Die Zeit der Meinungsfreiheit scheint sich dem Ende zu nähern. Internetblogger können in steigendem Maße nicht mehr schreiben, was sie möchten. Denn Abmahnungen wegen angeblicher Verletzung von Urheber- oder Persönlichkeitsrechten entwickeln sich zur lukrativen Einnahmequelle für Anwälte. Man setzt einen möglichst hohen Streitwert fest, auf dessen Grundlage die Anwaltskosten errechnet werden. Und schon hat der Anwalt ein schönes Extrahonorar, weil die meisten Blogger sich nicht wehren (können).

Lange waren Blogs Zonen, in denen jeder alles sagen und zeigen konnte. Das ändert sich: Immer mehr Betreiber bekommen teure Post von Anwälten: Abmahnungen. (…) Die Web-Welt wandelt sich. Ein Blog ist mit wenigen Klicks erstellt, und bisher galt: Der Betreiber schreibt darin, was er will. Doch die Blogosphäre muss sich jetzt mit den gleichen Problemen plagen wie die „reale“ Welt. Nach den – oft teuren – Streitigkeiten in der Vergangenheit um die Rechte an Domainnamen und die korrekten Angaben in einem Impressum folgen nun Abmahnungen wegen angeblicher Urheberrechtsverstöße oder Persönlichkeitsverletzungen. Und auch wenn das Blog in einer Minute erstellt ist – innerhalb von zwei Minuten kann schon eine Abmahnung erfolgen. So wurde der Blogger Marcel Bartels wegen eines Fotos von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel abgemahnt. Das hatte – mitsamt satirischer Bildunterschrift – ein anderer User in Bartels´ Blog gestellt. Streitwert: 20 000 Euro. Oder das ZDF, das dem Internetmagazin Sopos.org wegen einer angeblichen Markenrechtsverletzung drohte. Streitwert: 100 000 Euro. Ein weiterer Blogger wurde abgemahnt, weil zwei urheberrechtlich geschützte Fotos auf seiner Seite zu sehen waren. Und selbst, wer sich bemüht, korrekt zu handeln, ist nicht mehr sicher. Eine Bloggerin veröffentlichte einen Briefwechsel mit ihrer Bank und machte alle Namen, auch den der Bank, unkenntlich. Trotzdem wurde sie von dieser abgemahnt. (…) Das Prinzip ist immer das gleiche: Die Betreiber von Blogs oder Homepages bekommen Post von einem Anwalt und sollen bestimmte Äußerungen oder Handlungen unterlassen. Der Streitwert kann schnell mehrere Hunderttausend Euro betragen, und die so Abgemahnten sollen die Anwaltskosten der Gegenseite zahlen. Das sind jeweils 1,3 Prozent des Streitwertes plus 20 Euro für die Auslagen. Wer sich wehren will und die Anwaltskosten bei der Abmahnung nicht zahlt, muss vor Gericht ziehen – und das ist noch teurer.

„Das ist mittlerweile ein eigener Geschäftszweig im Internet geworden“, sagt einer der bekanntesten Blogger Deutschlands, Johnny Haeusler („Spreeblick“) gegenüber FOCUS Online. „Es funktioniert, weil die Empfänger nicht das Geld haben, sich zu wehren und Angst vor größeren Rechtsstreitigkeiten haben.“ Anders als Medienunternehmen haben Blogger keine Rechtsabteilung, kurze Fristen der Anwälte schüchtern zusätzlich ein. (…) Bundesjustizministerin Brigitte Zypries plant deshalb in einem Gesetzesentwurf, die Abmahn-Anwaltsgebühren bei „unerheblichen Rechtsverletzungen“ auf 50 Euro zu begrenzen.

Das wäre ja mal ausnahmsweise eine gute Idee unserer Justizministerin!

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20 KOMMENTARE

  1. Irgendwie muss man doch die Wahrheit bekämpfen können! Wenn schon jemand wagt d. UNRECHT auf d. Pelle zugehen um diese wieder zu Recht zu rücken, dann warum sollten die, die das Unrecht lieben bzw. an dessen Verbreitung interessiert sind eben nicht mit „RECHTSTAATLICHE“ Mitteln die, die das Rechte wollen ausschalten wollen???

