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Falsch bleibt falsch – auch zur falschen Zeit!

Martin E. Renner.

Von MARTIN E. RENNER |  Ursprünglich sollte heute und an dieser Stelle ein Frontalangriff auf den beschämenden Blindflug unserer Bundesregierung im Zusammenhang mit der aktuellen Covid-19-Pandemie und den zu erwartenden fatalen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konsequenzen stehen. Wie es aussieht, wird dieses Thema aber noch traurige Diskussionsgrundlage für einige Monate bieten.

Ich halte es – als einer von nur noch wenigen in der Partei verbliebenen Mitgründern der Alternative für Deutschland und dem einzigen Funktionsträger in dieser Gründungsgruppe – für dringend geboten, laut und deutlich über den Raison d’Être, den Daseinsgrund, unserer Partei nachzudenken.

Das polit-mediale Establishment will die AfD zersetzen und zerstören

Schon unter „normalen“ Bedingungen sieht sich die AfD als einzige Oppositionspartei einem massiven Zersetzungs- und Zerstörungswillen des polit-medialen Establishments ausgesetzt. Gerne auch mit unlauteren Methoden. Nicht nur die Bundesregierung, auch sämtliche anderen Parteien, die klassischen Medien, große Teile der staatlich alimentierten und instrumentalisierten sogenannten „Zivilgesellschaft“ überbieten sich gegenseitig in Hass, Hetze und Zerstörungswillen gegenüber der Alternative für Deutschland.

Wie man als „politisch denkender“ Mensch – zumal als Bundessprecher – aber ausgerechnet in der größten sich anbahnenden existentiellen Krise unseres Landes seit dem Zweiten Weltkrieg laut über eine Spaltung der einzigen Opposition [1] nachdenken kann, ist eine Frage, auf die es keine nachvollziehbare Antwort geben kann.

Das „treuherzige“ Beteuern, lediglich einen Denkanstoß [2] zu einer offenen Debatte liefern zu wollen, beantwortet diese Frage jedenfalls nicht im Ansatz. Nein, alleine schon eine solche Begründung offenbart einen gewissen Abgrund an Treulosigkeit und Niedertracht gegen die Ziele der Partei, gegen die Kollegen und Mitglieder und gegen die Wähler.

Auch in der Einigkeit darf, kann und muss es Verschiedenartigkeit geben

Wir brauchen gegenwärtig vieles. Wir brauchen endlich eine klare, inhaltliche Führung. Wir brauchen eine gemeinsame Strategie – eine gemeinsame Kommunikationsstrategie sowohl für heute, als auch für Szenarien, die aus der gegenwärtige Krise herausführen. Wir brauchen klare Wirtschaftskonzepte, die den Weg zurück zu einer sozialen Marktwirtschaft aufzeigen, die ihre Grundlage in der katholischen Soziallehre hatte und hat. Wir brauchen klare Konzepte, die uns weg von der zunehmenden Gesinnungsdiktatur der politischen Korrektheit und zurück zu einer freiheitlichen, rechtsstaatlichen Demokratie führen.

Es ist doch der wesentliche Garant in der Demokratie, dass der Wähler die Regierung und die sie kontrollierende Legislative mittels freier, gleicher und geheimer Wahlen bewerten und im Zweifel eben auch abwählen kann! Wurde es denn je deutlicher als in den aktuellen, fast schon dystopisch zu nennenden Zeiten, wie dringend ein Austausch der Eliten, eine Reform der Evaluations- und Entscheidungsprozesse in unserem Land, ein Nachdenken über den Aufbau unserer Verwaltungs- und Beamtenstrukturen wäre?

Wurden je die Risiken deutlicher, die das geradezu hemmungslose Bekenntnis zur multilateralen, globalistischen Weltordnung mit sich bringt? Wurde uns je zwingender aufgezeigt, dass die Rückbesinnung auf den Nationalstaat als Wert an sich, höchst notwendig ist? Und muss nicht gerade jetzt ganz klar und unmissverständlich die Frage nach den Nutznießern und Gewinnern dieses von den Eliten angestrebten „One-World-Phantasmas“ gestellt werden. Es gibt unzählige dieser Fragen, die benannt und beantwortet werden müssen.

