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Michael Klonovsky: Wer oder was ist deutsch?

Regelmäßig sehen sich Konservative in Talkrunden mit der Frage konfrontiert, was denn für sie eigentlich deutsch bzw. ein Deutscher sei, vorgetragen meist im Duktus eines höheren Kindergärtners, der es an der Zeit findet, über die Nichtexistenz des Weihnachtsmannes aufzuklären. Zunächst ist die Antwort recht einfach: Deutsch ist – nein, falsch – ein Deutscherist, wer einen deutschen Pass besitzt. Ein Deutscher muss demzufolge gar nicht deutsch sein. Menschen, die einen deutschen Pass besitzen, können jeder beliebigen Ethnie angehören. Wenn umgekehrt zum Beispiel Heribert P. aus München in den Sudan auswanderte, worüber viele traurig wären, ganz besonders der Verfasser dieses Diariums, und dort brav die Staatsbürgerschaft annähme, könnte er von sich behaupten, er sei sudanesischer Staatsbürger. In gewissem Sinne könnte er sogar sagen, er sei jetzt ein Sudanese, auch wenn das einiges Schmunzeln auslösen dürfte. Aber nimmermehr, er sei sudanesisch. Dergleichen dauert Generationen.

Wenn Achmed oder Mustafa sagen, sie seien Deutsche, weil sie einen deutschen Pass besitzen, ist das rechtlich korrekt; deutsch im Sinne eines Bündels von über Generationen tradierten und vererbten Eigenschaften sind sie damit (noch) keineswegs geworden. Das ist kein Werturteil, sondern eine Beschreibung; im umgekehrten Falle wäre es nicht anders. Haben Achmed und Mustafa zugleich noch ihren türkischen Pass, sind sie weder Deutsche noch deutsch, sondern etwas Drittes – sofern sie nicht zu jener stattlichen Schar türkischer Einwanderer oder Einwandererkinder gehören, die sich ohne Einschränkung als Türken empfinden.

Unsere Bestmenschen würden jetzt einwenden, dieses Dritte sei das Fundament für die Zukunft, es sei gut, dass nationale Loyalitäten porös werden, und bald sei dies Thema nur noch ein Spuk aus der Vergangenheit. Die Stichhaltigkeit dieser These würde sich im Konfliktfall zeigen – ich halte es hier mit Carl Schmitt, dass nur der Ernstfall in Betracht kommt, weil der Normalfall banal ist –, aber der Definition, was deutsch ist, kommen wir mit solchen Erwägungen nicht näher.

Die Frage danach wird in der Regel gestellt, um den Gefragten lächerlich zu machen, weil er an so etwas Absurdes oder Überholtes überhaupt glaubt. Deutschsein, deutsches Volk, deutsche Nationalität, all das sind bloß Konstrukte, die zwar im Grundgesetz auftauchen, aber auf den historischen Müll gehören, weil sie dem Fortschritt in die multiethnische, „bunte“ Gesellschaft im Wege stehen, lautet die korrekte Antwort. Konsequenterweise müsse man die Völker und ihre Nationalstaaten sukzessive auflösen. Die Unterschiede zwischen ihnen seien ohnehin so groß nicht und kaum zu definieren.

Diese Prämisse ist offenkundig falsch. Jeder weiß und sieht auf den ersten Blick, dass es mit Händen zu greifende Unterschiede zwischen den nationalen Großkollektiven gibt. Der Japaner unterscheidet sich vom Tschechen, der Kolumbianer unterscheidet sich vom Nigerianer. Es sind nicht nur genetische und ethnische Prägungen, die sie unterscheiden, sondern auch kulturelle und religiöse; es sind Mentalitäten, es ist ihr Habitus. Die Rasse, das Temperament, die Geschichte, die Traditionen, die Religion, die Sitten, die Verbindlichkeiten, die Gruppenloyalitäten, die Rolle der Frau, die Rechtsprechung, die Einstellung zur Wahrheit: An solchen Existentialien machen sich zahlreiche Unterschiede fest. Wer konfliktfrei von einer in eine andere Großgruppe wechseln will, muss sich nach deren Kriterien richten.

