richter_ramstein.jpgHorst-Eberhard Richter (Foto) ist einer der Gründerväter der Deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW). Laut Wikipedia ist er „der große alte Mann der bundesdeutschen Friedensbewegung“. 1981 gründete Richter die deutsche Sektion der IPPNW, 2003 demonstrierte er gegen den Irak-Krieg. In seinen Büchern ruft er dazu auf, Attac zu unterstützen. Dieser Mann hat nun an seine Kollegen zum neuen Jahr einen Brief geschrieben, den wir hier veröffentlichen. Dieses Schreiben veranlasste den Mediziner, der ihn uns zur Verfügung stellte, seinen sofortigen Austritt aus der IPPNW zu erklären.

Die besonderen Herausforderungen des Jahres 2007 sieht Richter in drei Dingen:

  1. Im Versinken des Iraks in einem totalen Bürgerkriegs-Chaos.
  2. Die große Klimakonferenz von Nairobi mit den düstersten Prognosen, aber fehlenden präventiven Handlungsentscheidungen.
  3. Die vernichtende Niederlage Bushs und der Republikaner bei den Novemberwahlen 2006.

Zugegeben, das erscheint etwas wirr, sind aber nach Richter alles Kennzeichen des „kritischen Punktes“ der „psychischen Krankheit Friedlosigkeit“. Hauptbösewicht der gegenwärtigen Misere ist natürlich US-Präsident Bush. Er hat mit seiner „Kreuzzugsmentalität“ zunächst seine Landsleute infiziert, wenn sie ihm auch bei der letzten Wahl in den Rücken gefallen sind.

die vermeintlich Guten finden in der Projektion das eigene Böse wiedergespiegelt. Kofi Annan hat es ausgesprochen: Den Irakern geht es heute viel schlechter als unter Saddam Hussein. Die vermeintlichen Befreier haben sich als Täter entlarvt.

Aha, die Amis sind Täter, Hussein offenbar nicht, und Kofi Annan weiß, wieviel wohler die Menschen sich in Husseins stalinistischem Reich gefühlt haben. Aber es kommt noch besser:

das Spalten der Welt, um sich als Sieger über das Böse feiern zu können, ist nur ein Teil der „psychischen Krankheit Friedlosigkeit“. Der andere Teil ist der erst in der Neuzeit, gestützt auf die technische Revolution, aufgekommene Wahn, dass man sich als der Stärkste in der Machtkonkurrenz von allen Abhängigkeiten befreien und unverletzbar machen könne. Von dieser Illusion aus hatte die Bush-Regierung Israel permanent in dem Irrglauben ermutigt, sich in Palästina und im Libanon durch überlegene Militärschläge die lästige Gegenschaft vom Halse schaffen zu können. Aber geschürt wurden nur Hass und Rachegefühle und die Militanz von Hamas und Hisbollah. Diese Schlappe erhöht nun noch den Druck aus der Irak-Pleite, sich endlich zu dem durchzuringen, was wir in der Medizin Krankheitseinsicht nennen. Das ist das Durchschauen der Illusion, mit überlegener Gewalt aus der wechselseitigen Abhängigkeit in eine Freiheit rücksichtsloser Willkür ausbrechen zu können.

Das klingt wahrhaftig paranoid, ist aber in Wahrheit blanker Hass: Hass auf alles Amerikanische, Hass auf Israel, Hass auf den Westen. Da wird Israel zum Aggressor, natürlich von Bush aufgehetzt und Selbstverteidigung wird zur „rücksichtslosen Willkür“. An der Klimakatastrophe, an der selbstverständlich nicht gezweifelt wird, sind natürlich auch die Amis Schuld. Sie haben dann auch zu verantworten, dass

würden bald Hunderte Millionen Klimaflüchtlinge aus weiten verdorrenden Landflächen und überfluteten Küstenregionen drohen.

Aber da ja nun die Bush-Kritiker die Wahl gewonnen haben, gibt es vielleicht doch noch eine Chance für sie, der überfluteten Dürre zu entrinnen. Jedenfalls ist für Richter jetzt irgendein Fenster aufgegangen…

Dr. B. schreibt in seiner Austrittserklärung an Richter unter anderem:

Das vorrangige Ziel des IPPNW ist die Verhinderung eines Atomkrieges. Sie lassen sich über Klimaschutz aus. Klimaschutz ist absolut notwendig, ist aber nicht Ziel des IPPNW. Ich kann dieses ewige Gejammer über die angebliche Unfähigkeit des Menschen nicht mehr ertragen. Vor 20 Jahren gab es in allen bunten Blättern Illustrationen des entwaldeten deutschen Mittelgebirges. Die CDU-Regierung hat mit Töpfer ein wirksames Umweltschutzprogramm initiert – Katalysatoren, bleifreies Benzin, Schwefelfilter bei Kohlekraftwerken… Den Wald gibt es noch. Der Mensch scheint nicht ganz so blöd zu sein. (…)

Mit keinem Wort wird erwähnt, dass sich S. Hussein des Völkermordes schuldig gemacht hat. Um es klar und deutlich auszusprechen: Hussein war ein Schwerverbrecher. (…) Formaljuristisch war möglicherweise die Besetzung Deutschlands durch die amerikanische Armee völkerrechtswidrig. Es fehlt jetzt eigentlich nur noch das Wehklagen über die Hinrichtung der Nazi-Verbrecher oder deren unmenschlich lange Inhaftierung. Selbstverständlich bin ich gegen die Todesstrafe – aber ausgerechnet bei Hussein in Tränen auszubrechen und ansonsten den Mund zu halten, wie es einige Gutmenschen tun, ist nicht sehr überzeugend. Grund für meinen Ausstrittswunsch ist nicht, was in dem Brief gesagt wurde, sondern was NICHT gesagt wurde. Geschmackvollerweise erreichte mich dieses Schreiben am 27. Januar. An diesem Tag wird in großen Teilen der Welt des Holocaust und der Befreiung der KZ-Insassen (auch durch die Amerikaner) gedacht.

Das Islamisten-Regime von Teheran hat angekündigt Israel von der Landkarte verschwinden zu lassen. Das Atomprogramm wurde (auf Kosten der Ernährung der Bevölkerung) ausgeweitet, mit dem offensichtlichen Ziel in den Besitz von Atombomben zu gelangen. Nordkorea hat im letzten Jahr eine Atombombe gezündet. Wenn uns Staaten näher an einen Atomkrieg geführt haben, sind dies NICHT die USA, sondern der IRAN und Nord-Korea. Aber so etwas Simples passt nicht ins Weltbild, kann daher nicht wahrgenommen werden und findet folglich im Schreiben von Ihnen keine Erwähnung.

Interessant ist, dass Richter Bush vorwirft, die Welt in gut und böse einzuteilen, selbst aber genau das tut. Nur, dass Bush bei ihm das Böse schlechthin verkörpert, während der Rest der Welt sein Opfer ist. Folglich wird mit Bushs Amtszeit „ein Fenster aufgestoßen“: Die Dürre verschwindet, die Überflutungen auch, die Menschen kehren heim, Israel hört auf, die Palästinenser zu terrorisieren und die Atomkriegsgefahr sinkt.

» an Horst Eberhard Richter

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