Nur eine breit aufgestellte Volkspartei kann die Umkehr leisten

Nein, was wir derzeit ganz sicher nicht brauchen sind Personen, die Keile in den Körper und die Glieder unserer Partei zu treiben versuchen. Wir formierten uns einst und ganz am Anfang als „Graswurzelbewegung“ (Wahlalternative 2013). Aber das Wissen und die Überzeugung, dass die ach so notwendigen und grundlegenden Veränderungen nur auf parlamentarischem Wege zu bewirken seien, führte letztlich zur Parteigründung der AfD mit mir und weiteren 16 Gründungsmitgliedern in Oberursel im Jahre 2013.

Von Anfang an war klar, dass wir eine Volkspartei sein müssen und sein werden. Der gewählte Name „Alternative für Deutschland“ zeigte von Anbeginn an auf, dass es uns nicht um eine ideologisch in eine Richtung zielende neue Partei gehen sollte. Sondern um eine holistische, ganzheitlich denkende Alternative, die unsere Heimat „Deutschland“ als Ganzes reformieren, neu aufstellen und in eine glückliche Zukunft führen wollte und will. Ein als Antithese aufgestellter Widerpart zu dem heutzutage dominierenden international-sozialistischen, Freiheit zwar permanent psalmodierenden, aber letztlich die Unfreiheit des Bürgers hinnehmenden politischen Alt-Ensemble.

Der Primat des Politischen ist wichtiger als der Primat des Persönlichen

Eine Volkspartei muss verschiedene, teilweise auch differente innerparteiliche Strömungen aushalten. Das aber kann nur gelingen, wenn man sich mit höchster Priorität den zu erreichenden Zielen verschreibt. Unser prioritäres Ziel ist die Regierungsfähigkeit. Dazu müssen wir zwingend weiter wachsen. Bei Wahlen deutlich mehr Prozente an Wählerstimmen gewinnen. Jedes persönliche Anliegen irgendwelcher Protagonisten hat diesem Ziel untergeordnet zu werden.

Und hier sind wir am wesentlichen Punkt: Zwar werden beispielhafte Modellrechnungen angestellt, welche Zukunftsperspektiven sich einer konservativ-freiheitlichen AfD („Westen“) und einer „Flügel-AfD“ („Osten“) bieten könnten. Aus meiner Sicht ein eklatanter Fehler, der die Unfähigkeit zum politischen Denken und Wirken in ganz grundsätzlicher Weise aufzeigt. Jeder ist in unserer Partei austauschbar, Namen sind beliebig. Der eine „stößt eine Trennungs-Debatte an“, der andere möchte Kritiker „ausschwitzen“. Beide Aussagen laufen auf das gleiche hinaus, sie unterscheiden sich lediglich in der verbalen Stilistik. Beide Aussagen sind falsch, da der Primat des Persönlichen offenkundig den Primat des Politischen überblendet.

In Wirklichkeit zeigen sie nur eines. Die denkprozessuale Übernahme altparteilicher Gepflogenheiten, die institutionell und menschlich zu verwerfen sind. Schaffung, Etablierung, Instrumentalisierung eigener Netzwerke, Günstlingsbewirtschaftung, Gefolgschaftsakquisition. Da tut sich auf beiden Seiten keiner was.

Ich selbst bin als Gründungsmitglied, als langjähriges Landesvorstandsmitglied NRW bereits mehrfach mit diesen unsäglichen und schädlichen Realitäten konfrontiert gewesen. Abwahlantrag und Landesvorstandszerstörung durch Lucke auf einem NRW-Landesparteitag, weil ich mit meinem Freund Nigel Farage (damals UKIP) eine Kooperation im Bereich des EU-Austritts (DEXIT und BREXIT) anstrebte, die Lucke unterbinden wollte. Sechzehn (erfolglose) Abwahlanträge gegen mich durch die Pretzell/Petry-Entourage zwei Wochen vor den NRW-Listenwahlen zur Bundestagswahl 2017, weil ich als Landessprecher NRW gegen abgründige Klüngel- und Seilschaftsabsprachen, die mit undemokratischen und illegitimen Prozessen einhergingen, vorgegangen bin.

