
Der schmunzelnde Antisemit
Schon die korrupten Borgias hatten der Legende zufolge viel Spaß daran, Juden um ihr Leben laufen zu lassen. Von Ähnlichen Erheiterungen hört man aus den KZs der Nationalsozialisten und den kommunistischen Gulags. In der Märkischen Allgemeinen gibt es die zivilisiertere Variante zum Schmunzeln für Antisemiten: Man macht sich im bequemen Sessel lustig über die Sorge der Israelis wegen der angekündigten Vernichtung des Landes und aller Juden durch den Iran, als deren Vorboten bereits seit Jahren vom Iran finanzierte Kleinraketen aus Gaza Angst, Schrecken und Tod verbreiten.
Ein besonderer Schachzug der grinsenden Qualitätsjournalisten: Sie haben mal wieder einen Schmock aus Israel gefunden, der sich für die schmierige Propaganda hergibt. Der Autor „Martin van Creveld ist Experte für militärische Geschichte und Strategie und hat an der Hebräischen Universität in Jerusalem gelehrt. Er wurde in den Niederlanden geboren und lebt seit 1950 in Israel.“
Dorthin kann er übrigens auch unbeschadet wieder zurückkehren, nachdem er sein Land mit Dreck beworfen hat. So ist das in Demokratien. Würde er als Iraner so über den Iran sprechen, könnte er gleich Asyl beantragen. Aber von solchen Unterschieden mag man bei der Märkischen heute nicht schreiben.
Seit 1991 haben die Israelis jedem, der bereit war zuzuhören – und auch den vielen, die es nicht waren –, erzählt, dass das iranische Atomprogramm eine Gefahr sowohl für Israel als auch für den Rest der Welt darstelle. Der Iran, so behaupteten sie, hasse Israel und warte nur auf eine Gelegenheit, der Existenz Israels ein Ende zu setzen. Es sei auch ein radikal islamischer Staat, dessen Führer nichts anderes wollten, als einen Atomkrieg zu provozieren, um so schnell wie möglich an die Jungfrauen im Himmel zu kommen.
Stets behaupteten die sogenannten „Experten“, dass der Iran nur noch drei bis fünf Jahre für die Entwicklung einer Atombombe brauche. Diese Zeitspanne wurde 1991 genannt, als das iranische Atomprogramm zum ersten Mal Thema wurde. Und heute, 18 Jahre später, ist die Bombe nach Auskunft des Mossad-Chefs noch immer fünf Jahre entfernt. Wäre das Thema nicht so ernst, könnte man das witzig finden. Noch seltsamer ist die Bereitwilligkeit zahlloser Kommentatoren, diesen Nonsens ernst zu nehmen und sich ernsthaft damit zu beschäftigen, wann Israel den Iran bombardieren wird (in der Vergangenheit wurden dafür diverse Zeitpunkte vorgeschlagen, aber es passierte nichts), welche Waffen Israel benutzen würde, ob der Angriff erfolgreich sein könnte, was mit dem Angriff zu erreichen sei, was die Ergebnisse wären und so weiter.
Vorauszusagen, ob Israel den Iran am Ende tatsächlich angreifen wird, ist sehr schwierig – handelnde Personen und Umstände wechseln manchmal sehr rasch. Auf der anderen Seite ist es sehr einfach zu verstehen, warum Israel sich so alarmistisch verhält. Insbesondere zwei Gründe liegen nahe:
Erstens: Der Iran ist der Feind der USA und die USA sind der Feind des Iran. Israel braucht die Unterstützung der USA – militärisch, politisch und auch sonst. Auf der Seite der USA zu stehen, ist also strategisch vernünftig aus israelischer Sicht, zumal es wenig kostet.
Zweitens: Zunächst die Zionisten und dann die Israelis haben eine lange Geschichte des Alarmschlagens. Da dem so ist, präsentieren sie sich immer als klein, schwach und im Begriff, angegriffen zu werden. Im Gegensatz dazu werden ihre Feinde – zunächst die arabischen Palästinenser, dann Ägypten, dann der Irak und nun der Iran – immer als groß, stark, gefährlich und vor allem durch und durch böse dargestellt. Über die Jahrzehnte hat diese Taktik geholfen, Hunderte Billionen Dollar an militärischer und anderer Hilfe an sich zu ziehen. Der Mann, der Weltmeister in diesem Spiel war, ist Shimon Peres, der israelische Präsident. Gibt es irgendeinen Grund, warum er diese Taktik ändern sollte?
In Bezug auf all das macht es keinen großen Unterschied, was die Iraner tun oder sagen. Bereits vor den jüngsten Wahlen im Iran erzählten israelische Sprecher der Welt, dass sich die Bedrohung durch den Iran nicht ändern werde, wer auch immer gewinnt. Jetzt, nachdem die Wahlen stattgefunden haben, behaupten sie noch immer, dass die Bedrohung nicht geringer geworden ist.
In der Tat ist es schwer zu sagen, was Ahmadinedschad und Co. machen könnten, um die israelischen Ängste zu mindern – ihr Atomprogramm abbauen, etwa ihre Nuklearwissenschaftler töten, ihre Liebe zum Zionismus verkünden, zum Judentum konvertieren?
Zum Glück lassen sich auch die Leser der Märkischen Allgemeinen nicht mehr widerspruchslos für dumm verkaufen. Der erste und bisher (hoffentlich nicht mehr lange) einzige Kommentar:
Mit einer steilen These um Aufmerksamkeit bettelnd, lässt dieser „Experte“ die gesamte Agitation der Regierung Ahmadinedschads gegen Israel, seine Vernichtungsandrohungen, seine Unterstützung der Hamas und der Hisbollah, seine antisemitischen Holocaustkonferenzen und seine skandalösen Auftritte bei UN-Veranstaltungen einfach weg. Kein Wort davon. Am Ende blamiert sich aber vor allem die Zeitung, die so etwas Hanebüchenes abdruckt. Daumem runter, Märkische.
Dem kann man sich nur anschließen:
» Mail an die Märkische Zeiutung
(Spürnase: Thomas W., Foto: Tradition des Qualitätsjournalismus: Der Jude als Kriegstreiber)