Im letzten Jahr gab es einen interessanten Versuch: Nachdem der Begriff „Großmoschee“ durch die eifrige Aufklärungsarbeit der Moscheeskeptiker negativ besetzt war, versuchten die Islamisierungshelfer der Kölner Politik es mit der Umbenennung in „gläsernes Gemeindezentrum“ [5]. Das sollte die Offenheit und Transparenz des Projektes suggerieren.
Das neue Wort hat sich nicht durchgesetzt, und jetzt beklagt die FAZ [6], dass es mit der Transparenz auch nicht weit her sei. Und benutzt sogar das böse Wort „Großmoschee“! Auch Architekt Böhm ist verstimmt:
Auf der Tagung „Sakralbauten und Moscheekonflikte“, die das Kulturwissenschaftliche Institut in Essen kürzlich veranstaltete, berichtete Böhm von „sehr unterschiedlichen“ Auffassungen: Während er seine klare, moderne Architektursprache im Inneren fortführen möchte, beabsichtige die Ditib, den Gebetsraum traditionell ausmalen zu lassen und damit einen anderen Architekten zu beauftragen. Auf Nachfrage wollte sich Böhm nicht näher äußern. Offensichtlich vertraut er darauf, den Bauherrn wie bei früheren Differenzen noch überzeugen zu können. Auch die Ditib, die sonst Wert darauf legt, mit offenen Karten zu spielen, schweigt: Mehrere Anfragen dieser Zeitung, ihre Position darzulegen, blieben unbeantwortet.
Von dem Kölner Baudezernenten Bernd Streitberger ist zu erfahren, dass die Innengestaltung in dem Baugenehmigungsverfahren „keine Rolle spielte und nicht geprüft wurde“. Die Grundzüge des Konflikts, der ins Zentrum des Verhältnisses zwischen Architekt und Bauherrn reicht, sind auch so zu ermessen. Neben rechtlichen berührt er ästhetische und weltanschauliche Aspekte: Werden Außen und Innen, Hülle und Kern des Gebäudes dieselbe Sprache sprechen? Einerseits wird der katholische Baumeister Paul Böhm für die Ausgestaltung eines islamischen Gotteshauses nicht ohne einen muslimischen Kollegen auskommen können. Denn er wird nicht allein entscheiden können und wollen, welche Koranverse um die Kuppel geschrieben werden oder welche Kalligraphie die beste ist.
Eine solche Zusammenarbeit liegt in der Tradition der Kölner Architektendynastie, die für ihre Sakralbauten immer Künstler eingebunden hat. Doch muss Paul Böhm darauf insistieren, dass dies in enger Abstimmung mit ihm geschieht und die Ausgestaltung zu seiner Architektur in Beziehung steht. Innen und Außen müssen sich entsprechen, wenn Einheit und Qualität des Baus nicht leiden sollen.
Dem Vernehmen nach möchte der Bauherr den türkischen Innenarchitekten Volkan Altinkaya beauftragen. Er gilt in seiner Heimat als ein führender Spezialist auf diesem Gebiet, der zahlreiche Moscheen und auch Luxushotels ausgestattet hat. In Deutschland war er schon mehrfach tätig, auch in der großen Merkez-Moschee in Duisburg-Marxloh, die im Spätsommer eröffnet werden soll, malt er die zentrale Kuppel aus. Bestimmend sind dort blattvergoldete Stuckverzierungen sowie graue, türkis- und bordeauxfarbene Ornamente, die zu den „traditionellen“ Bauformen „passen“.
Die Homepage seiner Firma (altinisltd.com) präsentiert sein Repertoire: überladene Wand-, Decken- und Fensterzierden im osmanischen Stil, prunkende Lüster und Schnitzereien. Historische Formen und Muster werden, auch in aufwendigen Materialien wie Marmor und Alabaster, schwülstig überboten und trivialisiert: Kitsch.
