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Kommentare aus Versehen gelöscht

Gestern wurden wieder viele Kommentare unter den Artikeln gelöscht. Das war ein Versehen. Die türkischen Hacker neulich hatten Gastbeiträge gelöscht. Es gelang unserer Technik, sie wiederherzustellen. Dabei waren auch die Kommentare unter den Gastbeiträgen gelöscht worden. Als unsere Technik versuchte, auch diese wiederherzustellen, löschte sie versehentlich die Kommentare von gestern. Glück im Unglück. Wir hatten nämlich auch erstmal wieder die Hacker in Verdacht. Entschuldigung, und die Hoffnung, daß nun wieder alles rundläuft!

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Petition gegen Beschneidung

geschrieben von byzanz am in Freiheit,Grundgesetz,Islam,Judentum,Religion | 52 Kommentare

[1]Gestern Nacht sendete n24 um 23:10 Uhr ein 30-minütiges Special zur Beschneidung mit Michel Friedman [2], der Moslems, Juden, Nichtbeteiligte und einen Arzt dazu befragte. Es scheint also zu diesem Thema noch längst nicht alles gesagt zu sein. Mitte September kam in dem taz-Artikel „Im Bett mit und ohne [3]“ ein Mann zu Wort, der vorher und nachher gut vergleichen kann. Er wurde als Erwachsener beschnitten, nachdem sich seine damalige jüdische Freundin das gewünscht hatte. Der Bedauernswerte kann von schlimmen Schmerzen und einem entscheidend veränderten Sexualleben berichten.

(Von Michael Stürzenberger)

Die seltsame Politik des Berliner Justizsenators Heilmann, der die Beschneidung von Babys und Kleinkindern erlauben möchte, kommentierte Journalistenwatch-Chefredakteur Thomas Böhm in einem herrlich süffisanten Offenen Brief [4]. Und nun liegt auch eine Petition vor, um klarzumachen, dass in Deutschland das Grundgesetz und die körperliche Unversehrtheit von Kindern Vorrang vor uralten religiösen Bestimmungen haben sollte. Und zwar für alle.

Ziel dieser Petition ist der Beschluß eines Gesetzes des Verbotes der religiösen Beschneidung vor dem Alter der Religionsmündigkeit gemäß § 5 Gesetz über die religiöse Kindererziehung vom 15.07.1921, also mit Vollendung des vierzehnten Lebensjahres, ggf. mit der Feststellung, dass eine Einwilligung der Personensorgeberechtigten (mit jüdischer oder muslimischer religiöser Begründung) dem Kindeswohl gemäß §§ 1631, 1666 BGB wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1/ körperliche Unversehrtheit sowie Art. 2 Abs. 1/ sexuelle Selbstbestimmung Grundgesetz widersprechen würde.

In einem solchen Verbot würde kein Verstoß gegen die Religionsfreiheit gem. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG liegen, bzw. dieses Recht muß gegenüber höherrangigen Rechtsgütern des Kindes zurücktreten.

Begründung:

A. Beschneidung als Ausprägung der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG) incl. Freiheit der Religionsausübung (gem. (h.M.) als ein kombiniertes Recht – forum internum + forum externum):

– ob es Freiheit der Eltern (d.h. incl. Elternrecht auf Erziehung gem. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG)

– oder (so eine Meinung/ Freeman: A child´s right to circumcision, British Journal of Urology International 83 [1999], 74 ff. m.w.N.) das Recht des Kindes selbst

– oder als Ausprägung der kollektiven Religionsfreiheit ein Recht der jüdischen und muslimischen Gemeinschaft (i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) gesehen wird – dies zu differenzieren dürfte der Rechtswissenschaft überlassen bleiben – festzustellen sind einige Aspekte:

1. Weder im Judentum noch im Islam ist die Beschneidung religionsbegründend sondern nur religionsbestätigend:

– S. Putzke, FS für Herzberg, 2008, S. 701; hierzu Raack/Doffing/Raack, Religiöse Kinder-erziehung, Recht der religiösen Kindererziehung, 2003, S. 59 und 131; zum Erwerb der Mitgliedschaft in der evangelischen und römisch-katholischen Kirche sowie einer jüdischen Kultusgemeinde List, BB 1997, 17 (19) und auch schon Gideon Becher: Beschneidung der Israeliten, 1845, S. 7 [BSB Jud. 9 d, Volltext im Internet])

– die religiöse Zugehörigkeit zum Judentum ergibt sich aus der jüdischen Religionszugehörigkeit der Mutter [5]

2. Die Grundrechte und Menschenrechte sind primär Individualrechte

Eine Konzeption von Gruppenrechten, die einer Gruppe Rechte an den Angehörigen dieser Religion gibt (so eine Konzeption des Judentums, das sogar der jüdischen Religionsbehörde das Recht gäbe, eine Beschneidung zu erzwingen, wenn sie der Vater nicht ausüben will, s. Brecher Gideon: aaO, S. 10) widerspricht dieser Konzeption.

