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Kalter Krieg – Overkill der Worte

Von POMMES LEIBOWITZ | Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnte angesichts des Asylstreits vor einer Verrohung der Sprache. Bundesverfassungsgerichts-Präsident Andreas Voßkuhle schlug in die gleiche Bresche, als er – in Richtung der CSU – von „inakzeptabler Rhetorik“ sprach. Tatsächlich begann die Eskalation der Worte aber schon lange vorher, und die Wehleidigkeit all derer, die zuerst das Feuer eröffneten, darüber, dass jetzt zurückgeschossen wird, ist ausgesprochen scheinheilig.

Die politische Diskussion der letzten Jahre ist dominiert von oft völlig inhaltsleeren Kampfbegriffen, die nur noch dazu dienen, Sachverhalte zu verschleiern, Feindbilder aufzubauen und politische Gegner, ja ganze Bevölkerungs-Gruppen zu diffamieren und von der Teilhabe an Diskussion und öffentlicher Meinung auszuschließen. Und davon sind längst nicht mehr nur Migranten und diverse Minderheiten betroffen, sondern zunehmend auch hiesige Bürger, die das „Falsche“ denken, meinen oder gar  wählen, ebenso wie Politiker, die nicht dem als „alternativlos“ geltenden Mainstream folgen mögen.

Jede sachliche Auseinandersetzung mit Themen und Problemen wird so bereits im Vorfeld verhindert. Es ist dabei völlig irrelevant, ob diese Kampfbegriffe konkrete Beleidigungen und im Prinzip volksverhetzende Unterstellungen darstellen, wie z. B. „Rassist“, oder ob es sich um subtile Wortkonstrukte handelt, die letztlich genau das Gleiche sagen. Man könnte diese als sarkastische Euphemismen bezeichnen.

So verhält es sich zum Beispiel mit dem Ausdruck „Rechtspopulist“, der automatisch auch Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Demokratiefeindlichkeit und damit letztlich Faschismus impliziert. „Rechts“ wurde gewissermaßen zur höflich-euphemistischen Umschreibung für „faschistisch“. Bomben (auch verbale Bomben) werden aber nicht harmloser, wenn man sie in Geschenkpapier oder Teddybären verpackt, im Gegenteil.

Viele dieser neuen Kampfbegriffe, die längst den Alltag prägen, in Medien und Politik, zerplatzen wie Seifenblasen, wenn man nur kurz darüber nachdenkt, statt sie einfach als Geschoss gegen vermeintliche Gegner zu verwenden. Nachfolgend, alphabetisch geordnet, ein paar besonders populäre Kampfbegriffe, mit wenigen Sätzen hinterfragt und so ad absurdum geführt.

Fake-News:

Ein durchaus sinnvoller Begriff für bewusst in die Welt gestreute Falschmeldungen. Zum Kampfbegriff wird er, wenn man glaubt, Falschmeldungen verbieten (!) zu müssen, und das noch dazu ohne Überprüfung, ob es überhaupt Falschmeldungen sind. So wurde der Vorwurf „Fake-News“ längst zur Keule gegen unliebsame Fakten, von links und rechts gleichermaßen gerne angewandt (siehe Trump).

In der Presse gibt es regelmäßig Falschmeldungen. Das liegt in der Natur der Sache. Auch bei Facebook gibt es, bei Milliarden Nutzern und Billionen Internetseiten, natürlich Falschmeldungen. Entscheidend ist: Welche Relevanz, welche Reichweite haben solche Falschmeldungen, und wer legt fest, ob etwas richtig oder falsch ist. Fühlt man das? Geht es nach politischer Korrektheit? Und reichen die Regeln der Presse, dass z. B. eine Gegendarstellung abgedruckt werden muss oder das auf Unterlassung der Weiterverbreitung geklagt wird, nicht aus?