Wir können überall in Deutschland geborene Kinder und Jugendliche beobachten, die erkennbar keiner europäischen Ethnie entstammen, sich aber in ihrem Habitus und ihrer Sprache von ihren deutschen Mitschülern nicht unterscheiden. Wir können aber ebenso solche hierzulande geborenen Kinder und Jugendliche fremdethnischer Abstammung beobachten, deren Habitus sich nicht angeglichen hat. Bei unkriegerischen Migrationsbewegungen passen sich die Einwanderer üblicherweise dem Habitus der Aufnahmegesellschaft an und verändern diesen gleichzeitig unmerklich. Vollziehen sich solche Prozesse allmählich und gleichsam „in Tröpchen“, ist alles gut. Vollziehen sie sich zu schnell und in großen Wellen, können sie zu blutigen Konflikten führen und Länder destabilisieren. Auch wenn das einwandernde Kollektiv sich ostentativ von der Einheimischen abgrenzt, deutlich abweichende Sitten pflegt und sich im Fortpflanzungsverhalten unterscheidet, sind Konflikte unausweichlich.

Fast alle Völker leben heute noch ganz selbstverständlich in ihren nationalen Klausuren, ohne sich dafür im Geringsten abzuschotten. Aber der Wunsch, sich im globalen Großenganzen ethnisch aufzulösen, ist ein exklusiv westlicher und vor allem deutscher, wobei auch in keinem westlichen Land tatsächlich Mehrheiten dafür zu gewinnen wären.

Was aber soll denn nun deutsch sein? In gebotener Kürze und mit aller Bereitschaft zum Fragmentarischen sei eine Antwort skizziert. Wilhelm Busch etwa ist deutsch, diese Mischung aus Gemütlichkeit, Schadenfreude, Boshaftigkeit und Geist. „Ordnung muss sein“ ist deutsch. Ingenieurskunst und Made in Germany als weltweites Gütesiegel sind deutsch. Deutsch ist die Mentalität, eine Sache zu Ende zu führen. Es ist deutsch, zu viel zu arbeiten und eine gewisse Unfähigkeit, die Früchte dieser Arbeit zu genießen, ist es ebenso. Die ewige Frage, was deutsch sei, ist deutsch. Deutsch sind der Tiefsinn, die Pflichtethik und die Neigung zum Prinzipiellen, Kehrwoche und Metaphysik. Deutsch sind eine gewisse Provinzialität, die Neigung zum Konformismus und ein unverwüstlicher Untertanengeist, alles Folgen des jahrhundertelangen Umgebenseins von unfreundlichen Nachbarn. Der Sozialismus ist deutsch, die deutsche Seele ist im Innersten sozialistisch. Deutsch ist es, „die Elementa zu spekulieren“ und für alles Nichtspekulative technische Lösungen zu finden. Deutsch sind die Brüder Humboldt als Mitbegründer jener Leitkultur, deren Leidenschaft der Erforschung fremder Kulturen gilt, sowie die Idee der Universität als Ort universeller Bildung. Deutsch ist die Treue zu einer Idee bis zur Idiotie. Deutsch sind der Riesling und die Burgen am Rhein, „Eine feste Burg ist unser Gott“, das „Meistersinger“-Vorspiel und der Einzug der Gäste in die Wartburg im „Tannhäuser“, der Mond der Romantik, die Begriffsmühlen des deutschen Idealismus, aber auch jene des Amtsschimmels, gehaltene Versprechen und das völlige Fehlen von Eleganz im täglichen Umgang… – ich breche hier ab.

Das alles seien keine verwertbaren Kriterien, wird mancher einwenden. Sie seien weder verallgemeinerbar noch besonders aktuell. Viele deutsche „Jetztsassen“ (Th. Kapielski) könnten mit alldem nicht das Geringste anfangen. Im Grunde legte ich mit diesem Sammelsurium bloß offen, dass ich in der Vergangenheit lebe. All diese Charakteristika seien vergänglich und würden früher oder später in den Mühlen der Globalisierung mit hinein gemahlen werden ins Mehl der ultimativen Buntheit.

