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Partei mit solchen Abgeordneten braucht keine Feinde mehr

Von EUGEN PRINZ | Eine neu gegründete Partei, die innerhalb sehr kurzer Zeit sehr erfolgreich ist, erhält auch sehr schnell Zulauf von Unzufriedenen aus anderen Parteien, wogegen nichts einzuwenden ist. Aber leider sind darunter auch Quertreiber, die in ihrer „alten Partei“ aus guten Gründen ausgebremst wurden. Man erkennt diese Personen häufig daran, dass sie bereits mehrfach ihr Parteibuch gewechselt haben. Leider bringen sie in der Regel ein Maß an politischer Erfahrung mit, das ihnen gegenüber den aufrichtigen, aber unerfahrenen Mitgliedern in der neuen Partei einen Wettbewerbsvorteil verschafft.  Und ehe man sichs versieht, bekleiden diese von den Altparteien entsorgten Querulanten in der neuen Partei wichtige Posten.

In einer für die bayerische Landtags-AfD schwierigen Zeit sollte man von den Fraktionsmitgliedern eigentlich ein Höchstmaß an Loyalität gegenüber ihrer Partei und deren Führung erwarten können.  Dass nicht einmal das selbstverständlich ist, bewies anlässlich des Austritts von Raimund Swoboda und Markus Plenk aus der Alternative für Deutschland (PI-NEWS berichtete [1]) der oberbayerische AfD-Landtagsabgeordnete und „Parteien-Hopper“ Franz Bergmüller und zeigte damit erneut, dass man ihn guten Gewissens dem vorher  beschriebenen Personenkreis zuordnen kann.

Franz Bergmüller

„Wenn die Protagonisten des bürgerlich-liberalen Flügels gehen, driftet die AfD unweigerlich nach rechts ab“.

So kommentierte [2] Bergmüller wenig hilfreich den Austritt Swobodas aus der AfD. Man könnte auch sagen, er ist seiner Partei damit in schwierigen Zeiten in den Rücken gefallen.

Seine Stellungnahme löste nicht nur in der Fraktion Ärger und Kopfschütteln aus:  Schließlich war gerade Bergmüller bis dato nicht wegen seines liberalen Gedankenguts aufgefallen. In einem Interview mit dem Münchner Merkur hatte er noch im November 2017 über Höcke gesagt:

„Auf ihn haben sich ja viele Politiker und Medien eingeschossen. Meinungsfreiheit scheint man ihm absprechen zu wollen. Das, was er gesagt hat, ist nicht parteischädigend. (…)“

So ändern sich die Zeiten und die Meinungen…

Dass Bergmüller zusammen mit Raimund Swoboda, Markus Plenk und einigen wenigen weiteren Abgeordneten sitzen blieb, als Charlotte Knobloch in einer Gedenkveranstaltung gegen die AfD hetzte und der Großteil der Fraktion schweigend aufstand und den Saal verließ, reicht jedoch in der heutigen Zeit offenbar als liberales Gesinnungsbekenntnis aus.

Ein Franz-Josef Strauß für Arme?

Bergmüller ist Sprössling einer oberbayerischen Gastwirt- und Metzgerdynastie in der neunten Generation. Er geriert sich mit dem Habitus eines wiederauferstandenen Franz-Josef Strauß, ohne jedoch über dessen Bildung und intellektuelle Schärfe zu verfügen. Auch scheint er einen unangemessenen Ton im Umgang mit seinen Mitmenschen mit der oft polternden Art seines verstorbenen Vorbildes zu verwechseln.

Wenn man bei Mitarbeitern der Fraktion oder auch des Landtagsamtes über Bergmüller spricht, werden die Mienen ernst und es kommen Beschwerden über sein cholerisches Verhalten und eine ungezügelte Aggressivität, die er immer wieder an den Tag legt. Fraktionsmitarbeiter sprechen hinter vorgehaltener Hand davon, dass durch ihn schon mehrfach die gute Zusammenarbeit der AfD-Fraktion mit der Landtagsverwaltung erheblich gefährdet wurde.