Diese Innenarchitektur, die Vergangenes nur kopiert, ist mit der gemäßigt modernen Formensprache Paul Böhms unvereinbar. Sollte die Ditib darüber hinwegsehen und eine Moschee haben wollen, deren Innenleben nichts (mehr) mit ihrem Außenleben zu tun hat, würde sie damit auch Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit wecken. Denn ein solcher Zwitter stünde im Widerspruch zu ihren erklärten Zielen, die Integration und den interreligiösen Dialog zu fördern. Mit der Offenheit des Ortes, die mit den schalenartigen, zur stilisierten Weltkugel geformten Teilen der freistehenden Kuppel nach außen bekundet wird, wäre es im Innern vorbei. Dort will sich, so die Grundaussage des Gebetsraumes, die Gemeinde wie zu Hause fühlen. Dass sie Wurzeln in einer fremden Umgebung geschlagen hat und sich dieser Nachbarschaft gegenüber kommunikativ verhalten will, würde nicht vermittelt.
Die Generation der türkischen Migranten, die hier aufgewachsen ist und Deutschland als ihre Heimat ansieht, brächte damit nicht ihr eigenes, sondern ein von den Vätern oktroyiertes Selbstverständnis zum Ausdruck. Der Bau wäre geteilt, seine Botschaft auch, und die einladende Geste der Architektur verkäme zur Attitüde: Der Außenstehende soll die Moschee gut finden, aber drinnen bleibt man lieber unter sich. Die Moschee würde zur Mogelpackung, zum Trojanischen Pferd. Der Architekt muss wissen, wofür er sich hergibt.
Wenn Innen und Außen nicht zusammen passen, am Ende alles anders wird, als am Anfang beschworen und beim Ganzen noch der Islam im Spiel ist, kennen Kritiker, die schon länger den Islam mit Argwohn betrachten, und bisher dafür – auch von der FAZ – des Rassismus beschuldigt wurden, ein passendes Wort: Taqiyya. Schön, dass die ersten Qualitätsjournalisten jetzt auch drauf kommen. Willkommen im Club!
(Vielen Dank den zahlreichen Spürnasen!)
Like
In mehreren Rezensionen ist das Buch von Efraim Karsh ‚Imperialismus im Namen Allahs. Von Muhammed bis Osama bin Laden [10]’ auch in Kreisen wahrgenommen worden, die sonst jede Kritik am Islam zurückweisen (PI berichtete [11] über ein Weltwoche-Interview mit dem Autor). Karsh beschreibt die Geschichte des Islam und imperialistischer islamischer Imperien als imperialistischen Traum, der noch lange nicht ausgeträumt ist.
Karshs Darstellung rüttelt auf. Der Westen täte gut daran, die Ambitionen der muslimischen Welt ernst zu nehmen.
Schon zu Beginn der Geschichte des Islam kommt sein Wesen zum Ausdruck:
‚Diese These (Islam = eine primitive Reaktion auf Fremdherrschaft) trifft in vielerlei Hinsicht zu, doch übersieht sie den imperialistischen Impetus, der hinter diesen frühen islamischen Eroberungen steht. Besatzer aus der Heimat zu vertreiben, ist ein Akt der Selbstbefreiung. Fremde Länder zu erobern und deren Bevölkerung zu unterjochen, ist purer Imperialismus.’
Schon Mohammed wollte, als er 622 nach Medina geflohen war,
‚nicht die fremde Besatzung abschütteln, sonder nach einer neuen weltweiten Ordnung streben, in der die gesamte Menschheit dem Islam anhängt oder zumindest unter dessen Herrschaft lebt.’
Die ganze Geschichte des Islam sei ein fortlaufender Kampf – oft um Weltherrschaft, mindestens aber um regionale Dominanz.
‚Der christliche Glaube gewann in einem äußerst schmerzhaften Prozess ein bestehendes Reich für sich, und sein Universalismus war ursprünglich rein geistig gemeint und unterschied eindeutig zwischen Kaiser und Gott. Die Geburt des Islam war im Gegensatz dazu unauflöslich mit dem Schaffen eines Weltreichs verbunden, und sein Universalismus war von Natur aus imperialistisch. Er unterschied nicht zwischen weltlicher und religiöser Macht. Während Jesus vom Reich Gottes sprach, benutzte Muhammed den Namen Gottes, um ein irdisches Reich zu errichten.’
Der Historiker Philip Hitti:
‚In Medina wurde er (der Islam) zu mehr als einer Staatsreligion – er wurde zum Staat. Damals und dort wurde der Islam zu dem, als was ihn die Welt seitdem erlebt hat – zu einer militanten Politik.’
