[1]Wolfgang Pohrt (Foto l.) ist Sozialwissenschafter und Publizist. Er gibt selber zu, vom Islam und vom Koran nicht den blassesten Schimmer zu haben. Aber er schreibt darüber und maßt sich wie selbstverständlich ein Urteil an. Er zieht über die Kirche und das Christentum her, wobei er gleichzeitig den Islam und sein Wesen grenzenlos verharmlost. Pohrt hat das Buch „Kapitalismus Forever – Über Krise, Krieg, Revolution, Evolution..“ geschrieben, aus dem heute im Tagesspiegel um Mitternacht (!) ein Essay vorveröffentlicht wurde. Der Titel der Geisterstunde lautet „Zweikampf: Abendland vs Islam [2]„. Man fragt sich, wie kann ein ganz offensichtlich Islam-faktenfreier Sozialwissenschaftler über ein Thema schreiben, von dem er selbst zugibt, keine Ahnung zu haben?
(Von Michael Stürzenberger)
Pohrt ist der Prototyp des linksverdrehten unwissenden Islamverharmlosers, von denen es in Deutschland massenhaft gibt. Und die momentan die Mainstream-Meinung zum Thema Islam publizistisch bestimmen. Bereits der Einleitungstext gibt einen Vorgeschmack auf das, was einen in dieser dreiseitigen Absonderung von Ahnungslosigkeiten erwartet:
In Europa sind Gottlose in einen Religionskrieg getreten. Er richtet sich gegen die Moslems, sie werden als rückständig gebrandmarkt. Der Westen hält sich für aufgeklärt und human – das zeugt von einem Totalausfall realistischer Selbstwahrnehmung.
Und jetzt aufgepasst: Pohrt zieht über die Journalisten und Blogger her, die in Kenntnis der Fakten den Islam als gefährlich einstufen. Da sie seiner Meinung nach kein Wissen über den Islam haben. Wohlgemerkt: Hier schreibt einer, der nach eigenem Bekunden wohl noch keine Seite des Korans und der Biographie des Propheten Mohammed gelesen hat:
Mit der Scharia kenne ich mich nicht so gut aus. Ich weiß nur so viel: Wenn ein Idiot heute weder von Religion noch von Politik und auch sonst gar keine Ahnung hat – von der „Scharia“ quasselt er immer. Wenn es um den Islam geht, ist jeder Dorftrottel plötzlich Spezialist für Glaubensfragen, Orientalistik und Islamwissenschaft, ja sogar für Arabisch. In jedem Diskussionsforum im Internet gibt es faschistische Hetzer, die Koransuren angeblich aus dem Original zitieren, um zu beweisen, wie schrecklich und gefährlich der Islam sei.
Jeder kann sich ausmalen, was als nächstes aus dem typischen Argumentations-Nähkästchen eines linksverdrehten Schreiberlings kommt: Richtig, die Nazikeule. Wer den Koran analysiert, steht in der irren Geisteswelt dieses (ver)pohrten Geisterbahnfahrers auf der gleichen Stufe wie Eichmann & Co:
Diese Akribie erinnert an Eichmanns Judenreferat im Reichssicherheitshauptamt der SS, wo mit der Zeit die umfassendste Sammlung von Judaika zusammengetragen wurde und die Beflissensten unter den Mördern sogar Hebräisch gelernt hatten. Die kannten den Talmud besser als jeder Jude. Und so ist das heute auch. Die Moslemfresser können Koransuren zitieren, die einem Moslem mit Sicherheit unbekannt sind.
Woher nimmt Pohrt die „Sicherheit“, dass zitierte Koransuren einem Moslem „unbekannt“ sind? Schätzt er Moslems als generell unbelesen, unwissend oder gar intellektuell minderbemittelt ein? Tritt hier die Arroganz des linken Weltverbesserers zum Vorschein, der ganz offensichtlich von sich glaubt, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben?
