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„Durch unsere Familie zieht ein deutlicher Riss“

Von ELLI R. | Liebe PI-NEWS-Redaktion, auf die Frage nach dem Weihnachtsfest [1] kann ich nicht antworten, weil mein Mann und ich uns politisch einig sind und alleine feiern. Ich schreibe Ihnen dennoch, denn durch unsere Familie zieht ein deutlicher Riss, der von den unterschiedlichen politischen Ansichten herrührt.

Sichtbar wurde dieser Riss vor ungefähr sechs oder acht Jahren, als ich einer meiner Schwestern versehentlich ein Video zu einem alternativen Gesundheitsthema schickte, über das wir uns zuvor unterhalten hatten. Was ich damals nicht wusste war, dass nach dem Gesundheitsvortrag auf dem Video noch eine politisch absolut unkorrekte Meinungsäußerung des Vortragenden zu hören gewesen war. Seither, das ist jetzt kein Witz, spricht meine Schwester nicht mehr mit mir.

Natürlich fallen solche Zwiste nicht vom Baum. Ich weiß schon seit vielen Jahren, dass meine Schwester stramm linksgrün orientiert ist. Wie die Grünen häufig so sind, hat auch sie uns immer auf ihre überlegene moralische Haltung hingewiesen und mich, immerhin die Ältere, des öfteren abgewatscht, wenn ich ein paar bodenständige Ansichten zu politisch unkorrekten Themen äußerte.

Das hatte zur Folge, dass ich aus purer Feigheit – früher nannte ich es Friedfertigkeit – stets eine Art gedanklichen Eiertanz aufführte, um nur ja die Harmonie zu wahren und nicht weiter anzuecken. Meine jüngeren Brüder – ich bin die Älteste von sieben Kindern – wurden von eben dieser Schwester mehr oder weniger erzieherisch begleitet und blasen einigermaßen in das selbe Horn, allerdings nicht so gnadenlos.

Ja, sie hatte es damals zu Zeiten der 68er, als die jüngeren Brüder gerade im beginnenden Teenageralter waren, sogar geschafft, unsere zuvor unpolitischen Eltern auf die grüne Linie zu hieven. Der Werdegang meines politisch eher uninteressierten Vaters als einfacher Soldat in Afrika wurde so lange durchgekaut, bis aus ihm eine Art geistiger Widerstandskämpfer wurde, das war gerade modern damals.

Besagter Vorfall mit dem Video rüttelte mich endlich wach und forderte meine Entscheidung ab. Ich schrieb ihr also einen Brief, dass ich mich als Patriotin betrachte, mein Vaterland liebe und jede weitere Vermeidungshaltung ab sofort sein lasse. Natürlich wollte ich ihr noch die Hand reichen, denn aus meiner Sicht gibt es eine Menge Verbindendes zwischen uns, da hätten wir die Politik einfach ausklammern können. Nein, das wollte sie nicht, frei nach dem Motto „und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein.“

Meine sonstigen Geschwister sind eher gutmütige Gebrauchslinke; wenn eine blöde Bemerkung kommt, sage ich lediglich, dass ich schon lange nicht mehr missioniere, Punkt. Damit können wir gut miteinander auskommen, aber der Kontakt zu besagter Schwester ist seither abgebrochen, noch nicht einmal auf der Beerdigung eines Bruders konnte sie mir die Hand reichen.

Sehr viele Leute sind so ängstlich, wie ich es jahrelang auch gewesen bin. Sie trauen sich nicht, ihre ehrliche Meinung zu sagen, und das gibt genau den Leuten Auftrieb, die sich mit ihrer Übermoral auf der Gewinnerseite sehen. Ich hoffe, dass noch mehr Leute ihr Rückgrat wiederfinden und fürchte, das wird entscheidend für unser Überleben sein.


(Sie haben ähnliche Erfahrungen gemacht? Dann schreiben Sie uns: info@pi-news.net [2])

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