Friedrich Merz (Mitte) zwischen den Mitkandidaten für den Parteivorsitz Helge Braun und Norbert Röttgen nach der Bekanntgabe der Ergebnisse der CDU-Mitgliederbefragung.

Von WOLFGANG PRABEL* | Wenn man die Erfolgschancen von Friedrich Merz bei der Perestroika der CDU prognostizieren will, lohnt sich ein Blick in die Geschichte der KPdSU, insbesondere während der Jahre 1982 bis 1990. Denn die Defizite sind strukturell die gleichen: Ignoranz gegenüber Realitäten, Schönfärberei, das Sonnen im milden Licht der Vergangenheit und ein verkrusteter Apparat.

Nach dem Tod von Leonid Breschnjew im Novenber 1982 kam die AKK der KPdSU ans Ruder, Juri Wladimirowitsch Andropow (1914 bis 1984). Er wußte als langjähriger Geheimdienstchef über viele Defizite Bescheid, bemühte sich mehr Ordnung zu schaffen und die Kaderstruktur etwas zu verbessern. Alkohol gab es nur noch ab 14 Uhr und Gorbatschoff wurde gefördert. Der liebe Gott ließ ihm nicht viel Zeit, er wurde krank und starb.

Eine Anekdote aus dieser Zeit beschrieb eine Politbüro-Sitzung: Erst wurde das Lied „Wir sind die Junge Garde“ gesungen, danach wurden die in Afghanistan erbeuteten Herzschrittmacher verteilt.

Sein Nachfolger wurde der Laschet der KPdSU, Konstantin Ustinowitsch Tschernjenko (1911 bis 1985). Tschernenko war als starker Raucher bekannt. Im höheren Alter entwickelte sich ein Lungenemphysem. Nach seinem Tod wurde eine Autopsie durchgeführt, bei der entdeckt wurde, dass er auch noch an einer typischen russischen Volkskrankheit, der Leberzirrhose litt. Er starb bereits nach dreizehnmonatiger Amtszeit.

Auch dazu gab es eine Anekdote, die ich meinen geschichtsinteressierten Lesern nicht vorenthalten möchte: Genosse Rabinowitsch soll am Ersten Mai das Schild mit dem Porträt von Parteichef Tschernenko tragen. Er weigert sich mit der Argumentation: „Letztes Jahr habe ich Andropow getragen: Er ist im selben Jahr gestorben. Vorletztes Jahr habe ich Breshnjew getragen: Er ist im selben Jahr verstorben“. Darauf seine Kollegen: „Genosse Rabinowitsch, du hast goldene Hände!“

1985 kam der Merz der KPdSU, Michail Sergejewitsch Gorbatschow (geb. 1931) ans Ruder. Neue Akzente in der sowjetischen Politik setzte er mit Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umbau). Am 11. März 1985, einen Tag nach dem Tod von Tschernenko, wurde Gorbatschow mit 54 Jahren zum zweitjüngsten Generalsekretär in der Geschichte der Kommunistischen Partei gewählt. Bereits zu Beginn seiner Amtszeit stoppte er den Verkauf von Wodka, Brauereien und Destillerien wurden stillgelegt sowie Weinstöcke rausgerissen. Darüber hinaus blieb eine Belebung der Wirtschaft aus.

Eine Anekdote aus der Zeit beschreibt die Problemlösung: „Im Radio wird immer behauptet, daß es alles gibt, aber mein Kühlschrank ist leer.“ – „Du mußt den Stecker vom Kühlschrank in die Steckdose vom Radio stecken.“