Die bayerische AfD hat zu spät gemerkt, was sie sich mit dem „Parteien-Hopper“ aus Oberbayern, der mit seinem Austritt aus der CSU einem Parteiausschlussverfahren zuvorkam [3], dann Mitglied der Freien Wählern wurde und anschließend bei der Alternative für Deutschland anklopfte, eingefangen hat.  Seitdem bemüht sich die Partei bisher vergeblich, das wie ein Kaugummi an der Schuhsohle klebende Ärgernis wieder loszuwerden. Ohne Zweifel besitzt der Metzger und Gastwirt in seiner Heimatregion eine gewisse Popularität, die sich auch in Stimmen für die AfD niederschlägt. Mit seiner einseitigen Parteinahme für Raimund Swoboda hat er jedoch seiner Partei in einer Zeit empfindlich geschadet, in der sie seiner Unterstützung dringend bedurft hätte. So war es kein Wunder, dass auf Betreiben einer Gruppe von Abgeordneten der AfD-Fraktion ein Rauswurf Bergmüllers auf die Tagesordnung der nächsten Fraktionssitzung gesetzt wurde. Nach internen Beratungen entschloss man sich jedoch dazu, den Antrag wieder von der Tagesordnung zu nehmen. Stattdessen wurde ein „konstruktives Gespräch“ geführt. Es bleibt zu hoffen, dass Bergmüller diesen Warnschuss verstanden hat.

Katrin Ebner-Steiner

Eine Analyse der jüngsten Vorgänge in der bayerischen AfD-Landtagsfraktion wäre nicht vollständig, ohne sich auch mit derjenigen zu befassen, die mit der durch Swoboda, Plenk und Bergmüller geschaffenen Situation jetzt bestmöglich umgehen muss. Die Rede ist von Katrin Ebner-Steiner, die sich mit Markus Plenk bisher den Fraktionsvorsitz geteilt hat.

Nach dessen Austritt aus der Partei ist Katrin Ebner-Steiner nun alleinige „Chefin“ der AfD-Abgeordneten im bayerischen Landtag. Man braucht sie um diesen Posten  nicht zu beneiden. Die Alternative für Deutschland ist schnell gewachsen und hat alle möglichen Charaktere angezogen, die es auf Linie zu bringen und dort zu halten gilt. Während in den anderen Parteien, insbesondere in CDU und CSU, jahrzehntelang gewachsene und verfeinerte Disziplinierungsstrukturen existieren, die Querköpfe im großen und ganzen im Zaum halten, ist die AfD bisher noch – wie Gauland so schön sagte – „ein gäriger Haufen“. Hier klare Kante zu zeigen, Abweichler im Zaum zu halten und auch dazu noch Sacharbeit zu leisten, ist eine Herkulesaufgabe für die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden. Die Altparteien haben dafür mit allen Wassern gewaschene Politprofis, die ausgelegte Fallstricke und Machenschaften der eigenen Leute und des politischen Gegners frühzeitig durchschauen und mit eigenen Schachzügen darauf reagieren. Dabei ist beinahe jedes Mittel Recht und Werte wie Aufrichtigkeit und Anstand spielen keine Rolle. Solche Menschen nennt man Berufspolitiker.  Und sie sind es, die Deutschland dahin gebracht haben, wo es jetzt ist.

Und dann ist da noch die AfD, der viele Menschen „wie Du und ich“ beigetreten sind und die ohne dieses „Haifischbeckenwissen“ nun versuchen müssen, ihre Aufgabe so gut wie möglich zu erfüllen. Katrin Ebner-Steiner ist im April 2015 der AfD beigetreten, aus Sorge um ihr Land und um die Zukunft ihrer Kinder. Vorher war sie nicht politisch tätig und jetzt gilt eben das Motto „Learning by doing“.  Dass dabei auch Fehler passieren, liegt in der Natur der Sache und sollte ihr, ebenso wenig wie den anderen „Menschen wie Du und ich“, die jetzt neu im Politikbetrieb sind, nicht angekreidet werden.

