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Werden die Notstandsgesetze angestrebt?

Beim „Sternmarsch auf Bonn“ am 11. Mai 1968 demonstrieren Zehntausende gegen die Notstandgesetze. Erleben wir unter Olaf Scholz ein Deja vu?

Von WOLFGANG HÜBNER | Mit Blick auf die großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die zu erwartenden gesellschaftlichen Verwerfungen infolge der Sanktionen gegen den bisherigen dominierenden Energielieferanten Russland hat Bundeskanzler Scholz mehrfach geäußert: „Wir kommen durch!“. Womit er zweifellos den Winter 2022/23 meinte, in dem die Vollversorgung durch Gasenergie alles andere als gesichert ist. Zwar wird Deutschland, falls kein großer Krieg ausbricht, den kommenden Winter überstehen, doch die Frage ist, wie ihn die Bürger überstehen werden. Für die herrschenden politischen Kräfte ist nämlich noch ungewiss, ob die Deutschen bereit sein werden, sich der politisch gewollten Alternativlosigkeit der Sanktionsmaßnahmen zu unterwerfen.

Was, wenn sie das massenhaft nicht tun? Was, wenn sie nicht nur demonstrieren und auf Kundgebungen Dampf ablassen, sondern in zwar gewaltfreien, aber Ordnungsrechte ignorierenden Aktionen Widerstand leisten? Was, wenn nicht nur linke und/oder rechte Flügelkräfte, sondern weite Teile der sogenannten gesellschaftlichen Mitte gegen die Anmaßungen der parlamentarischen Mehrheiten aufbegehren? Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Die herrschenden politischen Kräfte, voran die Bundesregierung, überzeugen die Mehrheit der unzufrieden Protestierenden doch noch von ihren Entscheidungen. Oder es werden scharfe repressive Maßnahmen der Staatsmacht ergriffen, um deren Willen durchzusetzen.

In Einschätzung der geringen Autorität der jetzigen Bundesregierung und der Scheinalternative von CDU/CSU kann die repressive Variante keineswegs ausgeschlossen, ja sogar erwartet werden. Und zwar auf ganz legalem Wege: Mit der am 30. Mai 1968 gegen erhebliche außerparlamentarische und gewerkschaftliche Widerstände im Bundestag von der Mehrheit aus CDU/CSU und SPD beschlossenen sogenannten „Notstandsverfassung“ hat die Staatsmacht die Möglichkeit, wesentliche Grundrechte der Bürger außer Kraft zu setzen.

Anders als der „Spannungsfall“ und der „Verteidigungsfall“ bedarf der „Innere Notstand“ [1] laut Wikipedia keiner parlamentarischen Feststellung und auch sonst keiner formellen Verkündung. Die Anordnung der Maßnahmen nach Artikel 91 Absatz 2 des Grundgesetzes liegt bei der Bundesregierung; ihre Aufhebung kann vom Bundesrat verlangt werden. Es ist also die jeweilige Bundesregierung, die den „Inneren Notstand“ ausrufen kann, sie braucht dazu keine parlamentarische und schon gar keine gesellschaftliche Mehrheit.

Da die gesamte Materie der „Notstandsverfassung“ rechtlich sehr komplex und kompliziert ist, wird Interpretationen und Gebrauch der 1968 verabschiedeten Gesetze Tür und Tor geöffnet. Es ist der jetzigen Bundesregierung zuzutrauen, dass sie im Notfall, der sehr schnell kommen kann, nicht zögern wird, die „Notstandsverfassung“ zu ihren Gunsten anzuwenden. Es sollte jedenfalls niemanden wundern, wenn das geschehen würde. Denn der Kanzler mag letztens nicht ohne Hintergedanken vom Schusswaffengebrauch geredet haben.


Wolfgang Hübner.

PI-NEWS-Autor Wolfgang Hübner [2] schreibt seit vielen Jahren für diesen Blog, vornehmlich zu den Themen Linksfaschismus, Islamisierung Deutschlands und Meinungsfreiheit. Der langjährige Stadtverordnete und Fraktionsvorsitzende der „Bürger für Frankfurt“ (BFF) legte zum Ende des Oktobers 2016 sein Mandat im Frankfurter Römer nieder. Der leidenschaftliche Radfahrer ist über seine Facebook-Seite [3] und seinen Telegram-Kanal [4] erreichbar.

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Spanien: C-Notstandsgesetz von 2020 verfassungswidrig

geschrieben von PI am in Corona,Justiz,Spanien | 92 Kommentare

Bereits 2020 klagte die spanische konservative Partei Vox gegen das Corona-Notstandsgesetz vom März 2020 [5]. Jetzt, nach mehr als einem Jahr teilte das Tribunal Constitucional [6] mit, dass die höchste Instanz innerhalb des spanischen Verfassungsgerichtshofes das „Notstandsgesetz zur Eindämmung der durch Covid-19 verursachten Gesundheitskrise“ in Teilen als Verfassungswidrig ansieht.

Die konservative Mehrheit der elf Richter vertritt die Ansicht, dass ein derart massiver Eingriff in die Grundrechte der Ausrufung eines Ausnahmezustandes bedurft hätte, der laut spanischer Verfassung nur nach Antrag der Regierung vom Parlament ausgerufen werden kann. Das war der sozialistischen Regierung aber wohl zu umständlich, so wurde kurzerhand einfach ein Alarmzustand ausgerufen und den ließ man sich erst im Nachhinein vom Parlament abnicken.

Aufgrund dieses Notstandsgesetzes durften die Spanier von Mitte März bis in den Mai ihre Wohnungen generell nur aus „triftigen Gründen“, die sie nachzuweisen hatten, verlassen. Das wurde auch streng kontrolliert. Dieser „Hausarrest“ sei illegal gewesen und hätte die Kompetenz des von der Regierung, unter Führung des Sozialisten Pedro Sánchez, ausgerufenen Alarmzustandes überschritten, berichten spanische Medien [7].

Auch wenn dieses Urteil keinem der widerrechtlich daheim „Inhaftierten“ diese Wochen und Monate zurückgeben oder die psychischen Folgen einer de facto Isolationshaft für Alleinlebende ausgleichen kann, so wird es aber wohl Auswirkungen auf die vom Staat verhängten Strafzahlungen für das Brechen der Ausgangssperre haben. Es sollen rund eine Million Strafzahlungen verhängt worden sein, die man den Bürgern nun wohl zurückzahlen wird müssen.

Bleibt noch die Frage, warum mussten die Spanier auf eine, jetzt nach nur zwei Tagen (!) der Beratung, getroffene Entscheidung mehr als ein Jahr warten? Es erinnert irgendwie schon sehr an aktuelle Zustände und politischen Manöver in Deutschland. (lsg)

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