Der Historiker Sylvain Gouguenheim behauptet in seinem Buch „Aristote au Mont Saint-Michel [1]„, dass sich die christliche Zivilisation des Mittelalters auch ohne arabische Hilfe aus der antiken Hochkultur entwickelt hätte. Dafür erntet er natürlich ordentlich Kritik [2] und findet sich auch flugs in der rechtsradikalen Ecke wieder, so absurd das auch immer sei.
Das Resümee des Kritikers ließ ahnen, dass es noch Ärger geben wird: „Alles in allem und anders als man es uns seit den Sechzigerjahren erzählt, dürften Geschichte und Entwicklung der europäischen Kultur dem Islam nicht viel zu verdanken haben. Jedenfalls nichts Wesentliches.“ Derart triumphierend lobte ein Artikel des Philosophen Roger-Pol Droit in „Le Monde“ das eben erschienene Werk des Mediävisten Sylvain Gouguenheim, „Aristoteles auf dem Mont Saint-Michel“ über „Die griechischen Wurzeln des christlichen Europa“.
Dem Historiker wurde dafür „Mut“ bescheinigt, dass er gängige „Vorurteile“ ausräume. Nun sind die aber eine Karikatur des aktuellen Forschungsstands – und der „Mut“ Gouguenheims erscheint Fachkollegen als suspekte Provokation eines „Ideologen“. (…) Allerdings geht es bei dem Streit um mehr: Gouguenheim wird in die Nähe „neokonservativer, traditionalistischer, postfaschistischer“ und „islamophober“ Kreise gerückt. Denn Gouguenheim belässt es nicht bei einem vielleicht misslungenen, aber doch legitimen Revisionsversuch. Er macht sich auch Sätze zueigen wie: „Die Neugier auf das Andere ist eine typisch europäische Eigenschaft, die außerhalb Europas selten und im Islam die Ausnahme ist“. Selbst seine Hochschulkollegen in Lyon sind beunruhigt über Werturteile und ideologische Stellungnahmen, die im Internet von „ausländerfeindlichen und islamophoben Gruppen“ zitiert werden.
Teile des Buches waren Monate vor der Publikation auf rechtsextremen Internet-Seiten wie „Occidentalis“ zu finden. „Ich habe seit fünf Jahren vielen Personen Auszüge gegeben. Ich weiß nicht, was der eine oder andere damit gemacht hat“, rechtfertigt sich Gouguenheim. „Man unterstellt mir Absichten, die ich nicht habe.“
Das ist das unabwendbare Schicksal jedes Islamkritikers, mag er auch Ralf Giordano oder Hirsi Ali heißen. Dabei sind es doch gerade die undemokratischen Ideologen, ob links oder rechts, die mit dem Islam mauscheln und kuscheln, verständlich, sehen doch alle totalitären Ideologien als gemeinsamen Feind stets erst einmal die freiheitliche Demokratie. Die Welt konnte sich nicht einmal diesen Hinweis verkneifen:
Der New Yorker Historiker und Pulitzer-Preisträger David Levering Lewis hat mit dem nicht weniger provozierenden Buch „God’s Crucible: Islam and the Making of Europe“ kürzlich die gegensätzliche Position bezogen. Darin heißt es: „Wären die Europäer ein Teil des islamischen Weltreiches geworden, so hätte dies bedeutet, dass der wirtschaftliche, wissenschaftliche und kulturelle Stand, den sie im 13. Jahrhundert erreichten, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon drei Jahrhunderte früher erreicht worden wäre.“
Das vermuten wir auch!
(Spürnase: hm)