Da der Zusammenhalt des Ostblocks auf brutaler Machtausübung basierte, zerfiel er, als die Zügel lockerer gelassen wurden. Die SED verbot zum Beispiel die sowjetische Zeitung „Sputnik“ in der Zone und der Propagandachef Kurt Hager bestritt die Notwendigkeit eines Tapetenwechsels in Ostberlin. Im August 1990 unternahmen einige orthodoxe Politiker, zusammen mit einem Teil des Militärs und angeführt vom Staatskomitee für den Ausnahmezustand, einen Putschversuch in Moskau, während Gorbatschow drei Tage unter Hausarrest in einer Regierungsresidenz auf der Halbinsel Krim stand. Dem damals neugewählten Präsidenten der Russischen Sowjetrepublik, Boris Jelzin, gelang es, die Putschisten auszuschalten und die Staatsgewalt zu übernehmen. Jelzin erließ ein Dekret zum Verbot der Tätigkeit der KPdSU auf russischem Boden. Gorbatschow – nicht nur sowjetischer Präsident, sondern zu diesem Zeitpunkt auch noch Generalsekretär der gerade für illegal erklärten KPdSU – war völlig überrumpelt. So endete nach fünf Jahren seine Regierungszeit. Auch Boris Jelzin war kein Glück beschieden, erst Wladimir Waladimirowitsch Putin richtete den Zarismus wieder auf, allerdings ungekrönt.

Das Exempel zeigt, welche Tücken erforderliche Reformen in sich bergen, wieviele Zwischenschritte erforderlich sind, wieviele Personen verschlissen werden müssen, um Macht zu erneuern und zu konsolidieren.

Friedrich Merz steht vor noch größeren Problemen als Gorbatschow, weil er keinen Durchgriff auf die Medien hat. Die von Merkelgezücht dominierte Bundestagsfraktion steht ihm ablehnend gegenüber, schon bei der erforderlichen Übernahme der Fraktionsführung durch Merz kann es zum Eklat kommen, bei vielen Richtungsentscheidungen auch. So wie sich Gorbatschow im stalinistischen Gestrüpp verheddert hat und zentrifugale Kräfte ständig wuchsen, so kann es sich Merz sehr schnell mit den Anhängern einer elitistischen großstädtischen Elite – auch in der CDU – verscherzen. Und dann gibt es noch den ungehobelten fränkischen Jelzin namens Söder.

Ich vermute, daß die CDU frühestens in vier Jahren auf die Beine kommt, wenn auch Abgeordnete der konservativen Basis im Bundestag sitzen werden. Falls Merz solange durchhält.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Halten Sie doch ein öffentliches Tribunal ab, hängen Sie mich auf. Nur bitte, wenn Sie das schon tun, dann bitte nicht für das, was Jelzin angerichtet hat. Und bitte, wenn Sie mich aufhängen wollen, dann bitte weit von Jelzin entfernt!“ (Michail Gorbatschow)


*Zuerst erschienen bei prabelsblog.de

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38 KOMMENTARE

  1. .

    Wo war Merz Sept. 2015, als Deutschland lichterloh brannte ?

    .

    1.) Gegenkandidatur zu grenzenloser Merkel, Bundesparteitag, Karlsruhe, Dez. 2015 !

    2.) Jetzt wo Schaden unermeßlich und irreversibel ist (Immigration, Euro, Energie etc.),

    3.) ist Personalie Merz soviel wert wie ein FEUCHTGEWORDENER BIERDECKEL:

    EINFACH WEGWERFEN !

    .

    Friedel

    .

  2. Merz ist unwählbar!
    Ein Multimillionär der mehrere Flugzeuge besitzt und den Ärmsten im Lande erzählt, dass 132 Euro Hartz-4 genug seien. Was für ein Gangster!
    Der Mann ist verachtenswerter als das gesamte Politbüro der SED!

  3. „Dass die deutsche Politik mit ihren angeblichen Notwendigkeiten oft ziemlich allein steht auf der Welt, tut der Selbstsicherheit unserer Beabsichtiger keinen Abbruch. Überall auf dem Planeten wachsen neue Atom- und auch Kohlekraftwerke in den Himmel, die Grenzen hat mittlerweile kein Land mehr so offen wie Deutschland, und Schweden ist auch ohne Lockdown nicht ausgestorben – die Sieben-Tage-Inzidenz liegt (Stand 14. Dezember) nicht einmal halb so hoch wie bei uns. Möglicherweise deshalb wird über die Lage im Land der Schären kaum noch berichtet – „False Balance“ wollen wir schließlich auch bei Auslandsreportagen vermeiden.“

    https://paz.de/artikel/salopp-gesagt-a5977.html

  4. zur info

    ungeimpfte nix ski fahren….