3. Rechtspolitische Argumente (wie Rücksichtnahme auf einen Jahrtausende alten jüdischen Brauch), welche ein religiöses Sonderrecht rechtfertigen würde, wären juristisch zweifelhaft (so Prof. Reinhard Merkel, Mitglied der Ethikrates, in der Sitzung vom 23.08.2012 [6]:

„Hier liegt der eigentliche, der schwierigste normative Konflikt. Und dieser Konflikt zwingt ebenfalls zu einer Abwägung: einer rechtspolitischen. Das Problem allein nach positivrechtlichen Kriterien zu beurteilen, griffe zu kurz..

Nach welchen Kriterien welcher Vernunft ließe sich das politische Gebot der besonderen Sorge um jüdische Belange in Deutschland mit dem verfassungs- und menschenrechtlichen Gebot abwägen, alle Kleinkinder, auch die jüdischer Eltern, vor erheblichen Verletzungen zu schützen, die ihnen vorsätzlich beigebracht werden? Damit erweist sich das Dilemma als eine Art rechtspolitischer „Notstand“.

B. Im Übrigen würde eine Beschneidung im nicht einwilligungsfähigen Alter der negativen Religionsfreiheit des Kindes (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) widersprechen:

– Religionsabzeichen, gar religiöses „Brandmal“, Stigma, das irreparabel wäre (Wiederherstellungsversuche gibt es, jedoch keine totale Rückgängigmachung möglich) und das Kind äußerlich dem Judentum oder Islam ohne freie Entscheidung definitiv zuordnet oder vorprägt. So sogar der vor kurzem nach Deutschland eingereiste jüdische Rabbi Yana Metzger vor der Bundespressekonferenz: Yana Metzger, jüd. Beschneider und Richter, 21.08.2012 – in Berlin vor der Bundespressekonferenz:

„Ein Siegel, von dem man sich nie verabschieden kann“

„Die Brit Mila, die Beschneidung, das ist ein Bund, ein Abkommen, das jeder Jude hat mit seinem Gott“,

„Das ist ein Stempel, ein Siegel auf dem Körper eines Juden. Ein Siegel, von dem man sich nie verabschieden kann.“

„Damit soll der jüdische Mann selbst an dem verlorensten Ort der Welt daran erinnert werden, dass er Jude ist.“

– Der Eintritt der Religionsmündigkeit ist nach deutschem Recht eindeutig beantwortet: mit Beendigung des vierzehnten Lebensjahres (§ 5 RKEG). Damit darf eine solche Entscheidung von den Eltern mit Berufung auf deren eigene Religionsfreiheit vor diesem Alter nicht vorweggenommen werden.

– Das Recht auf Religionsfreiheit ist ein höchstpersönliches Recht des Kindes und nicht eines der Eltern oder einer Religionsgemeinschaft, die Religionszugehörigkeit eines Dritten zu bestimmen

Weitere Quellen:
Czermak G.: Religions- und Weltanschauungsrecht, 2008; Wähler K.: Interreligiöses Kollisionsrecht, Heymann, 1978; Allenspach, Esther: Schutz von Kindern in neuen religiösen Bewegungen, Zürich 2001; Wyttenbach, Judith: Grund- und Menschenrechtskonflikte zwischen Eltern, Kind und Staat, 2006; BVerfGE 99, 145, 156; 75, 201, 218; u.a.; J. v. Staudingers Kommentar zum BGB, Buch 4, Familienrecht, §§ 1626-163; Anh. zu § 1631: RKEG (Gesetz über die religiöse Kindererziehung vom 15.07.1921); §§ 1631a-1633, Elterliche Sorge 1 – Inhaberschaft und Inhalt; u.v.m.

Hier geht es zur Unterzeichnung der Petition [7].

(Text der Petitionsbegründung: Hajo F.)

Spannend in dem Zusammenhang ist auch das Gesetz über die religiöse Kindererziehung [8], in dem übrigens auch das Recht des Kindes auf Religionswechsel ab dem 14. Lebensjahr festgelegt ist. Wie das mit dem Islam wohl vereinbar ist?

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