Die von Mohammed vorerst als mögliche Verbündete eingeschätzten Juden, wurden zu seinen schärfsten Kritikern. Sie wiesen den Propheten auf Lücken und Unstimmigkeiten im Koran hin.
‚Verbittert begann Muhammed, die Juden in seinen Offenbarungen als Volk von Abweichlern und Verrätern hinzustellen, das die Propheten in der Vergangenheit verfolgt und die Heilige Schrift gefälscht habe.’ Schon bald sollten die Juden aus ‚dem Land der Araber’ vertrieben werden. Muhammed ersetzte Jerusalem durch Mekka als heiligsten Ort, machte die Kaaba zum zentralen Heiligtum, zerstörte die zahlreichen Götterbilder in der Kaaba und behauptete, der biblische Abraham habe die Kaaba gemeinsam mit seinem Sohn Ismael errichtet. Er ‚trennte Abraham vom Judentum und vom Christentum und verknüpfte ihn mit dem Islam bzw. noch konkreter mit sich selbst.’
Mohammed sah seine Religion immer mehr als universell an, er selbst wurde zu Gottes auserwähltem Menschensohn und der Islam zur einzig wahren Religion. Die Autorität Allahs,
‚verkörpert in der Person seines Gesandten, war allumfassend und ließ keinen Platz für andere Götter. Damit war die weltweite Ausdehnung der Umma lediglich eine Frage der Zeit. Da sie Allah unmittelbar verpflichtet war, konnte sie keinen Widerspruch dulden.’ Noch wichtiger war, dass die umma ‚einen scharfen Gegensatz zwischen Muslimen und ‚Ungläubigen’ schuf und einen permanenten Kriegszustand zwischen beiden voraussetzte.’ So heißt es in Muhammeds Abschiedsrede, in der alle Muslime verpflichtet werden, ‚alle Männer so lange zu bekämpfen, bis sie sagen: Es gibt keine Gottheit außer Gott.’
Schnell nahmen die Eroberungen zu, die ein klassischer Fall von expansionistischem Vorgehen einer aufstrebenden Kolonialmacht waren,
‚bei dem der Islam eher als moralische Rechtfertigung und einigender Kampfruf denn als treibende Kraft wirksam war. (…) Alle Imperialmächte und Imperialanwärter in der Geschichte haben sich stets auf irgendeine Art universelle Ideologie berufen’ zur Rechtfertigung der Expansion und um die Ergebenheit der eroberten Völker sicherzustellen. ‚Schon Muhammed hatte seine weltlichen Ziele gekonnt religiös verbrämt.’
Schon bald hatten Christen und Juden
‚unter sozialen Erniedrigungen und mitunter auch offener Verfolgung zu leiden. Ihre religiösen Aktivitäten außerhalb der Kirchen und Synagogen waren stark eingeschränkt, das Glockengeläut war untersagt, der Bau neuer Kirchen verboten, und die Bekehrung von Muslimen galt als Kapitalverbrechen, das mit dem Tode bestraft wurde. Juden und Christen mussten besondere Kleidung tragen, durften nur auf Eseln reiten, konnten keine muslimischen Frauen heiraten, mussten ihre Plätze verlassen, wenn Muslime sich setzen wollten, waren von Machpositionen ausgeschlossen.’
Sogleich bildeten sich radikale religiöse Bewegungen – unter ihnen die Schiiten und die Kharijiten. Letztere sind eine Art Vorboten radikaler islamischer Denker des 20. Jahrhunderts, die sich als die einzig wahren Muslime betrachteten. Sie hatten keinerlei Skrupel, das Blut ihrer Glaubensbrüder zu vergießen, denn sie führten allein gegen diese ‚Häretiker’ einen heiligen Krieg.
Das islamische Reich wurde zu einer
‚arabischen Militärautokratie, die von Arabern einzig und allein zum Nutzen von Arabern betrieben wurde. Nichtaraber wurden davon abgehalten, zum Islam zu konvertieren, damit man sie weiter unterjochen und in einem Zustand der Minderwertigkeit halten konnte, und diejenigen, die trotzdem konvertierten, behandelte man als Bürger zweiter Klasse. Nichtaraber mussten zahlreiche Beeinträchtigungen ihrer sozialen und kulturellen Identität hinnehmen.’
