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Blockiert polnische Russophobie eine Zusammenarbeit AfD/PiS?

Geht es um Nordstream 2, die Aufrüstung der Ukraine, den US-Raketenabwehrschild, US-Basen und die mögliche Stationierung von US-Atomwaffen in Polen [1], gilt es aufzuhorchen. Bei aller Sympathie für Warschau ist zu fragen, ob ihre Russophobie nicht ein gefährliches Spiel ist? Diese Fragen darf die AfD der PiS wohl (noch) nicht direkt stellen, auch wenn – wie PI-NEWS berichtete [2] – eine Zusammenarbeit überlegt wird. Wie äußert sich die polnische Russenfeindseligkeit im Alltag?

Ohne Grund: Feindschaft gegenüber Russland anstelle der „ewigen Freundschaft mit der Sowjetunion“

Polen will in seinen geschichtlichen Beziehungen zu Russland nur als Opfer dastehen. Das ist moralisch verständlich. Dabei war es oft Täter. Stichworte: 1600-1612 Eingriff in den russischen Bürgerkrieg und Besetzung Moskaus, Napoleons willigste Hilfstruppe nicht nur im Feldzug von 1812, Ukrainefeldzug Pi?sudzkis nach dem Fall des Zarenreiches 1920. Viele glauben, die gegenwärtige polnische Russophobie resultiere aus der Sehnsucht nach dem an Russland „verlorenen Imperium“. Die mächtige polnisch-litauische Adelsrepublik erstreckte sich im 17. Jahrhundert von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer. [3]

Die Teilungen Polens (1772-1795), die vielen Aufstände, der sowjetische Mord von Katyn (1940), die Kommunistenzeit (1945-1989) haben in der Geschichtsschreibung heute Vorrang. Es scheint mental zwischen den beiden slawischen Völkern, den „untertänigen“ Russen und den „freiheitsliebenden“ Polen nicht gerade zu klappen. Schon berühmte Literaten beider Völker wie Dostojewski oder ?eromski ahnten nichts Gutes für die Zukunft.

Ohne Potential: Der polnische Traum von einer „Mittelmacht“

Wer glaubt, der Fall der Sowjetunion und das postkommunistische Russland würde eine Annäherung und Aussöhnung bringen, der irrt. Polens politische Eliten sind – auch das darf nicht gesagt werden – anfällig für politische Wichtigtuereien, ohne das Potential dazu zu haben (vgl. Kolonien-Träume in der Zwischenkriegszeit). Die heutigen Ambitionen sind in Stichworten zu finden: stärkste Ostflanke der NATO, Visegrad-Führerschaft, neue Zwischenmeer-Allianz oder der Traum von einer „Mittelmacht“.

Gerade mit diesem Terminus schmeichelten clevere US-Präsidenten den opferbereiten Osteuropäern, um sie nicht zuletzt gegen die kriegsmüden Deutschen (wo bleibt unser zweiprozentiger NATO-Beitrag!) auszuspielen. Nicht nur unter Bush war dafür ein hoher Preis zu zahlen: Ging es um US-geführte Militäreinsätze (Irak), geheime Militärgefängnisse, unkritische Unterstützung der Washingtoner, Großmanöver in der Ukraine, Attacken auf Nordstream 2 etc., sind die US-hörigen Polen stets dabei. Warschau missfällt der „Kuschelkurs Brüssels & Berlins mit Moskau“ und die Idee der Aufweichung der Russland-Sanktionen.

Ohne Logik: Russophobie in der polnischen Innenpolitik ein festes Datum

Russophobie ist gut für Wählerstimmen, Annäherungsversuche an Russland ist riskant. Kein Wunder, sollen doch 80 Prozent der Polen russenfeindlich sein, ohne genau zu wissen warum. In einem polnischen Blog [4] heißt es „Vereint im Hass gegen Russland, gespalten in der Liebe zur EU“. In den kommunistischen Zeiten waren die Fronten klarer: die Sowjetunion als Feind verwehrte den Zutritt zum „goldenen Westen“. Heute muss die irrationale Dauerpropaganda den Jugendlichen einspringen.

