Die Integration muslimischer Minderheiten in Deutschland ist zwar noch nicht perfekt, aber schon ziemlich gut gelungen. Derartige Dummheiten hört man staunend von Ruud Koopmans (Foto), dem Direktor der neuen Abteilung „Migration, Integration, Transnationalisierung“ am Berliner Wissenschaftszentrum. Zuvor war er Professor an der Vrije Universiteit Amsterdam.
Der kluge Integrationsforscher hat herausgefunden, dass die Eingliederung der Muslime bei uns halbwegs gelungen ist, weil man auf unseren Straßen weniger Kopftücher sieht als in Frankreich oder England – und das, obwohl es hier „einen rabiaten Rechtsextremismus“ gibt, nur „stark eingeschränkte Möglichkeiten der politischen Teilnahme“ und es den Einwanderern schwer gemacht wird, die Staatsbürgerschaft zu bekommen. Anders gesagt: Die Zuwanderer sind großartig und wir sind obermies. Dass unsere Muslime hauptsächlich Türken sind, die zu erheblich größeren Teilen europäisch orientiert sind als die Nordafrikaner in Frankreich oder die Pakistani in England, findet bei Ruud keine Berücksichtigung – was Rückschlüsse auf seine Qualifikation zulässt.
Dafür greift er Ralph Giordano an:
Natürlich ist die Integration noch lange nicht gelungen, und Herr Giordano hat recht, wenn er diese Problematik als eine Schicksalsfrage unserer Zeit einstuft. Von einem Scheitern zu sprechen, ist aber eine rhetorische Übertreibung, die nicht von den Tatsachen gestützt wird. (…) Was in Deutschland bisher aber bei manchen Publizisten und Politikern fehlt, ist die Anerkennung, dass es in einer liberalen Demokratie keine Ungleichbehandlung zwischen den einzelnen Religionen geben kann. In dem Bereich hat Herr Giordano wohl noch einiges an Integrationsarbeit bei sich selbst zu leisten.
Von der Unverschämtheit dieser Bemerkung einmal abgesehen, offenbart sie eklatante Wissenslücken über den Islam, der eben keine Religion wie andere auch ist, sondern einen politischen Machtanspruch erhebt. Außerdem zeigt Koopmans, dass er auch von den real existierenden Zuständen in Europa keine Ahnung hat. Nachdem er uns eben noch erklärt hat, dass die Muslime in Deutschland, europaweit betrachtet, recht gut integriert seien, kommt nun das Gegenteil:
Multikulturalismus scheint in den hoch entwickelten Wohlfahrtsstaaten kontraproduktiv zu sein, während er in Ländern mit schwachem Sozialstaat besser funktioniert, in England oder in Kanada und den USA. (…) Weil Einwanderer in Ländern mit schwachem Sozialstaat auf sich selbst angewiesen sind und somit starke Anreize haben, sich die Kenntnisse und Fähigkeiten – wie Sprache, Vertrautheit mit der Mehrheitskultur und eine gute Ausbildung – zu eigen zu machen, die notwendig sind, um zu überleben. In westeuropäischen Sozialstaaten fehlt aber dieser Druck des Marktes, und so hat fehlende sprachliche und kulturelle Integration zu Abhängigkeit von Sozialleistungen geführt.
England, wo sicher als erstem europäischem Land ein Kalifat ausgerufen wird, gibt also mit seinem schwachen Sozialstaat Anreize zur Integration. Interessant. Deutschland mit seinen hohen Sozialleistungen hat dagegen die angeblich am besten integrierten Muslime. Dem Tagesspiegel fällt dieser Unsinn nicht auf, und wir freuen uns, dass der neuen Abteilung Migration, Integration, Transnationalisierung am Wissenschaftszentrum Berlin ein „Fachmann“ wie Ruud Koopmans als Direktor zur Verfügung steht, der weiß, wovon er spricht.
(Spürnase:Ludwig St.)
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