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Wagenknechts „Aufstehen“ – ein linker Knallfrosch?

Von WOLFGANG HÜBNER | Der Aufstieg der AfD zur stärksten und faktisch einzigen Oppositionspartei in Deutschland hat das etablierte Parteiensystem erschüttert. Wenn es je eine reale Chance für eine „linke“ Bundesregierung aus SPD, Grünen und Linkspartei gegeben haben sollte, so ist diese nun völlig außer Sicht. Die Grünen sind jederzeit bereit, in den weit geöffneten Schoß der Merkel-CDU zu springen; die SPD bewegt sich weiter abwärts unter 20 Prozent; die Linkspartei stagniert und kämpft mit sich selbst. Denn ausgerechnet ihre populärste Politikerin Sahra Wagenknecht schickt sich an, mit ihrer Sammlungsbewegung „Aufstehen“ die linken Puppen zum Tanzen zu bringen.

Wagenknecht und ihr Ehemann Oskar Lafontaine wollen offenbar nicht länger hinnehmen, wie die organisierte Linke sich kapitalismusunschädlich an Tummelplätzen wie Genderpolitik, Antirassismus oder der Propagierung unbegrenzter Einwanderung verrennt und so den Kontakt zur Masse der arbeitenden Bevölkerung verliert, die zunehmend ihre Hoffnungen auf die AfD setzt. Das prominente Paar, unbestritten die treibende Kraft bei „Aufstehen“, will dieser Entwicklung entgegenwirken. Wie das allerdings ohne die riskante Gründung einer neuen Partei gelingen soll, ist ein Rätsel, das schwer oder wahrscheinlich überhaupt nicht zu lösen ist.

Anscheinend gehen die Initiatoren nach dem Motto vor: „Erst mal gründen, dann mal weiter schauen“. 50.000 Menschen sollen sich schon [1] für „Aufstehen“ aktiv zu interessieren. Darauf lässt sich etwas aufbauen, sogar etwas Linkes. Was und wie nun aufgebaut werden soll außer einer inhaltlich ziemlich diffusen Bewegung linkspolitisch Frustrierter und sozial Unzufriedener ist derzeit allerdings unklar. Und wie „Aufstehen“ die größte, schwierigste und entscheidende Hürde für das Unternehmen, nämlich das Migrationsproblem, überwinden will, erst recht.

Denn nur wenn das gelingen sollte, wird die Bewegung von Wagenknecht/Lafontaine nach einer künftigen Parteiengründung auch zu einer ernsten Herausforderung für die AfD.  Zwar haben die Initiatoren richtig erkannt, wie wenig politik- und mehrheitsfähig das von der Mehrheit der Linkspartei sowie von Teilen der SPD und Grünen verfochtene Prinzip der uneingeschränkten Grenzöffnung für Sozialasylanten aus der ganzen Welt ist und wollen deshalb sich gerade in diesem Punkt deutlich realitätsnäher positionieren. Doch dazu eine konsensfähige Formulierung zu finden, ist schon unter nur zehn kritischen Linken schwierig – wie soll das erst unter 10.000 oder gar 100.000 gelingen? Mit Formelkompromissen wird es jedenfalls nicht getan sein. Denn in dieser für das Schicksal des deutschen Volkes existenziellen Frage hat die AfD bereits jetzt eine klare, für jedermann verständliche Position ohne Wenn und Aber.

Schon ist zu lesen, dass dem Thema „Zuwanderung“ in dem in Vorbereitung befindlichen Aufruf von „Aufstehen“ weniger Raum zugestanden werden soll. Wagenknecht findet plötzlich, dieses Thema sei viel zu stark ins Zentrum der Politik gerückt.  Diese Aussage lässt auf Differenzen im Vorbereitungskreis über die Formulierung dieser speziellen Positionierung schließen – kein gutes Vorzeichen für das Projekt. Trotzdem sei der AfD und der patriotischen Bewegung in Deutschland angeraten, „Aufstehen“ nicht zu unterschätzen oder gar von vornherein als gescheitert zu betrachten.

Denn es gibt neben dem Migrationsthema auch wachsende soziale Spannungen und Missstände, die von Millionen Deutschen nicht nur wahrgenommen, sondern auch erlitten werden. Keineswegs alle davon sind allein oder ausschließlich dem Merkelschen Grenzöffnungswahnsinn zuzuschreiben. Die himmelschreienden Mängel im Pflege- und Gesundheitswesen, das enorme Ausmaß des Zeitarbeits- und Billiglohnsektors, die steigenden Mieten, aber auch die Folgen der desolaten, unterfinanzierten Infrastruktur in Verkehr, Bildung und vielen anderen Bereichen – das alles sind Themenfelder, die von der Wagenknecht/Lafontaine-Bewegung erfolgreich angesprochen werden können.

Bislang wurde die AfD noch nicht wirklich von den etablierten Parteien zur Entscheidung herausgefordert, ob sie sich zu einer patriotisch-sozialen Partei entwickeln oder ob es mehr in die Richtung rechtsliberal-konservativ gehen wird. „Aufstehen“, und das wäre eine positive Nebenwirkung des linken Projekts, könnte diesen Prozess zu einer letztlich unabwendbaren Entscheidung beschleunigen. Vielleicht werden Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine an dieser Entscheidung der AfD sogar noch weniger Freude als jetzt schon mit Katja Kipping von der Linkspartei haben. Die Politik in Deutschland wird mit „Aufstehen“ jedenfalls noch spannender. Das kann nicht schlecht sein.


