ernstes eine Gefängnisstrafe erwartet.

Auch wenn sich ein rühriger Rechtsanwalt aus Augsburg dem Falle kostenlos angenommen hat, so lässt sich diese rigide Strafe wohl kaum abwenden. Bei solchen Obliegenheiten kennt unsere ansonsten sehr einäugige Justitia bekanntlich keine Gnade. Ein ganz ähnlich gelagertes „Verbrechen“ erreichte vor nicht allzu langer Zeit ebenfalls kein Umdenken der Richter.

Friedberger Käsedieb weckt Erinnerungen an „Oma Ingrid“ aus Bad Wörishofen

Zitat Augsburger Allgemeine [1]:

Der Fall weckt Erinnerungen an eine andere Geschichte, über die unsere Redaktion berichtet hatte: die 85 Jahre alte Ingrid Milligramm aus Bad Wörishofen. Auch diese alte Frau hatte mehrmals gestohlen und gegen Bewährungsauflagen verstoßen und musste deshalb hinter Gitter, um einen Teil ihrer Gesamtstrafe abzusitzen. Kurz nach ihrer Entlassung stahl sie erneut, Waren im Wert von 18,73 Euro – Wimperntusche, Puder, Reinigungsmilch, Sahnesteif und Haarklammern. Das Landgericht Memmingen entschied daher kürzlich, dass sie noch einmal in Haft muss, und zwar vier Monate. Die alte Frau, die inzwischen im Rollstuhl sitzt, hatte bestritten, die Dinge gestohlen zu haben. Ihr Anwalt kann das Urteil noch anfechten.“

Wir sehen also zu unser aller Beruhigung, in einigen Fällen funktioniert unsere Justiz immer noch hervorragend. Solange sie über indigene Mitbürger jenseits der 80 richten muss, kann man den Gerichten wahrlich nicht unterstellen, unnötige Milde zu zeigen, oder gar einen unberechtigten „Seniorenbonus“ zu vergeben. Da funktioniert unser Rechtssystem genauso, wie es soll. Hart aber herzlich.

Jenseits jeder Normalität

Ob die Richter am Friedberger Amtsgericht jedoch genauso heftig urteilen würden, wenn anstelle des hochbetagten Schreiners möglicherweise ein Neubürger ohne deutsche Wurzeln einen solchen Mundraub begangen hätte? Es sind schließlich mehrere hundert Fälle unserer „Gäste“ bekannt, wo selbst nach dem x-ten Diebstahl oder Schlimmerem – und mit einem Vorstrafenregister jenseits von Gut und Böse munter weitere Bewährungsstrafen von unseren Robenträgern verhängt wurden. Da kennt man dann auf einmal auch Begriffe wie, „Verhältnismäßigkeit“, „Sozialprognose“, oder „Haftempfindlichkeit [2]“.

Auch wenn der hier aufgezeigte Fall sicherlich eher zu den Ausnahmen in Gerichtsalltag zählt, darf man sich doch fragen, wo denn bei all den knallharten Paragraphen und Richtlinien in der täglichen Arbeitssroutine der gesunde Menschenverstand bleibt, welcher eigentlich einem jeden vereidigten Rechtsprechenden innewohnen sollte.

Anstatt man den alten Menschen unterstützend zur Seite steht, steckt man sie lieber ins Gefängnis. Solch einen Minimal-Diebstahl etwa auch als Hilferuf zu deuten, darauf kommt offenbar keiner der Verantwortlichen. Wo sind denn die ganzen Sozialbetreuer, Bürgerinitiativen und „Dauerempörten“,  wenn man sie einmal bräuchte? Vermutlich unabkömmlich, da ihr eigentliches Klientel, die Schutzsuchenden, sie offenbar dringlicher fordert.

Wohl dem Land, in dem die Alten Könige – und die Kinder Prinzen sind. Hier bei uns, im „besten Deutschland, das es je gab“, sind wir allem Anschein nach sehr weit entfernt davon. Denn Gnade bei kleinen Verfehlungen und Verbotsirrtümern gibt es bekanntlich nur für diejenigen, die „noch nicht so lange hier sind“.

Nachtrag: Der 87-jährige Käsedieb wurde zu einer Bewährungsstrafe von drei Monaten verurteilt. Wenn er wieder Hunger nach für ihn unbezahlbaren Lebensmittel hat und sich die Tat wiederholt, muss er also ins Gefängnis.

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