Wer würde schon die Opfer der Flugzeugkatastrophe bei Smolensk 2010 [5] als „Gefallene“ bezeichnen und hierfür monatliche Trauerfeiern veranstalten? Dabei kennen sich die Nachbarn kaum. Polen, ob jung oder alt, haben kaum Kontakte zu Russen. Auf der Besucherliste stehen zuletzt Nostalgiereisen in die (früher polnische) Westukraine, aber keine Studienreisen nach Moskau oder Sankt Petersburg.

Ohne Gefahr für Europa: Es wird nichts so heiß gegessen wie gekocht

Die Russophobie ist für Europa unschädlich. Die Polen sind Pragmatiker, denen die Vorzüge des Kapitalismus mittlerweile schmecken. Abstrakte Themen wie „Bedrohung durch Putin“ oder „Kriegsreparationen von Deutschland“ interessieren weniger als die Wahlen, Brüsseler Daueranschuldigungen oder der vom Westen künstlich angeheizte Kulturkampf gegen die LGTB-Bewegung.

Russen wiederum besuchen lieber Mallorca und kennen das Nachbarland nur von Shopping-Touren. Bis 2016 gab es einen visafreien kleinen Grenzverkehr [6] zwischen dem Königsberger Gebiet und den Masuren.  Davon lebten einige arme Grenzbewohner nicht schlecht. Warschau stört sich auch nicht an der neutralen Haltung der Visegrad Staaten gegenüber Russland. Wie gesagt, Pragmatismus hat Vorrang.

Fazit

Eine engere Zusammenarbeit zwischen der PiS und der AfD wird es im Europäischen Parlament wohl erst geben, wenn sich die Fraktionen Identität und Demokratie (AfD) und die Europäischen Konservativen Reformer (PiS) zusammenschließen. Bis dahin wird es wohl keine gemeinsamen Erklärungen oder Initiativen geben. Nicht allein wegen der Russophobie.

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Ist engere Kooperation zwischen AfD und PiS im EU-Parlament möglich?

geschrieben von libero am in Deutschland,Europa,Video | 45 Kommentare

Ist im EU-Parlament eine engere Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen AfD/ID (Identität und Demokratie) und der polnischen Regierungspartei PiS (Prawo i Sprawiedliwosc)/EKR (Europäische Konservative und Reformer) möglich? Dieser Frage gehen der AfD-Abgeordnete Joachim Kuhs und der Historiker Prof. Dr. David Engels, der ein Gutachten dazu verfasst hat, mit Tomasz Froelich im Video-Format „Blick auf Brüssel“ nach.

Die AfD und die PiS verbindet viel: Die Ablehnung der politischen Korrektheit, der LGBTIQ-Agenda und der Massenmigration aus kulturfremden Regionen auf der einen Seite, und ein klares Bekenntnis zum Nationalstaat und zur christlich-abendländischen Kultur auf der anderen Seite. Eigentlich beste Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit.

Aber es gibt auch Differenzen. Und diese sind mithin der Grund dafür, weshalb die AfD und die PiS im EU-Parlament nicht in derselben Fraktion organisiert sind: Während die AfD gemeinsam mit der italienischen Lega, dem französischen Rassemblement National, der österreichischen FPÖ und weiteren Parteien der Fraktion „Identität und Demokratie“ angehört, ist die PiS seit Jahren fester Bestandteil der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer.

Fazit: Es gibt mehr Gemeinsames als Trennendes zwischen der AfD und der PiS. Dies gilt es zu erkennen, um gemeinsam, auf Grundlage eines christlichen Fundaments, eines Verständnisses für die jeweilige Geschichte und durch Überwindung nationaler Chauvinismen die europäische Zukunft zu gestalten.

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