Wolfgang Hübner. [2]
Hübner auf der Buch-
messe 2017 in Frankfurt.

PI-NEWS-Autor Wolfgang Hübner [3] schreibt seit vielen Jahren für diesen Blog, vornehmlich zu den Themen Linksfaschismus, Islamisierung Deutschlands und Meinungsfreiheit. Der langjährige Stadtverordnete und Fraktionsvorsitzende der „Bürger für Frankfurt“ (BFF) legte zum Ende des Oktobers 2016 sein Mandat im Frankfurter Römer nieder. Der 71-jährige leidenschaftliche Radfahrer ist über seine Facebook-Seite [4] erreichbar.

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Wagenknecht und die nationale Option der deutschen Linken

geschrieben von dago15 am in Alternative für Deutschland (AfD),Linke | 158 Kommentare

Von MANFRED ROUHS | Rund 70 Prozent der Wähler der Partei „Die Linke“ lehnen eine Politik der „offenen Grenzen“ ab. Viele von ihnen sind gelernte DDR-Bürger – da wäre alles andere ja auch irgendwie makaber. Aber der Bundesparteitag der Linken verabschiedete am 9. Juni eine Resolution des Parteivorstandes um Katja Kipping, die ausdrücklich fordert, was das linke Wahlvolk nicht will: Grenzen auf für alle!

Sahra Wagenknecht wurde von der Parteitagsmehrheit ausgebuht für den Satz [5]: „Den Hungernden in Afrika nützen offene Grenzen nichts, weil sie gar nicht die Mittel haben, sich auf den Weg (nach Europa) zu machen. Die Allerärmsten der Welt brauchen unsere Hilfe vor Ort.“

Ja, „Helfen vor Ort“ ist vielleicht das einzige, was Afrika und durchaus auch Europa noch retten kann, aber genau das wollen die Linken nicht. Sie sind Gefangene einer internationalistischen Ideologie, die im 19. Jahrhundert unter Voraussetzungen entstand, die lange schon hinfällig sind, und unter Annahmen, die mit dem Opfer von Millionen Menschenleben widerlegt wurden, von denen aber immer noch etwas herumspukt in den Köpfen ideologisch weltfremder Beschwörer alter Gespenster.

Karl Marx schrieb im Kommunistischen Manifest: „Die Arbeiter haben kein Vaterland. Man kann ihnen nicht nehmen, was sie nicht haben. (…) Die nationalen Absonderungen und Gegensätze der Völker verschwinden mehr und mehr schon mit der Entwicklung der Bourgeoisie, mit der Handelsfreiheit, dem Weltmarkt, der Gleichförmigkeit der industriellen Produktion und der ihr entsprechenden Lebensverhältnisse.“

Der Religionsstifter der sozialistischen Internationale sprach damit genau jenen Verhältnissen zu, die heute der Globalisierungskapitalismus zu erzwingen versucht – gegen den erbitterten Widerstand der Völker. Marxismus und Globalisierungskapitalismus bilden die beiden Seiten ein- und derselben Medaille des materialistisch-hedonistischen Weltbildes, das die Völker auslöschen und den einzelnen Menschen reduzieren will auf seinen materiell definierbaren Nutzen für den Gott des neuen, vermeintlich goldenen Zeitalters, den Shareholder Value.

Wer aus dem Dualismus dieser beiden kulturzerstörerischen Ideologien ausbrechen will, muss sich zunächst einmal von den geistigen Ketten der materialistischen Ideologie befreien, die die gemeinsame Basis, sozusagen den gemeinsamen bösen Kern von Marxismus und Liberalismus bildet.

Kann Sahra Wagenknecht das? Schafft sie den Sprung über die Grenzen, die ihr derzeit noch von ihrem marxistischen politischen Horizont gesetzt werden?

Nach einer Umfrage des Instituts Insa können sich 25 Prozent der wahlberechtigten Deutschen vorstellen, ihr Kreuz bei einer „Liste Sahra Wagenknecht“ zu machen. Setzen wir dieses Potential in eine Beziehung zu 30 Prozent Wählerpotential der AfD, das nicht nur Thilo Sarrazin sieht, sondern beispielsweise auch der Jenaer Sozialforscher und AfD-Gegner Matthias Quent, dann ergibt sich daraus auch nach dem Abzug einer Schnittmenge von sicher um die zehn Prozent eine Perspektive für grundstürzende politische Veränderungen in Deutschland: für eine neue Mehrheit jenseits der Altparteien.

Die irische, die baskische, die katalanische Nationalbewegung sind ausdrücklich linksgerichtet. Warum sollte nicht auch in Deutschland eine post-marxistische, linke Nationalbewegung entstehen können, die den sozialen Protest der Verlierer wie der ideologischen Gegner des Globalisierungskapitalismus in konstruktive Bahnen lenkt?

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