    „Österreich: ab Montag Einreise nur mit 2G-Nachweis
    Achtung, Ski-Urlauber! Österreich verschärft ab nächster Woche seine Einreisebestimmungen zur Eindämmung der Omikron-Variante.“

    „Bild“

  5. deswegen mitmachen.

    „Niedersachsen: Tausende zu Corona-Demos erwartet
    Auch in Niedersachsen gehen immer mehr Menschen aus Protest gegen die Corona-Regeln auf die Straße: Am Samstag werden in mehreren Städten wieder viele Demonstranten erwartet.“

  6. ehrlich gesagt, der merz interessiert mich keinen meter.
    was soll der deutschland bringen? für mich als afd-wähler ist er eher der „Feind“.

  7. Wer sich von Merz Peristroika erwartet, kann schnell enttäuscht werden.

    Kürzlich bei Lanz hat er sich als diktatorisch angehaucht, mit Allmachtsphantasien Ungeimpften gegenüber gezeigt.

    Zieht man das Profilierungsgetöse ab, bleibt immer noch genügend unsympathischer Merz übrig, der nicht kapiert hat, dass er kein Herrscher, sondern Diener der Interessen der Bevölkerung sein sollte.

  8. Erlaube mir die Anmerkung,
    dass der Titel „Friedrich Merz und die Perestroika der CDU“
    aus meiner Sicht an den Haaren herbeigezogen ist.

    Die Perestroika ist/war ein historischer Prozess, in dem ein (in meinen Augen) geradliniger charaktervoller Mensch, nämlich Gorbatschow, Großes geleistet hat.
    Was ist demgegenüber eine von Merkel zerfressene Kartell-Partei wie die CDU und ein unaufrichtiger, angepasster Provinzpolitiker wie Freidrich Merz?

    Ein Nullum!

    Wenn er wenigstens noch den Schneid hätte, die Fehler des verheerenden Merkelismus aufzutischen, zu analysieren und Schlüsse für die Zukunft daraus zu ziehen, dann wäre er in meinen Augen geradlinig und mutig.

    Aber – im Gegenteil – er lobt den Merkelismus noch – hat die Merkel`schen Menschenopfer akzeptiert und steht „Gewehr bei Fuß“, um in ähnlicher Manier den Impfzwang gegen Unschuldige mit der Bolschewiken-Ampel durchzuziehen.

    Für mich:
    Ein Grundrechtsverächter, der den angezettelten Krieg gegen das eigene Volk nur fortführt und in keiner Weise für eine „Perestroika“ steht.

  9. Seitdem Frau Dr Merkel Herr Merz zum Wichtelmännchen gemacht hat, ist mir seine nicht vorhandene Qualifikation einleuchtend.

    Herrn Gorbatschow kann er nicht mal die Schuhe zubinden.

  10. Selbst wenn Merz – was ich nicht annehme – ein brauchbarer Politiker sein sollte: Gegen die MerkelSöderunion wird er sich nicht durchsetzen können.
    Er wird mitschwimmen (kündigte ja schon Zustimmung zur Spritzpflicht an) und Union verlängerter Arm der „Ampel“ bleiben, mit gelegentlicher Komplizenschaft der umbenannten SED.

    Es bleibt wie es ist: trotz diverser Bedenken werde ich weiter zur Wahl der AfD raten.

  11. Friedrich Merz steht vor noch größeren Problemen als Gorbatschow, weil er keinen Durchgriff auf die Medien hat. Die von Merkelgezücht dominierte Bundestagsfraktion steht ihm ablehnend gegenüber, schon bei der erforderlichen Übernahme der Fraktionsführung durch Merz kann es zum Eklat kommen, bei vielen Richtungsentscheidungen auch. So wie sich Gorbatschow im stalinistischen Gestrüpp verheddert hat und zentrifugale Kräfte ständig wuchsen, so kann es sich Merz sehr schnell mit den Anhängern einer elitistischen großstädtischen Elite – auch in der CDU – verscherzen. Und dann gibt es noch den ungehobelten fränkischen Jelzin namens Söder.

