[1]Anfang Oktober besuchte der dänische Karikaturist Kurt Westergaard Yale und Princeton, zwei der besten Universitäten Amerikas, um zu Studenten, die die Elite von morgen sein sollen, zu sprechen. Die Studenten hatten überhaupt kein Mitgefühl – ja, sie waren fast feindlich – gegenüber Westergaard, einem Künstler, der ständig unter Polizeischutz steht, weil er eine Karikatur von Mohammed vor vier Jahren gezeichnet hatte.
(Von Paul Belien, Brussels Journal [2])
Westergaard wurde an beiden Orten, Yale und Princeton, stark von Polizisten bewacht. Zehn Beamte wachten im Raum – mehrere vor der Tür – als er zu seinen Zuhörern in Princeton sprach. So sieht das Leben für Westergaard in diesen Tagen [3] aus. „Als ich Anfang September 2005 eine kurze Anfrage von meinem Verleger bekam, meinen Eindruck vom Propheten Mohammed zu zeichnen, hatte ich keine Vorstellung davon, in was ich mich hineinbegeben würde“, sagte er zu den Studenten. [4]
Er zeichnete den islamischen Propheten mit einer Bombe im Turban. „Meine Karikatur“, sagte Westergaard, „war der Versuch, die Fanatiker, die eine große Anzahl von Bombenanschlägen, Morden und andere Gräueltaten mit Bezug auf die Worte ihres Propheten rechtfertigten, darzustellen. Wenn viele Muslime gedacht haben, dass ihre Religion solche Handlungen nicht dulden würden, so hätten sie aufstehen und erklären sollen, dass die gewalttätigen Männer die wahre Bedeutung des Islam falsch interpretiert hätten. Sehr wenige von ihnen haben das getan.“
Im Gegenteil, als Beweis dafür, dass Westergaard den Nerv des Islam getroffen hatte, musste er sich verstecken, als muslimische Radikale gedroht haben ihn zu töten, wegen „Verunglimpfung“ ihres Propheten. Er und seine Frau lebten in mehr als zehn verschiedenen von der Regierung vorgesehenen sicheren Häusern, bevor die dänischen Behörden sein eigenes Haus in einen Bunker verwandelten, mit elektronischen Überwachungskameras, kugelsicheren Fenstern, Stahltüren und einem Panikraum.
Die dänische Karikaturenaffäre führte zu Unruhen und Angriffen auf dänische Botschaften und Grundbesitz in den islamischen Ländern, die im Tod von über 130 Personen mündeten. Die Drohungen gegen Herrn Westergaard sind immer noch so unmittelbar, wie sie es vor vier Jahren waren. Letztes Jahr hat die dänische Polizei zwei Tunesier verhaftet, die planten, in Westergaards Haus einzudringen, um den Zeichner zu ermorden. „Ich lebe seit einiger Zeit unter Polizeischutz und ich erwarte, dass dies auch für den Rest meines Lebens so bleibt“, sagte Westergaard seinen Zuhörern an den Universitäten Princeton und Yale.
Dennoch, trotz des Preises, den er und seine Frau zahlen müssten, bedauert der 74-jährige Künstler nicht, dass er die Karikatur gezeichnet hat. Er hat sich auch stets geweigert, sich bei denjenigen zu entschuldigen, deren Gefühle er verletzt haben könnte. Für ihn ist es eine Frage des Prinzips. „Die freie Meinungsäußerung muss Grenzen haben, aber diese Beschränkungen werden durch das Gesetz festgelegt und durch die Rechtsprechung der Gerichte. […] Meine Karikatur war im Rahmen der Gesetze, und niemand außer einigen fanatischen Muslimen hat je etwas anderes gesagt. In der Tat zogen 22 muslimische Organisationen in Dänemark vor Gericht, um zu versuchen, die Karikaturen zu zensieren. Der Fall wurde als unbegründet abgewiesen. Dann gibt es da die Frage des Geschmacks und guter Manieren. Auch hier muss ich mich auf meine Unschuld berufen. Mein Cartoon wäre ein Versuch gewesen, die Gefühle eines jeden Muslimen auf der Welt zu verletzen. Das war nie meine Absicht.“
Die Karikatur, die Westergaard gezeichnet hat wurde zu einer Ikone unserer Zeit. Es ist die einzige Zeichnung in der jüngsten Geschichte, wegen der Menschen getötet haben und deren Hersteller unter einer permanenten Bedrohung leben muss, ermordet zu werden. Westergaard, stets in schwarz und rot gekleidet, sagt „die Farben des Anarchismus“, und zuckt mit den Schultern, wenn man ihn zu seinen Ängsten befragt. „Wenn Sie alt sind, hat man nicht mehr viel zu verlieren“, sagt er.
