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IT-Experten analysieren Flüchtlingsmärchen

Von DATENSAMMLER | Im Heise-Forum ging es in der letzten Woche ordentlich zur Sache. Grund: Die Redaktion hatte einen kontrovers diskutierten Artikel [1] über die Weiterbildung von Flüchtlingen veröffentlicht.

Die freie Autorin Valerie Lux, eine Politologin und Feministin, wusste von erstaunlichen Erfolgen staatlich finanzierter IT-Weiterbildungen zu berichten. Innerhalb von nur drei Monaten würden in diesen Kursen aus fachunkundigen Migranten hochqualifizierte IT-Experten! Lux kam aus dem Schwärmen über die Agilität der Zuwanderer gar mehr nicht raus. Der (mutmaßlich autochthone) Informatiker kam auf ihrer privaten Homepage [2] weniger gut weg. Den porträtierte Lux als trotteligen Karohemdenträger, der das Internet mithilfe eines Bleistiftes erklären würde.

Realsatire? Nein, ein völlig ernst gemeinter Fachartikel im “Leitmedium für deutschsprachige Hightech-Nachrichten”! Noch dazu über mehrere Tage als Aufmacher auf der Startseite platziert.

Der Beitrag von Lux zog recht schnell die Aufmerksamkeit des bekannt meinungsstarken Heise-Forums [3] auf sich.

Die dort versammelten IT-Fachleute nahmen den Artikel genüsslich auseinander und Mängel fanden sich reichlich. Während die sprachlichen Unbeholfenheiten der Autorin, die politisch korrekten Binnen-Is und die Bebilderung des Artikels im Teenager-Instagram-Stil eher amüsiert hingenommen wurden, lösten die naiven Ausführungen von Lux zum Thema IT-Ausbildung echte Empörung aus.

IT-Fachleute erarbeiten sich ihr Wissen über viele Jahre, nicht in einem flotten Crashkurs. Auch bei wohlwollender Betrachtung ist es schlicht realitätsfern, anzunehmen, dass aus den porträtierten Einwanderern im Schnellverfahren Experten für den deutschen Markt werden. Resultat: Innerhalb von sieben Tagen schnellte der Beitragszähler im Forum auf über 4900 fast ausschließlich kritische Beiträge, ein historisch negativer Rekordwert bei Heise Online.

Daraufhin löschte die Autorin ihren Twitter Account und einige technisch besonders unbedarfte IT-Artikel von ihrer privaten Homepage. Heise entschied sich dafür, das unangenehme Thema komplett auszusitzen und Leseranfragen zu ignorieren. [4]

Das Verhalten der Redaktion stieß im Forum auf wenig Gegenliebe. Eine Reihe von Mitgliedern kündigte erbost ihre c’t-Abos. Sind das Einzelfälle? Eher nicht.

Die Verkaufszahlen des Print-Magazins c’t und die Zugriffszahlen der Webseite Heise Online befinden sich seit Jahren auf dem absteigenden Ast. Laut offiziellen IVW-Zahlen [5] ist die verkaufte Quartalsauflage des gedruckten c’t Magazins zwischen Q4-2008 und Q4-2018 von 361.357 Exemplare auf 229.046 Exemplare gesunken.

Die Webseite schrumpft ebenfalls [6]. Vor Beginn der Flüchtlingskrise in 01/2015 hatte Heise Online 27,0 Millionen Visits, in 01/2019 waren davon noch 21,3 Millionen Visits übrig.

Die Heise-Redaktion und ihre über die vergangenen Jahrzehnte treue Stammleserschaft entwickeln sich offensichtlich schon etwas länger in verschiedene Richtungen. In einem IT-Projekt würde man sagen: Hier kündigt sich ein Fork an. [7]

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