Unsere Aufgabe ist ein Mannschaftsspiel und kein Einzelsport

Genau diese Fehler dürfen wir nicht machen. Wir brauchen die bürgerlichen, konservativen und freiheitlichen Inhalte ebenso wie die sozialen, die nationalen und die patriotischen Inhalte. Weil wir in der AfD den oben beschriebenen holistischen und eben keinen ideologisierten Zielansatz haben. Wohlgemerkt: Soziale Inhalte, nicht sozialistische Inhalte – die unser Grundsatzprogramm ohnehin nicht hergibt. Und man kann patriotisch fühlen und handeln, ohne dass in jedem gesprochenen Satz mindestens einmal – wenn nicht gar zweimal – zwingend das Wort „patriotisch“ enthalten sein muss.

Wir haben über diese unsere Inhalte zu debattieren. Allerdings haben wir die führenden Köpfe der jeweiligen Strömungen dafür „in Haftung“ zu nehmen, dass es bei den Inhalten bleibt. Eine Glorifizierung des einen oder anderen Protagonisten hat zu unterbleiben. Das haben wir einen Bernd Lucke gelehrt, das haben wir einer Frauke Petry gelehrt. Und das vermitteln wir gerade auch einem Jörg Meuthen und einem Björn Höcke und anderen. Dies hat für alle Beteiligten zu gelten.

Es sind nicht die verschiedenen Ansichten, die polarisieren und Wähler abschrecken. Es ist der Streit an sich, vor allem die jeweilige rhetorische Stilistik, in der diese Streits geführt werden. Solange die jeweiligen Opponenten nicht erkennen, dass keine Seite alleine in der Lage sein wird, die so dringend notwendigen Mehrheiten zu generieren, solange sollten wir sie persönlich maßregeln – nicht aber die jeweiligen Inhalte verteufeln. Das kann doch nicht so schwer sein?

Konzentrieren wir uns auf die verbindenden Elemente, denn genau diese sind unsere Stärke. Es obliegt nicht dem General hier oder dem Landesfürsten dort, uns von oben herab auf „seine“ – vielleicht nur individuellen – Ziele einzuschwören. Es obliegt einem Bundesparteitag, der Versammlung der Mitglieder, die verbindenden Elemente zu bewerten, abzuwägen und in parteiliche Programmatik zu gießen. Schluss mit „Entweder-oder“, wenn die Lösung so offensichtlich im „Sowohl-als auch“ liegt.

Wir alle sind die Alternative für Deutschland

Nie war eine grundlegende Opposition wichtiger, als gerade heute in der gegenwärtigen Situation. Wer immer noch meint, innerhalb der Partei über den einzig wahren Stein der Weisen zu verfügen, der gefährdet nicht nur die Chancen unserer Partei, sondern der gefährdet die demokratische, rechtsstaatliche Zukunft unseres Landes.

Zusammenhalt ist keine Einbahnstraße. Es bedarf weniger der Loyalität gegenüber einzelnen Protagonisten, als vielmehr der Loyalität gegenüber Deutschlands einziger und wirklicher Opposition.

Und das sind wir alle – die wir die „Alternative für Deutschland“ sind.


(Martin E. Renner [3] ist Bundestagsabgeordneter der AfD. Er war Anfang 2013 einer der 16 Gründer der Partei in Oberursel. Seine Kolumne auf PI-NEWS erscheint alle zwei Wochen)

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AfD-Parteivorsitz: Ist Jörg Meuthen noch der Richtige?

geschrieben von Eugen Prinz am in AfD,Allgemein,Corona | 141 Kommentare

Von EUGEN PRINZ | Während die Regierungsparteien bedingt durch die Corona-Krise laut einer Forsa-Umfrage [4] derzeit einen Höhenflug erleben, ist die AfD bundesweit auf 9% abgestürzt. Darüber braucht sich die Alternative für Deutschland nicht zu wundern, ist sie doch hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt, statt eine einheitliche Strategie zur Lösung der Krise zu entwickeln.