Die Falschmeldungen mit der größten Reichweite, und teilweise bis heute ohne Gegendarstellung, wurden alle von den etablierten Medien verbreitet. Dass zum Beispiel die Flüchtlinge überwiegend aus Syrien kämen, dass es überwiegend Familien wären, dass die Syrer überwiegend gut ausgebildet wären, dass das ertrunkene syrische Kind auf der Flucht umgekommen wäre (tatsächlich lebte es mit seiner Familie schon seit einem Jahr sicher in der Türkei). Eine Liste, die sich endlos fortsetzen lassen lässt Falschmeldungen, ebenso wie das Zurückhalten von Informationen aufgrund von Pressekodex und politischer Korrektheit, gehören zum Alltag des Nachrichtengeschäfts. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

Abschottung:

Klingt erstmal fies. Kennt man aber fast ausschließlich von sozialistischen Staaten. Die Ex-DDR und Ex-UdSSR. Die waren abgeschottet. Nordkorea ist abgeschottet. Es gibt kaum Informationsaustausch, keine Wechselkurse für die Währung, wenig und stark regulierten internationalen Handel, überwiegend mit „Brudernationen“, und das eigene Volk wird mit Mauern und Stacheldraht am Weglaufen gehindert. DAS ist Abschottung. Die westlichen Nationen dagegen, egal wie nationalistisch und sogar rassistisch sie seinerzeit waren (z. B. die europäischen Nationalstaaten des 19. Jahrhunderts) waren niemals abgeschottet. Es gab und gibt immer Handel, Informations- und Kulturaustausch mit der ganzen Welt.

Dass aber eine Gruppe, Verein, Firma, Nation, selber entscheidet, wen sie als neuen Bürger (Mitglied, Mitarbeiter) aufnimmt, ist grundlegendes Menschen- und Völkerrecht. Das hat mit „Abschottung“ ungefähr soviel zu tun wie ein Gartenzaun oder eine Haustür in einer westlichen Vorstadt mit Verbarrikadieren Was würde wohl aus einer Firma werden, wenn sie jeden einstellen sollte, der an die Tür klopft. Und was soll aus einem Staat werden, der das praktiziert?

Faschist/Faschismus:

Es gibt keine verbindliche wissenschaftliche Definition für diese Begriffe. Assoziiert werden sie aber ausdrücklich mit dem Nationalsozialismus und dieser wiederum mit dem Holocaust. Wenn man also jemandem unterstellt, ein Faschist zu sein, unterstellt man ihm, in geschönter, verkleideter Form, Völkermord zu befürworten oder gar zu planen.

Die Unschärfe dieses Begriffs erlaubt es, ihn beliebig mit anderen unscharfen Begriffen wie z. B. Rassismus oder Nationalismus auszutauschen, obwohl diese Begriffe überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Rassismus und Nationalismus waren die Grundhaltung fast sämtlicher Staaten in der Welt des 19. Jahrhunderts. Bei den meisten führten sie zur Demokratie. Nur bei einer kleinen Minderheit führten sie zum Faschismus, weshalb da keinerlei direkter Zusammenhang besteht. Es handelt sich vielmehr um einen klassischen unzulässigen Umkehrschluss:

Weil ein Tiger eine Katze ist, sind alle Katzen Tiger.

Weil die Faschisten Rassisten waren, sind alle Rassisten Faschisten. Nein, Rassismus und Nationalismus mögen fragwürdige Geistesrichtungen sein, aber sie führten und führen eben in der Regel nicht zum Faschismus, der ein bislang singuläres Ereignis in der Weltgeschichte war.

Nach dem Motto „wehret den Anfängen“ werden also unscharfe Begriffe zu scharfen Bomben gegen jeden, der politisch in eine andere Richtung als man selber anstrebt:. „Rechtspopulisten, Rassisten, Faschisten, alles ein und das selbe Gesockse, das erneut einen Holocaust plant“, ist die heimliche Botschaft.

Gutmensch:

Eigentlich kein Kampfbegriff. Gutmensch ist das klassische Synonym für eine Person, die das Beste will, aber mangels Plan, Kenntnis und Verstand, in eiferndem Aktionismus alles nur noch schlimmer macht. Zum Kampfbegriff wurde dieses Wort erst, als die Befürworter einer „offenen bunten Gesellschaft“, die mit diesem Vorwurf der gefährlichen Naivität konfrontiert wurden, das Wort zum Unwort erklärten und Bezüge zum Nationalsozialismus herstellten. Tatsächlich ist das Wort wesentlich älter als der Nationalsozialismus und seine ursprüngliche Bedeutung ebenso harmlos wie sinnvoll.