    Friedrich Merz stehen keinerlei Probleme entgegen als nur den, die mit ihm selbst zu tun haben. Ausgerechnet ihn nicht nur zum Aushängeschild, sondern gar noch zum Ausgangspunkt einer „Perestroika“ zu machen – von der im Text unerwähnten „Glasnost“ (Durchsichtigkeit, Transparenz) mal ganz zu schweigen – zeugt von einer Blase derer, in der diejenigen offenbar leben, welche tatsächlich meinen, daß mit ihm so etwas möglich wäre. Nein, Merz ist Fleisch vom Fleische derer, die Deutschland abzuwickeln angetreten sind. Gerade mit ihm ist, jenseits von ein paar markigen Sprüchen vielleicht, ein Kurswechsel nicht gegeben. Zeit also, vom Schlafe aufzuwachen, dessen Träume zwar süß sein mögen, sich aber auch hier als Schäume entpuppen werden!

  12. Na, wenigstens ist es Merz geworden, nicht einer dieser kriegsgeilen Transatlantiker wie Braun und dieser Häuptling Silberlocke, wie hieß er doch gleich?
    Merz wird unsere Interessen bis zum letzten Grenadier gegen die übergriffigen EU und USA verteidigen….
    Das Internetz ist ja sowas von toll…..nur mein Modem ist etwas langsam….

  13. Die 10% für Merkels Marionette Helge Braun zeigen mir, dass mittlerweile auch weite Teile der CDU Basis genug von Merkels Spielchen haben.
    An Merz habe ich keine speziellen Erwartungen. Wir werden sehen, ob er sich weich klopfen lässt von der linken Presse.

  14. RDX
    18. Dezember 2021 at 12:47

    „Die 10% für Merkels Marionette Helge Braun zeigen mir, dass mittlerweile auch weite Teile der CDU Basis genug von Merkels Spielchen haben.“

    Nein, die CDU-Abgeordnete suchen händeringend einen Retter, der ihre Posten, ihre Privilegien und ihr Einkommen rettet. Wer das ist, ist völlig egal. Hauptsache die Kohle läuft weiter wie bisher.

    Wer dahinter irgendeinen strategischen Vorgang sieht, hat den Rest das Abschaums nicht begriffen, der in der CDU oben schwimmt.

    Ob Sie es glauben oder nicht, selbst die Schwule Tunte hat neue wischtische Aufgaben, obwohl sie bereits mit der Reinigung der Gummimatten in den Darkrooms überfordert ist.

  15. Merkel hat die CDU komplett zerstört. Konservative findet man dort nicht mehr. Auch konservative Werte sind denen abhanden gekommen. CDU und CSU sind inzwischen linke Parteien. Merkel und Söder sind schuld daran.

  16. Frau Dr Merkel hat mit der gezielten Auswahl ihres Führungspersonal jedem gebildeten Deutschen ihre Verachtung für Politik und Deutschland ins Gesicht gespuckt.

    Sie hat mit einem perfiden Humor die besonders Abartigen und die Unfähigen zu Ministern erhoben.
    Eine schwule Tunte mit Kinderwunsch ist kein Zufall, ebensowenig wie eine Hotel Frau als Wissenschaftsministerin. Und bei dem Currywurst Kenner als Wirtschaften Minister muss sich Frau Dr Merkel schier gekringelt haben.

  17. Merkel war immer gegen Merz, wer er noch nicht so linksextrem ist. AM hat ja noch 9 Mitarbeiter, Büro und Dienstwagen. So kann Merz doch noch übel mitgespielt werden.

  18. Naja, aber warum sollte die CDU überhaupt wieder auf die Beine kommen sollen?
    Aller Merkel-Kriecher kriegt man da eh nicht raus und nur damit Opportunisten ihren Posten ihre erbuckelten Posten behalten können?
    Nö, diese Partei kann nach den Klatschorgien und den unwidersprochenen Münchhausiaden endgültig weg.

    Wer von den verbliebenen Mitgliedern konservative und patriotische Politik machen will, der kann sich ja bei anderen Parteien um eine Mitgliedschaft bewerben.