Schon möglich. Aber noch sind sie wirkmächtig, auch im Denken und Verhalten derjenigen, die keine Ahnung davon haben, was ich hier vortrage. Diese Charakteristika genügen vollauf, um die gravierenden Unterschiede zu denjenigen zu beschreiben, die in hellen Scharen zu uns strömen, nichts davon mit sich tragen und angeblich integriert werden müssen. Sie genügen vollauf, um jedem Unverbohrten vor Augen zu führen, wie lange eine solche Integration sogar dann dauern würde, wenn die andere Seite bereit wäre, sich maßvoll anzupassen. Im Übrigen handelt es sich bei der deutschen Mentalität, ökonomisch gesprochen, um eine Ressource, die wiederum Parameter wie Verlässlichkeit, Pünktlichkeit, Pflichtbewusstsein, Vertragstreue, Rechtsvertrauen und Rechtssicherheit einschließt. Es dauert Jahrhunderte, bis sich ein solches gesellschaftliches Klima ausbildet, aber auch Ressourcen dieser Art können verbraucht werden und kehren nicht wieder.


(Im Original erschienen bei michael-klonovsky.de/acta-diurna [1])

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Michael Klonovsky: Und weiter mit den immergleichen Sermoni!

geschrieben von PI am in Bereicherung™,Islam,Islam ist Frieden™,Islamisierung Deutschlands,Judenhass,Merkelismus,Siedlungspolitik,Video | 186 Kommentare
Screenshot der Pressekonferenz vom 11.12.2017; kleines Bild: Moslems verbrennen in Berlin eine Fahne mit einem Davidstern.

„Deshalb sage ich allen, die auf solche Demonstrationen gehen: Folgen Sie denen nicht, die dazu aufrufen! Zu oft sind Vorurteile, ist Kälte, ist sogar Hass in deren Herzen!“ Mit diesen Worten reagierte die inzwischen Größte Amtierende Kanzlerin aller Zeiten (GröAmKan*Z) bekanntlich in ihrer Silvesteransprache am 31. Dezember 2014 auf den grölenden Mob von Pegida, der Moscheen, Synagogen und zwergwüchsige Minister angriff, öffentlich die Fahnen praktisch sämtlicher nichtdeutschen Nationen verbrannte und für ungezählte Messerattacken auf vor allem abendlandfeindliche Politiker verantwortlich war. – Angesichts der friedlichen Schweigemärsche moderater Islamisten gegen die Schreckenspolitik bzw. Existenz Israels, veranstaltet am vergangenen Wochenende in Berlin und anderen bunten Städten, übte sich die Kanzlerin in orientalisch weiser Zurückhaltung, wahrscheinlich auch aus Rücksichtnahme auf Recep den Prächtigen und Wolfgang Gedeon.

PS 14.14 Uhr: Nun hat sie sich doch zu Wort gemeldet, elegant und formvollendet wie immer. „Wir wenden uns gegen alle Formen des Antisemitismus und des Fremdenhasses“, sagte die Kanzlerin nach einer Sitzung des CDU-Vorstands in Berlin. „Der Staat muss mit allen Mitteln des Rechtsstaats dagegen einschreiten.“ Merkel sprach von „gravierenden Ausschreitungen“. Dass „Strafdelikte in Deutschland verboten“ seien, sagte sie diesmal nicht; auch von „Schande“ war keine Rede (wahrscheinlich weil es sich bei den Fahnenabfacklern nicht um Deutsche handelte), von Hass und sich davon Fernhalten sowieso nicht.