Und jetzt Achtung: Pohrt bringt nun das ultimative Totschlags-„Argument“, mit dem jeder Islamkritiker zum Schweigen gebracht werden soll:
Breivik hat viele Brüder im Geiste.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Wer also eine totalitäre, gewaltbereite und tötungslegitimierende Ideologie kritisiert, der soll ein geistiger Bruder eines Massenmörders sein. Wie irreversibel muss das Zusammenspiel der Synapsen in Pohrt’s Hirn gestört sein, um zu solch wahnwitzigen Schlüssen zu kommen? Weiter mit seinen vor Ahnungslosigkeit strotzenden Ergüssen:
Anzunehmen ist, dass im Koran tatsächlich einige unschöne Regeln stehen. Aber das ist bei allen monotheistischen Religionen so. Davor hatte man einen ganzen Haufen Götter, einen für den Krieg, einen für die Liebe etc. Jetzt hatte man nur noch einen. Um trotzdem gemäß den Vorschriften der Glaubenslehre leben zu können, brauchte man ein einziges Religionsbuch, worin alle Wechselfälle des Lebens berücksichtigt sind. Und das bedeutet, dass es wie im Bauernkalender zu jeder Regel eine andere gibt, die das genaue Gegenteil besagt. Religionsbücher sind Ratgeber für alle Lebenslagen.
„Anzunehmen ist“! Warum liest er nicht selber nach, worüber er in grenzenloser Selbstverliebtheit schreibt und sich ein Urteil anmaßt? Warum überzeugt er sich nicht selbst davon, dass der Koran ein zeitlos gültiges Befehlsbuch ist, im krassen Gegensatz zur Geschichten erzählenden Bibel? Die Geisterbahnfahrt des Wolfgang Pohrt nimmt seinen vorhersehbaren Verlauf:
Ich bin weder bibelfest noch könnte ich die zehn Gebote aufsagen. Mich interessieren diese Religionsbücher nicht. Ich will wissen, wie die Leute ticken, und das weiß ich. Nämlich so: Allah ist groß – aber ein Cadillac ist größer. Dem Iran geht es um Atomwaffen, nicht um fromme Sprüche.
Es wird immer irrer. Also Pohrt weiß nichts über den Islam, aber er glaubt zu wissen, wie Moslems ticken. Kennt er sie etwa alle? War er beim arabischen „Frühling“ dabei, als sie unter „Allahu Akbar“-Rufen randaliert, geschlägert und getötet haben? Sitzt er im Kopf von Ahmadinedschad, wenn jener seine feuchten Israel-Vernichtungsträume im Atombombenlabor steigert? Weiß er, wie tausende muslimische Attentäter, Selbstmordbomber und Djihad-Kämpfer denken, die todesverachtend für die Errichtung von Allahs Reich auf Erden werkeln? Aber Pohrt kennt sich schließlich aus: Ein Cadillac würde ihnen im Zweifelsfall größer als Allah erscheinen. Wie kann man in der Beurteilung der Realität so weit daneben liegen – bei gleichzeitiger Ignoranz der Fakten?
Nun vergleicht er auch noch Moslems mit Ossis – seiner Meinung nach alles korrumpierbare Materialisten:
Wir kennen den faulen Zauber doch von der Wiedervereinigung. Erst sagten die Ossis, dass es ihnen um die Freiheit ginge, auch so eine Religion. Das hätte ich mir noch gefallen lassen. Aber dann kam heraus, was sie wirklich wollten, nämlich unsere D-Mark. Und beim Geld hört die Freundschaft auf.
Es wird immer abstruser in Pohrts Geisterbahnfahrt: Wenn heute jemand Zwangsverheiratungen, Ehrenmorde, Schlagen von Frauen, Genitalverstümmelungen etc im Islam kritisiert, wolle er nur christliche Verfehlungen verdecken:
Die Moslems anzuschwärzen, hilft also den Westlern, die eigene dunkle Vergangenheit zu verdrängen und den eigenen Dreck, der immer noch herumliegt, unter den Teppich zu kehren. Oder es hilft, dem Objekt eigener Begierden nahe zu sein, indem man sich bei anderen Personen darüber entrüstet. Das ist zum Beispiel beim Thema „Zwangsverheiratung minderjähriger Mädchen durch ihre Eltern“ in Internetforen zu beobachten. „Der Wüstling und die blütenreine Unschuld“ – der Stoff, aus dem die Träume alter Männer sind. Von denen gibt es gerade hier eine ganze Menge, aber die fliegen lieber nach Thailand, wo man mit jungem Gemüse Spaß haben kann, ohne gleich Lebenslang zu kriegen.