Hate-Speech:

Ein komplett sinnfreies Wort und doch so voller politischer Schlagkraft. Was ist Hass? Und ist Hass verboten? Hass ist für mich, wenn eine Ethnie oder Glaubensrichtung anderen Ethnien oder Glaubenrichtungen den Schädel einschlägt. Wie z. B. in Afrika. Bei uns mag es Leute geben, die Frauen, Kinder oder Hunde hassen. Oder Frauen, die Männer hassen. Oder Leute, die Schwule hassen. Das ist alles nicht schön, aber ist auch nicht verboten. Liebe und Hass kann man nicht vorschreiben.

Verboten ist es, andere Menschen oder Bevölkerungsgruppen zu beleidigen, diskriminieren oder benachteiligen Dafür gibt es bereits Paragraphen. Wer aber mit solchem Unsinn wie „Hate-Speech“ daher kommt, der plant einen Gummiparagraphen, der an allen Gesetzen vorbei zum Maulkorb für die lästige Meinungsfreiheit wird. Beziehungsweise hat das längst realisiert. Und das – nämlich Zensur – ist dann ein tatsächliches Symptom des Faschismus. Wehret den Anfängen?!

Islamophobie:

Klingt irgendwie krank. Erinnert auch an homophob, also einen bereits gut etablierten Kampfbegriff. Und passt ja auch, denn viele islamische Menschen sind homophob. Oder ist das jetzt gar nicht gemeint? Aber was genau ist denn eigentlich gemeint? Angst vor einer Religion? Buddhismophob, christophob, hinduphob? Und muss man seine Phobie auf EINE Religion spezialisieren oder darf man auch religiophob sein?

Kreiert und angewendet wird dieser Begriff zur Diskriminierung von Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – Vorbehalte gegen islamische Zuwanderung haben. Diese werden quasi als geisteskrank klassifiziert. Gleichzeitig wird jede sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema vermieden bzw. verhindert.

Lügenpresse:

Das „Gegengeschoss“ zu Fake-News. Während sich der Begriff Fake-News auf das Internet, im Prinzip das demokratischste Medium aller Zeiten bezieht und versucht, dessen zunehmende Macht durch Verunglimpfung zu dezimieren, richtet sich der Ausdruck „Lügenpresse“ gegen die etablierten Medien, durchaus nicht nur Print-Produkte. Wie alle Kampfbegriffe kombiniert er ein Körnchen Wahrheit mit brutaler Verallgemeinerung und Übertreibung.

Nichtsdestotrotz: Tatsache ist, dass das Vertrauen der Menschen in die Medien massiv gesunken ist. Nach einer Umfrage von Infratest halten nur noch ca. 40 Prozent der Bundesbürger die Berichterstattung in den Medien für glaub- und vertrauenswürdig 60 Prozent, also eine deutliche Mehrheit, haben erhebliche Zweifel. Ebenfalls ca. 60 Prozent sind nach einer Umfrage des Bayerischen Rundfunks überzeugt, dass den Deutschen Medien vorgegeben wird, worüber und auf welche Art sie berichten.

Womöglich verdreht man Ursache und Wirkung, wenn man einer Handvoll Pegida-Demonstranten die Schuld am Ansehensverlust der Presse gibt. Womöglich sollte sich mancher erst mal an die eigene Nase fassen.

Pack und Mob:

Eventuell eine zulässige Beschreibung für randalierende Horden. Für Gruppen, die Landfriedensbruch begehen, Polizisten mit Steinen beschmeißen, ja brandschatzend ganze Straßenzüge zerstören. Warum aber habe ich diese Begriffe noch nie im Zusammenhang mit Linksextremisten gehört?

Rassismus:

Aus Wikipedia:

Rassismus ist eine Gesinnung oder Ideologie, nach der Menschen aufgrund weniger äußerlicher Merkmale – die eine gemeinsame Abstammung vermuten lassen – als sogenannte „Rasse“ kategorisiert und beurteilt werden. […] Rassismus zielt dabei nicht auf subjektiv wahrgenommene Eigenschaften einer Gruppe, sondern stellt deren Gleichrangigkeit und im Extremfall deren Existenzberechtigung in Frage.

