Von PETER M. MESSER | Dieser Artikel über die Wahl einer aktuell vom Verfassungsschutz beobachteten linken Verfassungsrichterin und den Rauswurf eines möglicherweise einmal vom Verfassungsschutz beobachteten AfD-Landeschefs ist kein Artikel über doppelte Maßstäbe, sondern über zwei für uns nachteilige Geschehensabläufe – und wie man sie neutralisieren kann, indem man sie verknüpft.
Die CDU hat zusammen mit SPD und der Linken Barbara Borchardt, die der vom Verfassungsschutz beobachteten „Antikapitalistischen Linken“ angehört, zur Richterin am Verfassungsgerichtshof von Mecklenburg-Vorpommern gewählt (PI-NEWS berichtete hier [1] und hier [2]). Davon werden alle Beteiligten profizieren. Die Linke wird zum Teil der akzeptablen „Mitte“ und kann sagen: Seht her, uns kann man sogar dann die Verfassung anvertrauen, wenn wir vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Die angestrebte Abschaffung von Marktwirtschaft und kapitalistischer Eigentumsordnung ist dafür kein Hinderungsgrund. Linksradikales Denken wird so mittefähig.
Für die CDU bringt die Zusammenarbeit mit der Linken nicht nur neue Koalitions- und Machtoptionen. Die Verschiebung des politisch Sagbaren weiter nach links erlaubt ihr, sich trotz der von ihr angestrebten Auflösung Deutschlands in Europa weiter als bürgerlich-konservative Partei darzustellen. Natürlich gibt es einige Aufregung über diese Aktion der CDU. Aber nicht bei denen, die sie noch wählen.
Im Übrigen wird die CDU vor negativen Folgen ihrer weiteren Linksbewegung zuverlässig von Menschen wie dem Bundestagsabgeordneten Arnold Vaatz abgesichert. Er tut das, indem er die Wahl kritisiert, sie als Ausdruck des Bestrebens auch der CDU sieht, die Revolution von 1989 „kleinzuhacken“ [3], aber natürlich weiter der CDU angehört. Er stellt so durch seine Person sicher, dass diesem Projekt konservative Wählerstimmen zufließen und die Revolution von 1989 und unser Land auch wirklich zuverlässig kleingehackt werden. Die Aufregung über die Wahl von Barbara Borchardt wird also folgenlos verebben.
Die Aufregung um den Ausschluss von Andreas Kalbitz aus der AfD wird dies nicht tun. Nachdem die Parteiführung ihn hochgekocht hat, wird er so oder so Schaden an der AfD hinterlassen. Scheitert der Ausschluss, werden Systemparteien und Systempresse dies als Beleg für die Unterwanderung der AfD durch „Rechtsextreme“ darstellen, und es wird zu Verlusten am bürgerlichen Rand kommen. Gelingt er, wird es zu Verlusten am patriotischen und ernsthaft oppositionellen Rand kommen, ohne dass die von den Bürgerlichen gewünschte Ruhe eintritt.
Das System wird sich neue Opfer suchen, sogar verstärkt. Seht her, wird man sagen, selbst die AfD musste einen erfolgreichen Landeschef ausschließen, weil er zu rechts war, und das war doch wohl nur die Spitze des Eisberges. Die Extremismusvorwürfe werden anhalten, und deshalb wird auch in diesem Fall der bürgerliche Rand bröckeln. Mit dem Verweis, dass man die eigenen Regeln eben ernster nehme als der Gegner, wird man dort nicht punkten können. Denn die Bürgerlichen werden glauben, dass man das auch müsse, weil man als Rechter eben viel gefährlicher sei.
Das Nebeneinander dieser beiden Abläufe verstärkt die Legitimierung der Linken und die Delegitimierung der Rechten noch weiter. Man kann sie nur neutralisieren, indem man sie dauerhaft im öffentlichen Bewusstsein miteinander verknüpft: Indem die Annullierung der Mitgliedschaft von Andreas Kalbitz ausdrücklich unter Verweis auf die Wahl Barbara Borchardts zurückgenommen wird.
Prof. Meuthen müsste erklären, dass er keinen Sinn darin sehe, bei Parteimitgliedern auf deren ehemaligen Mitgliedschaften zu achten, wenn die aktuelle Mitgliedschaft in einer vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppierung der Wahl zur Verfassungsrichterin nicht entgegensteht. Er sollte das leicht zynisch, leicht gelangweilt und ganz locker aus dem Handgelenk tun.
Das wird Meuthen natürlich nicht machen. Aber die AfD-Brandenburg könnte sich so positionieren und so sicherstellen, dass bei jeder Erwähnung der Causa Kalbitz in den Medien die Wahl Barbara Borchardts immer mitgedacht werden muss. Das kann man auch visuell einfallsreich tun, etwa mit Borchardt-Bildern auf den Tischen im Landtag oder einem dezenten Borchardt-Button am Revers von Herrn Kalbitz.
Dieter Stein, der den Kalbitz-Rauswurf bekanntlich unterstützt, schreibt in der aktuellen JUNGEN FREIHEIT [4]: „Die systematische Ächtungsstrategie, die sowohl von den übrigen etablierten Parteien als auch vielen Medien gegen die AfD verfolgt wird, hat in den vergangenen Jahren zu einem stetigen Aderlass an gemäßigten Funktionären und Mitgliedern geführt.“ Richtig, aber diese Ächtungsstrategie wird nicht mit Kalbitz enden. Man braucht sich dazu nur die aktuellen Angriffe der Europhilen auf das Bundesverfassungsgericht nach seiner EZB-Entscheidung anzusehen. Man wird diese Strategie weiterführen, solange sie erfolgreich ist, ohne Rücksicht auf sachliche Gründe.
Sprache und Diskurs sind kein Geschehen der Wahrheit, sondern ein Geschehen der Macht. Als Machtloser kann man sich nur an den Worten und Taten der Mächtigen emporziehen und ihre Fehler für sich nutzen. Und selbst die werden schnell vergessen, wenn sie nicht an beständig sichtbaren Fakten festgemacht werden. So gesehen sind Barbara Borchardt und Andreas Kalbitz ein Traumpaar, mit dem sich die Verlogenheit der Anstandsfiktionen des Establishments dauerhaft sichtbar halten lässt.
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