Nachdem meine Mitstreiterin Amazone bereits ihren Bericht hier veröffentlicht hat, will auch ich kurz schildern, wie der 11.9.2007 in Brüssel für uns aussah. Kurz vor 12 Uhr kamen wir zu viert per PKW in Brüssel an, parkten im Nordwesten der Stadt am Expo-Gelände und nahmen die Metro in Richtung Schuman-Platz. Nach dem Verlassen der Metro gingen wir an zwei Gruppen martialisch aussehender Polizisten vorbei, die uns zunächst nicht behelligten.

Amazone hatte eine Israel-Fahne dabei und ich hatte mir einen selbst gebauten Schild umgehängt, auf den ich die deutsche und die europäische Fahne lackiert habe. Der Schild selbst, als Symbol für den Willen zur Abwehrbereitschaft und zum Widerstand, sollte jedem einleuchten.

Eine dritte Gruppe Polizisten hielt Amazone und mich am Ausgang der Station schließlich auf (unseren beiden Mitstreiterinnen gelang es zum Glück zu entkommen, da sie keine offenen Fahnen oder Symbole trugen) und fragte uns, ob wir zur Demo wollten. Als ich bejahte, wies man uns darauf hin, dass selbige verboten sei und das Tragen von Symbolen den gesamten 11.09. ebenso.

Ich sagte daraufhin, dass es ja nicht angehen könne, dass das Tragen der europäischen Fahne in der europäischen Hauptstadt verboten sei, wurde aber eines Besseren belehrt. Ebendies teilte man auch Amazone bezüglich ihrer Israel-Fahne mit: verboten.

Wir wurden gefilzt, ich von einem unhöflichen „südländisch“ 😉 aussehenden und französischsprachigen Polizisten und unsere Sachen wurden uns abgenommen. So standen wir zu zweit, im Halbkreis umringt von immer mindestens 5 bis 9 Polizisten ca. 1 Stunde herum und waren wirklich enttäuscht, dass wir es noch nicht einmal zur Demo geschafft hatten.

Dann wurden wir in einen Gefangenentransporter gesteckt und hinter einer Gittertür eingesperrt. Wasser gab es auf Nachfrage nicht. Mit Blaulicht ging es durch die Stadt, unsanft über Bordsteine und um enge Kurven. Um die Handgelenke trugen wir jetzt gelbe Plastikstreifen mit Nummern, damit man uns später unsere Habseligkeiten zuordnen könne. Dann wurden wir ins Gefängnis geführt und in Zellen gesteckt. Die Zellen maßen ca. 1,5 mal 2 Meter. In meiner Zelle saßen noch vier weitere Personen. Außer uns waren, glaube ich, fast alle anderen Gefangenen vom Vlaams Belang, bis auf etwa acht bescheuerte französische Neo-Nazis.

Im Knast war es sehr laut und irgendein armer Kerl brach zusammen und musste medizinisch versorgt werden. Nach einigen Stunden wurde ich aus meiner Zelle geführt, musste einen Zettel unterschreiben, auf dem meine Personalien standen und auch mein Ausweis wurde fotokopiert. Dann wurde in einem anderen Raum ein Foto von mir gemacht, neben einer Nummer (ich glaube 66) an der Wand. Keine Ahnung, welchen Behörden jetzt meine Daten zur Verfügung stehen.

Anschließend wurde ich in einen anderen Raum geführt und dort von zwei Polizisten abermals gefilzt. Ich musste meinen Gürtel hergeben und meine Kette abreißen (da ich den Knoten im Lederband nicht aufbekam). Meine Bitte, mit meiner Freundin telefonieren zu dürfen, damit sie sich keine Sorgen macht, wurde abgelehnt.

Ich wurde nun in eine andere Zelle geführt, diesmal mit drei anderen Männern. Einer von ihnen war ein junger Parlamentarier vom Vlaams-Belang. Die Mitgefangenen vom Vlaams-Belang waren übrigens alle sehr nett und höflich. Nach insgesamt sechseinhalb Stunden wurde ich aus dem Gefängnis entlassen. Meinen Schild gab man mir nur zurück, weil ich nachfragte und darauf bestand. Ich fragte einen Polizisten nach Amazone und er sagte mir, die Frauen seien bereits entlassen, was nicht stimmte und weswegen ich ohne sie zum Auto zurück fuhr. Sie wurde noch einmal eineinhalb Stunden nach mir entlassen und musste deshalb alleine mit der Metro zurückfahren. Da war es dann schon dunkel geworden.

Unsere Mitstreiterinnen sind unterdessen in der Stadt gewesen und haben dort auch Fotos gemacht und einige kleine Filme der „sympatischen Polizeiaktionen“ gedreht, sowie Flugblätter verteilt.

Tja – das war unser Tag in Brüssel.

Ich persönlich werde nächstes Jahr wieder dabei sein, selbst wenn ich vorher weiß, dass ich den Tag abermals im Gefängnis verbringen muss. Ich lasse mich nicht mundtot machen oder durch das beschissene Brüsseler Gefängnis abschrecken. Ich bitte all die, die dies hier gelesen haben im nächsten Jahr und auch bei anderen Demos mitzumachen. Habt Mut! Zwar ist es richtig hier bei PI und auch in diversen Foren zu schreiben und seine Meinung zu äußern, aber die Außenwirkung hält sich auf Dauer vermutlich in Grenzen. Zeigt Präsenz auf der Straße! Gebt euch eine Stimme außerhalb des www!