Besonders die Abbasiden waren darum bemüht, den theokratischen Charakter ihrer Herrschaft herauszustellen. Ihre Glaubwürdigkeit stärkten sie durch
‚religiöse Taten, etwa durch den Bau des Felsendoms in Jerusalems oder der Moscheen in Damaskus und Medina.’ Die Abbasiden waren, wie schon ihre Vorgänger, in erster Linie imperiale Monarchen, ‚für die der Islam ein Mittel darstellte, um ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen und ein soziopolitisches Umfeld zu schaffen, das ihrer Herrschaft möglichst förderlich war. Er bildete zudem eine brauchbare Fassade, hinter der man die materiellen Früchte imperialer Expansion in vollen Zügen genießen konnte.’
‚Als universelle Religion strebt der Islam nach einer globalen politischen Ordnung, in der alle Menschen entweder als Gläubige oder als Untertanengemeinschaften unter der Herrschaft des Islam leben. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es die Pflicht aller freien, männlichen und erwachsenen Muslime, einen bedingungslosen Kampf ‚auf dem Wege Gottes’ oder Jihad zu führen. Das wiederum macht die Gegenden der Welt, die noch nicht vom Haus des Islam erobert wurden, zum Schauplatz einer permanenten Auseinandersetzung, die nur mit dem Triumph des Islam ein Ende finden wird. Bis dahin kann es keinen Frieden zwischen den beiden Weltsystemen geben, sondern lediglich eine vorübergehende Einstellung von Feindseligkeiten aus Gründen der Notwendigkeit oder der Zweckdienlichkeit.’
Dabei geht es
‚in erster Linie um den Aufbau eines Imperiums und weniger um einen ‚clash of civilizations’.’
Bei den Eroberungen spielte es für die Muslime keine Rolle, ob es sich um geistiges oder materielles Eigentum der besiegten Völker handelte.
‚Beides war legitime Kriegsbeute, die problemlos ohne Zuschreibung von Eroberern übernommen werden konnte und als ureigener Teil des Hauses des Islam galt.’
Über die Kreuzzüge:
‚Anders als die frühen islamischen Eroberungen entsprangen die Kreuzzüge nicht dem Drang nach Weltherrschaft, sondern waren ein begrenztes Unterfangen, das auf ein ganz spezifisches Ziel ausgerichtet war: die Befreiung Jerusalems und des Heiligen Grabes von der Herrschaft der Ungläubigen.’
Im Folgenden beschreibt Karsh mit atemberaubenden Worten den Aufstieg und Untergang des Osmanischen Reiches. Erwähnt sei der Umgang des osmanischen Reiches mit der größten Minderheit in der asiatischen Türkei, den Armeniern.
‚Der osmanischen Führung muss klar gewesen sein, dass die Zerschlagung einer so großen nationalistischen Bewegung enormes Leid mit sich brachte und dass die Zwangsdeportation fast eines gesamten Volkes in eine ferne, fremde und feindliche Umgebung inmitten eines allgemeinen Krieges gleichbedeutend mit der kollektiven Todesstrafe war. Egal, worauf sie möglicherweise zunächst abzielten – letztlich waren die osmanischen Aktionen nichts anderes als ein Genozid.’ Karsh bezeichnet den ‚Umgang’ mit den Armeniern als eine ‚Völkermordorgie’.
Im 20. Jahrhundert kam besonders stark der Traum vom einen Imperium auf, dem so genannten ‚Panarabismus’. Dabei unterscheidet sich solcher Nationalismus beträchtlich
‚vom europäischen Nationalismus und Patriotismus. Zwar sind Araber naturgemäß dem Land ihrer Herkunft verbunden, aber ihr Nationalismus ist nicht durch Grenzen eingeschränkt. Er meint das Bestreben, die große tolerante Zivilisation des frühen Kalifats wiederherzustellen.’
Was für ein Einheitsgedanke steckt dahinter? Hass und nicht gemeinsame Loyalität. So verfügt der Panarabismus über seine Bösewichter und Aggressoren.