  19. Merkel hat den Laschet in ihr Bett gezogen – du kannst Kanzler – sie wollte den Schwächsten, sie wußte – er sollte verlieren.
    Sie wollte die sdp/ grüne – der letzte Clou einer Merkel.
    Wie demütigend, blamabel zeigen sich gestandene Männer – die cdu – haben sich in jeder Weise durch den Kakao ziehen lassen.
    Ein Merz hätte die fehlenden 2 % geholt – ein Schock für das Leben der cdu…

  20. Gerd Soldierer 18. Dezember 2021 at 13:25

    Merkel wollte sogar Rot-rot-grün. Das sollte ihre finale Rache an Deutschland und der CDU werden.
    Nur der Fehler der Grünen, die inkompetente Betrügerin Bärbock als Kanzlerkandidatin aufzustellen, verhinderte Merkels vollen Triumph. Zur Versenkung der CDU nach ihrem Abgang reichte es trotzdem, die sich jetzt in einem heillosen Richtungs- und Diadochenkampf befindet.

  21. Gerd Soldierer 18. Dezember 2021 at 13:25
    …………….
    sehr gute betrachtung, exakt so schätze ich das auch ein. bloß wie kommen wir da wieder raus? radikaler umbau oder exitus. mal sehn was wird. aber mit merz seh ich da kein land, nachdem was er da im fernsehen abgesondert hat.

  22. Gibt es eigentlich in der CDU irgendwelche gesunde Reaktionen im Hinblick auf Merkels Wirken?

  23. Zoni 18. Dezember 2021 at 10:36
    ============
    Zustimmung

    und nun zu Merz

    die ganze cdu muss weg
    die ist wie ein altwagen mit abgefahrenen platten reifen

  24. Zur Bewertung de Lage innerhalb der CDU ist es nicht hilfreich, sich auf persönliche Bewertungen einzelner Akteure zurückzuziehen. Hier hilft nur ein Blick aus der Vogelperspektive!
    Es geht in keiner Weise darum, ob man Merz als guten oder schlechten Politiker empfindet oder das für das Gegenlager – repräsentiert eventuell durch Röttgen.
    Ich glaube wir sind uns in der grundsätzlichen Bewertung einig, daß die derzeitge CDU – unabhängig von ihrer Führungsstruktur – der Feind jedes Aufrechten ist.
    Dennoch muss Beachtung finden, daß genau die gleiche CDU immer noch einen Großteil der Wähler bindet, die grundsätzlich für unser Lager erreichbar sein sollten – am Ende auch müssen, wollen wir das Land nicht einfach verloren geben.

    Die Lage ist daher dahingehend zu bewerten, ob ein schneller Zerfall der CDU für uns förderlich wäre oder eine reformierte CDU mit Rückbesinnung auf den Konservatismus. Hierbei ist Realismus vonnöten. Ich lasse diese Frage aber bewusst unbeantwortet.

    Um Merz zu bewerten, ziehe ich folgende Umgebungsvariablen heran:
    1. Welche Funktion kristallisiert sich in der Person Merz für die CDU-Mitglieder?
    Aus meiner Sicht ist Merz Kristallisationspunkt der Mehrheit der CDU-Mitglieder.
    In ihn wird der Wunsch nach konservativ erneuerter Führung projiziert, er stellt die Leinwand dar, in welcher die CDU-Mitglieder-Mehrheit die Abkehr von der Politik Merkels zu erkennen glaubt.
    Unabhängig von der Frage, ob die Wunschprojektion im Rahmen der Wahrscheinlichkeiten tragfähig ist, bleibt die Tatsache als solche festzuhalten.
    2. Welche Funktion repräsentiert die Gegnerschaft:
    Das gegnerische und durchaus mächtige Lager der Merkelianer repräsentiert die von Prabel korrekt charakterisierte Funktionärsschicht der CDU, die ihrerseits das sich selbst als
    aufgeklärt, im positiven Sinne elitär und progressistisch wahrnehmende Lager der großstädtischen „Anywheres“ repräsentieren, ja ihm geradezu wesensidentisch sind.
    Diese Schicht ist nicht abffälig zu betrachten, sondern deren Gefühl, Elite zu sein, ist gestützt von allen validierten und validisierbaren Eigenwahrnungen der Realität, als da wären:
    * die Einnahme wichtiger Entscheidungspositionen in Wirtschaft und Politik
    * die Erfolgsgewohnheit – ausdrückbar in perönlichen Einnahmen
    * die stete Selbstvergewisserung in peer groups und Milieu.
    * die unbedingte Sicherheit über den gewählten Weg durch Vergleich mit den überall auf der Welt vorhandenen Analog-Milieus in vergleichbaren Lokal-Konglomeraten.
    (Das Leben in Rio de Janeiro ist nahezu ununterscheidbar von dem in New York, Berlin, Frankfurt a.M, Dubai, Singapore, Djarkarta, Shanghai – aber selbst in Abu Dhabi, Kairo, N’Djamena, Algier
    und Bangkok finden sich diese „the-world-is-a-village“- Strukturen.)