(Gastbeitrag von PI-Leser hyperfokus aus Bremen)

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12 KOMMENTARE

  1. Super Bericht, hyperfokus! Nächstes Jahr machen wir es besser! Und hoffentlich bewegen sich diejenigen die sich hier sonst nur virtuell bewegen, dann auch physisch nach Brüssel. 😀

    Es ist an der Zeit… ja auch dich haben sie schon genauso belogen, so wie sie es mit uns heute immer noch tun.

  2. Nichts gegen das Engagement und die Bereitschaft erhebliche Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen, ich habe Respekt davor,aber erlaubt sei die Frage, ob du neben dem Schild auch ein Holzschwert dabei hattest?
    Ein bißchen sieht das aus, als wenn die Kinder des gallischen Dorfes Römer und Gallier spielen würden.
    „Aber egal, allem Anfang wohnt ein Zauber inne.“

  3. #3 Da ich dabei war werde ich kurz und bündig auf deine Frage antworten: Nein!

    Wozu auch? Der Schild ist doch Symbolik und Waffe genug.

    Aber fahr doch das nächste Mal einfach selbst nach Brüssel und sag deine Meinung. Oder falls es dir zu gewagt ist, spiel Römer und Gallier weiterhin am Rechner. Orginelle Ideen werden dabei aber eher weniger einfallen.

    Und noch eines, diese Schildform kam erst ab circa 1000 auf… lange nach Römern und Galliern.

  4. Nimmt doch nächstes Mal die Flagge der Sozialistischen Partei Belgiens mit!

    Genau – und die sowie ein antiislamisches Plakat dann schwenken mit einem Fat-Freddy-Kostüm an! Kommt bestimmt gut!;)

  5. Danke für euren Einsatz. Jetzt ist man schlauer und kann es nächstes Jahr besser machen. Neben einer Demo in Brüssel auch Paralleldemos in den jeweiligen Hauptstädten zum Beispiel. So hätte man wenigstens die Chance, wenn – wo auch immer – eine Demo abgesagt oder verboten wird, in eine andere Stadt zu fahren.

    Viele waren aufgrund des Hickhacks von Ulfkotte unsicher. Schade nur, daß dieses „Touristentreffen“ nicht wirkich medienwirksam war. Und Fat Freddy hat mit seinem Polizeiaufgebot ja auch sein übriges getan.

  6. @Amazone, du hast völlig Recht, und ich wäre sicher auch nach Brüssel gefahren, wenn die Veranstaltung nicht verboten worden wäre.
    Nun ging im Vorfeld die erste Runde an das arrogante Volk in der Festung, aber Festungen können geschleift werden, und es ist noch nicht aller Tage abend, sodaß ich für dieses Mal keinen Grund sah, zu einer verbotenen Demo zu gehen, und mich extra einem Risiko auszusetzen. Wie gesagt, Hut ab vor denen, die sich trauten, aber man kann sich doch nicht jedesmal beeömmeln, wenn Volker Beck auf eine verbotene Demo nach Moskau fährt, und dort regelmäßig auf die Nuss bekommt, und sich dann aufregen, daß man bei der Anreise zu einer ebenfalls untersagten Demo, erstmal für 8 Stunden in Gewahrsam genommen wird. Noch sitzt halt der Typ von der Frittenbude am längeren Hebel, nur weiß er am Besten und alle anderen, daß er auf verlorenem Posten sitzt. Der Realitätsdruck wird von Jahr zu jahr zunehmen und irgendwann ist der Point of no return erreicht, dann explodiert seine Friteuse, wenn nämlich die Urbevölkerung so angewidert von den medialen Deckelungen und den frommen Lügen sein wird, daß die größte Sorge von Politikern nicht mehr die Outcasts der Migrantenjugend oder Hassprediger sind, sondern die ausflippenden Normalbürger.

  7. Gefilzt, registriert, eingesperrt, belogen, kein Wasser bekommen, stundenlange Schikanen…europäische Realität 2007.

    Gegen wen ging man so vor, Feinde dieses Europas?
    Nein, gegen Verteidiger dieses Europas!

    Mir wird kotzübel! Kein Muselradikaler wird so behandelt, keiner!

  8. @Amazone – Danke für deine Beiträge, und ja, nächstes Jahr wird es wieder und auch professioneller gemacht!

    @ Moderater Taliban – Erwischt, tatsächlich wollte ich zum Karneval, als zeitreisender Gallier. Dachte in Brüssel treffe ich auch viele verschleierte Schönheiten aus dem Orient 🙁
    Vielleicht machst du nächstes Jahr einfach mal mit, dann kannst du ja evtl. ein Holzschwert ausführen, vorrausgesetzt Verbote, Freddy, Musels oder Polizisten beunruhigen dich nicht allzusehr 🙂 🙂

  9. das schild mit der deutschen und der europa fahne ist echt ein supergeiles symbol. das wird sich sicherlich auf den nächsten demos wiederfinden (ok… vielleicht auch in den aservatenkammer der polizei)

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