Als politischer Kampfbegriff gewann der Rassismusvorwurf ein Eigenleben. Nicht nur, dass er ausgeweitet wurde, von der Rasse auf jede irgendwie definierbare Gruppe, vor allem auch wurde sein Hauptindiz unterschlagen, nämlich das Infragestellen der Gleichrangigkeit. Der Begriff wird heute auf Vorurteile (die nicht nur menschlich, sondern unverzichtbar für unsere Orientierung sind), Nationalstolz, Sicherheitsbedenken usw. angewandt, dient also inzwischen vornehmlich dazu, die Einstellungen anderer Menschen, Firmen, Regierungen in Misskredit zu bringen.

Tatsächlich kann man wohl davon ausgehen, dass Zuwanderer mindestens genauso viele Vorurteile über ihre Gastgeberländer haben wie umgekehrt. Und sehr viele Zuwanderer definieren sich über ihr „Blut“, dass türkisch, syrisch etc. ist und mit großem Stolz betrachtet wird. Rassismus? Ausgerechnet von Seiten der Europäer? Nur eine sinnlose Wortkeule.

Sexismus:

Ein Kampfbegriff aus der feministischen Ideologie. Ursprünglich beschrieb er geschlechtsbedingte Vorurteile und Diskriminierung. Die gibt es natürlich. Beide Geschlechter sind z.B. überzeugt, klüger als das jeweils andere zu sein. Und natürlich gibt es traditionelle Rollen ebenso wie biologisch bedingte Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Daraus darf keine Benachteiligung oder Diskriminierung erwachsen, weder für Frauen noch Männer, da dürften sich, zumindest jenseits des Islam, alle einig sein.

Inzwischen wird der Begriff aber komplett zweckentfremdet und zur einseitigen Diskriminierung von Männern verwendet, was den Begriff zum Paradoxon macht, ja komplett pervertiert. Bei der gegenwärtigen Sexismushatz geht es ausschließlich um angeblich globales Fehlverhalten des männlichen Geschlechts.

Wenn Frau öffentlich erwähnt, dass jemand einen „geilen Arsch“ habe, dann ist sie eine emanzipierte und selbstbewusste Frau. Wenn aber ein angesehener männlicher Lyriker in einem Gedicht (Avenidas) – jenseits jeden sexuellen Bezugs – seine Bewunderung für Frauen ausdrückt, dann ist er ein Sexist!?. Der Sexismusbegriff wird hier selber zum angewandten Sexismus. Und zum politischen Machtinstrument mit der Hauptfunktion, politische Gegner bzw. allgemein die Männer pauschal zu diffamieren, als potentielle Sexisten oder Schlimmeres. Wehe, man würde solchen Generalverdacht über Menschen mit schwarzen Haaren erheben!

Umvolkung:

Ein wirklich hässlicher Begriff, der aus dem Nationalsozialismus stammt und damals die geplante „Re-Germanisierung“ der eroberten Ostgebiete beschrieb. Tatsächlich erinnern die Zitate einiger Grüner Spitzenpolitiker, die das Deutsche Volk durch Zuwanderung quasi „verdünnen“ wollen (teilweise aber nicht komplett wird die Authentizität dieser Zitate dementiert) entfernt an die nationalsozialistische Siedlungspolitik, weshalb dieser Begriff zumindest in rechtsextremen Kreisen reanimiert wurde. Ein Vergleich ist dennoch völlig absurd und die Herkunft dieser Wortschöpfung aus dem rassistischen Gedankengut der Nazis eindeutig belegbar. So gesehen eine umgekehrte Nazikeule und genauso zu verurteilen, wie jede andere Nazikeule auch.

Wut- und Besorgtbürger:

Die einen schauen „besorgt“ gen Osten, andere besorgt nach „Rechts“, wo sie offenbar eine Gefahr vermuten. „Gefahr von Rechts“. Aber ist der Begriff „Besorgtbürger“, egal in welche Richtung ihr Blick jeweils fixiert ist, wirklich sinnvoll? Und sind nicht „Sorgen“ ein wichtiges Regulativ, auf dem letztlich Vorsorge und Gefahrvermeidung beruhen?

Und Wutbürger? Was genau soll das sein? Sind das Horden, die marodierend durch die Straßen ziehen, Landfriedensbruch begehen und brandschatzen? Oder Demonstranten, die andere Demonstranten niederschreien, in offenkundiger Fehlinterpretation des Demonstrationsrechts? Und ist es nicht legitim, wütend zu sein, wenn dies ein Sachverhalt, gefühlt oder real rechtfertigt?

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