Frank SchäfflerEin Aufsatz aus dem Newsletter des ESM-Kritikers Frank Schäffler (FDP, Foto) befasst sich mit dem häufig genannten Begriff „Systemrelevanz von Banken“. Das hört sich sehr wichtig an, aber die wenigsten wissen, was es damit eigentlich auf sich hat. Die „Systemrelevanz“ ist etwas künstlich Geschaffenes, um den Staat als Schuldner zu bevorzugen. Damit wird das Risiko von Staatsanleihen verschleiert (Hervorhebungen durch PI):

Die Ursachen der Krise liegen in der Verflechtung zweier Systeme, die unabhängig voneinander sein sollten, nämlich Staaten und Banken. Idealerweise ist ein Staat schuldenfrei, weil sich die an ihn entrichteten Steuern und seine Ausgaben in der Höhe decken. Doch der Staat verschuldet sich, indem er Staatsanleihen emittiert. Diese Staatsanleihen geben die Geschäftsbanken wiederum als Sicherheiten, um sich bei der Zentralbank zu refinanzieren. So verheiratet sich das finanzielle Wohlergehen des Staates mit dem von Banken. Das Kind dieser unseligen Ehe ist die Systemrelevanz. Pleiten von Staaten bedrohen Banken und Pleiten von Banken die Staaten. Ziel muss es sein, diese Ehe aufzulösen, denn sie steht unter keinem guten Stern, wie die Krise zeigt.

Ansatzpunkt ist das regulatorische Eigenkapital der Geschäftsbanken. Die Solvabilitätsverordnung hat die Fiktion geschaffen, dass Staatsanleihen als risikofrei gelten, solange sie mit einem ausreichenden Rating versehen sind. Die staatliche Regulierung selbst hat also die Ratingagenturen zum Scharfrichter über die Bankbilanzen erhoben. Alles Jammern über unfaire Ratingagenturen geht daher fehl. Die Ratingagenturen wollten diese Macht nicht haben. Ein erster Schritt muss also sein, das regulatorische Rating abzuschaffen, wie es der Vorsitzende der Monopolkommission Professor Daniel Zimmer in seinem gestrigen Interview mit der Börsenzeitung gefordert hat. Damit wäre die Systemrelevanz der Urteile von Ratingagenturen beseitigt.

Ein zweiter Schritt muss die regulatorische Nullgewichtung von Staatsanleihen betreffen. Nichts ist risikofrei, auch nicht Staatsanleihen. Es ist nicht Aufgabe der Politik, die Bewertung von Aktiva vorzuschreiben. Die Politik hat hier eine besondere Art von Systemrelevanz geschaffen: Alle Staatsanleihen eines Emittenten werden in allen Bankbilanzen gleich bewertet. Für individuelle Spielräume ist kein Platz. Doch die besten Risikomanager sitzen in den Risikoabteilungen der Banken, nicht in politischen Ausschüssen. Überlassen wir den Banken die Bewertung, dann machen wir das System stabiler, weil es weniger Einheitsbrei und mehr Diversifikation gibt. Für die Bewertung von Staatsanleihen sollte es keine Sonderbehandlung geben. Sie sollten zukünftig nach ihrem tatsächlichen Ausfallrisiko bewertet werden.

Drittens sollten wir die Bedingungen für Groß- und Millionenkredite überprüfen. Die Bestimmungen der Groß- und Millionenkreditverordnung haben das Ziel, eine Konzentration der Kreditvergabe an einen einzelnen Kreditnehmer zu verhindern und somit die maximalen Verlustrisiken in Bezug auf einen einzelnen Kreditnehmer zu verringern. Es sollen sich keine Klumpenrisiken in den Bankbilanzen bilden. Für Staatsanleihen gibt es allerdings Ausnahmen. Das ist nicht gut, der Erwerb von Staatsanleihen durch Banken sollte besser wie die Vergabe eines normalen Großkredits behandelt werden. Es gibt keinen Grund, Staatsanleihen zu privilegieren. Erstens privilegiert man damit das Schuldenmachen von Staaten. Zweitens erhöht man das systemische Risiko. Das sollten wir also ändern. (…)

Um daran etwas zu ändern, müsste man erst mal die Lobbyisten von der Politik fern halten. Merkel feiert jedoch lieber mit ihren Banker-Günstlingen im Kanzleramt. Gegen ein Anti-Korruptionsgesetz sträubt sie sich. Solange Merkel regiert, werden Banken und die mit ihnen verflochtenen Wirtschaftskanzleien „beratend“ zur Seite stehen…

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14 KOMMENTARE

  1. Und die Haftung der Banken durch den Einlagensicherungsfond wird auch immer kleiner.
    Man kann die Haftungssumme abfragen unter
    https://www.bankenverband.de/themen/geldinfos-finanzen/einlagensicherung/abfrage/einlagensicherung

    Die von uns gegenüber dem Anfragenden schriftlich erteilte Antwort zur Sicherungsgrenze wird im Hinblick auf einen etwaigen Entschädigungsfall gespeichert. Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben.