    Bewertung der Varianten:
    Variante „Merz als konservativer Reformer“
    ———————————————-
    Vorausgesetzt, Merz repräsentierte wirklich die Beharrungskräfte innerhalb der CDU und obsiegte in der Auseinandersetzung mit der Funktionärselite, so käme es zum Crash innerhalb der Partei.
    Der Grund liegt darin, daß die Funktionselite ihre Führungsposition als naturgemäß und zwingend ansieht.
    Ein Scheitern der Elite an Merz (im Sinne der Mehrheit der CDU-Mitglieder) führte daher zur Aufgabe der Partei durch die Funktionärsschicht. Massenhaft nachrückende Unerfahrene
    brächten die CDU in einen mittelfristig dysfunktionalen und erratischen Zwischenzustand. Ein Zerfall durch Ausgründung einer Partei des hauchzart rechts vom linksextremen Median des Mainstreams
    markierten Anywhere-Millieu wäre denkbar. Daneben verbliebe eine durch Medien als dumm und rückständig markierten Bauerntölpel-Restes der CDU.
    Diese dann von Merz repräsentierte Rest-CDU wäre ein mittelfristig immer noch weniger medial verächtlich gemachter Hauptkonkurrent der AfD, der durch massive Abgrenzerei eine gewisse
    Restachtung der Medien behielte. Dies durchaus auch nicht nur mittelfristig, da man so den eigentlichen Widerstand auch dauerhaft teilen könnte. Letztenendes wäre eine Linksausgründung einer Meuthesn-AfD
    oder die Rechtsausgründung einer Merz-CDU für das System gleichbedeutend förderungswürdig.

    Variante „Merz als Stratege“
    ——————————–
    Realistischerweise jedoch ist die Mitgliedermehrheit der CDU als einer Illusion aufgesessen zu beschreiben. Merz selbst ist Teil des Anywhere-Millieus mit Restüberzeugungen aus Tradierung
    und möglicherweise auch Eigenüberlegungen. Als Stratege ist er an dem Mobilisierungspotential der konservativen Anhängerschaft interessiert und daher als Erzrivale von jedem Konservativen
    ohne Cuck-Vorsilbe zu betrachten. Seine vorrangigen Bestrebungen werden daher nach Führungsübernahme die Beschwichtigung der Funktionärsschicht sein und deren Überzeugung von seiner eigenen Harmlosigkeit
    sein. Er wird also der Kontinuität zur Vorgängerschaft mehr Raum zubilligen als in Vertreter der Gegenseite es würde.
    Er glaubt, daß das Gewicht seiner Führungsübernahme ihm so viel Zeit dafür geben würde, wie er eben brauche, ohne daß die CDU-Mitgliedermehrehit ins Murren gerät.
    Danach wird er mit einer Mischung aus konservativ rechts blinken und links weiter fahren und nur so aus den Machtkreisen der CDU heraus Duldung erfahren.
    Diese Fahrweise ist durchaus erfolgsträchtig, so lange medial die Kontinuität zum Merkelismus im Vordergrund steht und die aktuelle Funktionärsschicht glaubt,
    durch das teilweise glaubwürdig rechte Blinken, Traditionswähler vom Lande und aus der Provinz traditionelle Wähler wieder stärker zu binden und Wahlen wieder besser meistern zu können.
    Genau so lange nützt ihnen dann Merz als der große Widerspruchs-Verdecker.
    Ich halte diese Variante für die wahrscheinlichste. Merz ist möglicherweise ein besserer Stratege als ein guter Taktiker.