‚Entsprechend wurden die Kreuzzüge, die für die Muslime des Mittelalters nur eine nachgeordnete Rolle gespielt hatten, ganz oben auf diese ‚Hassliste’ gesetzt: nämlich als erstes vermeintliches Vordringen des westlichen Imperialismus ins ‚arabische Vaterland’.
Daraus lässt sich auch die Ablehnung eines jüdischen Staates erklären. Der Grund liegt
‚nicht in der Sorge um die nationalen Rechte der palästinensischen Araber, sondern in dem Bestreben, eine vermeintliche Schmälerung des panarabischen imperialen Erbes zu verhindern. (…) Palästina galt nicht als spezifische Entität, die nationale Selbstbestimmung verdiente, sondern als integraler Bestandteil einer einheitlichen arabischen Regionalordnung, von der kein einziges Element abgetreten werden durfte.’
Der ägyptische Präsident Nasser, der den Gazastreifen als Besatzungszone regierte, sagte 1956:
‚Die Palästinenser sind in ihrer jetzigen Lage für die arabischen Staaten von Nutzen. Wir werden stets darauf achten, dass sie nicht zu mächtig werden.’
Die panarabische Solidarität gegenüber den Palästinensern blieb aus. Als Flüchtlinge wurden sie in den arabischen Staaten als ‚feiges Pack’ beschimpft. Als Gastgeber wurden sie verachtet und ausgenutzt. Wiederum Ägypten:
‚Warum sollen wir nach Palästina gehen und kämpfen, während sich die palästinensischen Kämpfer der Sache durch ihre Flucht nach Ägypten entziehen?’
‚All dies bedeutet, dass der Panarabismus entgegen seinem angeblichen Universalismus in Wirklichkeit ein Euphemismus für die imperialistischen Bestrebungen verschiedener arabischer Dynastien und Herrscher war, dessen Regeln oftmals entsprechend den eigennützigen Zielen formuliert und umformuliert wurden.’
‚Nasser betrachtete Israel nicht nur als Marionette des Weltimperialismus, sondern als eigene dämonische Macht und thematisierte dies regelmäßig in seinen öffentlichen Äußerungen.’
Nasser empfahl die Protokolle der Weisen von Zion, einen zutiefst antisemitischen Traktat, in Auftrag gegeben von russischen Geheimpolizei, als nützlichen Einblick in den ‚jüdischen Geist’. Das viel beschworene Ziel der arabischen Einigung war nichts anderes als ein Werkzeug, um Nassers imperialen Traum zu befördern. Zukunfts-Landkarten wurden erstellt, auf denen der Libanon und Israel als politische Einheiten verschwunden waren. Stattdessen gehörten Schwarzafrika und die gesamte (!) arabische Welt zum ägyptischen Reich.
Der Antizionismus wurde zum wichtigsten Nenner panarabischer Solidarität und der wirkungsvollste Mobilisierungsfaktor. Nasser betrieb eine langfristige Strategie gegen Israel. Israel sollte geschwächt und die Kräfte im Land gegen Israel aufgebaut werden.
‚Die PLO wurde ermächtigt, eine palästinensische Freiwilligenarmee aufzustellen, die von den arabischen Regierungen unterstützt werden sollte, und man richtete einen Sonderfonds ein.’
Nasser rückte gegen Israel vor mit der Behauptung, Israel ziehe seine Truppen gegen Syrien zusammen. Doch sogar seine eigenen Offiziere konnten eine solche Mobilmachung Israels gegen Syrien nirgends entdecken. Doch Nasser ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen. Er begann mit der Truppenstationierung auf dem Sinai – eigentlich entmilitarisierte Zone und entscheidend für die nationale Sicherheit Israels.
‚Obwohl er genau wusste, dass kein israelischer Angriff auf Syrien bevorstand, trieb er seine Aktivitäten weiter, denn er war fest davon überzeugt, dass eine Fortdauer der Krise seine panarabische Stellung stärkte.’ Am 26. Mai 1956 ließ Nasser verlauten: ‚Falls es zu Feindseligkeiten kommt, wird unser Hauptziel die Zerstörung Israels sein. (…) …wird Gott uns sicher helfen, den Status quo der Zeit vor 1948 wiederherzustellen.’