Wer die größte Antisemiten-Importspedition der jüngeren deutschen, ach was, europäischen Geschichte leitet, darf keine allzu große Lippe riskieren, gerade als Naturwissenschaftlerin nicht, denn als solche weiß Frau Dr. Merkel, dass es absurd ist, eine explosive Substanz in ein System einzuspeisen und sich danach zu wundern, wenn es knallt. Was die GröAmKan*Z wiederum mit „allen Mittel“ des unter ihrer Ägide gründlich demolierten Rechtsstaates meint, werden wir in den kommenden Wochen und vor allem Jahren studieren dürfen. Warum sie überhaupt erst eine Problemgruppe importiert und dann gegen eine der kalkulierbarsten Nebenwirkungen „einschreiten“ will, gehört zu jenen Mysterien, um deretwillen man die Beichte, das Exil, die Aktensperrfrist und internationale Gerichtshöfe erfunden hat.

Hier das Video der Pressekonferenz vom 11.12.2017

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Klonovsky über Merkel-Galgen, Kunst und die wortelastische Presse

geschrieben von PI am in Altmedien,Kampf gegen Rechts™,Lügenpresse | 91 Kommentare
Gericht gestattet Verkauf von Galgen für Merkel und Gabriel.

Was anständig gebliebene Mitarbeiter der Qualitätspresse gegenüber dem Facebook-Pöbel vor allem auszeichnet, ist ihr Sinn für das Angemessene. Sie bleiben immer sachlich. Zum Beispiel schreibt ein solcher Qualitätsjournalist keineswegs Verniedlichungen wie: „Entgegen der ersten Meldung über einen Messerangriff auf den Bürgermeister von Altena trug der Politiker dabei nur eine leichte oberflächliche Verletzung davon. Im Gegensatz zu den ursprünglichen Berichten handelte der alkoholisierte Täter aus persönlichen Motiven. Nach dem Erkenntnisstand der Staatsanwaltschaft geschah die Tat auch nicht geplant, sondern spontan“ (hier [2]).

Sondern er setzt direkt unter das Foto, das den Bürgermeister Hollstein mit einem ca. 5 Zentimeter Wundauflage bedeckenden Pflaster am Hals bei der Pressekonferenz einen Tag nach dem Angriff zeigt, die Zeile: „Bürgemeister bei Messerattacke schwer verletzt. Die 15 Zentimeter lange Schnittwunde musste notärztlich versorgt werden. Der Täter handelte aus fremdenfeindlichen Motiven.“

Oder er schreibt unter dieses [3] Foto vom „Pegida-Galgen“ für Frau Merkel und Herrn Gabriel: „Das Original war riesig, furchteinflößend. Das Werkzeug eines Lynch-Mobs. Bei einer Pegida-Demonstration in Dresden am 12. Oktober 2015 brachte ein Teilnehmer den lebensgroßen Galgen auf den Theaterplatz mit.“

Der Terminus „lebensgroß“ ist, wie man sieht, eine Art Passepartout. Lebensgroß ist auch eine Krawattennadel. Der „riesige, furchteinflößende“ Galgen trüge allenfalls eine Katze, ohne einzustürzen. Der „Lynch-Mob“, in dessen Mitte er auftauchte, versammelt sich seit zwei Jahren, ohne dass ein Tröpfchen Blut floss, ausgenommen das von engagierten antifaschistischen Gegendemonstranten vergossene. Was bleibt, ist eine Flegelei und Unappetitlichkeit, die ein Premiumjournalist aber nicht durchgehen lassen darf, denn „schon damals war für viele erstaunlich, dass die Staatsanwaltschaft Dresden ihre Ermittlungen gegen den namentlich bekannten Mann einstellte. Jetzt findet die Geschichte eine Fortsetzung. Die sächsische Justiz hat auch den Verkauf kleiner Nachbildungen der Merkel-Galgen gebilligt, als Polit-Souvenirs. Das heißt, die Galgen dürfen in Serie gehen.“

