Bis in den Kommentarbereich von PI hinein hatte eine Meldung verschiedener Medien für Verwirrung gesorgt, derzufolge es bei den Demonstrationen für und gegen die Kölner Großmoschee zur Verhaftung von 18 Neonazis gekommen sei, nachdem diese extremistische Parolen gerufen hätten. Schnell waren die Medien dabei, die Extremisten den Moscheegegnern der Kölner Anwohnerinitiative zuzuordnen. Teilnehmer der Demonstration bestritten aber, dass es zu solchen Vorfällen gekommen sei. Jetzt meldet der Kölner Express: Bei den Festgenommenen handelt es sich um den Kölner Ratsherren Claus Ludwig (Bild) von der Linkspartei sowie 17 Neonazis aus dem Ruhrgebiet. Ludwig hätte deren Festnahme mit Gewalt verhindern wollen, weil er sie für seine Genossen hielt.

Claus Ludwig bestreitet inzwischen die Darstellung der Kölner? Presse.

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Zugegeben, auch wir mussten zuerst ganz spontan an Herrn Ludwig denken, als wir diesen seltsamen Aufzug (Bild oben) erblickten. Denn auf der von ihm betriebenen Internetseite „Gemeinsam gegen Sozialraub“ hatten wir erst kürzlich ein Bild sozial engagierter Aktivisten gesehen, die einen ganz ähnlichen modischen Geschmack zu haben scheinen. Sie berichten dort von ihrem Terror gegen einen Mitarbeiter der Arbeitsagentur, und vom Bericht führt ein Link direkt zu einer Indymediaseite, wo der Steckbrief des Betroffenen nebst Adresse, Autokennzeichen, Stammkneipe und sonstigen persönlichen Informationen veröffentlicht wird.

Da wir aber zwischen linken Faschisten, rechten Faschisten und anständigen Bürgern zu unterscheiden wissen, wurde uns schnell klar, worum es sich in Ehrenfeld handelte. Denn schon im Vorfeld der heutigen Demonstration hatten die Moscheegegner ein vertrauliches Papier von Rechtsradikalen öffentlich gemacht, das ihnen zugespielt worden war.

Darin wird „Pro Köln“ als Mitveranstalter ausdrücklich als „keine befreundete Organisation“ beschrieben, und Nazis aufgerufen, auch gegen den zu erwartenden Widerstand der Kölner Moscheegegner, deren Demo mit entsprechendem Auftreten zu vereinnahmen. Die Kölner hatten daraufhin ausdrücklich betont, dass sie die Teilnahme von Rechtsextremisten nicht dulden würden.

Wegen der klaren Absage der Kölner hatte man offenbar einen eigenen Demonstrationszug gebildet, um im Chaos des Tages die moscheekritischen Bürger in Verruf zu bringen. Denn als diese Bilder an der Ecke Vogelsanger/Ehrenfeldgürtel aufgenommen wurden, auf denen die Nazis bereits in geschlossener Formation durch die Straßen marschieren, befand sich die echte Demonstration der Moscheegegner in gut einem halben Kilometer Entfernung am anderen Ende des Stadtteils.

nazis_2.jpgWie man sieht, führten die Rechtsextremisten schwarze Fahnen mit sich. Das war ursprünglich auch eine Idee der Kölner Anwohnerinitiative, die aber sofort fallengelassen wurde, nachdem die Bürger gewahr wurden, dass dieses Symbol auch von Rechtsextremisten benutzt wird. Bis zu den angereisten Nazis und ihren interessierten Drahtziehern, wo auch immer diese zu suchen seien, war die Planungsänderung nicht durchgedrungen. Wer diese Bilder mit den bereits von PI gezeigten der Bürgerdemo vergleicht, wird feststellen, dass kein einziger dieser Typen im Umzug der Kölner dabei war, und dort auch keine einzige schwarze Fahne gezeigt wurde.

Kurz nachdem die Bilder entstanden, kam es dann zu den Ereignissen, die der Kölner Express so beschreibt:

Als die Neonazis rassistische Sprüche wie „Juden raus“ riefen, setzte die Polizei sie fest. 17 nahm sie wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt fest. Das versuchte Ratsherr Ludwig mit Gewalt zu verhindern – er hatte die Rechten mit linken Demonstranten verwechselt.