Bezüglich der Corona-Krise kann man die AfD abhaken

In dieser Situation, in der so ziemlich jeder Deutsche entweder Angst vor dem Virus hat oder um seine wirtschaftliche Existenz fürchtet – oft sogar beides – fällt dem Bundessprecher der AfD nichts Besseres ein, als die Öffentlichkeit an seinen Gedanken über eine Spaltung der Partei [5] teilhaben zu lassen. Mit dem Vorstoß des Bundessprechers ist zu erwarten, dass sich die Alternative für Deutschland auch in den kommenden Tagen, vielleicht sogar Wochen, weiterhin mehr ihrer Nabelschau widmet als gemeinsam konstruktive Vorschläge zu einer Exit-Strategie aus dem Corona-Lockdown, der unserer Wirtschaft das Genick brechen wird, zu entwickeln. Die Verantwortung für das Fehlen einer gemeinsamen Strategie der AfD trägt natürlich nicht zuletzt als ihr amtierender Bundessprecher ebenfalls Jörg Meuthen. Er hätte frühzeitig Führungsqualitäten zeigen und die Partei auf eine einheitliche Linie einschwören müssen.

So aber kann man sich also getrost von der Hoffnung verabschieden, dass die AfD in der Corona-Krise noch eine konstruktive Rolle übernehmen kann, auch wenn sich einzelne aus den vorderen Reihen der Partei, wie zum Beispiel die Bundestagsabgeordneten Dr. Dirk Spaniel [6], Corinna Miazga [7], Stephan Brandner [8] und Stephan Protschka [9], redlich darum bemühen (die jeweiligen Links führen zu YouTube-Videos, in denen sich die genannten AfD- Abgeordneten zur Corona-Krise äußern).

Finis AfD?

Ist die AfD aufgrund ihres gegenwärtigen Versagens auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit? Klares Nein! Aber nur, wenn sie jetzt nicht den Fehler macht, dem Vorschlag Meuthens zu folgen und sich zu spalten.

[10]Jede Epidemie oder Pandemie läuft sich nach einer gewissen Zeit tot. Das ist auch bei  COVID-19 so. Und eines ist jedoch jetzt schon sicher: Das wirtschaftliche Jammertal, in dem wir uns anschließend wiederfinden, wird uns deutlich länger erhalten bleiben, als die Epidemie. Die Deutschen werden das Virus sehr schnell vergessen haben, wenn der Kampf um die eigene wirtschaftliche Existenz jeden Tag ihr Denken und Handeln bestimmt. Und sie werden einen Schuldigen finden, den sie für ihre Lage verantwortlich machen.

Schon jetzt ist abzusehen, dass es schwere soziale Konflikte geben wird. Durch die Corona-Krise werden viele ihre Arbeit verlieren und viele Selbständige in die Pleite gehen.

Deren Kurs ist vorgezeichnet: Arbeitslosigkeit, Aufbrauchen des angesparten Vermögens und wenn nichts mehr da ist, wartet am Ende des Tages der Absturz in Hartz IV.

Künftiges Pulverfass: Gleicher Hartz IV-Satz für Asylbewerber und Deutsche

Und dann haben wir die Situation, dass viele Arbeitnehmer, die jahrzehntelang geschuftet und in die Sozialkassen eingezahlt haben und nicht wenige Selbständige, die vom Fiskus ebenso lang mit hohen Steuersätzen gemolken wurden, genau den selben Hartz IV-Satz erhalten, wie der abgelehnte Asylbewerber aus Somalia, den man nicht abschieben konnte. Was das – zurecht – für böses Blut geben wird, mag man sich gar nicht ausmalen.

Die AfD muss also nicht verzagen. Die Corona-Krise kann sie getrost abhaken, da macht sie keinen Stich mehr. Aber nachher, in der großen Depression, da werden die Karten neu gemischt und wenn die Alternative es bis dahin schafft, sich nicht selbst zu zerlegen, dann kann für diese Partei ein neuer Höhenflug beginnen. Allerdings nicht mit einem Vorsitzenden, der so wenig politisches Fingerspitzengefühl für die Befindlichkeiten der Deutschen hat, wie Jörg Meuthen.

Was, wenn sich der Lockdown als überzogen herausstellt?