Ist das komisch? Nein, ist es nicht. Komisch war allenfalls die Parole „Tötet Helmut Kohl!“, über die Christoph Schlingensief, dem der geniale Claim einfiel, im Spiegel erklärte [4]: „Wenn ich sage ‚Tötet Helmut Kohl‘, bewahre ich ihn davor, weil ich das Bild ausspreche. Bei meiner Festnahme in Kassel haben ein paar Zuschauer gerufen ‚Tötet Christoph Schlingensief!‘ Das fand ich gut, damit haben sie mich bewahrt.“ Na ja, bei seiner Aktion „Tötet Möllemann!“ hat das mit dem Bewahrtwerden nicht ganz geklappt, aber immerhin schrieb [5] der Spiegel damals, das war im Juni 2002, bis zum Selbstmord des Politikers sollte oder musste noch ein ganzes Jahr vergehen, Schlingensief habe es „tatsächlich geschafft, Jürgen Möllemann aus der Reserve zu locken und auf die Palme zu bringen“. Ins Flugzeug? Nein, nein, auf die Palme. Und dann war da noch die Kunstaktion [6] „Tötet Roger Köppel!“ im Herbst 2015, die Philipp Ruch veranstaltete, der legendäre Gründer des „Zentrums für politische Schönheit“, Holocauststelenaufsteller, Höckehausbelagerer und Zivilgesellschafts-IM. Der meinte das aber nicht so.

Nun also der „Merkel-Galgen“, in Worten ausgedrückt: „Tötet Angela Merkel!“ Die sächsische Justiz hat das bislang gültige Muster übernommen, dass es sich um eine polemische Überspitzung handele, die von der Kunstfreiheit gedeckt und nicht wörtlich zu nehmen sei. Und das wollen wir doch hoffen! Erinnern wir uns der Worte, die Leonidas im Film „300“ an den Verräter Ephialtes richtet: „Mögest du ewig leben.“

Gott schenke auch Frau Merkel ein langes Leben!

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Klonovsky: Was Veronas Beine mit der Hidschab-Barbie zu tun haben

geschrieben von PI am in Frauen | 109 Kommentare

Die deutsche Öffentlichkeit ist durch die zwar nicht wirklich verifizierten, aber schrecklichen und jede Unschuldsvermutung von vornherein ausschließenden Schweinereien von Kerlen wie Harvey Weinstein, also praktisch allen Männern, höchst sensibilisiert. Und das ist gut so! Nach einem „sexistischen Kameraschwenk“ über die nackten Beine von Verona Pooth entschuldigte sich jetzt die ARD [7], näherhin das „Anne-Will-Team“, bei der – mir fehlt ein klassifizierungstauglicher Begriff für die Dame, also jedenfalls bei jener aus TV und Boulevardpresse für ihr Dasein bekannten Frau Pooth./ Schnitt. / „Barbie geht mit der Zeit [8]„, meldet die Welt. Der US-amerikanische Spielwarenhersteller Mattel hat eine Puppe vorgestellt, die am Modell der US-Säbel(!)fechterin Ibtihaj Muhammad entworfen wurde. Die Muslimin trägt einen Hidschab, also ein Kopftuch, das Haare, Hals und Brust bedeckt, und die Beine sind es selbstverständlich auch.

Haben diese beiden parallelen Nachrichten etwas miteinander zu tun? Ich meine schon.

Was die Barbie betrifft, müssen wir uns zunächst der rechtspopulistischen Fortschrittsfrömmlerei erwehren, die darin besteht, im Mit-der-Zeit-gehen von Matell etwas Rückschlägiges zu wittern und rhetorisch zu fragen, ob Modelle der Puppe jetzt auch in der Tracht einer mittelalterlichen Nonne oder eines Burgfräuleins mit Keuschheitsgürtel in Serie gehen oder nach einer Barbie im Nikab zu rufen und den Folgemodellen Accessoires wie Sprengstoffgürtel oder ein paar Steine im Kopf (Fremdgeh-Barbie) zu empfehlen.

