Das Römische Reich, die Indianer, und nun die Kultur Europas. Erstere sind bereits Geschichte, Europa wird bald Geschichte sein. Innere Schwäche und Zerstrittenheit sowie demografische Schwäche gegenüber aggressiven, demografisch starken Kulturen ließen Hochkulturen und ganze Bevölkerungen untergehen. Genau in dieser Situation befindet sich heute Europa. Ein Kontinent, der sich in den nächsten Jahrzehnten nicht nur verändern wird, sondern dessen kulturelle Errungenschaften verschwinden werden und dessen Bevölkerung rein rechnerisch ohne massive Steigerung der Geburtenraten bald in der islamischen Migrationsbevölkerung aufgehen wird.
Walter Laqueur hat in seinem Buch „Europas letzte Tage“ Fakten zusammen getragen, die man in multikultureller Glückseeligkeit nicht nur ignoriert, sondern versucht zu brandmarken wie neuzeitliches Ketzertum. Sowohl demografisch, finanzpolitisch sowie sozialpolitisch ist Europa ein Kontinent, der seine letzten Reserven aufzehrt. Europa hat sich festgelegt auf ideologische Konzepte ohne Realitätsbezug und muß zwangsläufig an dieser Realitätsverweigerung scheitern.
Der Kölner Stadtanzeiger [1] faßt Laquers Thesen zusammen:
Es hörte sich zumindest schön an: Das 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert Europas. Der Europäischen Gemeinschaft gehört die Zukunft, sie ist wirtschaftlich potent, politisch klug organisiert, vorbildlich demokratisch und ökologisch ambitioniert, kurz: Sie ist das neue Utopia, ein Modell für den Rest der Welt. Mit dieser These überraschte vor zwei Jahren der amerikanische Vordenker Jeremy Rifkin, dessen Buch konsequent „Der europäische Traum“ heißt.
Doch von Rifkins steiler These ist der Lack schneller ab, als er aufgetragen wurde. Selbst Brüsseler Europa-Enthusiasten werden sich kaum zu solch waghalsigen Visionen hinreißen lassen. Der Eindruck ist vermutlich nicht abwegig, dass Rifkins Begeisterung für Europa sich eher aus seiner fundamentalen Kritik an den USA speist. Auch Optimismus darf nicht bodenlos sein, ein paar nachvollziehbare Fakten braucht es schon.
Die liefert jetzt Walter Laqueur – doch die produzieren keine Zuversicht. Im Gegenteil. Schon der Titel warnt Gemütskranke vor der Lektüre: „Die letzten Tage von Europa“. Der deutschstämmige Historiker mit den Wohnsitzen London und Washington malt ein rabenschwarzes Bild von der Zukunft. Nun sind, Spötter wissen das, Prognosen vor allem dann schwierig, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen. Aber Laqueur orientiert sich nüchtern an Zahlen und Daten, die der Zukunft nur einen sehr überschaubaren Spielraum lassen.
Vor allem die schrumpfende Einwohnerschaft führt er als entscheidenden Faktor immer wieder an. Um 1900 lebten in Europa mehr als 20 Prozent der Weltbevölkerung, heute sind es noch zwölf Prozent, Ende des Jahrhunderts werden es nach (optimistischen) UN-Berechnungen weniger als vier Prozent sein. Dramatisch wird dieser Prozess auch deshalb, weil er sich ab Mitte des Jahrhunderts beschleunigen wird wegen des enormen Anstiegs des Durchschnittsalters. In Europa wird es in drei Jahrzehnten bei 60 Jahren liegen (USA 30). Ohne nennenswerte Zuwanderung leben dann statt 82 Millionen nur noch 32 Millionen Menschen in Deutschland, in ihrer Mehrheit alte. Wer soll die Betreuung übernehmen, wer für die ökonomische Basis sorgen, die die gewohnten Segnungen des Sozialstaats sicherstellt?