Vielleicht stellt sich auch noch heraus, dass der Lockdown überzogen war. Dann werden jene, die jetzt gerade um ihre Existenz gebracht werden, die Verantwortung dafür bei den Altparteien suchen und sie an der Wahlurne zur Rechenschaft ziehen. Insbesondere dann dürfte die Stunde von Spaniel, Miazga, Brandner, Protschka und Co. schlagen, die dem Lockdown gegenwärtig sehr skeptisch gegenüber stehen.

Fazit: Der AfD wurde schon mehrmals verfrüht das Sterbeglöckchen geläutet. Das wird auch dieses Mal der Fall sein, vorausgesetzt, die AfD macht es wie die ersten beiden Male und versammelt sich geeint hinter einem neuen Bundessprecher.


Eugen Prinz auf dem FreieMedien-Kongress in Berlin.
Eugen Prinz auf dem Freie
Medien-Kongress in Berlin.

Eugen Prinz [11] kommt aus Bayern. Der bürgerlich-konservative Fachbuchautor und Journalist schreibt seit Herbst 2017 unter diesem Pseudonym für PI-NEWS [12] und den Blog zuwanderung.net [13]. Dem politischen Journalismus widmet er sich, entsetzt über die chaotische Massenzuwanderung, seit 2015.
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Lucke, Petry… jetzt Meuthen: Spalten statt einen?

geschrieben von libero am in Alternative für Deutschland (AfD) | 176 Kommentare

Es ist durchaus bizarr und eine interessante Frage gleichzeitig für Politologen wie Psychologen: Warum nur bringt die AfD mit schöner Regelmäßigkeit Vorsitzende hervor, die immer ihre eigene Partei spalten wollen? War es bei Bernd Lucke der „Weckruf“ hin zu einer wirtschaftsliberalen Ausgründung, wandelt Jörg Meuthen nun auf den Spuren von Frauke Petry, die 2017 den umgekehrten Weg gehen und mittels einer Richtungsentscheidung auf dem Kölner AfD-Parteitag den rechten Flügel aus der Partei treiben wollte.

Nun also der ebenfalls wirtschaftsliberale Professor Meuthen, der seinen Spaltungsversuch charmanter zu verpacken sucht. Er wolle ja nur eine „einvernehmliche Trennung“ [1] von zwei unvereinbaren Grundströmungen in der AfD, so die rabulistische Erläuterung des rhetorisch geübten EU-Abgeordneten. Denn im Ergebnis liefe das natürlich auf das gleiche hinaus: die Spaltung der AfD und der Abgang des rechten Flügels mit der Galionsfigur Björn Höcke [16] an der Spitze. Der solle sich jetzt doch mal trauen, der Flügel sei gewiss stark genug, selbst zu bestehen, so das gönnerhaft-vergiftete „Kompliment“ von Meuthen.

Die übergeordnete Begründung damals wie heute: die „radikalen“ Kräfte würden bürgerliche Wähler verschrecken und die Partei isolieren. Ohne sie würde die AfD endlich anschluss- und koalitionsfähig. Eher hinter vorgehaltener Hand wird die Hoffnung artikuliert, so auch aus dem Visier des Verfassungsschutzes zu kommen.

Beim letzten missglückten Versuch dieser Art unter Frauke Petry wurde übrigens gerne auf das Schicksal der rechtskonservativen Partei „die Republikaner“ in den 1990er Jahren verwiesen. Diese wäre nach erstaunlichen Anfangserfolgen unter dem charismatischen Parteivorsitzenden Franz Schönhuber im Rechtsaußen-Ghetto und in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwunden, weil sie ihre „Radikalen“ nicht rechtzeitig los geworden sei. Ähnliche Erwartungen schwingen auch in der aktuellen Debatte mit.