    Wenn es nicht so wäre, dann wäre d Recht ein Billigware welche jeder haben kann….. Wir leben aber in einer Zeit in der dies wohl gewiss nicht mehr möglich ist…

    Deshalb schreibe ich schon seit Jahren darüber, dass die Zeit kommt, in d die Wahrheit, und dessen Vertretung teuer sein wird…. Kann Geld, Ansehen, Arbeitsstelle, Freunde, Gefängnis… bis hin das leben kosten….

    Tiqvah Bat Shalom
    http://www.israel-shalom.net

  2. es gibt zu viele (meist schlechte) anwälte, die mangels mandanten nicht mehr wissen, wie sie ihre kosten decken sollen, also werden die zeitungen und das internet nach „verstössen“ durchforstet (ist doch herrlich, wenn man das zeitunglesen und das surfen gleich mit dem generieren von einnahmen verknüpfen kann) und mal eben abmahnungen geschrieben. da geht es meistens weniger um’s recht oder das bekämpfen von wahrheiten sondern schlicht und ergreifend ums abzocken.

    das kann man sogar als ein-mann-kanzlei ohne sekretärin ….

  3. Ich muß ehrlich sagen, ich verstehe das Verfahren nicht ganz. Ich wußte bisher, dass ein Anwalt nur dann tätig wird, wenn er ein Mandat hat. Er muß dazu doch den Auftrag erhalten.

    Am besten sind natürlich die Harz IV Bloger darauf: Bei einem Harz IV-ler ist egal, ob er sein Streitwert auf 500,- oder auf 100.000,- ansetzt: er kann nichts vollstrecken. Eine möglichkeit ist auch, jemand als Juristperson einzutragen: zum Beispiel eine ltd. Gesellschaft.

    Aber ich finde schon 50,-€ zu viel. Das ist die rechtstaatliche Zensur.

  4. Solange es dabei wie so oft nur ums Geld geht, bleibt das Problem für die Blogger selbst beherrschbar. Ich bin mir sicher, daß sich die PI-Autoren und andere Blogger – absolut zu recht – schon Gedanken über das Urheberrecht vor allem an Grafiken machen. Die Registrierung der Kommentare und das Abschalten von Bildern dort waren ein sehr richtiger Schritt. Problematisch wird es, wenn das Ganze zum Zwecke der Bekämpfung von unliebsamen Meinungsäußerungen mißbraucht werden könnte. Das wäre beispielsweise denkbar bei der an sich harmlosen Übernahme von Bildern kritisierter Politiker oder Texten angeprangerter Medien, die insgeheim nur deshalb verfolgt werden, weil man dem Blogger schaden will. Ich halte das für eine reale Gefahr, wenn das Internet in Deutschland weiter in politisch inkorrekter Weise auf dem Vormarsch ist. Vorsicht ist also angebracht, weitere Informationen zum Thema findet man im Netz.

  5. Dann haben die lieben Anwälte also die Foren so langsam alle durch und machen sich jetzt über die Blogs her. Von Zensur würde ich aber nicht reden (zumindest nicht in allen Fällen) Leider ist es oft einfach nur das Geld um das es geht und nicht der Inhalt, der anstössig oder ehrverletzend sein soll bzw. die Rechte von anderen missachtet.
    Das Problem wird leider immer noch vernachlässigt auch wenn Frau Zypries mit einem Gesetzesentwurf herumwedelt. Bis das Gesetz verabschiedet ist, wird noch manchem Forenbetreiber, Blogger etc die Luft und das Geld ausgegangen sein. Wer sich zu einem Gang vor Gericht entschliesst, braucht nicht nur Geld sondern auch Glück, dass er dort auch Recht bekommt. Selbst wenn das Recht auf seiner Seite sein soll, ist ein langer Atem notwendig. Hier mal ein Beispiel, das immer noch nicht abgeschlossen ist:
    http://www.supernature-forum.de/spendenaktion/news.php

  6. Ein weiterer Schritt in die Diktatur. Aber wen wundert das schon noch im Land der Dunkelheit ??
    Wo das „Recht“ das Gewissen ersetzt.
    Wo die Lüge die Logik

    The darkest chapter is due do start.

    ca

  7. „Auch Texte dürfen nicht einfach kopiert und auf die eigene Seite gestellt werden, man muss vorher immer den Urheber um Erlaubnis fragen.“

    Damit hätten sich die Blogs erübrigt.

