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Die Hagia Sophia und Erdogans Expansionspläne

Von KONSTANTIN | Der Aufschrei wehrte nur kurz. Die ehemalige Sophienkirche im heutigen Istanbul, die seit 1935 als Museum gedient hatte, wurde wieder in eine Moschee umgewandelt. Erdogan und seine Mitstreiter bemühen sich den Schritt klein zu reden. Touristischen Besuchern wird der Zutritt zur Hagia Sophia weiterhin gestattet sein. Nur freitags würde das muslimische Ritual „Freitagsgebet“ abgehalten. In der Tat handelt es sich nur um einen symbolischen Akt. Konstantinopel ist seit 1453 von islamischen Truppen besetzt und die christliche Ursprungsbevölkerung Kleinasiens mittlerweile fast vollständig getötet, vertrieben oder zwangsassimiliert worden.

Dennoch sind auch symbolische Akte nicht zu unterschätzen. Die Umwandlung der als Moschee genutzten Hagia Sophia in ein Museum unter Kemal Atatürk war ein symbolischer Akt, die moderne Türkei vom islamisch-osmanischen Erbe zu lösen. Atatürk schwebte eine säkulare Türkei vor. Die Republik sollte sich durch eine streng laizistische Politik gegen eine islamische Vereinnahmung schützen. In den islamischen Quellentexten ist eine Trennung von weltlicher und religiöser Macht und Autorität nicht vorgesehen. Poltische und religiöse Kräfte sollen sich in islamischen Konzepten vielmehr gegensätzlich stärken und stützen.

Die türkische Republik ist tot! Es lebe das Neoosmanische Reich

Die Rückwidmung vom Museum zur Moschee ist der Sargnagel für den von Atatürk angestoßenen Jahrzehnte langen Versuch, islamische politische Kräfte unter Kontrolle zu bringen. Die türkische Republik ist tot! Es lebe das Neoosmanische Reich unter Sultan Recep Erdogan.

Dieser Paradigmenwechsel ist allerdings im Gegensatz zur Umwidmung der Hagia Sophia keinesfalls nur symbolischer Natur. Erdogans Außen- und Sicherheitspolitik nimmt in rasanter Geschwindigkeit Parallelen zum Osmanischen Reich an. In vollkommener Selbstverständlichkeit werden türkische Soldaten in einem Nachbarland nach dem anderen eingesetzt. Im Mai 2020 besetzten türkische Soldaten [1]griechische Inseln im Grenzfluss Evros. Seit 1974 ist der Norden Zyperns durch türkische Truppen besetzt. Auch dort wurden Kirchen in Moscheen umgewandelt und anatolische Siedlerfamilien hin verfrachtet. Mit dem Beitritt Zyperns zur EU gehört die gesamte Insel völkerrechtlich zur Europäischen Union. Mit dem kleinen Schönheitsfehler, dass der Norden der Insel türkisch besetzt ist. Die Eurokraten in Brüssel scheint dies allerdings kaum zu stören. Die Beihilfen für die Türkei flossen über Jahre weiter.

Bekannte Spielwiese von Erdogans militärischen Abenteurern ist Syrien. Dort stehen türkische Truppen [2]seit 2016 direkt im Nachbarland. [2] Nachdem der mutmaßliche türkische Verbündete, der Islamische Staat, sukzessive von arabisch-kurdischen Milizen zurückgedrängt wurde, intervenierte die Türkei und eroberte Teile der vom IS verlorenen Gebiete zurück. Sunnitisch-arabische Kämpfer aus Al-Qaida nahen Milizen werden nun mit ihren Familien in ehemals kurdischen Gebieten angesiedelt und in den Schulen wird türkisch gelehrt.

Erdogan in der Mehrzahl der Nachbarländer militärisch aktiv

Seit Frühjahr 2020 intensivierte die Türkei auch ihre militärischen Eingriffe in Libyen. Dort scheinen allerdings zumindest offiziell keine regulären türkischen Truppen eingesetzt zu werden, sondern in erster Linien arabische Milizionäre und Material. Anders sieht dies wieder im Nordirak aus. Dort führt die Türkei seit Juni eine Bodenoffensive gegen die kurdische PKK-Miliz durch.

Im Konflikt zwischen dem christlichen Armenien und dem turksprachigen Aserbaidschan hat sich die Türkei bisher nur verbal auf die aserische Seite geschlagen. Vor einem Angriff auf Armenien schreckt Erdogan wohl auch aufgrund dessen Schutzmacht Russland zurück.

Dennoch ergibt sich eine erschreckende Liste völkerrechtswidriger militärischer Abenteuer für einen Natostaat. Erdogans Türkei ist in vier von sieben Nachbarstaaten mit eigenen Soldaten direkt militärisch aktiv. Milizionäre kämpfen auf der südlichen Seite des Mittelmeers in Libyen. Armenien wird zumindest verbal bedroht. Die militärische Landkarte zeigt: Die westlich orientierte Türkei ist Geschichte. Wir haben es mit einer expansiven Militärmacht zu tun, die jede Gelegenheit nutzen wird, Grenzen zu ihren Gunsten zu verschieben. Bis auf immer neue Geldzahlungen scheinen Deutschland und die EU hierauf keine Antwort zu finden.