Und die Leiden eines jungen Mädchens, das gegen seinen eigenen Willen an einen alten Mann zwangsverheiratet werde, sei ja gar nicht so schlimm, im Vergleich zu den Leiden des Mannes, der dann später unter dem „Altersmatriarchat“ der hassenden Frau leiden müsse:
Komisch, dass keiner Mitleid mit dem zwangsverheirateten Mann hat. Die gleiche Gewalt, die ihm das junge Mädchen zuführte, verhindert nämlich die Trennung von der Frau, die ihn hasst und ihren Hass auskosten wird, wenn die Zeit für das Altersmatriarchat gekommen ist. Klar, es ist bitter für die Frau, einen Mann nehmen zu müssen, den sie nicht will. Das kommt aber auch ohne Zwangsheirat vor. Nämlich dann, wenn der Mann, den sie will, sie nicht will. Liebeskummer war früher ein häufiges Selbstmordmotiv.
Man fragt sich beim Lesen solcher Zeilen unweigerlich, welche Substanzen wohl um die Gehirnsynapsen des Herrn Pohrt herumnebeln könnten. Und welche Menschenverachtung die Redaktion des Tagesspiegels leitet, solch eine Beleidigung des gesunden Geistes zu veröffentlichen. Wer die Zurückweisung von Liebe auch nur ansatzweise mit einer Zwangsverheiratung vergleicht, hat jegliches Gespür für Verhältnismäßigkeit verloren.
Das dokumentiert sich in jedem Satz dieses „Essays“. Es wird immer irrer:
Das Alte bewahren – das ist der gemeinsame Nenner von Muslimen und Westlern. Beide wollen das. Beide wollen etwas, das sie nie hinkriegen werden. Beide wollen etwas bleiben, das sie nicht sind, gläubig die einen, aufgeklärt die anderen. Deshalb gibt es Krach. Also zurück zum Islam. Ist das eine besonders schlimme Religion?
Nein, im Gegenteil. Als Mordmaschine war das Christentum effizienter. Die Indianer in Südamerika und später in Nordamerika plattgemacht, im 30-jährigen Krieg einander verhackstückt, die Scheiterhaufen, die Folterkammern und die beiden Weltkriege mit an die 70 Millionen Toten – waren das etwa keine Christen? Und Auschwitz? Waren das die Moslems? Aber seien wir gerecht. Die Menschen morden unter Berufung auf die Religion, in Nordirland taten Christen verschiedener Konfession es bis in die jüngste Zeit. Aber sie brauchen die Religion nicht unbedingt, um zu morden, es geht ebenso gut auch ohne. Die Nation, der Stamm oder die Hautfarbe genügen auch.
Die Menschen morden nicht, weil sie Christen oder Moslems sind, sondern weil sie Mörder sind. Deshalb muss man ihnen das Morden ja verbieten, deshalb das Gebot „Du sollst nicht töten!“. Gebote wie „Iss Dich satt!“ oder „Schlaf Dich aus!“ brauchen wir dagegen nicht.
Tatsache ist, dass der Islam vergleichsweise wenig auf dem Kerbholz hat. Vermutlich aus Mangel an Gelegenheit, ich glaube nicht, dass es zwischen Christen und Moslems riesige Unterschiede gibt.
Grob geschätzte 270 Millionen Opfer des Islams sind in Pohrt’s Weltanschauung „verhältnismäßig wenig auf dem Kerbholz“. Unfassbar. Aber in einer demokratischen Gesellschaft darf eben jeder Unwissende seinen Stuss unters Volk bringen. Alle mitlesenden Christen, jetzt unbedingt anschnallen:
Obwohl – einen besonderen Hang zum Sadomasochismus kann man dem Christentum nicht absprechen. Eine andere Religion, die einen halbnackten, mit Nägeln ans Kreuz Geschlagenen und mit einer Dornenkrone Bekränzten zu ihrer Ikone macht, muss man auf dieser Welt erst mal finden. Günther Anders erzählt irgendwo, was für ein furchtbares Schreckbild das Kruzifix in seiner Kindheit für ihn gewesen ist. Die Einübung der Lust, sich selbst zu kasteien und andere zu quälen – vielleicht hat diese Tradition die Christen für eine Weile zu den erfolgreichsten Welteroberern gemacht.