Darüber hinaus erklärt er, sehe er keinen Grund, warum Muslime anders behandelt werden sollten als andere Menschen. Er hat auch Dinge gezeichnet, die Christen und Juden als anstößig eingestuft hatten, darunter die „pro-palästinensische“ Karikatur eines Nazi-Häftlings mit SS-Bewachung, die durch Israelis ersetzt wurden und die Gefangenen durch Palästinenser mit dem Wort „Araber“ auf ihrem Davidstern statt „Jude“. „Es war ein pro-palästinensischer Artikel, den ich illustrieren musste“, erklärt er. „Das ist mein Job. Meine Abbildungen müssen im Einklang mit der Botschaft des Artikels stehen.“ Obwohl die dänischen Juden beleidigt waren, und dies auch so Westergaard mitteilten, haben sie nie gedroht, ihn zu töten, auch forderten sie keine Entschuldigung ein.
Die dänische Karikaturenaffäre hat sich zum wichtigsten Fall der freien Meinungsäußerung in unserer Zeit entwickelt. Da das Recht auf freie Meinungsäußerung unteilbar ist, enthält es, wie Westergaard in Princeton und Yale sagte, „das Recht, den Islam, Muhammad und die Muslime genau so zu behandeln, wie jede andere Religion, Propheten oder Gruppe von Gläubigen. Wenn wir dieses Recht nicht mehr hätten, könnte man daraus nur schließen, dass das Land de facto von der Scharia geschluckt wurde.“
Trotz ihres Unmuts, den die Karikatur von Westergaard auf sich gezogen hatte, haben die dänischen Politiker ihm zur Seite gestanden und sich geweigert ihn zu kritisieren, geschweige denn sich für die Zeichnung zu entschuldigen, und sie haben ihm dauerhaften Schutz gegen seine Möchtegern-Attentäter gegeben.
Wie würde jedoch das amerikanische Establishment reagieren, wenn es mit einem ähnlichen Fall konfrontiert wäre? Amerikanische Zeitungen haben sich geweigert, seine Karikaturen nachzudrucken, auch nicht als Illustrationen zu den Artikeln über den Fall. Die Yale University Press hat ein ganzes Buch über die Affäre veröffentlicht, ohne dass die Karikaturen gezeigt wurden. Während das Bild einer Karikatur auf einen Bildschirm projiziert wurde während Kurt Westergaard’s Vortrag in Princeton, weigerten sich die Behörden an der Yale Universität, dies zu tun, als Westergaard dort seinen Vortrag hielt. Sie erzählten Westergaard, dass sie nur erlauben würden, die Karikatur in einem separaten Raum zu zeigen, „so dass die Studenten, die es nicht sehen wollten, es nicht sehen müssten“, und damit behandelten sie die Karikatur als wäre sie ein widerliches Stück Pornographie. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Karikatur nicht einmal in einem separaten Raum gezeigt wurde.
Trotz der dänischen Karikaturen-Affäre, die man als einen Wendepunkt für die Freiheit der westlichen Medien, Religionen und Ideologien ansehen kann, ohne Angst vor gewalttätigen Repressalien kritisieren zu dürfen, ist nur eine kleine Anzahl von Studierenden an beiden Universitäten Yale und Princeton aufgetaucht, um Westergaard zuzuhören, wie er seinen Fall darstellt. An der Princeton Universität haben sich etwa sechzig Menschen beteiligt, an der Yale etwa achtzig. Sowohl in Princeton als auch an der Yale University, war die Hälfte des Publikums muslimisch, während die andere Hälfte entweder mit ihnen einverstanden war oder eingeschüchtert war oder so erschien.. Vielleicht haben die nicht Muslime unter den amerikanischen Ivy League Studenten einfach keine Ahnung von der dänischen Karikaturen-Affäre oder kümmern sich nicht darum.