    Variante „Merz als Unterlegener“
    ———————————–
    Gelänge es der Funktionärsschicht, einen klassischen Eigenvertreter zu installieren ginge der Verschleiß der Partei weiter, bei paralleler Festigung ihrer Basis im sich für leidlich bürgelich haltenden Grroßstadtmilieu.
    Dort aber ist es eng, da dieses Lager längst auch Grüne fest mit Beschlag belegen. Der Kurs kann nicht halten. Demzufolge müsste auch ein Röttgen et al. eine reschts-blinken-agenda auf den
    Plan heben.

    Conclusio
    —————-
    In meinem Dafürhalten ist nur die Variante „Merz als konservativer Reformer“ eine echte Gefahr für die Zerschlagung und dauerhafte Neutralisierung des rechten Lagers.
    „Merz als Stratege“ und „Merz als Unterlegener“ machen für uns keinen Unterschied. Diese Varianten lassen Raum für eine weiteranhaltende Linksdrift bei schrittweiser Schrumpfung des CDU-Wählerlagers.
    Nachteilig ist die Langsamkeit dieser Prozesse die aber aktuell ohnehin keine besondere Schwere hat, da mit der Grün-Linken Regierung ohnehin der WorstCase eingetreten ist.
    Daran ändert b.a.W. der Zustand der CDU wenig.
    In der Summe ist also die Person Merz in ihrer Bedeutung für uns marginal. Ein kurzzeitiges Aufatmen wird innerhalb der CDU zu spüren sein, verbunden mit kurzzeitigem Empören im Blätterwald.
    Der Focus der Berichterstattung wird eine gewisse Zeit durch die CDU-Entwicklungen gebunden. Und das wird bereits alles gewesen sein

    hquer

  25. Den schmierigen, auch versifften Merz mit Gorbi zu
    vergleichen ist sehr harter Tobak:
    Der Vergleich ist total daneben !
    Einen Charaktermenschen wie Gorbatschow, einen schmierigen
    Finanztypen und Volksverräter gleichzustellen, kann nur jemand
    von der jungen Generation sein, der von der jüngsten Geschichte keine
    Ahnung hat.
    Gorbatschow und Reagan haben wir das Ende des Kalten Krieges
    zu verdanken, während Merz ein absolutes Machtschw….. ist !

  26. Ich bezweifele, dass Merz die Perestroika der CDU vorantreiben wird. Eher das Gegenteil dürfte der Fall sein.

  27. hquer 18. Dezember 2021 at 15:30

    „Dennoch muss Beachtung finden, daß genau die gleiche CDU immer noch einen Großteil der Wähler bindet, die grundsätzlich für unser Lager erreichbar sein sollten – am Ende auch müssen, wollen wir das Land nicht einfach verloren geben.“
    —————————————–
    Dieser „Großteil der Wähler“ der Union ist dem Irrglauben erlegen, dass es mit einem möglichen Bundeskanzler Merz ab 2025 eine Restauration der Vor-Merkel-Ära geben könnte. Das kann man komplett vergessen, da Frau Merkel in ihren 16 Jahren segensreicher Kanzlerschaft Fakten und Zustände geschaffen hat, die man kaum noch rückgängig machen kann. Dennoch wird es Merz aufgrund dieses Irrglaubens aber nicht nur deswegen gelingen, die Zustimmungswerte zur Union wieder zu steigern.

  28. ZU:
    hquer 18. Dezember 2021 at 15:30
    ——————————————–
    Interessante und durchaus tiefgründige Analyse – besten Dank!
    Als zentralen Punkt sehe ich auch noch die Personalfrage „Fraktionsführung“ im BT. Wenn Herr Merz es nicht schaffen sollte, den Merkel-Jünger Ralf Brinkhaus im Mai vom Posten abzulösen, haben er und die CDU insgesamt schlechte Karten.