Sodann registrieren und vergessen wir sofort den Vorwurf des Verhältnisschwachsinns, der in etwa lautet: Dieselben Leute, die den Mund halten, wenn im Strom der sogenannten Flüchtlinge ganze Scharen von notgeilen Grapschern, Brachialflirtern und Vergewaltigern das Land invadieren, regen sich über einen Kameraschwenk auf; wie bigott ist das denn!

Wir gelangen zum Aspekt des quid pro quo, etwa im Statement der austriakischen Mimin Nina Proll (sic!), welche zu Protokoll gab: „Ich kenne diese ganzen Schauspielerinnen, die auf den Galas und irgendwelchen Preisen und Events herumlaufen und ihre Möpse irgendwelchen Produzenten unter die Nase halten, sich auf Schöße setzen und hinterher behaupten, sie sind sexuell belästigt worden. Ich kenne doch diese ganzen Kolleginnen, die jetzt posten #metoo, ich weiß doch wie die sich ‚zubehaun‘ zu den Produzenten.“ Alles was auf der Besetzungscouch stattfindet, gehöre zum Casting, verkünden solche libidinösen Veristen, Frauen hätten zu allen Zeiten ihren Körper eingesetzt, um gesellschaftlich voranzukommen, und wenn ein Produzent sage: Für gewisse Gefälligkeiten bekommst du die Rolle, sei das keine sexuelle Belästigung, sondern ein Geschäftsangebot. Niemand sei gezwungen, es anzunehmen. Hier werden Opfer der Gesellschaft zu Mittäter_innen gemacht. Pfui Teufelin!

Noch ist die Lösung des Problems nicht in Sicht, also weiter denn, tränenden Auges! Dass sich ein TV-Sender bei einer Frau wie Verona Pooth, ehemalige Feldbusch (und im verfluchenswürdigen Scherz vom V.I.P.-Chefredakteur Joseph Rosentreter „Geldmusch“ genannt), die 1968ff. mitbefreit wurde (auch wenn sie damals noch nicht auf dieser sexistischen Welt weilte) und die ihre sogenannte Karriere ausschließlich dem Umstand verdankt, dass sie sexy ist, dafür entschuldigt, dem Publikum ihre Beine präsentiert zu haben, dafür haben doch die 68er nicht gekämpft und in Konzentrationslagern gelitten! Die Befreiung der Frau zum Sexsubjekt war ohne ihre Befreiung zum Sexobjekt nicht zu haben. Da steckt sie nun fest, die moderne Frau. Was tun?

Betrachten wir vor diesem Hintergrund noch einmal die Barbiepuppe im Hidschab, stellen wir fest, dass in ihr die Lösung sämtlicher #metoo-Probleme Spielzeug geworden ist. Diese Barbie offenbart uns den Ausweg. Sie zeigt eine sexuell nicht belästigbare Frau. Keine Anmache an der abendlichen Bar mehr, keine Anzüglichkeiten über ihr Dekolleté, keine Besetzungscouch mehr, keine unzüchtigen Kameraschwenks. Fremdgehen fällt sowieso aus. Dafür sorgen die Sitte, der Ehemann, die Brüder und die Scharia-Polizei. Diese Barbie verkörpert das Ende des Sexismus.

Hier pflegen einige Uralt-Emanzen und AfDler gemeinhin einzuwenden, es sei doch das Allersexistischste, die Frau mittels vorgeschriebener Körperbedeckung zu stigmatisieren und als Eigentum des Mannes zu deklarieren. Ja als was denn sonst! Man sieht doch, wohin es führt, wenn die Mädels herrenlos bleiben und aus eigenem Antrieb an ihrem Leben herumbasteln. Sie bekommen keine Kinder mehr. Sie fordern Bevorzugung durch Quoten und bejammern ihr Los, wenn auch das nicht hilft. Sie bieten fremden Völkerschaften ihr Land als Beute an, um edel und sozial intelligent zu erscheinen. Sie beklagen sich darüber, angemacht zu werden, und sie beklagen sich, wenn sie nicht angemacht werden. Sie schreiben Kolumnen. Sie haben Verständnis für ihren Vergewaltiger, sofern er nicht weiß ist und sozial unter ihnen steht. Sie beginnen Techtelmechtel mit zwergwüchsigen Ministern, statt den Kerl zum Casting für den nächsten Nazifilm zu schicken. Sie feminisieren die Politik. Sie zerstören die Logik. Sie denken sich irgendwelche Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien aus, um die Männer dafür anzuklagen. Nein, die Mädels müssen einfach unter Hidschab, Tschador, Nikab oder Burka, und alles wird gut!