In beiden Universitäten, Yale und Princeton, haben die Behörden dafür gesorgt, dass die kritischen muslimischen Stimmen gegenüber Westergaard zu Wort kamen. In Yale hatten sie sogar ein Fünftel der Sitze im Publikum speziell für Muslime reserviert, jedoch tauchten viel mehr auf.
An der Princeton Universität saß der offizielle muslimische Campus Geistliche mit im Diskussionsforum. Er war sehr kritisch gegenüber dem Dänen eingestellt, aber er war bereit, mit ihm zu diskutieren. Er machte auch keine Einwände dagegen, dass die Karikatur gezeigt wurde. In Yale aber behauptete der muslimische Geistliche, ein gewisser Omer Bajwa, dass Westergaards Besuch in Yale Teil einer Verschwörung von Geert Wilders, einem niederländischen Politiker und Daniel Pipes, einem amerikanischen Gelehrten sei. Sowohl Wilders als auch Pipes stehen dem Islamismus kritisch gegenüber. Mr. Lars Hedegaard, der dänische Präsident der Internationalen Gesellschaft Free Press (IFPS), der den Besuch von Herrn Westergaard in Amerika organisiert hatte, verneinte dies und wies darauf hin dass „Herr Wilders und Herr Pipes keine Kenntnis davon haben, dass Herr Westergaard hier ist.” Bajwa wollte auch von Westergaard wissen, „was Ihr Sohn, der zum Islam konvertiert ist, über diese Cartoons denkt, und Ihre Weigerung, sich zu entschuldigen?“ Wie sich herausstellte, ist weder Westergaards Sohn zum Islam bekehrt worden noch eines seiner anderen Kinder.
Das Publikum an der Yale Universität – alles Studierende, deren Eltern bis zu 50.000 US-Dollar pro Jahr zahlen, um sie dorthin zu schicken – war sogar noch feindlicher gegenüber Westergaard eingestellt als die Studenten in Princeton. Einer von ihnen erzählte Westergaard: „Sie fühlen sich unsicher heute, das ist schade, aber Sie sollten wissen, dass ihre Anwesenheit hier heute Tausende von anderen Menschen verunsichert hat.“ Diese Art der Erklärung macht eine moralische Gleichstellung zwischen dem Versuch, jemanden zu ermorden und dem Zeichnen einer Karikatur.
Rabbi Jonathan Hausman, der die Veranstaltung an der Yale Universität als Gast der IFPS besucht hatte, war von dem, was er als Zeuge beobachten konnte, geschockt [4]:
Ich war enttäuscht von der Unfähigkeit der Teilnehmer der Yale-Gemeinschaft, die Verantwortung für die Gewalt festzustellen die auf diejenigen ausstrahlt, die diese Verantwortung bekunden. […] Jeder Fragesteller schien die Schuld falsch anbringen zu wollen.
Außerdem ist es klar, dass die Hochschule an der Malaise einer relativistischen Wahrheit leidet und an multikultureller Ethik. Es gibt keine universellen Wahrheiten mehr. Als ich auf dem College war, schien es so zu sein, dass der Punkt der Ausbildung auf universitärer Ebene war, das Thema das gerade untersucht wurde, zu nutzen, um unabhängiges, kritisches Denken zu fördern. Heute sind alle Wahrheiten gleich. Ich schwöre dieser Auffassung ab. Letztlich glaube ich, dass die Universität verloren ist.
Die amerikanische Kolumnistin Diana West, eine Absolventin der Yale Universität, bezeichnet ihre ehemalige Hochschule als „Wrack“ [5]. Westergaard braucht keine Karikatur von der Yale University zu zeichnen, wenn er nach Hause zurückkehrt. Sie hat sich selbst zu einer Karikatur gemacht.
Post Scriptum
Nach seinem Besuch in Yale flog Westergaard nach Toronto, wo er von der „National Post“ [6], einer der wichtigsten nationalen kanadischen Zeitungen interviewt wurde. Am nächsten Tag veröffentlichte die Zeitung das Interview mit dem dänischen Karikaturisten auf der ersten Seite, einschließlich der umstrittenen Karikatur. Keine bedeutende amerikanische Zeitung, einschließlich seiner liberalen Flaggschiffe, hat es gewagt, so weit zu gehen.
Übersetzung: LIZ/die-gruene-pest.com [7]
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