Zuwanderung aus anderen europäischen Ländern wird es nicht geben können: Ob Spanien oder Italien, ob Polen oder Bulgarien, überall schrumpft die Bevölkerungszahl gewaltig. Allein die Ukraine wird in den nächsten 40 Jahren fast die Hälfte ihrer Einwohnerschaft verlieren. Dieses Phänomen, in Teilen Ostdeutschlands mit seinen entleerten oder vergreisenden Orten schon zu besichtigen, wird zum Charakteristikum eines Kontinents. Das wird die Dimensionen im Weltmaßstab verändern, zunächst langsam, dann schneller und schließlich dramatisch. Anzeichen für eine Umkehr des Trends, der mit Ausnahme kleiner Schwankungen seit gut 150 Jahren zu beobachten ist, gibt es nicht. Kann, fragt Walter Laqueur, ein Erdteil mit einer rapide schrumpfenden und gleichzeitig überalterten Bevölkerung das 21. Jahrhundert dominieren? Gute Frage, klare Antwort.
Nicht wirklich trösten kann der Umstand, dass in der Nachbarschaft Europas, in Nordafrika und im Nahen Osten, die Bevölkerung geradezu explodiert. 100 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze werden in den nächsten zehn Jahren dort benötigt – doch niemand weiß, wo sie herkommen sollen. Eine Zeitbombe, so Laqueur: „Die Frage ist nur, ob sie im Nahen Osten oder in Europa oder an beiden Orten explodieren wird.“ Eine massive Zuwanderung aus Nordafrika oder dem arabischen Nahen Osten bietet auch wenig Perspektiven angesichts der Tatsache, dass der Anteil arbeitsloser junger Muslime in den Staaten Westeuropas ohnehin schon exorbitant hoch ist – Ergebnis einer mangelnden Integration. Sie ist ein weiterer Risikofaktor für die Entwicklung des Kontinents. Weder in Großbritannien noch in Frankreich oder Deutschland ist die Integration zumal der muslimischen Zuwanderer gelungen – obwohl die deutsche Regierung etwa rund 100 Millionen Euro jährlich für diesen Zweck ausgibt.
Die Bevölkerung Europas schrumpft nicht nur, sie verändert auch massiv ihre Zusammensetzung. Die Aussichten auf eine gelingende Integration werden nicht besser, wenn sich in den Ballungsräumen Zuwanderer-Enklaven gebildet haben, die ähnlich groß sind wie die Wohngebiete der angestammten Bevölkerung. Hier hat ganz offensichtlich ein ganzer Kontinent etwas verschlafen. Der „europäische Traum“ entpuppt sich zunehmend als verträumte Selbsttäuschung.
Bislang haben vor allem die sozialstaatlichen Errungenschaften entstehende Spannungen in den Gesellschaften beherrschbar gehalten. Doch die Leistungen werden längst auf Pump erbracht, künftige Generationen müssen sie nachträglich abzahlen. Nicht zuletzt deswegen gibt es in Deutschland eine kräftige Abwanderung qualifizierter Kräfte in die boomenden Regionen der Welt – was die Situation für die Zurückbleibenden nicht verbessert. Zwar haben fast alle europäischen Staaten damit begonnen, durch moderate Leistungskürzungen und höhere Steuerfinanzierung ihr Wohlfahrtsmodell im Kern zu retten. Doch das Tempo des Umbaus, so muss befürchtet werden, hält nicht Schritt mit dem Tempo der Veränderungen.
Längst lassen sich die entstandenen und sich verschärfenden Probleme nicht mehr im nationalstaatlichen Rahmen alleine lösen. Doch von Einigkeit ist Europa weit entfernt. Der Verfassungsprozess ist derzeit festgefahren, eine gemeinsame Außenpolitik ebenso wenig in Sicht wie auch nur eine gemeinsame Idee davon, was EU-Europa sein und wohin es sich entwickeln soll. Statt sich an dem illusionären Gedanken an eine Supermacht Europa zu wärmen, wäre ein kalter Blick wie der Laqueurs auf die Realitäten angebrachter.
Anmerkung: Typisch für die europäische Selbstüberschätzung war Schröders Geschwafel von der „Friedensmacht Deutschland“. Ohne Eingreifen der USA wäre der Balkankonflikt nicht zu beenden gewesen. Wirtschaftlich lebt Europa von der Substanz. Es verliert Fertigungskapazität und muß bei der Brain-Power bald ebenfalls mit China und Indien konkurrieren. Europas Wohlstand gründet auf negativem Schuldensaldo. Permanent steigende Neuverschuldung zu Gunsten der Sozialsysteme trägt deutlich zum Brutto-Inlands-Produkt bei. Diplomatisch erreicht Europa keines seiner selbst gesteckten Ziele, z.B. in Nahost. Dennoch hält man sich für reich und mächtig, und gestattet einen enormen Migrations-Zustrom in die sozialen Netze – letztlich einem Ausdruck von irrationalem Größenwahn zwecks moralischer Selbsterhöhung.