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Erdogans Triumph: Islamisches Freitagsgebet in der Hagia Sophia

geschrieben von PI am in Christentum,Islam,Türkei | 89 Kommentare

Am Freitag feierte der türkische Präsident Erdogan seinen Triumph über die Christen – nach 86 Jahren fand in der Hagia Sophia wieder ein islamisches Freitagsgebet statt. Vor zwei Wochen hatte das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei den Status des Hauses als Museum annulliert. Erdogan ordnete daraufhin sofort die Nutzung als Moschee an, was auf internationale Kritik stieß. Besonders scharf kritisierten Russland und Griechenland die Entscheidung.

In zahlreichen Kirchen Griechenlands läuteten am Freitag Trauerglocken. Aber der islamische Despot der Türkei hat sich noch nie von Kritikern beeindrucken lassen und in diesem Fall waren die Stimmen der Gegner wohl eher Triumphfanfaren in seinen Ohren.

Die Hagia Sophia wurde im 6. Jahrhundert nach Christus unter byzantinischer Herrschaft als Kirche erbaut. Beinahe ein ganzes Jahrtausend lang galt sie als das größte Gotteshaus des Christentums.

Im 15. Jahrhundert, nach der Eroberung Konstantinopels, dem heutigen Istanbul, durch die Osmanen wurden dem Bauwerk vier Minarette hinzugefügt und es wurde fortan als Moschee genutzt.

Diesem Spuk bereitete Mustafa Kemal Atatürk 1934 ein Ende. Es gab keine islamischen Gebete mehr darin – die Hagia Sophia wurde ab da als Museum genutzt – bis Freitag. Erdogan will mit dieser mehr als symbolischen Tat nicht nur die verhassten Christen demütigen, sondern auch Atatürks Vision von einer säkularen Türkei, in der der Islam keine politische Rolle spielt, in den Staub treten.

Wegen Covid 19 durften nur maximal 1000 Menschen in das Gebäude. Tausende Moslems versammelten sich daher vor dem historischen Kuppelbau. Erdogan sprach von rund 350.000 Anwesenden und rezitierte selbst Koranverse.

[3]Die einzigartigen christlichen Fresken und Mosaike wurden und werden auch künftig während der Gebetszeiten abgedeckt. Vielleicht hat man Angst, dass besonders Koranhörige beim Anblick der Muttergottes mit dem Jesuskind zu Staub zerfallen könnten.

Der Erzbischof von Athen sprach anlässlich des islamischen Gebets in der Hagia Sophia von einem „Tag der Trauer für das gesamte Christentum“ und bezeichnete die Umwidmung in eine Moschee als einen „unheiligen Akt der Schändung“.

Was sich heute in Istanbul abspiele, sei „kein Zeichen der Stärke, sondern ein Beweis der Schwäche“, so der Erzbischof.

MdEP Joachim Kuhs, Vorsitzender der „Christen in der AfD“ sagte:

Die christliche Bevölkerung der Türkei ist von 2,5 Millionen vor dem 1. Weltkrieg durch Mord und Vertreibung auf heute nur noch 120.000 geschrumpft, die jüdische Bevölkerung von 100.000 auf heute nur noch 22.000. Kirchen, Synagogen und Friedhöfe werden geschändet, Priester und Gläubige werden angegriffen oder gar ermordet. Christliche Kirchen dürfen weder Grundstücke erwerben noch ein Bankkonto eröffnen oder theologischen Nachwuchs ausbilden.

Vergleicht man diese eklatante Benachteiligung damit, wie DITIB in Deutschland mit seinen regimetreuen Imamen, seinen steuerfinanzierten Religionsunterricht, Islamverbänden und Moscheen hofiert wird, wird einem erst bewusst, was für eine Schräglage hier entstanden ist. DITIB sollte genau die gleichen Bedingungen bekommen, wie christliche Gemeinden in der Türkei. Leider hat die Partei mit dem C im Namen das C vergessen, und die Kirchen in Deutschland sind mehr damit beschäftigt, die AfD zu diffamieren und den Islam zu hofieren, als den 260 Millionen verfolgten Christen weltweit zu helfen. Wenn Erdogan die Hagia Sophia zur Siegesmoschee macht, ist das ein Schlag ins Gesicht von Christen weltweit, wie der Metropolit von Moskau gesagt hat.

Genauso wollte Erdogan das wohl auch verstanden haben und dabei ist davon auszugehen, dass ihm „ein Schlag ins Gesicht der Christen“ noch lange nicht reicht. Er träumt von einem türkischen Kalifat, das weit über die Grenzen der heutigen Türkei hinaus gehen soll. (lsg)

[4]

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