  8. Wobei mit Marcel Bartels der Bock zum Gärtner gemacht wurde.
    http://lizaswelt.blogspot.com/2006/12/karate-kids-vs-blogger-raf.html
    Seine Kampagne für Genosse Karate-Kid beweist, dass die Meinungsfreiheit dort aufhört, wo man linke „Heilige“ nicht kritisieren darf. In den Kommentaren überschlagen sie sich fast vor Verfolgungswahn, „Weltverschwörungen“ und leicht zu durchschauenden Hasstiraden gegen Israel (die üblichen halt).
    http://www.mein-parteibuch.de/2006/12/15/juergen-cain-kuelbel-gegen-lizas-welt-co/
    Natürlich kommen sie gegen sachliche Argumente nicht an und versuchen es mit den üblichen linken Totschlagargumenten wettzumachen.

    PS: Sogar PI wird dort als „Schuldiger“ ausgemacht

  9. Du hast genau die Lösung formuliert, Kybeline (#3).

    Mache ich einen Blog, dann suche ich mir für’n Appel und ’n Ei einen Hartz-IV-Empfänger, der presserechtlich verantwortlich ist. Hab‘ ich nix mit zu tun!

    Man muß diese Winkeladvokaten mit ihren eigenen Waffen schlagen!

  10. „Auch Texte dürfen nicht einfach kopiert und auf die eigene Seite gestellt werden, man muss vorher immer den Urheber um Erlaubnis fragen.“

    Das stimmt natürlich nicht. Ich darf jederzeit alles zitieren, sofern ich die Quelle benenne.

    Das wäre ja noch schöner!
    Laßt Euch doch nicht ins Bockshorn jagen.

  11. Streng genommen hat jeder das Urheberrecht für seine Texte. Zeitungen natürlich auch.

    Ich denke allerdings, die Zeitungen haben nichts dagegen, und sind sogar erfreut wenn man sie zitiert.

  12. Zitieren und Kopieren sind zwei verschiedene Sachen. Ich darf zitieren. Dagegen einen Inhalt einkopieren ist eine adndere Sache.

    Beispiel: Ich kopiere einfach ein Musiktext hinein, sagen wir von Cat Yusuf Islam – damit habe ich sein Songtext geklaut. Wenn ich noch als meinen eigenen ausgebe, ist es plagiat. Wenn ich aber kritisiere, parodiere o. ä. dann steht es mir zu, mit seinem Produkt so umzugehen, wie ich es meiner Meinung nach für richtig halte (Bei Kritik sind sachliche Argumente angebracht). Wenn er mir antworten will, kann er mit ähnlichen Methoden polemisieren. Mit einer Klage hätte er nur Chancen, wenn ich nachweislich difamierende Unwahrheiten über ihn verbreitet habe.

    Das Problem mit der Klage ist, dass man jeden über alles verklagen kann. Erst nachher stellt sich heraus, ob es zu unrecht war.

    Bei den Bildern gilt das Urheberrecht, wenn sie einfach so genommen werden. Allerdings dürfen wir karrikieren, Kollagen schneiden u. ä. – vermute ich mal. Wenn die Politiker ihre Fotos nicht sehen wollen, dann können wir um so bösere Karrikaturen von ihnen erstellen. Und auch über alle anderen Personen. Wir können mal so zum Spass mit der islamischen Garde anfangen.

  13. Ist nicht der im Focus-Artikel genannte Marcel Bartels derjenige, der sich sehr freut, daß Jürgen Cain Külbel juristisch gegen den Blog Lizas Welt vorgeht? Letzterer ist daran interssiert herauszukriegen, ob der Focus-Chefredakteur Helmut Markwort dem Blog von Liza zuliefert?

    Ich lach‘ mich schlapp!

  14. Erinnern wir uns wie Udo Ulfkotte und sein Verlag von Musels, ihren Vereinen und Anwälten mit Abmahnungen, Unterlassungserklärungen und Klagen zugemüllt wurde (Wegen seines Buches „Krieg in unseren Städten“) Dem guten Udo und seinem Verlag wurde irgendwann zu bunt. Sie haben die Verbreitung des Buches gestoppt, obwohl eine riesige Nachfrage bestand.

  15. @# 16: zumindestens ist das Buch von Ulfkotte noch in der Düsseldorfer Stadtbibliothek ausleihbar. Antiquarisch ist es erhältlich.

  16. Bei ebay geht es für 40 Euro weg. Bissl übertrieben. Vorher wurde es fürn paar Euro als Mängelexemplar verkloppt.

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