(Im Original auf dem stets lesenswerten Blog „Acta Diurna [9]“ von Michael Klonovsky erschienen)

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Michael Klonovsky über das Antaios-Buch „Mit Linken leben“

geschrieben von dago15 am in Buch-Tipp,Linke | 63 Kommentare
Einer der brillantesten Autoren unserer Zeit - Michael Klonovsky.

Ich hatte […] gestern den Versuch unternommen, das Buch „Mit Linken leben“ [10] von Caroline Sommerfeld und Martin Lichtmesz zu loben, aber dessen Gegenstand als langweilig zu verwerfen –, denn was könnte es Langweiligeres geben, als mit Linken zu leben? vielleicht mit Salafisten zu trinken? –, was gründlich danebenging, woraufhin ich die kurze Notiz getilgt habe. Wenn ein talentierter Fotograf in immer neuen Variationen die Steppe ins Bild setzt, bleibt es doch die Steppe und nichts als das.

Sommerfeld und Lichtmesz beschäftigen sich hingebungsvoll und akribisch, sarkastisch und humorvoll mit der umfassendsten geistigen Öde unseres Epöchleins: der westlichen, speziell natürlich deutschsprachigen Linken, die keinen Daseinsgrund mehr besitzt, weil längst sogar die Kanzlerin linke Politik macht und eine noch linkere Opposition eine noch linkere Politik nicht wirklich fordert, sondern dies nur fingiert, weil selbst der linkeste Linke nach dem Zusammenbruch der UdSSR kapiert hat, dass man die Kuh, die man melken will, nicht umbringen darf. Es geht um eine Linke, die keine Bewegung mehr ist, erst recht keine Avantgarde (sofern sie das je war), sondern eine abgestillte, pappsatte, dröge, dumpfe, aggressive, machtgeschützte, medial mit einheitsparteilicher Verve verbreitete, von der evangelischen Kirche bis zum DFB, von der taz bis zur Bertelsmann-Stiftung getragene, eine umfassende Mentalitätsherrschaft ausübende Großclique, die keine Köpfe und Ideen mehr hervorbringt, dafür scharenweise Denunzianten und Mitläufer, die keinen Esprit mehr produziert, sondern buntbemalte begriffliche Stacheldrahtverhaue, die nicht provoziert, sondern wittert und Lunte riecht, die an den Universitäten das freie Denken abgeschafft und durch einen grotesken Theoriekrieg gegen die Realität ersetzt hat, die sich im „Kampf gegen rechts“ zum Thing und Totemdienst versammelt und deren Bodentruppen jeden schikanieren, der aus der Reihe tanzt und rote Linien überschreitet– wobei die gesamte Chose sofort zusammenbräche, käme eine Regierung an die Macht, die nichts weiter täte als das System der staatlichen Alimentierung abzuschaffen, sprich GEZ-Gelder weg, Staatsknete für den „Kampf gegen rechts“ und alle seine Antonio-Amadeu-Afterstiftungen weg, Bühnensubventionen weg, Kulturförderung für alles Zeitgenössische weg, Kirchensteuer abschaffen etc.