Mit Ludwig machte die Polizei kurzen Prozess: Die Beamten verfrachteten ihn nach Brühl in eine Gewahrsamszelle. (Hervorhebung durch Kölner Express)

Das macht uns betroffen und ein Stück weit traurig. Denn wie gesagt drängte sich die Verwechselung geradezu auf. Die, wie man heute sagt: „antizionistischen Parolen“ taten vielleicht ihr übriges. Darüberhinaus möchten wir, falls das der baldigen Freilassung des Herrn Ludwig zuträglich ist, ausdrücklich bezeugen, dass Herr Ludwig von leicht erregbarem Temperament ist. Das musste auch Stefan Herre von PI schon erfahren, als er ihn einmal zu interviewen versuchte. Auch der Umstand, dass der linke Ratsherr ausgerechnet den Betreiber von Deutschlands größtem Blog, mit klarem Bekenntnis zu unsrer Verfassung, unserer Freundschaft zu den USA und Israel für einen Rechtsextremisten zu halten schien, belegt ganz klar, dass Herr Ludwig erhebliche Schwierigkeiten hat, sich im politischen Spektrum zu orientieren. Er hält sogar die Kölner Bürgerbewegung gegen den Moscheebau für Nazis! Und die, die „Juden raus!“ gröhlen für seine Genossen? Muss man noch mehr sagen?

UPDATE: Claus Ludwig bestreitet inzwischen den Bericht des Kölner Express und die Nazis für Linke gehalten zu haben und lässt die folgende Gegendarstellung verbreiten, die wir unseren Lesern gerne und unaufgefordert zu Kenntnis bringen:

von DIE LINKE.KÖLN 17.06.2007

Richtigstellung über eine Festnahme bei den Demonstrationen gegen pro Köln – Schreiben der Fraktion DIE LINKE.KÖLN an die Medien: Als Fraktionsvorsitzender bitte ich Sie, die mündlich von der Polizeipressestelle und der städtischen Pressesprecherin verbreitete groteske Falschmeldung („Der Ratsherr Claus Ludwig habe die von der Polizei festgehaltenen Rechtspopulisten mit autonomen Linken verwechselt … Er habe sich irrtümlich für die rechte Gruppe eingesetzt“) in Ihrer Berichterstattung zu korrigieren.

Zu den wirklich stattgefundenen Vorgängen erklärt Ratsmitglied Claus Ludwig:

„Ich wurde um ca. 12.30 in der Venloer Str. beim Barthonia-Forum festgenommen. Ich war Teilnehmer des ca. 600 Menschen starken Demonstrationszugs des „Bündnisses antifaschistischer Gruppen“, der auf der Venloer Str. Richtung Innenstadt lief. Am Barthonia-Forum versuchten wir abzubiegen und zur Vogelsanger Str. zu gelangen, um dort gegen „Pro Köln“ zu demonstrieren. Die Polizei verhinderte dies. Beamte und Demonstranten standen sich gegenüber. Es kam zu einem Gedränge, in dessen Verlauf ich von zwei Beamten festgenommen wurde. In dieser Demonstration hat niemand antisemitische Parolen gerufen und es wurden in diesem Zusammenhang auch keine 18 Personen festgenommen.“

Die Falschinformation stimmt aber auch mit der Pressemitteilung der Polizei nicht überein. Danach haben die autonomen Rechten auf der Vogelsanger Str. demonstriert. Dort erfolgten deren Festnahmen, weit entfernt von der Stelle, an der Claus Ludwig festgenommen wurde.

Im übrigen steht es nicht in der Kompetenz der städtischen Pressestelle Erklärungen über wie auch immer geartete Aktivitäten von Ratsmitgliedern abzugeben.

Sollte weiter behauptet werden, Claus Ludwig habe irrtürmlicher Weise rechte Demonstranten befreien wollen, werden wir dagegen gerichtlich vorgehen.

Jörg Detjen, Fraktionsvorsitzender

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