Es handelte sich nun um einen jihad, mit dem das wichtigste Überbleibsel des ‚westlichen Imperialismus’ im Nahen Osten beseitigt werden sollte. Der Augenblick der Abrechung mit dem ‚Zionistengebilde’ war gekommen. Israel sollte von der Landkarte getilgt werden. Doch Nassers Luftwaffe wurde noch am Boden am 5. Juni 1967 zerstört und seine Armee in drei Tagen vernichtend geschlagen und aus dem Sinai vertrieben. Seine Version lautete dann, nicht Israel habe den Krieg gewonnen, sondern die USA für Israel, indem sie Israel bis an die Zähne bewaffneten.
Nassers Nachfolger Sadat wollte den
‚schwankenden Mast mit den Farben der Religion versehen. Er entließ Tausende islamischer Glaubenskämpfer aus dem Gefängnis, legalisierte die Aktivitäten der Muslimbruderschaft, setzte viele Aktivisten auf ihre früheren Posten. Die Scharia wurde in der Verfassung von 1971 zu einer Hauptquelle der gesamten staatlichen Gesetzgebung, und in der von 1980 sogar zu der wichtigsten Quelle erklärt.’
1982 marschierte die israelische Armee in den Libanon ein, mit dem Ziel, die PLO als unabhängigen politischen Akteur auszuschalten. Eigentlich hätte eine solche Entwicklung die Araber gegen ihren israelischen Erzfeind einen müssen. Doch mit der panarabischen Solidarität war es nicht weit her. Kein arabischer Staat kam den Palästinensern zu Hilfe. Sogar Syrien
‚kooperierte nicht mit der PLO, sondern nützte den Krieg vielmehr als Möglichkeit, um die palästinensische Organisation vollständig seinem Willen zu unterwerfen.’
Syrien war gar nicht erfreut über das Tauwetter in den Beziehungen der beiden Supermächte. Gorbatschow war nicht mehr bereit, die Araber bedingungslos zu unterstützen und
‚begegnete dem arabisch-israelischen Konflikt nunmehr objektiv.’
Damit einher ging ein massenhafter Exodus sowjetischer Juden nach Israel. Dadurch wurde, zum Missfallen der Araber, Israels demographische Struktur gestärkt und nicht geschwächt.
Über die Rolle Saddam Husseins sei hier nur kurz erwähnt, dass Saddam ‚
ein Geschöpf des arabischen Imperialtraums war, aus der grausamen irakischen Schule, in der er gelernt hatte, zu überleben und alle Widersacher zu besiegen.’
Über Arafat: Arafat war nicht bereit, ‚
das Recht des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung in der Heimat der Vorfahren anzuerkennen, und betrachtete Israel als künstliches fremdes Konstrukt, das vom westlichen Imperialismus geschaffen und mitten in die arabische Welt gepflanzt worden war.’
Wenn sich Arafat an ein westliches Publikum wandte, lobte er immer wieder den ‚Frieden der Mutigen’. Wenn er mit Palästinensern sprach, tat er die Friedensverträge als temporäre Maßnahme ab, derer man sich bei erstbester Gelegenheit entledigen werde. Dazu hämmerte er seinem Volk einen dauerhaften Hass auf den Staat Israel, die Juden und das Judentum ein. Er war dazu damit beschäftigte, eine ausgedehnte terroristische Infrastruktur aufzubauen. Er weigerte sich, die Hamas zu entwaffnen und nahm in Kauf, dass Hunderte Israelis von diesen Gruppierungen umgebracht wurden. Er schuf eine größere israelische Armee, als vertraglich abgemacht. Und gespendete Summen für die Zivilbevölkerung setzte er für den Kauf verbotener Waffen ein. Er zog über den Präsidenten Benjamin Netanyahu öffentlich her und brach im September 2000 einen Terrorkrieg vom Zaun. Die arabischen Staaten machten Israel für den Ausbruch der Gewalt verantwortlich. Ihnen ging es um den imperialen Traum. Niemand der umliegenden Staaten unterstützte die Palästinenser (nur Saddam Hussein). Der Antizionismus blieb der wichtigste gemeinsame Nenner panarabischer Solidarität.