„Wir müssen mit Linken leben und sie mit uns“, hebt das Buch menschenfreundlich an. „Die linke Ideologie ist heute in sämtliche Ritzen der Gesellschaft gedrungen“, konstatieren Sommerfeld/Lichtmesz, und so leuchten sie auch noch die Ritzen aus und führen den Leser durch den gesamten begrifflichen und vor allem affektiven Raum ohne Volk, der heute von linksdrehenden, links sprechenden, links empfindenden, links heuchelnden Figuren bevölkert wird. Die Autoren definieren die verschiedenen Spielarten des Linksseins („Statuslinke“, „Ressentimentlinke“, „Gefühlslinke“, „Alt-68er“ etc. ad nauseam pp.); ihr Glossar reicht vom „Virtue signalling“ (= Tugendprahlerei) über das „Gaslightning“ (= die Alltagserfahrungen der Menschen zur subjektive Wahrnehmungsstörung erklären) bis zum „Cuck“, dem effeminierten westlichen Schrumpfmann, einer Parodie des Mannes, der gern „authentisch“ ist und sich schämt und weint, wie mein journalistischer Zweitlieblingsnarr Hannes Stein, dem durch die Trump-Wahl das bergende überseeische Gesäß abhanden kam und der seine temporäre metapolitische Obdachlosigkeit in einem durchaus legendären Kommentar in der Welt beschrieb mit den gefügelten Worten: „Ich nahm ihre Hand (die seiner Frau – M.K.), dann weinte auch ich. ‚Unser Sohn, unser Sohn‘, sagte ich.“ Und dann wechselte sie die Windeln und er machte das Bett, zog couragiert in den Kampf ins Büro, und abends traf man sich wieder zum seligen Aufeinandereinschluchzen… –

Sommerfeld und Lichtmesz analysieren all jene Phobien, die angeblich Rechte befallen und Linke nie, liebevoll widmen sie sich den Ängsten, die immer unbegründet bzw. „geschürt“ sind, dem „Gedankengut“, das immer rechts ist, dem Hass und der „Menschenverachtung“, das eine in der öffentlichen Wahrnehmung so originär „rechts“ wie das andere und so fort. Zur Widerlegung des „gängigen Narrativs: daß ‚die Rechten‘ so etwas wie ein homogener, geschlossener Block von frustrierten Querulanten, Provokateuren und ‚Abgehängten‘ seien“, zitieren die Autoren „starke Eideshelfer“ (Th. Mann), wobei das schönste, decouvrierendste Zitat von Jack Donovan stammt und lautet: „Wenn ein Mann mir versichert, er sei gegen Rassismus oder Sexismus oder Xenophobie oder Transphobie oder was auch immer gerade angesagt ist, dann ist alles, was ich sehe: Angst. Er hat Angst, seinen Job zu verlieren. Er hat Angst, seine Kunden zu verlieren. Er hat Angst, von der Schule geschmissen zu werden. Er hat Angst, von den Medien angeschwärzt zu werden. Er hat Angst, verklagt zu werden. Er hat Angst, sein Haus zu verlieren. Er hat Angst, seine Freundin oder Ehefrau zu verlieren. Er hat die Dienstvorschriften unterzeichnet (…), er kennt die Regeln, und er hat gesehen, was mit denen passiert, die gegen sie verstoßen haben. Viele Männer haben Angst, die Gedanken auch nur zu denken, die zu den Worten führen könnten, die ihnen Ärger einbringen können. Es ist gruslig. Ich verstehe es.“

Es ist vor allem immer und immer wieder abstoßend, und öde und langweilig, und so bekam ich denn nach der Hälfte des Buches einen Wutanfall, schmiss das arme Ding in die Ecke, summte mit Johannes Gross: „Links zu sein bedarf es wenig“ vor mich hin und schrieb besagte Kurzkritik des o. gen. steppenabholden Tenors, pardon, pardon. Denn selbstverständlich, geneigter Leser, sollten Sie dieses Buch lesen, sofern Sie sich nicht den Luxus leisten können, ohne Linke zu leben, doch wer kann das schon?

Bestellinformation:

» Caroline Sommerfeld/Martin Lichtmesz: „Mit Linken leben“, 328 S. Schnellroda 2017, bestellbar hier [10]


(Text im Original erschienen auf Michael Klonovskys „Acta Diurna“ [11])

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