minaretta1.jpgMir und meinem jüdischen Freund Moishe kam die Idee, eine kleine Veranstaltung zum 11. September zu machen. In Zürich. In der spießigen kleinen Schweiz, die auf innere und äußere Sicherheit bedacht ist. Und es hat funktioniert. Die Demo wurde von der Polizei bewilligt.

Wir trafen uns um 19.15 Uhr am Paradeplatz Zürich, auf dem teuersten Pflaster der Schweiz. Es geht die Mär herum, dass der Paradeplatz aus Gold besteht.

Es kamen ungefähr 20 Personen, die von unserer Sache gehört haben. Wir wollten eine Friedensdemo machen. Und es war so friedlich und still, dass wir nicht einmal die Polizei brauchten.

Man konnte uns erkennen an der Kerze, um die wir uns am Paradeplatz versammelt hatten. Um 19.45 Uhr gingen wir Richtung Stauffacher, das ist der Platz, an dem sich die friedlichsten Penner von Zürich tummeln. Der Platz, an dem die offenste Kirche Zürichs, der „offene St. Jakob“, steht. Letztes Jahr gab es einen kleinen Medienskandal, als in dieser Kirche ein Film von Pier Paolo Pasolini gezeigt werden sollte. Die Aufführung wurde verboten.

Pfarrer Anselm Burr empfing uns und führte uns durchs Programm, das mehr oder weniger feststand. Wir lasen das Nachwort aus dem Anne-Frank-Tagebuch. Wir sinnierten über den 11. September als Datum. Am 11. September 1973 wurde z. B. in Chile von den USA, unserem besten Freund Henry Kissinger, die Militärdiktatur eingeführt. Am 11. September 1944 wurde das Versteck von Anne Frank aufgedeckt. Fast alle starben im KZ.

Dann wurde gemeinsam ein Psalm aus dem Alten Testament gelesen und eine Zürcher Künstlerin, Irina, trug ein russisches Gedicht vor. Am Ende musizierte ich mit Moishe. Er saß am Flügel, ich spielte Geige. Zum Schluss redeten wir und tranken Wein. Es gab zwar kein ganz koscheres Essen, aber das war kein Problem. Camembert machte alles gut. Auch mal Schinken kann nicht schaden. Wir sehen das alles nicht so eng.

Das inoffizielle Ende war ein Tangoabend im Kasernenareal. Unsere Kerze leuchtete auch dort. Es war wunderschön. Wir werden diese Sache wiederholen. Versprochen.

Gastbeitrag von Minaretta

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