Der ägyptische Präsident Mubarak wollte nie eine echte Versöhnung mit Israel.
‚Für Mubarak ist der Frieden kein Wert an sich. Über die Jahrzehnte hat Mubarak die Interaktion mit Israel auf ein Minimum reduziert und gleichzeitig die ägyptischen Streitkräfte zu einer beeindruckenden modernen Armee gemacht. Er hat zudem in Ägypten eine Kultur des virulenten Antisemitismus gefördert, deren Prämissen er augenscheinlich teilt, und sein Land damit zum weltweit fruchtbarsten Produzenten antisemitischer Vorstellungen und Einstellungen gemacht.’
So lebten die ‚Blutlegende’ und das ‚Menschenopfer im Talmud’ wieder auf. Es wurde behauptet, Israel exportiere infiziertes Saatgut, Gewächs und Vieh, um die ägyptische Landwirtschaft zu zerstören, verbreite Geschlechtskrankheiten und verteile Drogen. Populär wurde auch die antisemitische Hetzschrift ‚Protokolle der Weisen von Zion’.
‚Nacheinander waren vier israelische Präsidenten bereit, die Glanhöhen an Syrien zurückzugeben, wenn sie dafür Frieden erwarten konnten. Hafiz-al-Assad lehnte jedes Mal ab.’
Und zwar
‚wegen seiner grundsätzlichen Abneigung, sich formal mit der Existenz des ‚neuen Kreuzritterstaates’ abzufinden, den letztlich, so wurde Assad nicht müde zu betonen, das gleiche Schicksal ereilen würde wie das mittelalterliche Königreich der Kreuzritter vor ihm.’
Schließlich sollte der Kampf auf den Boden des Feindes getragen werden,
‚um diejenigen, die den Brand bei uns entfachen, die Hände zu verbrennen. Das wichtigste Instrument, um den Kampf ‚auf den Boden des Feindes’ zu tragen, war der Terrorismus.’
Dem Feind sollten möglichst hohe Verluste beigebracht werden durch ‚Märtyreroperationen’, die zugleich das
‚billigste und effektivste Mittel seien, über welches die Muslime verfügten, und die einzige Sprache, die der Westen versteht.’
Keiner hat den antiwestlichen Jihad so weit getrieben wie der saudische Multimillionär Osama bin Laden, geboren 1957. Neu an bin Laden war, dass er
‚die uralte imperialistische Vision des Islam in konkretes Handeln zu Beginn des 21. Jahrhunderts übersetzte. Denn er ist der erste Islamist, der nicht nur einen Jihad gegen die Vereinigten Staaten erklärte, sondern auch tatsächlich einen solchen Krieg vom Zaun brach.’
Er gründete beispielsweise 1998 die Internationale Islamische Front für den Jihad gegen Juden und Kreuzfahrer, eine Dachorganisation.
‚Die Gräultaten vom 11. September führen am eindrücklichsten die globale Dimension von bin Ladens imperialistischen Ambitionen vor Augen. In seiner Kriegserklärung 1996 hatte er geschworen, die Größe der Umma wieder herzustellen.’
So sagt er:
‚Mir wurde aufgetragen, die Menschen so lange zu bekämpfen, bis sie sagen, dass es keine Gottheit außer Gott gibt.’
Nach bin Laden haben die Anschläge ihr Ziel voll erreicht. Mit seinen Worten:
‚Sie haben nicht nur die Schande getilgt, die unsere Nation befiel, und den USA eine Lektion erteilt, die sie nicht vergessen werden, sondern auch die unglaubliche Zerbrechlichkeit dieses ‚Hubal (ein Götze) unserer Zeit’ sichtbar werden lassen und damit eine Ereigniskette in Gang gesetzt, an deren Ende, so die Verheißung, der weltweite Triumph des Islam stehen werde.’
Nun ist der islamische Imperialtraum von der Weltherrschaft nicht nur in wenigen, sondern in vielen Herzen bis heute sehr lebendig geblieben. Dies zeigen zahlreiche religiöse Gruppen und Organisationen überall auf der Welt.
‚Bis heute sehnen sich viele Araber und Muslime ganz offen nach einer Zurückgewinnung Spaniens.’