Ebner-Steiner wird mit ihrer Aufgabe wachsen. Die Voraussetzung dafür ist die loyale Unterstützung ihrer Fraktionskollegen. Die Abgeordneten sollten nicht vergessen, dass es ein gemeinsames Ziel gibt: Das Wohl Deutschlands und des deutschen Volkes.

Interview mit der bayerischen AfD-Fraktionsvorsitzenden Katrin Ebner-Steiner

PI-NEWS: Frau Ebner-Steiner, der bayerische Rundfunk berichtet, dass es in dieser Sache Diskussionen im Bundesvorstand und anschließend „Ratschläge“ von dort gegeben habe. Hat sich die Bundespartei hier eingemischt?

Ebner-Steiner: Ich habe nach Swobodas Austritt Bundessprecher Meuthen informiert und mit ihm die Situation besprochen. Das ist gängige Praxis, wie sie auch in den anderen Partei in einer solchen Situation üblich ist.

PI-NEWS: Gab es Anweisungen vom Bundesvorstand, den Antrag auf Ausschluss von Bergmüller aus der Fraktion wieder von der Tagesordnung zu nehmen?

Ebner-Steiner: Der Antrag wurde auf die Tagesordnung gesetzt, weil über ein Viertel der Abgeordneten dies gefordert hatte. In so einem Fall bin ich verpflichtet, das auf die Tagesordnung zu setzen. Ebendiese Abgeordneten haben aber nach eingehender Diskussion diesen Antrag wieder zurückgezogen, damit die Wogen geglättet werden und Ruhe einkehrt. In diesem Sinne hat es ja schon ein erstes Gespräch mit Franz Bergmüller gegeben.

PI-NEWS: Was sagen Sie zum Austritt ihres Co-Fraktionsvorsitzenden Markus Plenk?

Ebner-Steiner: Ich bin persönlich enttäuscht von ihm. Wenn er auch nur einen Funken Selbstachtung hat und Achtung vor den Wählern und der AfD, die ihm das Vertrauen geschenkt haben, wird er sein Mandat zurückgeben. Wir von der Fraktion haben ihm auch noch ein Wort des Heimatdichters Adalbert Stifter mit auf den Weg gegeben: „Alles was auf Erden besteht, beruht auf Ehre und Treue, wer heut die alte Pflicht verrät, verrät morgen auch die Neue.“

PI-NEWS: Wie sehen Sie die künftige Zusammenarbeit mit Franz Bergmüller?

Ebner-Steiner: Wir haben in der Fraktion eine gemeinsame konstruktive Arbeitsbasis gefunden und widmen uns nun weiter unserem Wählerauftrag. Es gibt keinen Richtungsstreit, unseren Kurs bestimmt das Parteiprogramm und das setzen wir nun weiter Schritt für Schritt um.

PI-NEWS: Wie sehen Sie ihre Aufgabe als Fraktionsvorsitzende?

Ebner-Steiner: Die AfD ist eine junge Partei und von daher wild wie ein junges Pferd. Die Fraktion zu führen ist wie der Ritt auf einem Rodeo-Pferd.

(Das Interview führte EUGEN PRINZ)

Oliver Flesch interviewt Petr Bystron

Hier noch ein Interview von Oliver Flesch mit dem AfD-Bundestagsabgeordneten und früheren bayerischen Landesvorsitzenden Petr Bystron zu den aktuellen Vorgängen in der Landtagsfraktion. Noch ein kleiner Hinweis in eigener Sache: Oliver Flesch behauptet in dem Video irrtümlich, dass PI-NEWS über einen Austritt von Franz Bergmüller aus der AfD berichtet hätte. Das ist nicht der Fall, wie Sie hier [1] nachlesen können.

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