Allerdings ist dies eine grundfalsche Wiedergabe der Geschichte und die richtige Einordnung der damaligen Geschehnisse geben einen Fingerzeig genau in die entgegengesetzte Richtung: Denn in Bezug auf die Historie der Republikaner kann und muss in aller Deutlichkeit festgehalten werden, dass die Entscheidung zur bundesweiten Überwachung durch den Verfassungsschutz im Dezember 1992 erst gefallen ist, nachdem sich die Partei bereits im Jahr 1990 durch die sogenannten “Ruhstorfer Beschlüsse” von angeblichen oder echten Radikalen getrennt hatte. PI-NEWS hielt vor dem Kölner AfD-Parteitag 2017 dazu Folgendes fest [17]:

Dies verleitete Schönhuber zu dem wohl größten politischen Fehler seines Lebens, wie er später auch selbst öffentlich einräumte. Er erlag den Schalmeienklängen [des Establishments] und vertrieb mit dem sogenannten „Ruhstorfer Abgrenzungsbeschluss“ im Jahr 1990 die grundsätzlich gestimmten, nicht vorschnell koalitionsbereiten und häufig auch aktivsten und idealistischen Republikaner. Rund ein Drittel der Mitglieder und alle EU-Abgeordneten außer Schönhuber selbst verließen die Partei. Ein Aderlass, der schwer an der Kampagnen- und Wahlkampffähigkeit der Partei nagte.

Doch wie perfide die Altparteien schon damals agierten, zeigte sich zwei Jahre später: War die Partei durch die Ruhstorfer Beschlüsse im übertragenen Sinne schon des „Schwertarms“ beraubt – also der angriffslustigsten und widerständigsten Mitglieder – so schlug das System den Republikanern NACH diesem Kniefall auch noch gnadenlos den „Schildarm“ ab, anstatt die Republikaner in den erlauchten Kreis der „demokratischen Parteien“ aufzunehmen: Zahlreiche Beamte und sonstige in der Gesellschaft gut verankerte, auf ihr bürgerliches Renommee bedachte Mitglieder verließen die Partei, nachdem die Republikaner Ende 1992 in den Bundesverfassungsschutzbericht aufgenommen wurden. Obwohl die Parteiführung zuvor alle Vorgaben des Establishments erfüllt und die radikaleren Kräfte explizit hinaus gedrängt hatte! Das anschließende langsame Siechtum des Parteirumpfes ohne Schild- und Schwertarm (um im Bild zu bleiben) bis zur schlussendlichen Bedeutungslosigkeit ist bekannt.

Die Lehren aus der Geschichte der Republikaner für die künftige Entwicklung der AfD liegen also auf der Hand: Es gilt tatsächlich unter allen Umständen der Republikaner-Falle zu entgehen. Nur dass diese in Wahrheit anders aussieht, als von Vertretern des Petry-Flügels heute fälschlicherweise behauptet. Unter Einhaltung einiger elementarer Grenzziehungen nach ganz rechtsaußen – Gewaltbereitschaft, Nationalsozialismus, Demokratiefeindlichkeit, Ablehnung von Menschenrechten – muss alles daran gesetzt werden, ansonsten gerade auch die grundsätzlich gestimmten, widerstandswilligen und „radikalen“ Kräfte in der Partei zu halten. Radikal kommt nicht umsonst von Radix – die Wurzel. Und die Wurzel unserer heutigen Probleme – also das volksfeindliche Altparteienkartell und der herrschende linke Zeitgeist – müssen demokratisch besiegt und nicht durch vorschnelle Hilfsdienste stabilisiert werden.

Soweit dieser kleine historische Exkurs. Zurück bei der aktuellen Debatte zeichnet sich aber schon jetzt eine erfreulich deutliche Absage an Meuthens Gedankenspiele ab: Sowohl sein Co-Vorsitzender Tino Chrupalla als auch die Bundestags-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland haben den Plänen eine drastische Abfuhr erteilt. Kein AfD-Spitzenpolitiker sprang Meuthen öffentlich herbei, von überall her hagelt es empörte Kritik. Was Meuthen zu seinem offenbar unabgesprochenen und aussichtslosen Amoklauf getrieben hat, erschließt sich nicht auf dem ersten Blick. Aber es könnte durchaus sein, dass er damit statt Björn Höckes und des Flügels Endspiel in der AfD sein eigenes eingeleitet hat.

Dazu die PI-NEWS-Umfrage:

Wäre eine Spaltung der AfD sinnvoll?

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