Keines der von Laqueur benannten Einzelphänomene ist neu. Aber sein Verdienst ist es, eine auf den Kontinent bezogene Gesamtschau zu liefern. Das Gesicht Europas ändert sich, das wird in Kreuzberg oder Köln-Kalk ebenso sichtbar wie in Bradford oder anderen Großstadtvierteln. Umso wichtiger die Frage, was lässt sich unter den beschriebenen Umständen an Werten und Traditionen Europas in die Zukunft retten. Diese Zukunft wird, wenn es gut läuft, bescheidener sein als Gegenwart und Vergangenheit.
Walter Laqueur: „Die letzten Tage von Europa“ , Propyläen, 208 Seiten, 19,90 Euro.
Da ich das Buch von Laqueur bisher nicht gelesen habe, und dieser Aspekt in der Zusammenfassung nicht vorkam, soll hier noch auf den sehr wichtigen psychologischen Umstand, der maßgeblich zum Niedergang Europas führt, eingegangen werden.
In und über Europa hat sich ein negatives Selbstbild etabliert, obwohl es seinen Bürgern noch nie so gut ging. Umfassende Gesundheitsfürsorge, soziale Absicherung, gratis Bildungssysteme, ein historisches Maximum an Toleranz und persönlicher Freiheit für die breite Masse sind selbstverständlich geworden. Dennoch setzt keine positive Identifikation mit der eigenen Kultur ein, was Voraussetzung für einen Bewahrungswillen ist. Denn der mediale und politische Fokus ist konzentriert auf einige tatsächliche, aber auch imaginäre Defizite wie ungerechte Bildungschancen, steigende Armut, angeblichen Rassismus der Einheimischen. Die mediale wie politische Rhetorik ist entkoppelt von der Realität, bauscht faktenverzerrt Mißstände auf zu Systemmängeln, und dient dem Zwack der ideellen Selbsterhöhung einerseits, und der Legitimation des eigenen Machtanspruches andererseits.
In Europa hat sich eine Dekadenzkultur etabliert unter den Eliten und oberen Gesellschaftsschicht seit „68“, die Tonangebend wurde im gesellschaftlichen Gestaltungsprozeß. Speziell Akademiker sind weit überproportional blind für die Folgen multikultureller Bereicherungsdogmatik. Sie können es sich leisten weitab von den Brennpunkten zu wohnen, wie islamischer Fremdenfeindlichkeit und Integration verweigernder Gegenkultur zu Grundgesetz und Menschenrechten. Sie bringen ihre Kinder bevorzugt in Schulen mit geringem islamischem Migrantenanteil unter. Huldigen aber dennoch weiterhin ihrem Ideal von der multikulturellen, sprich, sich islamisierenden Gesellschaft.
Hier geht es um psychologische Bedürfnisse von Menschen, denen es schlicht zu gut geht. Weitgehend enthoben von existenziellem Druck ist es für viele privilegierte Mitglieder europäischer Gesellschaft wichtiger geworden, im Bekenntnis zu Idealen Selbstbestätigung zu finden, als sich mit der Realität zu befassen.
Die Anhänger multikultureller Massenzuwanderung und des pro islamischen Dogmatismus finden sich am ausgeprägtesten und exemplarisch in der Wählerschaft und Sympathisanten der Grünen und deren Dogmen. Diese stellen die einkommensstärkste Wählergruppierung nach denen der FDP dar. Sie sind überproportional oft Akademiker und oft in Berufen tätig oder streben diese an, die als selbsterfüllend und selbstverwirklichend empfunden werden. Sie sind überproportional oft beim Staat beschäftigt und überproportional oft in medialen Berufen tätig. Sowie im pädagogischen Bereich, wo sie als Multiplikatoren fungieren.
Diese Personengruppe ist der moralische Trendsetter in den europäischen Gesellschaften geworden (auch ohne explizite grüne Partei ist das Gesinnungsäquivalent im linken Politspektrum überall in Westeuropa deutlich ausgeprägt, weil die ethisch-kulturellen Entwicklungen seit „68“ überall sehr ähnlich waren).