    Die Sicherungsgrenze je Gläubiger beträgt
    bis 31.12.2014 sind es 30%,
    bis 31.12.2019 sind es 20%,
    bis 31.12.2024 sind es 15%,
    ab 1.1.2025 sind es 8,75% des Eigenkapitals der Bank.

  2. Frank Schäffler ist einer der ganz wenigen Hoffnungsträger im Bundestag und vermutlich der einzige wirklich Liberale. Wenn er mit seiner Meinung die FDP repräsentieren würde, dann würde ich diese Partei sofort wählen. Aber er gilt in seiner Partei unter den ganzen Sozialliberalen als Paradiesvogel.

  3. Abgesehen davon ist die Praxis, dass Staaten dauerhaft Staatsanleihen ausgeben, um Staatsaufgaben damit dauerhaft zu finanzieren, eh abzuschaffen bzw. auf kurzfristige Sonderausgaben zu reduzieren.

    Ein Staat nimmt Steuern ein.

    Diese Steuern müssen für die Staatsausgaben reichen.

    Tun sie es nicht, macht der Staat bzw. die Politiker was falsch und sie müssen lernen, mit dem Vorhandenen auszukommen.

    Eine dauerhaft ansteigende Staatsverschuldung durch neue Kreditaufnahme führt unweigerlich ins Chaos, da sämtliche Schulden eines Tages fällig werden.

  4. #5 WahrerSozialDemokrat (11. Aug 2012 22:41)

    Danke für die Videos, WSD.

    Der von Links angekündigte „Marsch der Idioten“ war ja klar erkennbar und bei der Rede des Pro-Deutschland-Mannes dürften die Idis ziemlich verwirrt gewesen sein, einige dieser Ansichten vertritt ja auch das linke Lager. 😀

  5. #8 nicht die mama (11. Aug 2012 23:45)
    …dürften die Idis ziemlich verwirrt gewesen sein, einige dieser Ansichten vertritt ja auch das linke Lager.

    Das wissen die Idis aber garantiert nicht. Das Einzige, was wissen ist, wie man erfolgreich Veranstaltungen stört und Steine auf Polizisten wirft. Mehr geben die viel zu klein geratenen Spatzenhirne nicht her.

  6. #11 WahrerSozialDemokrat (12. Aug 2012 00:07)

    Idis: Der Volksmund nennt sie auch Idioten. 😀

  7. #6 nicht die mama (11. Aug 2012 23:21)

    Sehr richtig, sehe ich auch so. Im Grunde dürfte es wirklich nur zwei Ausnahmen geben, in welchen die öffentliche Hand Schulden aufnehmen darf: Naturkatastrophe und Verteidigungsfall. Das muß in die Verfassung! Wenn wir jemals eine kriegen…

  8. Schon meine ostostpreußische Großmutter hat meinen Eltern und mir beigebracht, daß man sein Geld nicht zur Bank bringt und auch nix verleiht, wenn man selbst nix hat.

  9. Inklusive der target/2-Papiere der Bundesbank, der Verschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden sowie der Garantien für €uropa dürften die Schulden Deutschlands mittlerweile fast oder mehr als 3 Billionen € betragen. Die etwa 2,8 Billionen, die Deutschland an Krediten gegeben hat wird der deutsche Steuerzshler nie wieder sehen.

    Deutschland ist so dermaßen pleite, da können Griechen nur von träumen.

  10. Den letzten Satz

    Solange Merkel regiert, werden Banken und die mit ihnen verflochtenen Wirtschaftskanzleien “beratend” zur Seite stehen…

    hätte sich der Autor des ansonsten sehr guten Artikels schenken sollen. Als wenn irgendeine der vorhandenen Blockflötenparteien auch nur einen Deut besser wäre wie die jetzige CDU/CSU + FDP Regierung. SPD + Grüne waren es die Griechenland den Euro hinterher geworfen haben. Ebenso wie SPD + Grüne alles abgenickt haben was Mutti Merkel & Ihre Speichellecker als „Alternativlos“ abgesondert haben.

    Und da der deutsche Michel einfach nicht aufwachen will und somit entweder den Wahlen fern bleibt und/oder sein Kreuz bei den Blockflötenparteien macht……

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