Das ohnehin nur schwache deutsche Recht zur Abwehr illegaler Wirtschaftsflüchtlinge führt selten dazu, dass illegal Zugezogene Deutschland auch wieder verlassen müssen. Kommt es dann doch endlich einmal dazu, so wittern hier unsere Guten die Chance, Courage, Widerstand und Edelmut zu zeigen, gefahrlos und zum Nulltarif. In Osnabrück wird seit Wochen [1] die Abschiebung eines Somaliers in die Niederlande verhindert.
(Von rotgold)
Und das geht jetzt viel besser als früher. Im Gegensatz zum Niedersächsischen Innenminister Schünemann (CDU), der sich als Exekutive noch in der Pflicht sah, geltendes Recht umzusetzen, ist sein Nachfolger Boris Pistorius von der SPD (kleines Foto) von sich und seiner guten Seele dermaßen besoffen, dass er gar nicht genug Edel-Politik für Illegale (und auf anderen hippen Politikfeldern) machen kann.
Da nun Pistorius nicht überall gleichzeitig gut sein kann, hatte er bereits 6 Wochen nach Amtsantritt gleichgesinnte Statthalter eingesetzt. Die parteilose Polizeipräsidentin von Osnabrück, Fischer, schickte er dazu in den einstweiligen Ruhestand, wie der NDR damals berichtete [2]:
Die parteilose Fischer soll vom Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut, ersetzt werden. Der 58-Jährige ist SPD-Mitglied und gilt als Vertrauter von Pistorius.
Bereits bei der Rückholaktion [3], der schon vor Jahren in die Türkei abgeschobenen Gazale Salame bekam er für seinen Edelmut ein erstes großes Lob von Günter Burkardt, dem Geschäftsführer von Pro Asyl:
„Wir begrüßen die Initiativen, die von Niedersachsen auf Bundesebene ausgehen“, sagte Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkardt in Frankfurt. Erfolgreich habe Pistorius sich für die Möglichkeit des Nachzugs von Familien von Syrern stark gemacht, die bereits in Deutschland leben. Damit könnten in der Praxis mehr Flüchtlinge aufgenommen werden.
Begrüßenswert sei auch, dass es unter dem neuen Innenminister keine Nacht-und-Nebel-Abschiebungen mehr gebe, meinte Burkardt.
Eine Abschiebung kann niemals eine „Nacht- und Nebel-Aktion“ sein. Der Ausreisepflichtige wird wiederholt und unter Fristsetzung aufgefordert, Deutschland zu verlassen, die Abschiebung wird – ebenfalls wiederholt – angedroht, und schließlich wird sie vollzogen. Abgesehen einmal von dem negativen Terminus, der hier eine gesetzmäßige Aktion in Verruf bringen soll, hat Pistorius auch gleich den taktischen Vorteil abgeschafft, der mit einer nicht angekündigten Festnahme verbunden ist.
Es gab nun offensichtlich Termine und das war bei „Ahmed aus Somalia“ konkret am 16. Mai, um 9:00 Uhr [4]. Der Vorteil der vorherigen Bekanntgabe kam dabei auch denen zugute, die bis heute die Helden spielen wollen, wie Philipp Ströhle vom Osnabrücker Aktionsbündnis gegen Abschiebung. Wie ein Arzt schaute er nach seinem Schützling und klagte anschließend über den befürchteten Verlust des Somaliers [5] an die Niederlande:
„Er ist aufgeregt und ihm geht es auch nicht gut“, sagt Philipp Ströhle. Der Mitinitiator des Osnabrücker Aktionsbündnisses gegen Abschiebung hat am Freitagmorgen schon mit dem 26-jährigen Somalier gesprochen, der in die Niederlande abgeschoben werden soll. Über die Niederlande war der alleinstehende Mann nach Deutschland eingereist und muss, wenn der Asylantrag hier abgelehnt wird, in das EU-Ersteinreiseland zurückgebracht werden. Konkret würde das für den Somalier dann die endgültige Abschiebung bedeuten. Das Aktionsbündnis – darunter Vertreter von Bürgerinitiativen, Kirchen, Politik und Privatleute – wendet sich gegen diese Abschiebepraxis. Die 60 Mitglieder versperrten deshalb am Freitag Vorder- und Hintereingänge des Asylbewerberwohnheims.
Aber die Aufregung war umsonst. Wie war das doch gleich? Es gibt jetzt Termine. Also konnten die „Aktivisten“ rechtzeitig alle Zugänge zum Asylantenheim blockieren. Das tun sie so bis heute, der letzte Versuch der Polizei misslang am 10.07.2014.
Die Polizei konnte den Umsorgten erneut nicht abholen und in die Niederlande abschieben. Ob sie ihren besonderen Service für die „Aktivisten“ noch aufrecht erhält, wissen wir nicht. Im Mai, bei der ersten Verhinderung, teilte sie den Blockierern mit [6], (ab Min. 0:27) dass sie für den Tag Feierabend machen könnten und eine weitere Ingewahrsamnahme nicht zu befürchten sei.
Der Polizeipräsident von Osnabrück äußerte laut Mitteilung eines PI-Lesers am letzten Samstag auf „NDR-Info“ seine Sympathie für die „Aktivisten“. Dies sei aber lediglich seine „persönliche Meinung“.
(Spürnase: Mike T.)
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