Sie ist zugleich unfähig und unwillig, eine Bestandsaufnahme vorzunehmen über die Wirksamkeit und Auswirkungen ihrer Thesen, weil sie selbst davon erst ganz zuletzt betroffen ist, im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. Für diese privilegierte Schicht, die zugleich die gesellschaftspolitisch einflußstärkste Gruppierung in Westeuropa darstellt, ist es aufgrund des subjektiven Empfindens ein sehr zentrales Anliegen, ihren Ich-Idealen als Gutmensch zu huldigen.
Der Multikulturalismus links-grüner Prägung mit seinen nicht finanzierbaren, inhumanen parallelgesellschaftlichen Auswirkungen (Ausbreitung von Fremdenfeindlichkeit gegen Einheimische, Zwangsehen, Ehrenmorde,….) ist Ausdruck einer Dekadenzgesellschaft. Weil dies den Idealen konträr entgegen steht, an denen man die eigene Kultur misst. Zugleich wird eigene Gesellschaft trotz all ihrer Vorzüge sehr negativ wahrgenommen, weil dies als prestigeträchtig gilt.
(Anmerkung: Sozialstaatliche Forderungsmentalität gilt als ultimativer Beleg für moralisches Gutsein, während ein Bekenntnis zu einer Leistungs- und Belohnungsgesellschaft als Ellenbogenkultur gilt. Doch Leistung schafft erst die Basis für einen Sozialstaat. Indem man die Leistungsgesellschaft negiert, sägt man den Ast ab, an dessen Ende die sozialen Früchte gedeihen.)
Genauso absurd verhält es sich bezüglich pro-islamischer Migrationspolitik. Während unsere westliche Kultur unter permanenter Anklage steht rassistisch und fremdenfeindlich zu sein, wird die Ablehnung und Aggressivität vieler islamischer Migranten gegen Einheimische und Juden, sowie die bisweilen mörderische Intoleranz untereinander (Ehrenmorde) ignoriert. Im Namen des Anti-Rassismus wird ausgerechnet Akzeptanz für die intolerante Kultur des Islam zum Beweis für gutmenschliche Toleranz stilisiert. Die Maßstäbe könnten konträrer nicht sein. Ehrenmorde, Zwangsehen, die fast vollständige Befolgung des Korangebotes, daß islamische Frauen keine unreinen, minderwertigen Ungläubigen weder ehelichen noch zum Freund haben dürfen (es gibt kaum weibliche islamische Ehepartner mit Nicht-Moslems) – all dies gilt nicht als Ausdruck einer fremdenfeindlichen, intoleranten, inhumanen Kultur.
Eine Kultur als Bereicherung zu sehen, die derart offensichtlich und grob das europäische Kulturgut der Menschenrechte ablehnt, bedeutet zugleich eine Abkehr von der eigenen Kultur und deren Idealen. Es ist dekadenter Ausdruck von Selbstzerstörung sich formell auf europäische Toleranz-Ideale zu berufen, um islamischer Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit den Weg zu ebnen.
Europa hat ein wertschätzendes Bewusstsein für die Errungenschaften seiner Kultur verloren, zumindest was die Eliten betrifft. Folglich erkennt man nicht mehr, was für einen immensen und irreversiblen Rückschritt die Expansion des Islam in Europa bedeutet in menschenrechtlicher, kultureller und letztlich auch materieller Hinsicht. Europa verteidigen heißt heute, Europa kulturell bewahren. Anstatt vor den Toren Wiens findet heute der Kampf um die Vorherrschaft statt in den Medien und bei der Baugenehmigung für Moscheen.
Eine Kultur jedoch, die ihre Eroberer willkommen heißt, obwohl diese immer offensichtlicher ihre Ablehnung und oft auch Verachtung gegen die Einheimischen und deren Kultur zeigen, muß unter gehen. Und sie will unter gehen, wenn sie sich z.B. islamische Zensurvorschriften unter Preisgabe ihrer einstigen Rechte zum Ideal erhebt, aus „Respekt vor dem Islam“. Der demografische Faktor unterstützt und beschleunigt lediglich, was sich ohnehin als kultureller Trend etabliert hat und sich mit jedem Tag verfestigt.
» Die letzten Tage von Europa. Ein Kontinent verändert sein Gesicht – von Walter Laqueur [2]
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