Jeder gläubige Christ, der einen nächstenliebenden Gott, der sich selbst für die Menschheit opfert, eher wertschätzt als einen rachsüchtigen Gott, der das Töten seiner Geschöpfe fordert, die nicht an ihn glauben, ist jetzt aufgefordert, für seine Religion einzustehen. Sich zu wehren gegen einen unmoralischen Schreiberling, der nicht nur ahnungslos, sondern auch von einem schier bösartigen Hass auf das Christentum zerfressen zu sein scheint. Und in diesem Hass den aggressiven, machthungrigen, intoleranten und gewaltverliebten Islam verharmlost und verteidigt.
Das wohlgemerkt von einem, der immer wieder zugibt:
Aber ich bin kein Religionsexperte, und der Mensch ist nun mal ein grausames Tier, Foltertechniken gibt es wohl in allen Kulturen.
Auf der Zielgeraden seines Schmierenstücks gibt Pohrt einen tiefen Blick in sein krankes Inneres frei:
Eine Geschichte noch, die ich loswerden muss. Dem Erdbeben von Lissabon am 1. November 1755 fielen auch deshalb so viele Menschen zum Opfer, weil es zur Zeit des Gottesdienstes stattfand und die Kirchen einstürzten, in denen die Gläubigen sich versammelt hatten. Es traf die Richtigen. Für den Nachmittag war nämlich ein Autodafé angesetzt, eine Ketzerverbrennung, die damals bei den frommen Christen Volksfestcharakter hatte. Das letzte Autodafé hat übrigens 1826 stattgefunden.
So geht das immer. Man will über den Islam sprechen und landet beim Christentum.
Wie tief muss der Hass auf das Christentum bei diesem Typen sitzen? Der sich über den Tod von betenden Christen in Kirchen freut? Kein Wunder, dass zum Schluss auch noch die Urheberschaft für 9/11 dem Westen in die Schuhe geschoben wird:
Neuer Versuch: Fangen wir an mit dem 11. 9. 2001, den Anschlägen auf die Twin Towers und auf das Pentagon. Wer war’s? Natürlich Osama bin Laden und seine Crew. Aber das Drehbuch für den Horrorfilm kam aus Amerika. Mit dieser Szene endet Tom Clancys Bestseller „Ehrenschuld“, und sein Bestseller „Befehl von oben“ beginnt damit. Nur ist der Typ, der seine Maschine aufs Kapitol krachen lässt und damit die gesamte politische Spitze einschließlich des Präsidenten ausradiert, bei Clancy ein rachsüchtiger Japaner. Die Thriller erschienen 1994 und 1996, damals hatte man noch andere Feindbilder.
Was zeigt uns das? Osama bin Laden hat nicht nur amerikanische Serien im TV geguckt – „Fury“ mochte er am liebsten –, er war auch ein Fan von Tom Clancy. Und vermutlich kannte er Katastrophenfilme wie „Erdbeben“ oder „Flammendes Inferno“. Also: Wo uns der Islamismus am finstersten und archaischsten erscheint, ist die Verwestlichung am weitesten fortgeschritten.
Es wird sich zeigen, ob die geistig gesunden Menschen dieses Landes noch Ehre und Rückgrat haben. Ob Kirchenvertreter den Mut zeigen, offen gegen einen Vertreter des kranken linken Zeitgeistes anzutreten. Ob Christen endlich Flagge zeigen für ihre Religion und die Apolegeten der Gewalt und deren geistige Unterstützer offen demaskieren. Ob sich ein wahrer „Aufstand der Anständigen“ entfacht, aller Nicht-Moslems und Nicht-Linken, die sich den Ausverkauf ihrer Werte und Überzeugungen nicht mehr länger gefallen lassen. Wir warten auf einen Proteststurm, der sich über den Tagesspiegel und diesen verblendeten Schreiberling ergießt. Vielleicht werden wir aber auch vergeblich warten. Dieses Land ist vermutlich vollauf im „Kampf gegen Rechts“ ausgelastet.
» leserbriefe@tagesspiegel.de [3]
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