‚Selbst Länder, die nie zum Imperium des Islam gehörten, sind legitime Ziele islamischer Vorherrschaft geworden. Das die muslimische Bevölkerung aufgrund von Zuwanderung, höheren Geburtenraten und Konversionen gegen Ende des 20. Jahrhunderts rasant zunahm, sind immer häufiger Prophezeiungen zu hören, wonach der Islam letztlich über den Westen triumphieren werde. Seit Ende der 1980er Jahre betrachten verschiedene islamistische Bewegungen in Frankreich die wachsende Zahl französischer Muslime als Zeichen dafür, dass das Land Teil des Hauses des Islam geworden ist. Darin spiegelt sich die Tatsache wider, dass die Muslimbrüder in den vergangenen fünfzig Jahren ein ausgedehntes europäisches Netzwerk von Moscheen, Schulen und islamischen Wohlfahrtseinrichtungen aufgebaut haben.
In Deutschland, das auch die zahlreichen Islamisten, welche vor der Verfolgung in ihren Heimatländern flohen, bereitwillig aufgenommen hat, haben sich die Muslimbrüder erfolgreich als die eigentliche Stimme der drei Millionen Menschen umfassenden muslimischen Gemeinde etabliert.
Im Herbst 2003 musste die deutsche Öffentlichkeit erschrocken zur Kenntnis nehmen, dass muslimische Kinder in von Saudi-Arabien finanzierten Moscheen und Schulen mit rassistischem und antiwestlichem Gedankengut gefüttert werden. (…). Ähnlich erschüttert waren die Amerikaner angesichts einer Reihe von Enthüllungen über den ‚suprematistischen’ Unterricht an islamischen Schulen in den USA, der unter anderem Christentum und Judentum herabwürdigte und die Kinder von der westlichen Gesellschaft und Kultur entfremdete. Man muss denn auch nur einen Blick auf die englischsprachige Homepage der Muslimbrüder werfen, wo als Hauptziele der Organisation die Widerherstellung des Kalifats und ‚die Eroberung der Welt durch den Islam’ genannt werden. Selbst so moderate islamische Wissenschaftler wie Dr. Zaki Badawi, der langjährige Leiter des Islamic Cultural Center in London, eines Zentrums des interreligiösen ‚Dialogs’, bekannten sich zum Fortbestehen des islamischen Imperialtraums.’
Der Islam muss also als Eroberer und Sieger nach Europa zurückkehren, nachdem er zweimal von dort vertrieben wurde.
‚Dieses Ziel muss nicht zwangsläufig mit dem Schwert verfolgt werden; es lässt sich auch erreichen mittels Bevölkerungswachstum und steter Bekehrung der lokalen Bevölkerung durch ‚eine Armee von Predigern und Lehrern, die den Islam in allen Sprachen und in allen Dialekten präsentieren werden’. Sollten friedliche Mittel jedoch nicht ausreichen, kann ohne weiteres auch physische Gewalt zur Anwendung kommen.’
Wenn einmal die politische Zusammenarbeit gesucht wird,
‚bedeutet dies freilich nicht, dass man westliche Grundsätze und Werte übernahm, wie die Ereignisse des 11. September 2001 hinreichend gezeigt haben. Entgegen verbreiteter Meinung haben diese Anschläge wenig mit dem internationalen Verhalten der USA oder ihrer Nahostpolitik zu tun. Vielmehr behindert Amerikas Stellung als überragende Weltmacht die imperialistischen Bestrebungen der arabischen und islamischen Welt. Insofern ist es ein natürliches Angriffsziel. Der Krieg Osama bin Ladens richtet sich nicht gegen Amerika als solches, sondern stellt vielmehr die jüngste Manifestation des mehr als tausendjährigen jihad für ein universelles islamisches Reich (umma) dar. Diese Vision beschränkt sich keineswegs auf einen extremistischen Flügel des Islam, wie die überwältigende Unterstützung für die Anschläge vom 11. September überall in der muslimischen und arabischen Welt gezeigt hat.
Der Krieg des Hauses des Islam um die Weltherrschaft ist ein traditionelles, ja sogar ehrwürdiges Bestreben, das keineswegs vorüber ist.’
Gastbeitrag von Weatherman
Like