  29. Merz ist kein Konservativer, sondern ein überzeugter Finanz-Globalist. Und als Globalis ist er für Massenintegration. Wie man Merz als konservative Hoffnung für die CDU framed ist mir ein Rätsel. Im Zweifel ist er sogar noch schlimmer als die Gottkaiserin.

  30. Auch wenn Merz ein CDU angapasster ist, er war nie ein Freund Merkels, die ihm schnellstens als Fraktionsvorsitzenden absaegte, als sie Kanzler wurde.
    Das Wahlergebnis wurmt M sicher maechtig, vielleicht loest es Magenkrebs aus? das waere doch schon mal etwas.
    Dass Merz mehr auf dem Kasten hat als die beiden blassen Mitkanditaten ist zweifellos.
    Wenn Merz es fertigbringt ein etwas freundlicheres Gesicht zu ziehen, kann er bei der Mitgliedsschaft punkten.
    Die Bundestagsabgeordneten der CDU duerften Aenderungen skeptisch gegenueberstehen, da es ihnen in erster Linie um ihr eigenes Einkommen geht, was M stetig steigen liess um sie bei der Stange zu halten.
    Dass so viele nicht mehr im holden Kreis dabei sind, duerfte sie denken lassen.
    Allerdings ist die sogenannte Betongehirnmentaliaet die die Mehrzahl befallen hat unheilbar.

  31. Der Laden sollte sich mal darauf besinnen wo er herkommt. Ich fürchte aber das die Bruchlandung nicht ausreichend war. Die labern und eiern einfach weiter herum. Alle VIPs dieses Vereins sind verbrannt.
    Hab manchmal mit lokalen Vertretern dieser Truppe zu tun, man erkennt zwischen den Parteigängern immer weniger Unterschiede. Grün, Rot, Schwarz oder Links…. alles derselbe Mist. Aber ich schaffe es immer wieder das sie alle glauben ich sei auf ihrer Seite. Wenn die wüssten.?

  32. Egal, wie man zu Merz steht oder von ihm erwartet – man sollte nicht vergessen, daß die Zonenwachtel sich ein großes Büro mit 9 !!! Mitarbeitern gesichert hat. Sie wird weiterhin als Schattenkanzlerin die (Miß)Geschicke unseres Landes leiten. Wir sollten nicht vergessen, daß sich dieser neue, kriminelle Kanzler als junger Kerl mit der Ost-SPD genannt SED und FDJlern getroffen hat, denn sie waren damals politisch auf dem gleichen Level. Und so wie ich mittlerweile von den gesamten Schweinereien der DDR-Politelite erfahren habe, wird es bis zur Wende enge Kontakte zwischen Ost und West weiterhin gegeben haben. Hat die Olle sich nicht mit der Wende bei der SPD angebiedert und ist dort abgeblitzt?
    Also, Friedrich Merz wird nicht der Heilsbringer für die CDU werden können, denn das wird die Geheiligte niemals zulassen! Sie läßt es doch nicht zu, daß ihre mühevolle 16-jährige Arbeit zu einem großen Teil zunichte gemacht wird.

  33. Wenn hquer am Ende seiner beachtenswerten und zutreffenden Ausführungen nicht ein paar „wir“-Sätze geschrieben hätte, wäre zu vermuten gewesen, daß Prof. Patzelt sein Klarname ist … 😉

  34. Wer kommt denn darauf, Merz als einen Gorbatschow der CDU darzustellen? Merz ist kein Reformer. Er will nichts ändern (außer einigen kosmetischen Kleinigkeiten) und selbst wenn er wöllte – er kann nichts ändern.
    Denn im Unterschied zu einem Generalsekretär der KPdSU ist Merz nur ein austauschbarer Handlanger, ein Strohmann, ein Politiker-Darsteller, der sofort ausgetauscht wird wenn er nicht so funktioniert wie sich das seine Auftraggeber vorstellen.

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